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Kategorie: Anwalt Erbrecht , 02.10.2020 (Lesedauer ca. 4 Minuten, 394 mal gelesen)

Online-Erbe: Wie Sie den digitalen Nachlass regeln

Online-Erbe: Wie Sie den digitalen Nachlass regeln  © freepik - mko

Chats und Posts auf sozialen Netzwerken, E-Mails oder Fotos in einer Cloud: Stirbt ein Mensch, hinterlässt er eine Flut von Daten im Internet. Was passiert mit diesen Daten nach dem Tod? Ist der Umgang mit dem digitalen Nachlass gesetzlich geregelt? Haben Erben einen Anspruch auf Zugang zu Accounts des Verstorbenen? Und wie kann man den digitalen Nachlass rechtssicher regeln?

Digitaler Nachlass – was ist das?


Alle E-Mails, Chats, Blogs oder Online-Bestellungen hinterlassen im Internet eine unüberschaubare Flut an Spuren. Wenn ein Mensch stirbt, werden diese Daten nicht automatisch gelöscht. Zurück bleibt der digitale Nachlass.

Dazu gehören etwa Websites, Domains, E-Mail-Accounts, Blogs, digitale Güter wie Softwarelizenzen oder EBooks, online Daten auf sozialen Netzwerken, Accounts von Online-Bezahldiensten und Online-Banking, Accounts von Online-Shopping-Plattformen, aber auch offline Dateien (Fotos, Dokumente) auf Computer und Handys.

Was sagt das Gesetz zum Digitalen Erbe?


Im Erbrecht ist das digitale Erbe nicht gesondert geregelt. Ganz verschiedene Rechtsgebiete können beim digitalen Nachlass betroffen sein. So etwa das Datenschutzrecht, Urheberrecht oder Persönlichkeitsrecht.

Das Erbrecht unterscheidet nicht zwischen analogem und digitalem Erbe. Das heißt, nicht nur der Computer gehört zur Erbmasse, sondern auch alle digitalen Daten, die der Erblasser im Internet hinterlassen hat. Eine E-Mail wird also genauso vererbt wie ein auf Papier niedergeschriebener Brief. Der digitale Nachlass wird mit allen Rechten und Pflichten vererbt.

Was passiert mit den Online-Accounts nach dem Tod?


Es gibt in Deutschland keine einheitliche Rechtslage, wie Anbieter eines Online-Accounts nach dem Tod des Nutzers mit dessen hinterlassenen Daten umgehen müssen.

Haben die Erben einen Anspruch auf Zugang zum Account?


Meist regeln die Anbieter in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen, was mit dem digitalem Daten-Nachlass eines Nutzers geschieht. Ein gesetzlicher Anspruch auf Zugang zu den Online-Accounts eines Verstorbenen existiert für die Erben nicht. Der Bundesgerichtshof (Aktenzeichen III ZR 183/17) hat aber klargestellt, dass die Eltern und damit die Erben einer verstorbenen Minderjährigen einen Anspruch auf die Zugangsdaten zu deren Facebook-Account haben. Die erbrechtliche Gesamtrechtsnachfolge gilt laut Gericht auch für Verträge mit Providern. Der digitale Nachlass wird mit dem analogen Nachlass damit gleichgestellt. Die Erben erhalten die gleichen vertraglichen Ansprüche wie der verstorbene Nutzer. Es muss ihnen daher vom Provider Zugang zum Benutzerkonto und zu den Kommunikationsinhalten gewährt werden.

Im Anschluss an dieses Urteil ließ Facebook den Eltern der Verstorbenen einen USB-Stick zukommen, der eine PDF-Datei von mehr als 14.000 Seiten enthielt, angeblich eine Kopie der ausgelesenen Daten des Facebook-Accounts der Verstorbenen. Nach Ansicht der Eltern hat der Provider damit seine Pflicht aus dem vorangegangenen Urteil nicht erfüllt. So sah das auch der Bundesgerichtshof (Aktenzeichen III ZB 30/20) und er stellte in einer weiteren Entscheidung klar, dass die Erben eines verstorbenen Facebook-Nutzers ein Vollzugriff auf alle Inhalte des Facebook-Accounts gewährt werden muss. Es muss ihnen nicht nur der Zugang zum Benutzerkonto und den Kommunikationsinhalten gewährt werden, sondern sie müssen vom Provider die Möglichkeit erhalten, vom Account und seinen Inhalten auf dieselbe Art und Weise Kenntnis zu nehmen, wie es die Verstorbene als Kontoberechtigte möglich gewesen ist. Lediglich die aktive Nutzung des Facebook-Accounts kann den Erben vom Provider versagt werden.
Mit dem Überlassen einer PDF-Datei hat der Provider den Erben keinen vollständigen Zugang zum Account der Verstorbenen verschafft. Zumal die PDF-Datei nicht das ganze Benutzerkonto abbilde.

