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Kategorie: Anwalt Arbeitsrecht , 07.09.2023 (Lesedauer ca. 4 Minuten, 995 mal gelesen)

Altersdiskriminierung am Arbeitsplatz: Wie wehren Sie sich erfolgreich?

Arbeitnehmer blickt wegen Diskriminierung verzweifelt zu Boden Arbeitnehmer blickt wegen Diskriminierung verzweifelt zu Boden © freepik - mko

Ob bei Stellenausschreibungen, beim Gehalt oder bei Kündigungen: Arbeitnehmer erfahren an ihrem Arbeitsplatz immer wieder Diskriminierungen aufgrund ihres Alters. Dabei ist Altersdiskriminierung am Arbeitsplatz ausdrücklich im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz verboten. Wann spricht man von einer Altersdiskriminierung? Wie können sich betroffene Arbeitnehmer wehren? Und welche Entschädigung steht ihnen zu?

Wann findet eine Altersdiskriminierung am Arbeitsplatz statt?


Altersdiskriminierung bedeutet, dass ein Mensch allein aufgrund seines Alters Nachteile erfährt, für die es keinen sachlichen Grund gibt. Altersdiskriminierung ist in Deutschland verboten. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) schützt unter anderem auch Arbeitnehmer vor Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität.

Eine Altersdiskriminierung am Arbeitsplatz liegt etwa vor, wenn Arbeitnehmer in vergleichbarer Situation von ihrem Arbeitgeber aufgrund des Alters ungerechtfertigt ungleich behandelt werden. Das können beleidigende Kommentare oder altersbegrenzende Vorschriften sein. In der Arbeitswelt sind dies etwa eine Regelung, die vorsieht, dass eine Beförderung nur bis zu einer bestimmten Altersgrenze erfolgt oder ältere Mitarbeiter Anspruch auf mehr Urlaub haben.

Wichtig: Altersdiskriminierung kann sowohl ältere, wie auch jüngere Arbeitnehmer treffen!

In welchen Fällen ist eine Ungleichbehandlung von Arbeitnehmern aufgrund ihres Alters zulässig?


In bestimmten Situationen kann aber eine Ungleichbehandlung von Arbeitnehmern aufgrund des Alters gerechtfertigt sein. Laut AGG ist eine unterschiedliche Behandlung immer dann zulässig, wenn ein bestimmtes Alter wegen der Art der Tätigkeit oder Ausübung eine entscheidende berufliche Anforderung darstellt. Die Ungleichbehandlung muss laut AGG durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt, objektiv und angemessen sein. Gleiches gilt für die Mittel, mit denen dieses Ziel erreicht werden soll. Das Gesetz führt Beispiele an, wann eine Ungleichbehandlung von Arbeitnehmern aufgrund des Alters erlaubt ist, so etwa beim Zugang zu Betriebsrenten oder bei Abfindungen.

Der Bundesgerichtshof (BGH) (Az. NotZ(Brfg) 4/22) hat entschieden, dass die Altersgrenze für Notare in Deutschland ist keine unzulässige Diskriminierung wegen des Alters darstellt. Mit dem 70. Lebensjahr erlischt in Deutschland das Amt des Notares.

Wann verstoßen Stellenausschreibungen gegen das Altersdiskriminierungsverbot?


Eine Stellenausschreibung verstößt immer dann gegen das Diskriminierungsverbot, wenn ausdrücklich nur „junge“ Arbeitnehmer gesucht werden, stellt das Bundesarbeitsgericht (BAG) (Az. 8 AZR 530/09) klar. Auch wenn in einer Stellenanzeige „Berufsanfänger“ gesucht werden, ist darin eine Altersdiskriminierung zu sehen, entschied das Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf (Az. 13 Sa 1198/13).

Eine Stellenausschreibung, die sich ausschließlich an Hochschulabsolventen/Young Professionels wendet, erweckt den Anschein einer altersbedingten Ungleichbehandlung und verstößt damit gegen das Diskriminierungsverbot, entschied auch das BAG (Az. 8 AZR 429/11). Das Gericht verwies allerdings darauf, dass eine Bewerberauswahl aufgrund von Examensnoten keine Diskriminierung von Bewerbern darstellt.

