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Kategorie: Anwalt Verkehrsrecht , 17.07.2023 (Lesedauer ca. 6 Minuten, 1869 mal gelesen)

Handy weg beim Autofahren- Fahrverbot droht!

Handy am Steuer, junger Mann telefoniert während der Autofahrt Handy am Steuer, junger Mann telefoniert während der Autofahrt © freepik - mko

Während der Autofahrt schnell eine SMS zu schreiben oder einen Anruf anzunehmen ist für viele Autofahrer völlig normal – auch wenn sie damit ein empfindliches Bußgeld riskieren. Doch was genau ist mit dem Handy am Steuer verboten? In welchen Fällen darf das Handy am Steuer benutzt werden? Wie beweist die Polizei den Verstoß gegen das Handyverbot? Welche Strafen drohen? Und wann lohnt sich ein Einspruch gegen einen Bußgeldbescheid wegen Verstoß gegen das Handyverbot?

Was ist mit Handy oder Smartphone im Auto verboten?


Grundsätzlich ist es allen Verkehrsteilnehmern verboten, während des Autofahrens ein Handy in die Hand zu nehmen oder in der Hand zu halten, um damit zu telefonieren, SMS zu schreiben, die Uhrzeit zu lesen (so das Oberlandesgericht (OLG) Köln, Az. 81 Ss-OWi 49/08) oder einen Anrufer wegzudrücken. Ordnungswidrig handeln Autofahrer immer dann, wenn sie bei laufendem Motor ihr Handy in die Hand nehmen – dabei ist egal, welche Funktion des Handys genutzt wird. Fühlt sich ein Autofahrer durch das aufleuchtende Display seines Smartphones geblendet, rechtfertigt dies nicht das Handy in die Hand zu nehmen (Amtsgericht Lüdinghausen, Az. 19 OWi-89 Js 86/14-14/14). Laut OLG Hamm (Az. 2 Ss OWi 402/06) ist schon der Blick aufs Handy-Display verboten.

Ein Mobiltelefon darf während der Autofahrt auch nicht in die Hand genommen werden um Musik abspielen zu lassen (OLG Köln, Az. 83 Ss-OWi 63/09) – selbst dann nicht, wenn das Handy keine SIM-Karte besitzt, so das OLG Hamm (Az. 4 RBs 214/17). Auch das Tippen auf den Home-Button eines Smartphones verstößt gegen das Handyverbot am Steuer, so das OLG Hamm (Az. 1 RBs 170/16). Das Anschließen eines Ladekabels ans Handy ist nicht erlaubt, so das OLG Oldenburg (Az. 2 Ss (OWi) 290/15). Ebenso wenig darf das Handy als Navigationsgerät (OLG Hamm, Az. 1 RBs 232/14) oder als Diktiergerät (Thüringer OLG, Az.1 Ss 82/06) während der Fahrt in den Händen des Autofahrers gehalten werden. Wer mit seinem Handy an einer Unfallstelle vorbeifährt und Gafferfotos macht, verstößt ebenfalls gegen das Handyverbot der Straßenverkehrsordnung, so das Amtsgericht Castrop-Rauxel (Az. 6 OWi - 267 Js OWi 1998/18 - 313/18, 6 OWi 313/18). Selbst wenn die Telefonkarte während der Autofahrt hin- und hergeschoben wurde, um ein Autotelefon funktionstüchtig zu machen, liegt laut OLG Hamm (Az. 2 Ss OWi 25/07) ein Verstoß gegen das Handyverbot der Straßenverkehrsordnung vor. Das Handy darf während der Autofahrt auch nicht an den Beifahrer weitergereicht werden, so das OLG Köln (Az. II -1 RBs 284/14). Fällt das Handy während der Fahrt in den Fußraum des Autos, darf der Autofahrer es nicht aufheben, so das OLG Bamberg (Az. 3 Ss OWI 452/07). Wer sein Smartphone während der Autofahrt auf seinem Oberschenkel ablegt, verstößt auch gegen das Handyverbot am Steuer, so das Bayerische Oberste Landesgericht (Az. 201 ObOWi 1507/21). Klemmt sich ein Autofahrer ein Handy zwischen sein Ohr und seine Schulter, liegt darin ebenfalls eine bußgeldrelevante Nutzung nach der Straßenverkehrsordnung vor, entschied das OLG Köln (Az. III-1 RBs 347/20). Auch das Benutzen einer sog. Handyspange löst ein Bußgeld aus, entschied das Amtsgericht Frankfurt am Main (Az. 976 OWi 661 Js-OWi 51914/20). Bei einer sog. Handyspange wird das Handy, ähnlich eines Headsets, mit einem über den Kopf laufenden Bügel an einem Ende befestigt, so dass der Fahrer die Hände frei hat.