Wie gehen Provider mit dem digitalen Nachlass um?


Im Einzelnen stellt sich der Umgang mit dem digitalen Daten-Nachlass bei den Online- Account-Anbietern wie folgt dar: Weder Instagram, WhatsApp, Amazon, Paypal oder eBay haben den Umgang mit dem digitalen Nachlass geregelt.

Bei Facebook wurde den Erben bislang kein Zugriff auf den Account des Verstorbenen gewährt. Erben haben aber die Möglichkeit den Account löschen oder ihn in einen sog. Gedenkzustand zu versetzen zu lassen.

Auch Google gewährt weder Zugriff noch Löschung des Accounts durch die Erben. Hier wird dem Kontoinhaber nur die Möglichkeit eingeräumt Menschen zu benennen, die bei Inaktivität seines Kontos benachrichtigt werden.

Ein Apple iCloud - Account ist laut den AGBs von Apple nicht übertragbar. Alle Rechte an der Apple- ID und den Inhalten erlöschen mit dem Tod. Der Account kann aber von den Erben gelöscht werden.

Bei Twitter erhalten die Erben keinen Zugriff auf das Profil des Verstorbenen. Sie können aber das Konto inaktiv schalten und nach 30 Tagen löschen lassen.

Das Löschen eines EMail-Accounts ist für die Erben aufwendig und kann lange dauern. Eine besondere Schwierigkeit stellen dabei sogenannte Freemail-Accounts dar, bei denen der Verstorbene unter einem Pseudonym angemeldet war. Hier müssen die Erben dem Diensteanbieter nachweisen, dass der Verstorbene mit seiner Identität hinter diesem Account steht.

Wie sollten Passwörter hinterlassen werden?


Für Erben ist der Umgang mit den Online-Accounts einfach, wenn sie das Passwort dafür kennen. Um den Erben im Todesfall schnell auf die notwendigen Passwörter Zugriff zu ermöglichen, empfiehlt es sich eine Liste mit allen Passwörtern und den dazugehörigen Accounts anzufertigen und diese sicher in einem Safe oder Bankschließfach aufzubewahren. Die Passwörter können auch im Testament aufgeführt werden, wenn dieses sicher vor jedem unbefugten Zugriff aufbewahrt wird.

So regeln Sie Ihren digitalen Nachlass rechtssicher!


Der digitale Nachlass kann in einem Testament geregelt werden. Entweder wird ein Erbe mit dem gesamten digitalen Erben betraut oder mehrere Erben werden konkret für bestimmte Gebiete benannt, wie etwa einen Erben für Online-Banking und einen Erben für die Profile auf Social-Media-Accounts.

Wichtig ist, dass genau benannt wird, welche digitalen Daten gelöscht oder archiviert werden sollen. Ob und welches Profil in einen Gedenkzustand versetzt werden soll. Wo entsprechende Passwörter zu finden sind. Welche Verträge oder Abos mit Online-Dienstleistern bestehen und gekündigt werden müssen und wie mit dem digitalen Erben weiter verfahren werden soll.

Bei der Regelung des digitalen Nachlasses entstehen eine Reihe von Rechtsfragen, wie etwa wer Urheber eines Bildes ist oder ob auch digitale Güter wie Musikaufnahmen vererbt werden können. Ein Anwalt für Erbrecht hilft Ihnen Ihren digitalen Nachlass rechtssicher zu regeln. Nehmen Sie unverbindlich Kontakt auf und lassen Sie sich kompetent beraten.

erstmals veröffentlicht am 21.05.2020, letzte Aktualisierung am 02.10.2020

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