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Kategorie: Anwalt Erbrecht , 13.06.2023 (Lesedauer ca. 7 Minuten, 4694 mal gelesen)

Erbschaftsteuer – Wieviel? Wann? Von wem?

Erbschaftsteuer – Wieviel? Wann? Von wem? © freepik - mko

Jeder der ein Erbe antritt, muss Erbschaftsteuer bezahlen. Doch fällt sie für alle Erben gleich hoch aus? Wer profitiert von Freibeträgen? Wie hoch ist der Steuersatz? Kann man mit einer Schenkung die Erbschaftsteuer umgehen? Und welche Kosten können von der Erbschaftsteuer abgesetzt werden?

Wer muss Erbschaftsteuer zahlen?

In Deutschland muss jeder, der etwas erbt, auf sein Erbe Steuern zahlen – die sog. Erbschaftsteuer. Sie ist zusammen mit der Schenkungssteuer im Erbschaftsteuergesetz (ErbStG) geregelt. Wichtig: Wer geerbt hat, muss innerhalb von drei Monaten sein Erbe beim Finanzamt anmelden. Das Finanzamt prüft dann, ob der Erbe erbschaftssteuerpflichtig ist. Dies hängt von der Höhe des Erbes und dem Verwandtschaftsgrad zum Erblasser ab. Für die Erbschaftssteuererklärung ist das Finanzamt des Erblassers zuständig.

Wie hoch ist die Erbschaftssteuer?

Wie hoch die Erbschaftssteuer ausfällt hängt auch von der Erbschafts-Steuerklasse des Erben ab. Wichtig: Die Erbschafts-Steuerklasse entspricht nicht der Steuerklasse bei der Einkommenssteuererklärung! Ehepartner, eingetragene Lebenspartner, Kinder, Stiefkinder, Enkel, Urenkelkinder und weitere enge Verwandte fallen unter die Steuerklasse I. Geschwister, Geschwisterkinder, Stiefeltern, Schwiegereltern, Schwiegerkinder, geschiedene Ehepartner und weitere entferntere Verwandte gehören der Steuerklasse II an. Nicht Verwandte, Bekannte und Freunde fallen in die Steuerklasse III. Danach ergibt sich je nach Höhe des Erbes und der Steuerklasse folgender Steuersatz in Prozent:
Erbe Steuerklasse I Steuerklasse IISteuerklasse III
75.00071530
300.000112030
600.000152530
6.000.000193030
13.000.000233550
26.000.000274050
mehr304350

Welche Freibeträge gibt es bei der Erbschaftsteuer?

Die Erbschaftssteuer fällt nicht für alle Erben gleich hoch aus, sie ist abhängig von der Höhe des vererbten Vermögens und dem Verwandtschaftsverhältnis des Erben zum Erblasser. Je nach Verwandtschaftsgrad können Freibeträge von bis zu 500.000 Euro geltend gemacht werden, die sich mindernd auf die Erbschaftsteuer auswirken.

Steuerfreibetrag

VerwandschaftsgradSteuerklasseSteuerfreibetrag (Euro)
Ehepartner 1500.000 EUR
Kinder, Enkel von verstorbenen Kindern1400.000 EUR
Enkel 1 200.000 EUR
Eltern1100.000 EUR
Geschwister, Nichten, Neffen, Stiefeltern, Schwiegerkinder, Schwiegereltern, geschiedene Ehepartner 2 20.000 EUR
Sonstige Erben, auch Lebenspartner3 20.000 EUR
Hinterlässt der Erblasser auch sog. Versorgungsbezüge, wie etwa eine private Lebensversicherung, erhalten Ehepartner und Kinder hierfür extra Versorgungsfreibeträge, die nicht auf die o.g. Steuerfreibeträge angerechnet werden. Für Ehepartner und eingetragene Lebenspartner liegt der Freibetrag bei 256.000 Euro. Für Kinder hängt der Versorgungsfreibetrag vom Alter des Kindes ab: Je jünger das Kind ist, desto höher fällt der Steuerfreibetrag aus. Dieser liegt zwischen 10.300 Euro und 52.000 Euro.

Wieviel Erbschaftssteuer muss man bei Immobilien zahlen?

