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Kategorie: Anwalt Immobilienrecht , 16.10.2023 (Lesedauer ca. 5 Minuten, 7560 mal gelesen)

Herbstlaub: Wann und wie oft muss gefegt werden?

Mädchen recht Herbstlaub im Garten Mädchen recht Herbstlaub im Garten © freepik - mko

Wenn im Herbst herabfallendes Laub Gehwege und Straßen bedeckt, kann das schnell zu einer gefährlichen Rutschpartie für Fußgänger und Verkehrsteilnehmer werden. Wer muss wo Laub fegen? Zu welchen Zeiten muss Laub von Gehwegen und Straßen entfernt werden? Wer haftet bei einem Unfall aufgrund von Laubglätte? Und was gilt für Laub aus Nachbars Garten?

Wer muss wo Laub fegen?


Die Laubentsorgung auf öffentlichen Straßen übernimmt in der Regel die Stadt oder Gemeinde. Auf Gehwegen oder Privatstraßen haben die Grundstückseigentümer die Pflicht, das herabgefallende Laub zu beseitigen.

Nach einem Urteil des Verwaltungsgerichts (VG) Lüneburg (Az. 5 A 34/07) ist die Übertragung der Verpflichtung auf Anlieger, das von gemeindeeigenen Bäumen fallende Laub vom Bürgersteig bis zur Straßenhälfte zu entfernen, im Einzelfall zumutbar, wenn Anlieger das Laub bei regelmäßiger Reinigung mit einfachen Hilfsmitteln entfernen und beseitigen können.

Wichtig zu wissen: Die Pflicht zur Laubbeseitigung besteht auch im hohen Alter, stellt das VG Berlin (Az. VG 1 L 299.14) klar. Die Straßenreinigung kann aber auch Dritte übertragen werden, wenn man alters- oder urlaubsbedingt nicht dazu in der Lage ist.

Wann muss ich Laub fegen?


Die Räumpflicht verhält sich beim Laub wie beim Schnee: Wochentags muss in der Zeit zwischen 7 Uhr bis 20 Uhr die Straße gefegt werden, am Wochenende in der Zeit zwischen 9 Uhr und 20 Uhr. Wie oft der Besen geschwungen werden muss, hängt letztendlich von der Stärke des Laubfalls ab.

Mieter müssen nur dann Laub fegen, wenn ihnen diese Räumpflicht auch per Mietvertrag übertragen wurde. Mieter, die zur Laubbeseitigung verpflichtet sind, müssen dieser Pflicht auch bei urlaubsbedingter oder sonstiger Abwesenheit nachkommen, bzw. eine Vertretung organisieren.

Wann haftet ich bei einem Sturz wegen rutschigem Laub?


Für Fußgänger und Fahrradfahrer stellt Herbstlaub, das von den Bäumen auf Straßen und Gehwege fällt, eine erhöhte Rutschgefahr dar. Kommt es zum Sturz wegen Laubglätte, stellt sich schnell die Frage, wer für die Unfallfolgen haften muss.

Das Landgericht (LG) Coburg (Az.14 O 742/07) hat die Klage eines auf Herbstlaub ausgerutschten und gestürzten Fußgängerin auf Schadensersatz und Schmerzensgeld gegen eine Grundstückseigentümerin abgewiesen. Im Bereich von Laubbäumen bestehe auf Gehwegen, sobald die Blätter fallen, stets eine gewisse Rutschgefahr. Darauf müssen sich Fußgänger einstellen. Eine Reinigung der Wege kann nur im Rahmen des Zumutbaren verlangt werden. Weil der Gehweg wenige Tage zuvor vom Laub befreit wurde, lag keine Pflichtverletzung vor. Die bis zum Unfalltag abgefallenen Blätter machten keine außerplanmäßige Reinigung erforderlich, weil sie keine besondere Gefahrenstelle geschaffen hatten.

Auch der Sturz einer Passantin auf einer mit Laub bedeckten rutschigen Holztreppe ohne Geländer führt nicht zu einem Schadensersatzanspruch des Gestürzten, entschied das LG Itzehoe (Az. 3 O 153/99). Bei eindeutiger Erkennbarkeit der Rutschgefahr betrete die Passantin die Holztreppe auf eigene Gefahr.

Andere Gericht sehen das strenger und halten „außergewöhnliche Anstrengungen zur Gefahrenbeseitigung“ für notwendig, um Gehwege und Zugänge laubfrei zu halten. So ein Urteil des LG Hamburg (Az. 309 S 234/97).

