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Kategorie: Anwalt Reiserecht , 10.07.2023 (Lesedauer ca. 5 Minuten, 2086 mal gelesen)

Reisegepäck weg oder beschädigt – Was tun?

roter Rollenkoffer neben Gepäckband am Flughafen roter Rollenkoffer neben Gepäckband am Flughafen © freepik - mko

Jährlich werden Millionen von Koffern, Taschen oder Rucksäcken auf Flügen fehlgeleitet, gehen verloren oder kommen beschädigt bei ihrem Besitzer an. Doch wie verhalten sich Flugreisende richtig, wenn das Reisegepäck nicht mit dem Flug ankommt? Wo und bis wann muss der Fluggast den Verlust seines Reisegepäcks melden? Was müssen Fluggäste tun, wenn das Reisegepäck beschädigt wurde? Wer haftet für beschädigtes Reisegepäck? Und was ist bei der Regulierung mit der Reisegepäckversicherung zu beachten?

Wie verhalte ich mich bei Verlust meines Reisegepäcks richtig?


Wenn das Reisegepäck nicht ankommt, sollte der Reisende den Verlust des Gepäcks unverzüglich beim "Lost-and-found"-Schalter im Flughaften melden und einen entsprechenden Suchauftrag erteilen. Mit der Gepäckregistrierungsnummer, die sich auf dem Gepäck-Sticker befindet, der beim Check-in auf die Bordkarte geklebt wurde, kann ermittelt werden wo sich das Reisegepäck aktuell befindet.

Reisende sollten neben der Verlustanzeige auch ihr Flugticket mit der Gepäck-Registriernummer aufheben. Der Gepäckschein ist zur Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen aber nicht zwingend notwendig, entschied der Bundesgerichtshof (Az. X ZR 99/10) und stellt klar, dass einem Reisegast auch Ansprüche bei Verlust, Beschädigung oder bei Zerstörung zustehen, wenn er seine Gegenstände - hier eine Golfausrüstung - in einem Gepäckstück eines anderen Mitreisenden in die Obhut einer Fluggesellschaft gegeben hat. Der Ersatzanspruch nach Art. 17 Abs. 2 Satz 1 MÜ stehen nicht nur demjenigen Reisenden zu, der die Aufgabe seines Gepäcks durch einen Gepäckschein nach Art. 3 Abs. 3 MÜ dokumentieren kann.

Nun empfiehlt es sich zeitnah die Gepäckermittlung der jeweiligen Fluggesellschaft zu kontaktieren und abzuklären, welche Kosten, etwa für Ersatzkleidung usw., übernommen werden.

Was tun, wenn mein Reisegepäck beschädigt ankommt?


Kommt das Reisegepäck nach dem Flug kaputt an, sollte der Flugreisende unbedingt den Schaden anhand von Fotos und Zeugen sofort zu dokumentieren. Danach sollte ein sog. Property Irregularity Report – ein Schadensbericht – noch am Flughafen ausgefüllt werden. Es gibt auch die Möglichkeit den Schaden der Fluggesellschaft innerhalb von sieben Tagen nach Erhalt des Reisegepäcks schriftlich anzuzeigen.

Wie schnell muss ich verlorenes oder beschädigtes Reisegepäck melden?


Den Umgang mit verspäteten, beschädigten oder verlorenen Reisegepäck auf Flugreisen regelt das sog. Montrealer Abkommen. Bei einer Verspätung haben Reisende 21 Tage Zeit für die schriftliche Anzeige gegenüber der Fluggesellschaft, bei Verlust müssen sie die Fluggesellschaft innerhalb von sieben Tagen schriftlich informieren. Wer diese Fristen versäumt, verliert seinen Anspruch auf Schadensersatz.
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Das Montrealer Abkommen gilt nicht für innerstaatliche Flüge und bei Pauschalreisen. Laut Amtsgericht (AG) München (Az. 223 C 17445/07) muss der Verlust des Reisegepäcks noch am gleichen Tag gemeldet werden. Bei Pauschalreisen ist es ratsam auch den Reiseveranstalter vom Gepäckverlust schnellstmöglich in Kenntnis zu setzen.

Wer haftet für mein verlorenes oder beschädigtes Reisegepäck?


Flugreisende haben nach dem Montrealer Abkommen gegenüber der Fluggesellschaft einen Anspruch auf Schadensersatz, wenn ihr Reisegepäck beim Transport beschädigt wurde oder verloren ging.

Bei verspätetem Reisegepäck entsteht der Anspruch, wenn das Reisegepäck mehr als drei Stunden Verspätung hat. Muss der Reisende Neuanschaffungen, wie Kleidung oder Drogerieartikel, aufgrund des verspäteten Reisegepäcks anschaffen, werden ihm diese Kosten ersetzt. Gleiches gilt für Fahrtkosten, die anfallen, weil das eingetroffene Gepäck abgeholt werden muss. Doch Vorsicht: Ersetzt werden nur notwendige Ausgaben! Es empfiehlt sich alle Zahlungsbelege aufzubewahren. So können alle Kosten, die aufgrund des verschwundenen Reisgepäcks entstanden sind, glaubhaft geltend gemacht werden.

Aufgepasst: Kommt das Reisegepäck im Rahmen der Flughafen-Sicherheitskontrollen abhanden, haftet die Fluggesellschaft nicht auf Schadensersatz, so das Landgericht Frankfurt am Main (Az. 3-13 O 170/06). Eine Fluggesellschaft haftet nur für verlorenes Reisegepäck, das auch in ihre Obhut gelangt ist.