Bei geerbten Immobilien gelten auch die o.g. Steuersätze und Freibeträge. Erben der Steuerklasse I, also Ehepartner, Kinder und Enkelkinder, können eine Immobilie steuerfrei erben, wenn der Erblasser bis zu seinem Tod die Immobilie selbst bewohnt hat und der Erbe die Immobilie mindestens 10 Jahre selbst bewohnt. Wer eine vermietete Immobilie erbt, ist ebenso von den o.g. Freibeträge und Steuerklassen betroffen. Hier wird aber ein Bewertungsabschlag von 10 Prozent abgezogen, es muss also nur ein Immobilienwert in Höhe von 90 Prozent versteuert werden. Aufgepasst: Für viele Erben einer Immobilie fällt seit 2023 eine höhere Erbschaftssteuer an, weil die Immobilienbewertung im Rahmen des Jahressteuergesetzes an die tatsächliche Weiterentwicklung der Immobilie angepasst wurde. Der nun höhere Immobilienwert führt trotz unveränderter Freibeträge oder Steuerklassen zu einer höheren Erbschaftssteuer.

Kann man Erbfallkosten von der Erbschaftssteuer absetzen?

Kosten, die aufgrund des Erbfalls entstanden sind, können von der Erbschaftsteuer abgesetzt werden. Dafür gibt es eine Erbfallkostenpauschale in Höhe von 10.300 Euro pro Todesfall. Wer darüber hinaus Kosten bei der Erbschaftsteuer geltend machen möchte, muss dem Finanzamt entsprechende Belege vorlegen können. Zu den Erbfallkosten gehört zum Beispiel die Überführung des Toten, die Beerdigung und Trauerfeier, Todesanzeigen, Grabmal, Grabpflege, Testamentseröffnung, Kosten für Anwalt und Steuerberater. So hat etwa das Finanzgericht Stuttgart (Aktenzeichen 7 K 2712/18) entschieden, dass die Erbschaftsteuer eines Erben um die Kosten, die für die Erstellung einer berichtigten Steuererklärung durch einen Steuerberater entstanden sind, gemindert wird. Der Erbe ist verpflichtet eine unvollständige Steuererklärung zu berichtigten. Die dafür gezahlten Steuerberatungskosten werden als Nachlassverbindlichkeit gewertet. Ebenfalls als Nachlassverbindlichkeit sind vergebliche Rechtsverfolgungskosten zu werten, die einem Erben entstanden sind, weil er vermeintliche Ansprüche des Erblassers geltend gemacht hat. Dies entschied der Bundesfinanzhof (BFH) (Az. II R 29/16) und begründete seine Entscheidung damit, dass alle Kosten, die im Zusammenhang mit der Regelung des Nachlasses oder zum Erwerb des Nachlasses gehören, abzugsfähig sind. Voraussetzung ist allerdings, dass diese Kosten in einem engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit dem Erbe stehen und vom Erblasser verursacht wurden. Sie dürfen nicht durch die Verwaltung des Nachlasses entstanden seien. So sind die Rechtsverfolgungskosten eines Erben, der Mieter aus einer geerbten Wohnung klagen will, nicht als abzugsfähige Nachlassverbindlichkeit zu werten. Ebenfalls keine abzugsfähigen Nachlassverbindlichkeiten sind Kosten die für Reparaturen an vererbten Immobilien anfallen, entschied der BFH (Az. II R 33/15). Diese Kosten wären nur dann abzugsfähig, wenn die Schadensbeseitigungspflicht schon zu Lebzeiten des Erblassers bestanden hätte.

Mit welchen Tricks zahlt man weniger Erbschaftssteuer?

Die Erbschaftssteuer kann durch eine clevere Gestaltung des Erbes vermindert oder ganz umgangen werden.

