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Kategorie: Anwalt Verkehrsrecht , 24.08.2023 (Lesedauer ca. 4 Minuten, 1280 mal gelesen)

Fahrtenbuchauflage: Wann, wie lange und wen trifft sie?

Fahrtenbuchauflage: Wann, wie lange und wen trifft sie? © mko - topopt

Auto bekannt – Fahrer unbekannt. So sieht die Ermittlungslage nach einem Verkehrsdelikt für die Straßenverkehrsbehörde häufig aus. Wann kann sie dem Fahrzeughalter das Führen eines Fahrtenbuchs auferlegen? Wie muss ein Fahrtenbuch geführt werden? Was passiert, wenn das Fahrtenbuch nicht lückenlos geführt wurde? Und wie kann man eine Fahrtenbuchauflage verhindern, bzw. gegen sie vorgehen?

Wann muss ich ein Fahrtenbuch führen?


Das Führen eines Fahrtenbuchs kann von der zuständigen Behörde angeordnet werden, wenn ein Fahrzeughalter zur Feststellung, wer sein Fahrzeug bei einem Verstoß gegen die Verkehrsvorschriften geführt hat, nichts beiträgt und es der Behörde daher nicht möglich ist, den Verkehrsverstoß zu ahnden. Sinn und Zweck der Fahrtenbuchauflage ist zukünftige Verkehrsverstöße mit dem betreffenden Fahrzeug nachvollziehen zu können, so das Verwaltungsgericht (VG) Mainz (Az. 3 L 1039/19.MZ).

Voraussetzung für eine Fahrtenbuchauflage ist nach einer Entscheidung des VG Hamburg (Az.15 E 127/19), dass der betroffene Fahrzeughalter per Anhörungsbogen nachweislich zum Verkehrsverstoß befragt wurde und die Polizei ihrer Ermittlungspflicht nachgekommen ist.

Dabei ist laut VG Saarlouis (Az. 6 L 1017/14) der Fahrzeughalter verpflichtet bei der Feststellung des Fahrers mitzuhelfen. Er darf sich nicht einfach auf die schlechte Qualität des Fotos auf dem Bußgeldbescheid berufen.

Nach einer Entscheidung des VG Neustadt (Az. 3 L 281/10.NW) kann eine Fahrtenbuchauflage bereits beim ersten Verstoß gegen die Verkehrsvorschriften erfolgen.

Teilt der Fahrzeughalter der Behörde nur den Namen eines potentiellen Täters und den Namen einer ausländischen Stadt als dessen Wohnort mit, reicht das als mangelnde Kooperation für die Anordnung einer Fahrtenbuchauflage aus, so das VG Neustadt (Az. 6 K 291/10.NW).

Laut einer Entscheidung des VG Mainz (Az. 3 K 757/14.MZ) kann einem Fahrzeughalter auch dann ein Fahrtenbuch auferlegt werden, wenn der Verkehrsverstoß durch seinen Beifahrer begangen wurde. Im konkreten Fall hatte der Beifahrer während der Fahrt klare Flüssigkeit auf einen Motorroller-Fahrer geschüttet.

Aber aufgepasst: Die Behörde darf nicht vorschnell eine Fahrtenbuchauflage verhängen. Dies stellt das VG Koblenz (Az. 4 K 773/19.KO) im Fall eines Autofahrers klar, der angab, dass nicht er, sondern einer seiner beiden Zwillingssöhne den vorgeworfenen Geschwindigkeitsverstoß begangen hat. Die Behörde darf in diesem Fall nicht einfach das Verfahren einstellen und das Führen eines Fahrtenbuchs verhängen. Sie muss zunächst die beiden Söhne befragen.

Auch das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen (Az.: 8 A 2361/22) stellt klar, dass die Straßenverkehrsbehörde nach einem Verkehrsdelikt verpflichtet ist den Fahrer zu ermitteln. Erst wenn ihr das nicht gelingt, kann sie dem Halter des Fahrzeugs ein Fahrtenbuch auferlegen. Dabei muss sie laut Bundesverwaltungsgericht nicht unzumutbaren, zeitraubenden und wenig erfolgsversprechenden Ermittlungsansätzen nachgehen. Naheliegende Ermittlungen, wie etwa im Familienkreis des Halters, muss sie aber vornehmen.