Auch das Telefonieren auf dem Seitenstreifen einer Autobahn ist entgegen der Auffassung vieler Autofahrer nicht erlaubt, stellt das OLG Düsseldorf (Az. IV-2 Ss (OWi) 84/08 - (OWi) 39/08 III) klar.

In welchen Fällen darf ich das Handy am Steuer benutzen?


Erlaubt ist das Handy am Autosteuer, wenn
„[…] a) nur eine Sprachsteuerung und Vorlesefunktion genutzt wird oder
b) zur Bedienung und Nutzung des Gerätes nur eine kurze, den Straßen-, Verkehrs-, Sicht- und Wetterverhältnissen angepasste Blickzuwendung zum Gerät bei gleichzeitig entsprechender Blickabwendung vom Verkehrsgeschehen erfolgt oder erforderlich ist.“ (§ 23 Abs. 1a StVO).

Erlaubt ist das Telefonieren im Auto, wenn das Fahrzeug steht und der Motor abgestellt ist. Die Start-Stopp-Automatik reicht an dieser Stelle nicht. Wer also an einer roten Ampel steht und den Motor seines Autos abgestellt hat, darf während der Rotphase sein Handy nutzen (OLG Bamberg, Az. 3 Ss OWi 1050/06). Dabei wird nicht unterschieden, ob der Motor automatisch oder manuell abgeschaltet wird, entschied das OLG Hamm (Az. 1 RBs 1/14).

Gleiches gilt für das Stehen mit ausgeschaltetem Motor im Stau. Ansonsten kann legal mit einer Freisprechanlage oder einem einseitigen Headset im Auto telefoniert werden.

Das OLG Düsseldorf (Az. IV-2 Ss OWi 134/06-70/06 III; IV Ss OWi 134/06) ist der Ansicht, dass das bloße Halten oder Umlagern eines Handys am Fahrzeugsteuer erlaubt ist. So sieht das auch das OLG Karlsruhe (Az. 1 ORbs 33 Ss 151/23), dessen Ansicht nach stellt das Umlagern eines Handy während der Autofahrt eine funktionsneutrale Tätigkeit dar.

Das OLG Stuttgart (Az. 4 Ss 212/16) entschied, dass das Halten eines Handys beim Telefonieren über die Freisprechfunktion kein bußgeldrelevanter Verstoß gegen die Straßenverkehrsordnung ist.

Nach Auffassung des OLG Hamm (Az. 4 RBs 92/19) ist das Verbinden eines bereits mit einem Ladekabel versehenen Handy mit einer Powerbank während der Fahrt zulässig, da hier keine große die Verkehrssicherheit gefährdende Ablenkungswirkung bestehe.

Auch kann laut OLG Hamm (Az. 4 RBs 392/18) bei einem Autofahrer, der während des Wegräumens einiger Papiere ein Handy in der Hand hält, nicht von einer verbotswidrigen Nutzung ausgegangen werden.

Welche elektronischen Geräte fallen sonst noch unters Handyverbot?


Wer während der Autofahrt einen Paketscanner benutzt muss auch mit einem Bußgeld wegen des Handyverbots am Steuer rechnen. Laut OLG Hamm (Az. 4 RBs 345/20) handelt es sich bei einem Paketscanner auch um ein elektronisches Gerät im Sinne der Straßenverkehrsordnung.

Auch ein Taschenrechner darf während einer Autofahrt nicht in die Hand genommen und benutzt werden, entschied das OLG Hamm (Az. III - 4 RBs 191/19).

Powerbank und Ladekabel sind hingegen keine elektronischen Geräte im Sinne der Straßenverkehrsordnung, da man mit ihnen keine Informationen abrufen kann, so das OLG Hamm (Az. 4 RBs 92/19). Nach Ansicht des Amtsgerichts Waldbröl (Az. 44 OWi-225 Js 1055/14-121/14) verstößt die Nutzung eines iPods während der Autofahrt nicht gegen das Handyverbot im Straßenverkehr.

Wie beweist die Polizei das Benutzen meines Handy während der Autofahrt?