Trick 1: Freibeträge nutzen

Die Erbschaftssteuer kann durch eine geschickte Nutzung der Steuerfreibeträge gemindert oder ganz umgangen werden. Die gesetzlichen Steuerfreibeträge reduzieren die Bemessungsgrundlage der Steuer. Sie setzen sich aus der Steuerklasse und dem Verwandtschaftsverhältnis eines Erben zum Erblasser zusammen. Erben der Steuerklasse I sind Ehepartner mit einem Steuerfreibetrag von 500.000 Euro. Ebenso Kinder, adoptierte Kinder, Enkel von verstorbenen Kindern mit einem Freibetrag von 400.000 Euro. Auch Enkelkinder sind Erben der Steuerklasse I mit einem Freibetrag von 200.000 Euro sowie Eltern und Großeltern des Erblassers mit einem Freibetrag von 100.000 Euro. Eltern und Großeltern bei einer Schenkung sowie Geschwister, Nichten und Neffen, geschiedene Ehepartner, Schwiegerkinder und -eltern sind Erben der Steuerklasse II mit einem Freibetrag von 20.000 Euro. Für alle übrigen Erben oder Beschenkten gilt Steuerklasse III und ein Freibetrag von 20.000 Euro. Erbschaftsteuern fallen nur an, wenn der Steuerfreibetrag überschritten wird. Es gibt darüber hinaus die Möglichkeit verschiedene Freibeträge miteinander zu kombinieren, um die Erbschaftssteuer zu vermindern oder zu vermeiden. Ehegatten und Kindern des Erblassers steht unter bestimmten Voraussetzungen ein Versorgungsfreibetrag zu. Bei Ehegatten beläuft dieser sich auf 256.000 Euro, bei Kindern zwischen 10.300 Euro und 52.000 Euro je nach Alter. Kombiniert man den gesetzlichen Freibetrag mit dem Versorgungsfreibetrag so ergibt sich für Ehegatten insgesamt ein erbschaftssteuerlicher Freibetrag von 756.000 Euro. Weitere Freibeträge sind der Hausratsfreibetrag, der Pflegefreibetrag und der Freibetrag für die Nutzung von beweglichen körperlichen Gegenständen. Auch bei Betriebsvermögen kann unter Umständen ein Verschonungsabschlag von 85 Prozent geltend gemacht werden. Es fallen dann nur noch auf 15 Prozent des Betriebsvermögens Erbschaftsteuern an.

Trick 2: Schenkungen

Bei großen Vermögen empfiehlt es sich zur Vermeidung der Erbschaftsteuer im 10-Jahres-Rhythmus Schenkungen an die Erben vorzunehmen. Auch hier gibt es Freibeträge. Ein Kind kann ohne Schenkungssteuer zahlen zu müssen, alle 10 Jahre 400.000 Euro von seinen Eltern entgegennehmen. Auch Eheleute können sich alle 10 Jahre einen Freibetrag von 500.000 Euro schenken. Eine notarielle Beglaubigung der Schenkung schafft Rechtssicherheit. Wichtig ist, dass mit den Schenkungen rechtzeitig begonnen wird!

Trick 3: Sonderfall Immobilien

Bei Immobilien tritt eine Befreiung von der Erbschaftsteuer ein, wenn die Erben die Immobilie für 10 Jahre selbst beziehen. Der Einzug muss innerhalb von sechs Monaten nach dem Erbfall erfolgen. Eine Veräußerung der Immobilie unter dem Erhalt der Steuerbefreiung ist nur möglich, wenn der Erbe nachweisen kann, dass er aus wirtschaftlichen Gründen zum Verkauf gezwungen war. Gelingt ihm das nicht, fällt die Erbschaftssteuer an.

Trick 4: Familienverhältnis ändern

Die Änderung der Familienverhältnis führt auch zu einer Änderung bei der Erbschaftsteuer. Unverheirateten Partnern steht auch nach einer langen Beziehung im Erbfall nur ein Freibetrag von 20.000 Euro zu. Mit einer Heirat würde sich der Freibetrag auf 500.000 Euro erhöhen. Hat der unverheiratete Partner Kinder, so würde eine Adoption ihnen im Erbfall einen Freibetrag von bis zu 400.000 Euro verschaffen.

Unser Tipp: Anwalt für Erbrecht einschalten!

Es gibt eine Vielzahl von Möglichkeiten die Erbschaftsteuer zu vermeiden oder zu mindern. Ein Anwalt für Erbrecht findet zusammen mit Ihnen im Hinblick auf Ihre individuelle Situation die beste Vorgehensweise, um Ihr Erbe vor zu hohen Steuern zu bewahren. Nutzen Sie die Kompetenz und Erfahrung eines Erbrechtsspezialisten!

