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Kategorie: Anwalt Arbeitsrecht , 31.08.2023 (Lesedauer ca. 3 Minuten, 475 mal gelesen)

Arbeitszeugnis: Was bedeuten die Formulierungen Deines Chefs?

Arbeitszeugnis: Was bedeuten die Formulierungen Deines Chefs? © freepik - mko

Am Ende eines Arbeitsverhältnisses gibt es in der Regel vom Chef ein Arbeitszeugnis. Hier gilt es ganz genau hinzuschauen, denn nicht jede nett klingende Formulierung zur Arbeitsleistung oder Verhalten des Arbeitnehmers ist auch so gemeint. Bei welchen Formulierungen sollten Arbeitnehmer aufhorchen? Was darf nicht im Arbeitszeugnis stehen? Und wie geht man am besten gegen doppeldeutige Formulierungen im Arbeitszeugnis vor?

Wird im Arbeitszeugnis immer die Tätigkeit und das Verhalten des Arbeitnehmers bewertet?


Nein, beim sog. einfachen Arbeitszeugnis wird neben Ort und Datum der Zeugnisausstellung nur der Name des Arbeitnehmers, sein Tätigkeitsort, seine Aufgabe sowie die Beschäftigungsdauer angegeben.

Anders sieht das beim sog. qualifizierten Arbeitszeugnis aus. Es enthält darüber hinaus auch eine Bewertung der Tätigkeit und des Verhaltens des Arbeitnehmers. Es beschreibt seine Aufgaben und Positionen genau und enthält auch Angaben zu Fort- und Weiterbildungen.

Welche Geheimcodes im Arbeitszeugnis gibt es?


Der Arbeitgeber muss im Arbeitszeugnis wahrheitsgemäß die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers beurteilen. Die Formulierungen müssen für den Arbeitnehmer klar und eindeutig verständlich sein. Doch nicht jede nett klingende Formulierung in einem Arbeitszeugnis ist als positive Bewertung des Arbeitnehmers gemeint. Da der Arbeitgeber verpflichtet ist ein wohlwollendes Arbeitszeugnis auszustellen, werden sog. Geheimcodes benutzt, deren tatsächlich gemeinter Inhalt für Laien oft schwer erkennbar ist.

Bei der Leistungsbeurteilung eines Arbeitnehmers finden sich etwa Formulierungen wie: „Er war stets bemüht“ – hört sich gut an, heißt aber: Seine Leistungen waren weit unter dem Durchschnitt. Auch die Formulierung: „Er erledigte alle ihm übertragenen Aufgaben pflichtbewusst und ordnungsgemäß“, bedeutet nichts anderes als: Dem Arbeitnehmer fehlte Eigeninitiative. Hingegen ist die Formulierung: „Man habe den Arbeitnehmer als hoch motivierten Mitarbeiter kennen gelernt“, keine zweideutige negative Äußerung, entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG) (Az. 9 AZR 386/10).

Hinsichtlich der Beurteilung des persönlichen Verhaltens des Arbeitnehmers finden sich im Arbeitszeugnis oft Formulierungen wie: „er war gesellig und verbesserte das Betriebsklima“. Das meint: Der Arbeitnehmer hat ein Alkoholproblem. Auch bei der Formulierung: „Er war ein verständnisvoller Chef“, gilt es aufzuhorchen. Damit ist gemeint, dass es dem Arbeitnehmer an Durchsetzungsvermögen fehlt.

Übrigens: Auf eine Dankesformel am Ende des Arbeitszeugnisses hat der Arbeitnehmer laut BAG (Az. 9 AZR 227/11) keinen Anspruch.

Was gehört nicht in ein Arbeitszeugnis?


Persönliche Angaben etwa zu Krankheiten oder Dingen, die nichts mit dem Arbeitsverhältnis zu tun haben, gehören nicht in ein Arbeitszeugnis. Der Grund der Beendigung des Arbeitsverhältnisses muss nicht im Arbeitszeugnis aufgeführt werden. Die Formulierung "Das Arbeitsverhältnis wurde in beiderseitigem Einverständnis aufgelöst." darf der Arbeitgeber nur mit Zustimmung des Arbeitnehmers verwenden.

Wie geht man gegen doppeldeutige oder unzulässige Formulierungen im Arbeitszeugnis vor?


Wer Zweifel bei Formulierungen im Arbeitszeugnis hat, sollte zunächst ein Gespräch mit dem Arbeitgeber suchen und ihn um eine Korrektur des Arbeitszeugnisses bitten. Bleibt dieser untätig, lohnt es sich von einem Anwalt für Arbeitsrecht über das weitere Vorgehen beraten zu lassen und ggfs. gerichtlich gegen das Arbeitszeugnis vorzugehen. Denk Sie daran: Das Arbeitszeugnis begleitet Sie auf Ihrem gesamten Berufsweg und ist für spätere Bewerbungen sehr wichtig.

Welcher Form muss ein Arbeitszeugnis entsprechen?


Das qualifizierte Arbeitszeugnis sollte Ort und Datum der Zeugnisausstellung aufführen und auf Geschäftspapier ausgestellt sein BAG (Az. 5 AZR 182/92). Es darf gefaltet werden. Ein Arbeitnehmer hat laut BAG (Az. 9 AZR 893/98) keinen Anspruch darauf, dass ihm das Zeugnis ungefaltet im DIN A4 Umschlag zu geht. Ein Arbeitszeugnis per E-Mail ist nicht ausreichend.

Neben dem Namen des Arbeitsnehmers, Art und Dauer seiner Beschäftigung sollte das qualifizierte Arbeitszeugnis auch eine Beurteilung seiner Leistung, Kompetenz und Verhalten beinhalten.

Wichtig: Das Arbeitszeugnis muss vom Arbeitgeber oder dessen Vertreter eigenhändig unterschrieben sein.

Wer darf ein Arbeitszeugnis ausstellen?


In der Regel stellt der Arbeitgeber das Arbeitszeugnis aus. Er kann dies aber auch zum Beispiel an die Personalabteilung delegieren. Unterzeichnet der Arbeitgeber das Arbeitszeugnis nicht selbst, muss sein Vertreter seine Vertretung und Funktion bei der Unterzeichnung angeben. Nach Auffassung der Arbeitsgerichte zeigt der Rang des Unterzeichneten die Wertschätzung des Arbeitnehmers.

Darf der Arbeitgeber das Arbeitszeugnis nachtäglich ändern?


Ein Arbeitgeber ist an ein erteiltes Arbeitszeugnis gebunden. Nachträgliche Änderungen ohne das Einverständnis des betroffenen Arbeitnehmers sind laut BAG (Az. 9 AZR 352/04) nicht erlaubt.

Was tun, wenn der Arbeitgeber kein Arbeitszeugnis ausstellt?


Wer am Ende eines Arbeitsverhältnisses kein Arbeitszeugnis vom Arbeitgeber erhält, sollte dies zunächst mündlich und wenn notwendig schriftlich beim Arbeitgeber einfordern. Setzen Sie eine angemessene Frist zur Zeugniserteilung. Sollte diese fruchtlos verlaufen, suchen Sie einen Anwalt für Arbeitsrecht auf. Er berät sie kompetent und setzt Ihren Anspruch auf ein Arbeitszeugnis notfalls gerichtlich durch.

Übrigens: Ist das Arbeitszeugnis auf dem Postweg verloren gegangen, hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf ein neues Arbeitszeugnis, so das Hessische Landesarbeitsgericht (LAG) (Az. 16 Sa 1195/10).

erstmals veröffentlicht am 29.01.2020, letzte Aktualisierung am 31.08.2023

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