Nicht die Polizei muss beweisen, dass ein Autofahrer während der Fahrt an seinem Handy war, sondern derjenige, der einen Bußgeldbescheid wegen verbotswidriger Nutzung eines Handys während der Autofahrt erhält, muss beweisen, dass er sein Handy weder in der Hand hatte, noch mit ihm telefoniert hat.

Welche Strafen drohen mir bei Handy oder Smartphone am Steuer?


Wer am Autosteuer sein Handy ohne Freisprechanlage nutzt, muss mit einem Punkt im Flensburger Verkehrszentralregister und 100 Euro Bußgeld rechnen. Kommt eine Gefährdung des Straßenverkehrs hinzu, erhöht sich die Strafe auf 2 Punkte, 1 Monat Fahrverbot und 150 Euro Bußgeld. Wird durch die verbotswidrige Handynutzung ein Unfall mit Sachschaden verursacht drohen dem Autofahrer 2 Punkte, 1 Monat Fahrverbot und 200 Euro Bußgeld.

Nach einer Entscheidung des OLG Hamm (Az. III-4 RVs 13/22) muss ein Autofahrer, der eine SMS während der Autofahrt schreibt und dabei einen Unfall baut, bei dem ein Mensch zu Tode kommt, mit einer Haftstrafe rechnen.

Welchen Folgen hat Handyverstoß in der Probezeit?


Wer in der Probezeit mit Handy am Steuer erwischt wird, hat einen sog. A-Verstoß begangen und muss neben mit einer Verlängerung der Probezeit auf vier Jahre rechnen und ein Aufbauseminar besuchen.

Wann lohnt sich der Einspruch gegen einen Bußgeldbescheid wegen Handyverbot?


Wer einen Bußgeldbescheid wegen verbotswidriger Handynutzung im Straßenverkehr erhält, kann innerhalb von zwei Wochen Einspruch eingelegen. Der Einspruch macht aber nur dann Sinn, wenn der Autofahrer nachweisen kann, dass er sein Handy weder zum Telefonieren noch zu sonstigen Aktionen während der Autofahrt in der Hand hatte.

Wie kann ich das Bußgeld nach einem Handyverstoß reduzieren?


Wer mit einem Handy am Steuer erwischt wurde und einen Bußgeldbescheid erhält, hat gute Chancen das Bußgeld mit einem positiven Verhalten nach dem Handyverstoß zu reduzieren, wenn er etwa freiwillig an einer verkehrspsychologischen Schulung teilnimmt. So geschehen im Fall eines Paketzustellers, der mit Handy am Steuer erwischt wurde, aber vorher noch nie wegen Verkehrsordnungswidrigkeiten aufgefallen war. Der Mann besuchte freiwillig ein dreistündiges Verkehrsseminar und legte Einspruch gegen das Bußgeld ein, ohne aber die Tat zu bestreiten. Dies rechnete das AG Eilenburg (Az. 8 OWi 950 Js 67934/21) ihm hoch an und reduzierte sein Bußgeld von 100 auf 55 Euro, womit auch der Punkt im Verkehrszentralregister wegfiel.

Uneinsichtigkeit kann allerdings genau das Gegenteil bewirken. Ein Autofahrer, der von der Polizei wegen eines Handyverstoßes am Steuer angehalten wurde, zeigte sich uneinsichtig und schlug sogar mit seiner flachen Hand auf das Polizeiauto. Das Amtsgericht Ellwangen verdoppelte daraufhin sein Bußgeld.

Droht mir bei einem Verkehrsunfall mit Handy am Ohr der Verlust des Versicherungsschutzes?


Autofahrer, die während der Fahrt ihr Handy verbotswidrig nutzen und dabei einen Verkehrsunfall mit einem Schaden verursachen, riskieren ihren Kfz-Versicherungsschutz. Auch wenn ansonsten grob fahrlässig verursachte Schäden durch den Autofahrer von den Versicherern übernommen werden, schließen viele Versicherungsverträge ihren Schutz für diese Fälle aus.

So wird ein durch die Nutzung eines Handys während der Autofahrt verursachter Verkehrsunfall während der Fahrt zur Arbeit auch nicht als Arbeitsunfall anerkannt, entschied das Sozialgericht Frankfurt am Main (Az. S 8 U 207/16).

erstmals veröffentlicht am 21.01.2014, letzte Aktualisierung am 17.07.2023

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