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Kategorie: Anwalt Reiserecht , 12.08.2022 (Lesedauer ca. 5 Minuten, 594 mal gelesen)

Pauschalreise: Welche Rechte haben Urlauber?

junge Familie winkt aus dem Swimmingpool junge Familie winkt aus dem Swimmingpool © freepik-mko

Pauschalreisen sind bei deutschen Urlaubern sehr beliebt. Doch wann handelt es sich beim gebuchten Urlaub um eine Pauschalreise? Welche Vorteile hat eine Pauschalreise für Urlauber? Auf was müssen Urlauber bei der Buchung achten? Darf der Reiseveranstalter nachträglich die Preise erhöhen? Kann man von einer Pauschalreise kostenfrei zurücktreten? Und was tun, wenn der Reiseveranstalter insolvent wird?

Was ist eine Pauschalreise einfach erklärt?


Von einer Pauschalreise spricht man, wenn zwei Reiseleistungen oder mehr– etwa Flug und Hotel – oder eine Reiseleistung mit einer touristischen Leistung – etwa Hotel und Wellnessbehandlung – zusammengefasst werden. Als Pauschalreise gilt zum Beispiel eine Kreuzfahrt, ein Linienflug und Unterkunft (Bundesgerichtshof, Az. X ZR 244/02), eine Segeltour mit Skipper (Oberlandesgericht Düsseldorf, Az.18 U 76/94) oder eine Unterkunft mit Skikurs und Skipass (Oberlandesgericht Celle, Az.11 U 70/01). Wichtig ist, dass die Nebenleistung einen eigenen nicht unerheblichen Wert hat.

Eine Überfahrt mit einer Autofähre ist keine Pauschalreise, so das Amtsgericht München (Az. 213 C 3921/16). Auch dann nicht, wenn zusätzlich zur Beförderung des Autos eine Kabine zum Übernachten gebucht wurde.

Welche Vorteile hat eine Pauschalreise für Urlauber?


Der entscheidende Vorteil einer Pauschalreise ist, dass der Urlauber bei Ärger einen Ansprechpartner für viele Urlaubsleistungen hat. Fällt zum Beispiel der Flug zum Urlaubsort aus, muss er sich nicht mit der Fluggesellschaft auseinandersetzen, sondern bei einer Pauschalreise ist, wie auch beim dreckigen Hotelzimmer, der Reiseveranstalter zuständig.

Ein weiterer Vorteil ist, dass der Urlauber bei Insolvenz des Reiseveranstalters bessere Chancen hat, seinen gezahlten Reisepreis zurückzubekommen.

Zudem gilt bei Pauschalreisen in der Regel deutsches Reiserecht.

Auf was müssen Urlauber bei der Buchung achten?


Ob beim Hochglanz-Reisekatalog oder bei einer Anzeige im Internet – Urlauber sollten die Beschreibung der Reiseleistung, wie Anreise, Unterkunft, Verpflegung, Ausflüge, etc., genau lesen. Die Formulierungen im Reisekatalog sind für Kunden oft missverständlich. So hat ein Zimmer „zur Meerseite“ nicht zwangsläufig auch einen Blick aufs Meer und bei einem „zentral gelegenen“ Hotel ist mit Lärm zu rechnen. Der Reiseveranstalter ist verpflichtet die einzelnen Reiseleistung eindeutig zu beschreiben. Macht er falsche Angaben, kann der Reisepreis gemindert werden, so das Landgericht Nürnberg-Fürth (Az. 15 S 9612/09).

Auch den Allgemeinen Geschäftsbedingungen, etwa zum Reiserücktritt, zur Anzahlung des Reisepreises sowie zu nachträglichen Preiserhöhungen, sollte der Urlauber Beachtung schenken.

Bucht der Kunde eine Pauschalreise, gilt diese mit der Buchungsbestätigung vom Reiseveranstalter als angenommen. Der Reiseveranstalter hat zwei Wochen Zeit dem Kunden die schriftliche Buchungsbestätigung zu kommen zu lassen, danach ist der Kunde nicht mehr an seine Reisebuchung gebunden. Wer online eine Pauschalreise bucht, ist mit Buchungsbestätigung per E-Mail an die Reise gebunden. Die Buchungsbestätigung muss bestimmte Angaben, wie Urlaubsort, Transportmittel, Unterbringung, Verpflegung, Reisepreis, Reisedaten, Kontaktdaten des Reiseveranstalters, Infos zum Umgang mit Reisemängeln, enthalten.

In der Regel verlangt der Reiseveranstalter nach der schriftlichen Reisebestätigung eine Anzahlung der Reisekosten. In Höhe von 20 Prozent des Reisepreises ist das in Ordnung, entschied das Oberlandesgericht Köln (Az. 16 U 12/05). Beträgt die Anzahlung allerdings mehr als 40 Prozent des Pauschalreisepreises, ist dies unzulässig, so das Oberlandesgericht Celle (Az. 11 U 279/12).

Im Hinblick auf Kinderermäßigungen ist das Alter des Kindes zum Zeitpunkt der Reisebuchung entscheidend, so das Landgericht Gera (Az. 1 S 226/05). Erreicht das Kind vor Antritt der Reise ein Alter, für das keine Ermäßigung mehr gilt, sei dies unerheblich. Anders das Amtsgericht Hannover (Az. 539 C 9781/05), wonach das Alter des Kindes zum Reisezeitpunkt für den Vorzugspreis entscheidend ist. Aufgrund dieser Entscheidung musste ein Familie im Nachhinein 765,00 Euro Kinderermäßigung nachzahlen.