TOP-Fehler bei der Erbschaftsteuer

Häufig wird bei der Gestaltung des Erbes nicht an die steuerrechtlichen Konsequenzen gedacht. Das kann für die Erben teuer werden. Folgende Fehler sollten Sie vermeiden:

Top-Fehler: Berliner Testament bei großem Vermögen

Einem Kind steht beim Tod eines Elternteils ein Steuerfreibetrag in Höhe von 400.000 Euro zu. Beim Berliner Testament bleibt der Steuerfreibetrag beim erststerbenden Elternteil ungenutzt. Gerade bei großen Vermögen ist das Berliner Testament im Hinblick auf die zu zahlende Erbschaftssteuer der Kinder keine optimale Gestaltung des Erbes.

Top-Fehler: Doppelbesteuerung beim Berliner Testament

Nach dem Berliner Testament wird das Vermögen des erststerbenden Ehegatten zweimal versteuert, da es auch zweimal vererbt wird. Das Erbschaftssteuerrecht sieht hier eine Steuerermäßigung zu, wenn dasselbe Vermögen innerhalb von 10 Jahren zweimal an Personen der Steuerklasse I fällt.

Top-Fehler: Verzicht auf Pflichtteil beim Berliner Testament

Beim Berliner Testament gehen dem erbenden Kind seine steuerlichen Freibeträge beim Tod des erststerbenden Elternteils verloren. Der Verlust der Steuerfreibeträge kann unter Umständen durch die Ausschlagung der Erbschaft und der Geltendmachung des Pflichtteils entgegengewirkt werden.

Top-Fehler: Keine Steuerbefreiung wegen Nießbrauchsrechten

Sieht ein Testament vor, dass der längerlebende Ehegatte, das Familienheim an die Kinder übertragen muss, steht die Steuerbefreiung nicht mehr ihm zu, sondern den Kindern. Vorausgesetzt es liegt ein Selbstbezug für die Dauer von 10 Jahren vor. Die Steuerbegünstigung entfällt für den längerlebenden Ehegatten und für die Kinder, wenn dem längerlebenden Ehegatten Nießbrauch oder ein Wohnungsrecht auf das Familienheim eingeräumt werden.

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Häufige Fragen und Antworten zur Erbschaftsteuer

+ Erbschaftssteuer - wer zahlt?

Erbschaftssteuer muss von den begünstigen Erben oder Vermächtnisnehmer gezahlt werden. Dabei ist es unerheblich, ob Geld, Immobilien oder ein Betrieb vererbt wird.

+ Erbschaftssteuer - wer meldet?

Erben sind zur Anzeige des Erbes gegenüber dem Finanzamt innerhalb von drei Monaten nach dem Erhalt des Erbes verpflichtet. Oft zeigen auch Banken, Versicherungen und Behörden den Todesfall beim Finanzamt an. Wer einen Erbfall verschweigt, begeht ein Steuerdelikt und muss mit strafrechtlichen Konsequenzen rechnen.

+ Wer zahlt Erbschaftssteuer bei Erbengemeinschaft?

Bei einer Erbengemeinschaft muss jeder einzelne Erbe entsprechend seiner Erbquote Erbschaftssteuer bezahlen.

+ Erbschaftssteuer - wie umgehen?

Erbschaftsteuer kann auf verschiedene Weisen vermindert bzw. umgangen werden. Lesen Sie dazu unsere Rubrik „Tricks bei der Erbschaftsteuer“.

+ Erbschaftssteuer - was kann man absetzen?

Von der Erbschaftsteuer sind alle Aufwendungen im Hinblick auf den Erbfall absetzbar. Dazu gehören etwa Kosten der Beerdigung, Trauerfeier, Todesanzeigen, Grabmahl, Grabpflege, Testamentseröffnung, Anwalts- und Steuerberaterkosten.

+ Erbschaftssteuer - wie lange dauert Bescheid?

Die Bearbeitungsdauer von einem Erbschaftsteuerbescheid lässt sich nicht genau bestimmen. Je nach Arbeitsanfall kann diese von wenigen Monaten bis zu einigen Jahren dauern.

+ Erbschaftssteuer - wie hoch ist der Freibetrag?

Der Freibetrag bei der Erbschaftssteuer hängt von der Höhe des Nachlasses und von der verwandtschaftlichen Beziehung zum Erblasser ab. Lesen Sie dazu unsere Rubrik „Steuerklassen, Freibeträge und Steuersätze“


erstmals veröffentlicht am 25.03.2019, letzte Aktualisierung am 13.06.2023

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