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Kategorie: Anwalt Strafrecht , 03.05.2022 (Lesedauer ca. 5 Minuten, 4799 mal gelesen)

Stalking-Opfer: Wie wehre ich mich schnell und erfolgreich?

Mann sitzt mit Fernglas in einem Auto und beobachtet Mann sitzt mit Fernglas in einem Auto und beobachtet © freepik - mko

Laut aktuellen Statistiken sind 80 Prozent aller Stalking-Opfer Frauen. Zum Stalker kann jeder werden: Der Ex-Ehemann, der Briefbote oder der Kollege. Stalker fühlen sich von ihrem Opfer oft zurückgewiesen und haben nur ein Ziel: Macht über das Leben des Opfers zu erlangen. Doch wie können sich Stalking-Opfer schnell und effektiv gegen den Psychoterror wehren? Und mit welchen Strafen und finanziellen Konsequenzen müssen Stalker rechnen?

Wo beginnt Stalking?


Stalking wird im Strafgesetzbuch unter dem Straftatbestand „Nachstellen“ geahndet. Bislang mussten hohe Anforderungen erfüllt sein, damit ein strafbares Verhalten eines Täters vorlag. So musst die Lebensgestaltung des Opfers „schwerwiegend“ beeinträchtigt sein und der Täter „beharrlich“ seine Tat begehen. Diese hohe Strafbarkeitsschwelle wurde durch eine Änderung des Strafgesetzbuches im Juni 2021 gesenkt. In Zukunft reicht es aus, dass der Täter seinem Opfer wiederholt nachstellt und dessen Lebensgestaltung nicht unerheblich beeinträchtigt ist.

Stalking bedeutet also im strafrechtlichen Sinn, das unbefugte Nachstellen eines Menschens, indem der Stalker wiederholt dessen räumliche Nähe aufsucht oder Kontakt mit dem Stalking-Opfer unter Verwendung von Kommunikationsmitteln oder über Dritte herzustellen versucht. Ein Fall von Stalking ist auch, wenn der Stalker unter missbräuchlicher Verwendung von personenbezogenen Daten des Stalking-Opfers Bestellungen von Waren oder Dienstleistungen für ihn aufgibt. Stalking liegt auch vor, wenn der Stalker einen Dritten veranlasst mit dem Stalking-Opfer Kontakt aufzunehmen oder ihn mit der Verletzung von Leben, körperlicher Unversehrtheit, Gesundheit oder Freiheit seiner selbst oder einer ihm nahestehenden Person bedroht oder eine andere vergleichbare Handlung vornimmt.

Bis März 2017 musste zusätzlich die Lebensgestaltung des Stalking-Opfers durch das unbefugte Nachstellen schwerwiegend beeinträchtigt sein. Diese Voraussetzung wurde mit dem „Gesetz zur Verbesserung des Schutzes gegen Nachstellung“ abgeschafft.

Cyberstalking – Was versteht man unter Stalking im Internet?


Beim Cyberstalking spielt sich das Stalking-Verhalten des Täters im Internet ab: Opfer werden mit sog. Stalking-Apps ausgespäht. Auch ohne tiefere IT-Kenntnisse können Täter auf die Social-Media-Daten des Opfers zugreifen. Sie setzen ihr Opfer mit Emails, Blog-Einträgen oder in sozialen Netzwerken psychisch unter Druck, indem sie sie diffamieren. Dabei verstecken sich die Cyberstalker hinter der Anonymität des Internets.

Vielen Cyberstalkern ist oft nicht klar, dass auch virtuelle Beleidigungen, Drohungen oder Erpressungen im realen Leben mit empfindlichen Strafen geahndet werden. Mit einer Änderung des Strafgesetzbuches im Juni 2021 wurden Cyberstalking-Handlungen aus Gründen der Bestimmtheit und der Rechtssicherheit beim Straftatbestand „Nachstellen“ ausdrücklich gesetzlich erfasst.
Zudem kann, wer etwa Beleidigungen gegenüber bestimmten Personen oder unwahre Tatsachen im Internet postet, wegen übler Nachrede, Beleidigung, Verleumdung oder Verbreiten von falschen Tatsachen strafrechtlich belangt werden. Wer unerlaubt Bilder oder Videos zum Beispiel auf sozialen Netzwerken von einem Stalking-Opfer einstellt, verstößt u.a. gegen das Kunsturheberrecht. Cyberstalker, die ihre Opfer virtuell bedrohen und erpressen, machen sich wegen Erpressung oder Nötigung strafbar. Der Strafrahmen all dieser Delikte geht von Geldstrafen bis hin zu mehrjährigen Haftstrafen.

Das Oberlandesgericht Hamm (Az. 2 UF 254/12) stellt klar, dass auch bei Bedrohungen über Facebook ein Kontaktaufnahmeverbot nach dem Gewaltschutzgesetz verhängt werden kann.

Wie kann ich Stalking beweisen?


Damit Stalking-Opfer in einem Gerichtsverfahren die Stalking-Handlungen des Täters nachweisen können, sollten alle Beweise gesichert werden. Briefe, E-Mails, SMS oder Nachrichten auf der Mobilbox können die Stalking-Handlungen belegen. Es empfiehlt sich ein Tagebuch zu führen, in dem Ort, Zeit und Handlung festgehalten werden. Auch Zeugenaussagen können den Stalker überführen.

Wie kann man sich vor Stalkern schützen?


Stalking-Opfer sollten sich schnell Rat bei einer Fachberatungsstellen, wie etwa das Hilfetelefon Gewalt gegen Frauen und der Operhilfeverein Weißer Ring e.V., suchen.