Eine Recherche im Internet zur Ermittlung des Fahrers muss die Behörde aber vor der Erteilung einer Fahrtenbuchauflage nicht durchführen, entschied der Verwaltungsgerichtshof München (Az. 11 ZB 15.171).

Wer muss das Fahrtenbuch führen?


Die Fahrtenbuchauflage ist in § 31a StVZO geregelt und richtet sich an den Fahrzeughalter. Er ist verpflichtet alle Fahrten mit dem betroffenen Fahrzeug zu dokumentieren. Die Fahrtenbuchauflage kann auf ein bestimmtes Fahrzeug oder auf alle zugelassenen oder künftig zuzulassenden Fahrzeuge des Fahrzeughalters bezogen sein.

Nach einer Entscheidung des VG Mainz (Az. 3 L 1482/15.MZ) ist allerdings eine Fahrtenbuchauflage für den gesamten Fuhrpark eines Handwerkbetriebs nicht verhältnismäßig.

Das VG Neustadt (Az. 3 L 22/15.NW) hält hingegen eine Fahrtenbuchauflage für alle Firmenfahrzeuge aufgrund einer Geschwindigkeitsüberschreitung von mehr als 40 km/h auf der Autobahn für gerechtfertigt.

Was muss im Fahrtenbuch stehen?


Im § 31a StVO ist auch festgelegt, wie ein Fahrtenbuch geführt werden muss. Danach muss der Fahrzeughalter für das betroffene Fahrzeug vor Beginn jeder Fahrt Name und Anschrift des Fahrzeugführers, das amtliche Kennzeichen des Fahrzeugs und das Datum und Uhrzeit des Fahrtbeginns eintragen. Das Ende der Fahrt muss er umgehend mit Datum, Uhrzeit und Unterschrift dokumentieren.

Was droht mir bei einem unvollständigen Fahrtenbuch?


Die zuständige Behörde darf die Angaben im Fahrtenbuch überprüfen. Führt ein Fahrzeughalter sein Fahrtenbuch nicht oder nur unvollständig, droht ihm ein Bußgeld von 100 Euro.

Wie lange muss ich ein Fahrtenbuch führen?


Wie lange ein Fahrzeughalter ein Fahrtenbuch führen muss, hängt mit der Schwere des vorgeworfenen Verkehrsverstoßes und dem Verhalten des Fahrzeughalters bei der Ermittlung ab. Die Fahrtenbuchauflage ist in der Regel auf eine Dauer von sechs Monaten befristet. Sie kann aber verlängert werden. Wird etwa ein Rotlichtverstoß nicht aufgeklärt, kann dem Fahrzeughalter eine Fahrtenbuchauflage von zwei Jahren drohen.

Wie kann ich eine Fahrtenbuchauflage verhindern?


Eine Möglichkeit eine Fahrtenbuchauflage zu verhindern ist, mit der Behörde bei den Ermittlungen zu kooperieren, indem der Fahrzeughalter zumindest einen Täterkreis benennt.

Es hilft dem Fahrzeughalter nicht, wenn er das betroffene Fahrzeug verkauft. Die Fahrtenbuchauflage gilt nach einer Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs München (Az. 11 CS 18.2476) weiter und muss dann für das Ersatzfahrzeug geführt werden.

Ansonsten kann gegen die Fahrtenbuchauflage als Verwaltungsakt mit den Rechtsmitteln Widerspruch und Anfechtungsklage vorgegangen werden. Die sind aber nur dann erfolgversprechend, wenn kein nachweisbarer Verkehrsverstoß vorliegt, der Verkehrsverstoß im ruhenden Verkehr erfolgte oder die Fahrtenbuchauflage unverhältnismäßig ist. Der Widerspruch muss innerhalb eines Monats nach Zugang der Fahrtenbuchauflage eingelegt werden. Es empfiehlt sich hier den Rat eines erfahrenen Anwalts für Verkehrsrecht einzuholen.

erstmals veröffentlicht am 09.03.2015, letzte Aktualisierung am 24.08.2023

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