Ob Impfungen oder eine Reiserücktrittsversicherung notwendig sind, muss der Urlauber alleine recherchieren.

Welche Pflichten hat ein Reiseveranstalter bei einer Pauschalreise?


Pauschalurlauber müssen schon vor der Reisebuchung vom Reiseveranstalter mit einem Infoblatt über ihre Rechte informiert werden. Der Reiseveranstalter hat natürlich die Pflicht, die Pauschalreise wie vertraglich vereinbart durchzuführen. Des Weitern hat der Reiseveranstalter eine Beistandspflicht, das bedeutet er muss dem Urlauber Hilfe leisten, wenn dieser beispielsweise in gesundheitlichen oder finanziellen Schwierigkeiten steckt.

Müssen Urlauber einer Pauschalreise Änderungen bei den Reisezeiten hinnehmen?


Wurden keine konkreten Reisezeiten vereinbart, muss der Reisende bei einer Pauschalreise auch unkomfortable Reisezeiten hinnehmen, entschied das Amtsgericht München (Az. 173 C 23180/10). So auch das Amtsgericht Duisburg (Az. 45 C 367/05) im Fall einer Änderung der Flugzeit von 6.00 Uhr aus 18.25 Uhr.

Wird allerdings der Rückflug um mehr als 10 Stunden vorverlegt, müssen Reisende das nicht hinnehmen. Laut Bundesgerichtshof (Az. X ZR 76/11) stellt dies ein Reisemangel dar, der zum Schadensersatz verpflichtet.

Laut Landgericht Nürnberg-Fürth (Az. 11 S 5792/97) kann ein Urlauber bei einer Vorverlegung des Flugs um mehrere Tage von der gebuchten Pauschalreise zurücktreten.

Wann ist ein kostenfreier Rücktritt von einer Pauschalreise möglich?


Pauschalreisende können kostenfrei von ihrem Reisevertrag zurücktreten, wenn es nach Abschluss des Vertrages zu einer Gefahrenlage am Urlaubsziel kommt oder mit erheblichen Beeinträchtigungen der Reise aufgrund von äußeren Eindrücken zu rechnen ist. Man spricht in diesen Fällen von „unvermeidbaren, außergewöhnlichen Umständen“. Kommt es am Urlaubsort zu einer solchen Situation, kann der Pauschalreisende die Reise abbrechen. Mehrkosten für anderweitige Übernachtungen muss der Reiseveranstalter für bis zu drei Nächten übernehmen.

Insbesondere während der Corona-Pandemie stehen viele Pauschalreisende vor der Frage, wann sie kostenlos ihre Urlaubsreise stornieren können. Lesen Sie dazu mehr in unserem Rechtstipp „Corona: Welche Rechte haben Reisende und Fluggäste?“.

Wie lange können Reisemängel bei einer Pauschalreise geltend gemacht werden?


Wer Ansprüche wegen Reisemängel geltend machen will, hat dafür zwei Jahre Zeit. Früher mussten die Ansprüche auf Reisepreisminderung oder Schadensersatz wegen entgangener Urlaubsfreude innerhalb eines Monats nach Reiseende geltend gemacht werden. Der Reiseveranstalter darf diese gesetzliche Frist nicht in seine Allgemeinen Geschäftsbedingungen kürzen.

Gehört der Bahntransfer zum Flughafen zur Pauschalreise?


Bei vielen Pauschal-Flugreisen gehört der Zug zum Flug mit zur Reiseleistung. Der Bundesgerichtshof (Az. X ZR 29/20) hatte einen Fall zu entscheiden, bei dem in der Reisebeschreibung im Reiseprospekt stand: “Vorteil: Zug zum Flug 2. Klasse incl. ICE-Nutzung". Aus Sicht des Bundesgerichtshofs ist dies für einen Kunden so zu verstehen, dass der Transfer mit der Bahn zum Flughafen eine Reiseleistung ist, die von dem Pauschalreisepreis umfasst ist, weil hier kein Hinweis auf zusätzliche Kosten erfolgte.

Darf der Reiseveranstalter im Nachhinein die Preise erhöhen?


Seit der Reform des Reiserechts zum 1. Juli 2018 kann der Reiseveranstalter bis 20 Tage vor Reisebeginn, den Reisepreis um bis zu acht Prozent erhöhen, wenn sich etwa nach Vertragsschluss die Kosten für Treibstoff erhöht haben. Behält sich der Reiseveranstalter eine nachträgliche Preiserhöhung vor, muss er auch Reduzierungen beim Reisepreis an den Kunden weitergeben. Bei einer Erhöhung der Preise von mehr als acht Prozent steht dem Kunden ein Sonderkündigungsrecht zu.

Was tun, wenn der Reiseveranstalter insolvent ist?


Seit dem 1. Juli 2021 sind Pauschalreisende durch einen Reisesicherungsfond geschützt, wenn der Reiseveranstalter Insolvenz anmelden muss. Das heißt, die Zahlung des Reisepreises, eine eventuell nötige Rückbeförderung der Pauschalreisenden sowie alle weiteren im Zusammenhang mit der Insolvenz stehenden Kosten, sind abgesichert.


erstmals veröffentlicht am 29.07.2021, letzte Aktualisierung am 12.08.2022

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