Nach einer Entscheidung des LAG Nürnberg (Az. 2 Sa 1/20) stellt eine Stellenanzeige, in der ein „junges, hoch motiviertes Team“ gesucht wird eine Altersdiskriminierung dar, aufgrund der ein älterer Bewerber eine Entschädigung von zwei Monatsgehältern von der Firma verlangen kann.

Wann liegt eine Altersdiskriminierung bei Urlaubsregelungen vor?


Gibt es in einem Unternehmen eine Regelung, wonach ältere Arbeitnehmer Anspruch auf mehr bezahlte Urlaubstage als junge Arbeitnehmer haben, ist dies ein Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot. Dies entschied das BAG (Az. 9 AZR 534/15) im Fall eines Schuhherstellers, der seinen Arbeitnehmern nach Vollendung des 58. Lebensjahres jährlich 36 Arbeitstage Erholungsurlaub und damit zwei Urlaubstage mehr als den jüngeren Arbeitnehmern gewährt. Dies ist eine unzulässige Altersdiskriminierung, zulässig wäre laut Gericht etwa eine Urlaubsstaffelung nach Arbeitsbelastung.

Wann besteht bei Abfindungen eine Altersdiskriminierung?


Wird im Rahmen von einem Stellenabbau nur jüngeren Arbeitnehmern eine Abfindung angeboten, stellt das keine Altersdiskriminierung dar, zumindest dann nicht, wenn den älteren Arbeitnehmern ihr Arbeitsplatz erhalten bleibt, entschied das BAG (Az. 6 AZR 911/08).

Wann findet bei Kündigungen eine Altersdiskriminierung statt?


Viele Kündigungen von Arbeitnehmern beinhalten Altersdiskriminierungen. So etwa die Kündigung einer 65jährigen Arzthelferin, der im Kündigungsschreiben von ihrem Arbeitgeber mitgeteilt wurde, dass eine Umstrukturierung der Arztpraxis ihre Kündigung notwendig mache und sie schließlich schon pensionsberechtigt sei. Das BAG (Az. 6 AZR 457/14) verurteilte den Arbeitgeber zu einer Entschädigungszahlung. Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses war damit unwirksam.

Welche Ansprüche haben Arbeitnehmer bei einer Altersdiskriminierung?


Wird ein Arbeitnehmer an seinem Arbeitsplatz aufgrund seines Alters diskriminiert, hat er nach dem AGG einen Anspruch auf Entschädigung und Schadensersatz. Der Anspruch muss innerhalb von zwei Monaten nach der erfolgten Diskriminierung schriftlich gegenüber dem Arbeitgeber gestellt werden. Wer diese kurze Frist verstreichen lässt, riskiert eine Verjährung seiner Ansprüche, so das LAG Hessen (Az. 12 Sa 1454/11).

Ein Bewerber, der sich nur auf eine Stellenausschreibung bewirbt, weil diese gegen das Diskriminierungsverbot verstößt, geht leer aus, wenn er mit seiner Bewerbung nur die Zahlung einer Entschädigung erreichen will. Dies entschied das Arbeitsgericht (ArbG) Siegburg (Az. 5 Ca 1201/19) im Fall eines Rentners, der sich auf die Stellenanzeige „Fachanleiter aus dem Bereichen Küche/Hauswirtschaft/Nähen gesucht“ bewarb und keinerlei Motivation für seine Bewerbung zeigte.

An wen können sich Betroffene von Altersdiskriminierung wenden?


Opfer einer Altersdiskriminierung können sich im Unternehmen an den Betriebsrat oder, wenn vorhanden, an eine betriebliche Beschwerdestelle wenden. Als Ansprechpartner steht auch die Antidiskriminierungsstelle des Bundes zur Verfügung.
In jedem Fall sind Sie bei einem erfahrenen Anwalt für Arbeitsrecht von der ersten Beratung bis zur Durchsetzung Ihrer Rechte in besten Händen.

erstmals veröffentlicht am 19.10.2020, letzte Aktualisierung am 07.09.2023

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