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Kategorie: Anwalt Arbeitsrecht , 02.06.2016 (Lesedauer ca. 3 Minuten, 314 mal gelesen)

Wegen Fußball-Sammelbilder: Kassiererin fristlos gekündigt

Bei einer Kassiererin wird ein Karton mit Fußball-Stickern gefunden, den sie angeblich klauen wollte. Wert der Sticker: zirka acht Euro. Konsequenz: Kündigung des Arbeitsverhältnisses. Zu Recht?

Erinnern Sie sich an die Kassiererin, die wegen eingelöster Pfandbons die fristlose Kündigung erhalten hatte? Der Fall Emmely ging in die deutsche Justiz-Geschichte ein. Angesichts der bevorstehenden EM 2016 in Frankreich stellen wir einen weiteren Fall einer so genannten Bagatell-Kündigung vor. Denn darin geht es um Fußball-Sammelbilder.

Hintergrund von Sticker-Aktionen


Vor Großereignissen locken viele Supermärkte mit Sammelsticker. Was viele Kunden nicht wissen: Der Markt muss diese Sticker selbst einkaufen, bevor er diese ab einem Warenwert von zehn Euro kostenlos an seine Kunden weitergeben kann. Zu verschenken haben die Ketten natürlich nichts, der Einkauf der Sticker soll sich durch den kurzfristig erhöhten Umsatz amortisieren.

Der Fall: Kassiererin lädt angeblich leeren Karton ein


Im konkreten Fall hatte ein Arbeitgeber eine angestellte Verkäuferin dabei beobachtet, wie sie - so der Arbeitsauftrag - auf dem Firmengelände leere Kartons entsorgte. Einen davon schüttelte sie jedoch und lud diesen dann in ihren Kofferraum ein. Darauf verlangt er, den Inhalt des Kofferraums zu sehen. In dem leeren Karton fand er einen weiteren, kleineren Karton mit besagten Fußball-Sammelbildern. Der Arbeitgeber sprach der Kassiererin daraufhin die fristlose Kündigung aus, die Verkäuferin antwortete mit einer Kündigungsschutzklage .

Ausgang des Verfahrens


Bei einem Gütetermin vor dem Arbeitsgericht Mönchengladbach legten beide Seiten ihre Sicht der Dinge dar. Die Arbeitnehmerin behauptete, den kleineren Stickerkarton auch durch Schütteln nicht bemerkt zu haben. Sie wollte den größeren Karton lediglich als Aufbewahrungsbox nach Hause nehmen. Außerdem sei eine fristlose Kündigung wegen acht Euro Warenwert unverhältnismäßig. Der Arbeitgeber hielt dagegen: Seiner Meinung nach hätte die Verkäuferin das Gewicht der Sticker von ca. 1,3 Kilogramm beim Schütteln bemerken müssen. Das Vertrauen in die Arbeitnehmerin sei durch ihr Verhalten unwiderruflich zerstört. Der zuständige Richter bemerkte, dass der Ausgang des weiteren Verfahrens wesentlich davon abhängen würde, ob der Kassiererin den Inhalt des Kartons bewusst war oder nicht. Zu einem weiteren Gerichtstermin kam es nicht. Die Parteien einigten sich auf Beibehaltung der Kündigung, jedoch unter Rücksichtnahme auf die Bewerbungen der Verkäuferin zu einem späteren Zeitpunkt.

Tipps für Arbeitnehmer


Arbeitnehmer sollten sich bewusst machen: Alle Gegenstände im Gebäude oder auf dem Gelände des Arbeitgebers sind dessen Eigentum. Selbst wenn der Chef nicht kündigt, so wird die Kündigung oftmals innerlich vorbereitet, und dann über den Umweg einer Abmahnung (z.B. privates Surfen am Arbeitsplatz o.ä.) realisiert. Sollten Sie tatsächlich etwas unwissentlich entwendet haben, sprechen am besten sofort Sie mit einem Anwalt für Arbeitsrecht, bevor Sie handeln.

Tipps für Arbeitgeber


Grundsätzlich kann ein Arbeitgeber Arbeitnehmern in vertrauenswürdigen Positionen auch wegen eines geringen Fehltritts kündigen. Der Beweislast haben die Arbeitsgerichte jedoch große Hürden in den Weg gestellt. Wenn Sie also nicht sicher beweisen können, dass ein Arbeitnehmer straffällig geworden ist - eben z.B. durch Diebstahl, Beleidigung oder ähnliches - ist ein außergerichtlicher Vergleich mit Hilfe eines fachlich versierten Anwalts für Arbeitsrecht eher anzuraten.

... und der Fall Emmely?


Die Kassiererin im oben beschriebenen Fall hat ihren Arbeitsplatz verloren. Im Fall Emmely um die Verkäuferin Barbara Emme, die zwei Pfandbons im Wert von 1, 30 Euro für sich eingelöst hatte, entschied das Bundesarbeitsgericht nach mehreren Instanzen letztlich anders. Die Supermarktkette musste die Kündigung gegen Emme zurücknehmen und ihr ihren alten Arbeitsplatz zurückgeben. Experten vermuten, dass die damalige Finanzkrise, vor deren Hintergrund der Pfandwert nahezu grotesk wirken musste, sowie das Einmischen von Politikern das Urteil zumindest unterschwellig mitbeeinflusste. Emme konnte sich den Gang durch die Instanzen übrigens leisten, da sie eine Rechtsschutzversicherung abgeschlossen hatte.

erstmals veröffentlicht am 01.06.2016, letzte Aktualisierung am 02.06.2016

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