Einstweilige Anordnung nach Gewaltenschutzgesetz


Um dem Psycho-Terror schnell ein Ende zu bereiten, sollten Stalking-Opfer gerichtlich eine einstweilige Anordnung nach dem Gewaltenschutzgesetz erwirken, die es dem Stalker verbietet sich im privaten oder beruflichen Umfeld dem Opfer in einem bestimmten Radius zu nähern. Mit einer solchen Anordnung kann dem Stalker auch die Kontaktaufnahme über Kommunikationsmittel, wie Telefon, soziale Medien, Briefe oder durch Dritte verboten werden.

Der Antrag muss beim zuständigen Familiengericht gestellt werden. Beweise für das Stalking sind nicht notwendig. Es reicht, wenn das Stalking und die Schutzbedürftigkeit unter Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung glaubhaft vorgetragen werden kann. Die einstweilige Anordnung erfolgt im Eilverfahren, damit das Stalking-Opfer schnell Schutz erhält.
Diese Anordnung wird in der Regel mittels Gerichtsvollzieher vollstreckt. Eine Vollstreckung kann aber auch über Zwangsgeld oder sogar Zwangshaft erfolgen.

Strafanzeige


Zusätzlich können Stalking-Opfer eine Strafanzeige bei der Polizei stellen. Mögliche Straftatbestände sind Nachstellen, Beleidigung, Hausfriedensbruch, Verleumdung, üble Nachrede, Körperverletzung, fahrlässige Körperverletzung, Sachbeschädigung, Bedrohung oder Verstöße gegen eine einstweilige Anordnung nach dem Gewaltschutzgesetz. Oft reicht eine Anzeige als Abschreckung für den Stalker aus.

Mit welchen Strafen müssen Stalker rechnen?


Stalking, bzw. Nachstellen, wird mit einer Geldstrafe oder Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren geahndet. In besonders schweren Fällen kann eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren verhängt werden.

Der Bundesgerichtshof (Az. 4 StR 375/16) hat die Verurteilung eines Stalkers wegen Nachstellung mit Todesfolge bestätigt. Der Mann wurde zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt, weil seine Ex-Freundin sich aufgrund der Nachstellungen das Leben nahm.

Das Oberlandesgericht Hamm (Az. II- 1 WF 47/13) hat gegenüber einem Stalker, der über mehrere Monate massiven Telefonterror verübte und damit gegen ein Kontaktverbot nach dem Gewaltschutzgesetz verstieß, zu rund zwei Jahren Ordnungshaft verurteilt.
Neben dem Straftatbestand des Nachstellens verwirklicht der Stalker aber in der Regel noch weitere Straftatbestände, wie Hausfriedensbruch, Bedrohung oder Sachbeschädigung, die ebenfalls mit empfindlichen Geld- und Freiheitsstrafen verfolgt werden.

Stalking im Arbeitsumfeld – fristlose Kündigung!


Stalkt ein Arbeitnehmer seine Kollegin, indem er sie gegen ihren ausdrücklichen Willen mit Mails bombardierte, ohne Grund im Büro anrief, sie dort aufsuchte und sich in ihr Privatleben einmischte, kann ihm wegen einem Verstoß gegen seine arbeitsvertraglichen Nebenpflichten fristlos gekündigt werden, entschied das Bundesarbeitsgericht (Az. 2 AZR 258/11).

Stalker muss Umzugskosten zahlen


Wer seine Nachbarn tyrannisiert, schikaniert und sogar mit dem Verlust ihrer Gesundheit und ihres Lebens bedroht, so dass diese ihr Eigenheim verkauften und kurzfristig in eine Mietwohnung zogen, muss die Umzugskosten und entstandenen Schäden in Höhe von 44.000 Euro zahlen, entschied das Oberlandesgericht Karlsruhe (Az.10 U 6/20).

Der Nachbar hatte die zugezogene Familie ständig beobachtet, nachts an ihre Hauswand geklopft, sie beleidigt und mit ihrem Tod bedroht. Die Schikane gipfelte darin, dass der Mann mit einem erhobenen Beil hinter dem Nachbarsmann herlief. Der konnte zwar fliehen, aber der Nachbar schlug mit dem Beil auf beide Autos des Ehepaars ein und verursachte einen erheblichen Sachschaden. Die Familie zog aus ihrem Haus daraufhin kurzfristig aus, in eine Mietwohnung ein und kaufte sich später dann ein neues Eigenheim. Sie verlangten vom stalkenden Nachbarn alle Umzugskosten, die Nebenkosten für den Erwerb ihres neuen Eigenheims, den Verlust beim Verkauf ihres alten Hauses sowie die Maklerprovision.

Das Gericht sprach ihnen 44.000 Euro Schadensersatzanspruch gegenüber dem Stalker zu. Es verwies darauf, dass der Nachbar sich wegen Nachstellung und Bedrohung strafbar gemacht hat und damit Schutzgesetze des Ehepaars verletzt, die diesen Schadensersatzanspruch begründen.

Entziehung der Fahrerlaubnis wegen Stalking


Stalkt ein Mensch andere Menschen, weil bei ihm eine schizophrene Krankheit vorliegt, ist er nicht zum Führen eines Kraftfahrzeuges geeignet und die Entziehung seiner Fahrerlaubnis ist gerechtfertigt, so das Verwaltungsgericht Münster (Az.10 K 3093/12).


erstmals veröffentlicht am 20.07.2017, letzte Aktualisierung am 03.05.2022

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