Wieviel Entschädigung erhalte ich bei verlorenem oder beschädigtem Reisegepäck?


Das Montrealer Abkommen sieht eine Haftungsbegrenzung beim Reisegepäckverlust vor. Danach muss die Fluggesellschaft nur bis zu einem Höchstbetrag von knapp 1.400 Euro bei Verlust des Reisegepäcks aufkommen. Maßgeblich zur Berechnung des Schadens ist der Zeitwert der verlorenen oder beschädigten Gegenstände.

Für beschädigtes Reisegepäck erhalten Flugreisende ebenfalls eine maximale Entschädigung von rund 1.400 Euro. Diese errechnet sich auch hier nach dem Zeitwert des Reisegepäcks. Es empfiehlt sich daher den Kaufbeleg bei der Fluggesellschaft mit der Schadensanzeige einzureichen.

Für den Inhalt des Koffers haftet die Fluggesellschaft übrigens nicht, wenn der Flugreisende diesen nicht ausreichend sicher verpackt hat. Kommt es also zum Bruch von zerbrechlichen Gegenständen oder technischen Geräten, haftet die Fluggesellschaft nicht, wenn diese nicht ordnungsgemäß und sicher verpackt wurden.

Kann ich bei verspätetem Reisegepäck den Reisepreis mindern?


Kommt das Reisegepäck verspätet am Urlaubsort an, kann der Urlauber pro Reisetag den Reisepreis um 30 Prozent wegen vertaner Urlaubsfreude mindern, entschied das AG München (Az.132 C 20772/08).

Auch das AG Köln (Az.142 C 392/14) hat entschieden, dass der Urlauber bei Reisegepäck, dass verspätete am Urlaubsort eintrifft, den Reisepreis mindern kann. Die Höhe der Minderung bemisst sich laut Gericht inwieweit der Urlauber durch das fehlende Reisegepäck in seinem Urlaub eingeschränkt ist.

Für einen Koffer mit einer Fotoausrüstung gewährt das Landgericht (LG) Frankfurt am Main (Az. 2-24 O 20/19) eine Reisepreisminderung von 25 Prozent für die Tage ohne Koffer.

Kommt ein Koffer mit kälteabweisender Kleidung für eine Antarktisreise verspätet an, hat der Flugreisende einen Anspruch den Reisepreis um 50 Prozent zu mindern, so das LG Frankfurt am Main (Az. 2-24 S 44/06).

Kommt das Reisegepäck während des ganzen Urlaubs nicht beim Reisenden an, kann er laut AG Bad Homburg (Az. 2 C 130/19 (28)) den Reisepreis um 40 Prozent mindern.

Wann muss meine Reisegepäckversicherung nicht für den Schaden aufkommen?


Reisende müssen ihren Gepäckverlust sofort – am besten noch am gleichen Tag - bei der Reisegepäckversicherung anzeigen. Wird dies versäumt, wird die Versicherung von ihrer Leistungspflicht befreit, entschied das AG München (Az. 223 C 17445/07).

Wichtig ist, dass Urlauber ihr Reisegepäck sicher verwahren. Tun sie das nicht, wird die Reisegepäckversicherung von ihrer Leistungspflicht befreit. Dies entschied das AG München (Az. 172 C 16403/03) im Fall eines Urlaubers, der seine Kamera in seiner Manteltasche aufbewahrt hatte bevor diese verloren ging. Dies sei grob fahrlässig gewesen, entschied das Gericht, der Urlauber hätte die Kamera an einen sicheren Ort aufbewahren müssen.

Auch Schmuck, der nicht sicher im Reisegepäck verwahrt ist, fällt nicht unter den Versicherungsschutz einer Reisegepäckversicherung, wenn er verloren geht. Dies entschied das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (Az. 3 U 39/03) im Fall einer Urlauberin, die ihren Schmuck im Wert von rund 100.000 Euro lediglich in ihrer Handtasche aufbewahrte. Diese Handtasche stellte die Urlauberin am Flughafen auf ihrem Gepäckwagen ab, wo sie dann gestohlen wurde. Laut Gericht hätte die Urlauberin den Schmuck körpernah und mit der Möglichkeit jederzeit auf ihn zu greifen zu können, bei sich tragen müssen.

Wird das Gepäck eines Reisenden von einem Transportfahrzeug überfahren, muss die Reisegepäckversicherung für den Schaden nicht aufkommen. Dies entschied das AG München (Az. 111 C 12296/18) im Fall eines Urlaubers, dessen Gepäck auf dem Parkplatz des Hotels versehentlich von einem anderen Gast überfahren wurde. Dabei entstand ein Schaden von rund 7.000 Euro am Reisegepäck. Die Reisegepäckversicherung des Urlaubers lehnte eine Schadensübernahme ab, da es sich hier nicht um einen Transportschaden handele. Zu Recht, entschied das AG München. Die Reisegepäckversicherung müsse nur für Schäden am Gepäck aufkommen, die während der Reise entstehen und zwar entweder durch eine Straftat, ein Transportmittelunfall oder ein Feuer- oder Elementarereignis. Ein solcher Versicherungsfall liege hier nicht vor. Insbesondere könne hier nicht von einem Transportmittelunfall gesprochen werden, da keine plötzliche Einwirkung von außen auf das Transportmittel erfolgt sei.


erstmals veröffentlicht am 23.07.2015, letzte Aktualisierung am 10.07.2023

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