Wann muss die Kommune Laub beseitigen?


Eine Kommune muss je nach Witterung die Straßen und Wege vom Laub befreien, um Gefahrenstellen zu beseitigen. Sie ist nicht verpflichtet Straßen und Wege ständig von Laub frei zu halten, so das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main (Az. 1 U 75/95). Sie kann sich aber nicht auf eine unflexible Laubbeseitigung in einem 14tägigen Rhythmus berufen, sondern muss je nach Laubfall zur Straßenreinigung ausrücken. Auf keinen Fall darf sie Laub so lange auf Wegen liegen lassen, dass sich eine rutschige Laubdecke bildet. Kommt ein Radfahrer darauf zu Fall, haftet die Gemeinde für die Unfallfolgen. Dem Radfahrer wird aber nach Ansicht des OLG Hamm (Az. 9 U 170/04) eine Mitschuld von 60 Prozent am Sturz angelastet, da für ihn die Glättegefahr erkennbar war.
Grundsätzlich müssen Fußgänger und Radfahrer aber bei einem mit Laub bedecken Weg davon ausgehen, dass es rutschig werden kann. Die Kommune haftet nur dann, wenn sie nicht vor nicht erkennbaren Gefahren durch Herbstlaub gewarnt hat oder dieses beseitigt hat.

Muss ich mein Laub in Nachbars Garten entfernen?


Grundsätzlich löst der Laubfall von Nachbars Bäumen keinen rechtlichen Beseitigungsanspruch aus, entschied das OLG Düsseldorf (Az. 9 U 10/95). Schließlich werde der Laubfall durch das Wirken von Naturkräften ausgelöst und sei kein Verschulden des Nachbars. Das bedeutet: Das Laub aus Nachbars Garten muss vom Grundstückeigentümer beseitigt werden.

Wohin mit Nachbars Laub?


Das Laub aus Nachbars Garten darf auch nicht einfach auf dessen Grundstück geworfen werden. Dies entschied das Amtsgericht München (Az. 824 Ls 256 Js 122450/19) im Fall eines Nachbarn, der das Laub einer rund 100 Jahre alten Hängebuche, die ungefähr einen Meter Abstand zur Grundstückgrenze stand, einfach in den Garten des Baumbesitzers warf.

Trennt zwei Grundstücke ein Sichtschutz und ein Maschendrahtzaun und fegt der Nachbar in diesen Zwischenraum sein Laub, stellt das eine Eigentumsbeeinträchtigung dar, entschied das AG Nürnberg (Az. 23 C 3805/21).

Muss ich herüberragende Äste wegen Laubfall zurückschneiden?


Geht von zum Nachbarn herüberragenden Zweigen nur eine geringe Beeinträchtigung durch Laubfall aus, hat der Nachbar keinen Anspruch auf Rückschnitt, entschied das LG Saarbrücken (Az. 2 S 185/84).

Ein Nachbar muss selbst bei erhöhtem Laubfall seine Bäume nicht zurückschneiden, entschied das OLG Frankfurt (Az. 23 U 68/92).
Auch der Bundesgerichtshof (BGH) (Az. V ZR 102/03) verneint bei überragenden Zweigen eine Pflicht die Bäume zurückzuschneiden, allerdings spricht er dem vom Laubfall betroffenen Nachbarn eine sog. Laubrente zu.

Wann habe ich einen Anspruch auf eine Laubrente?


Unter Laubrente versteht man eine finanzielle Entschädigung für einen erhöhten Aufwand bei der Gartenpflege, der durch das Nachbargrundstück verursacht wird. Eine Laubrente steht laut BGH (Az. V ZR 102/03) einem Nachbarn dann zu, wenn mit dem Laubfall von Nachbars Bäumen ein erhöhter Reinigungsaufwand - etwa für Fassaden und Dachrinnen- verbunden ist. Der betroffene Nachbar kann diese Kosten als Ausgleich für seinen Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch geltend machen.

Der Anspruch auf eine Laubrente kann laut BGH (Az. V ZR 8/17) auch dann bestehen, wenn der Nachbaur aufgrund des Ablaufs landesrechtlicher Ausschlussfristen keinen Anspruch auf Rückschnitt der Nachbarbäume hat.

Auch das LG Lübeck (Az.14 S 122/85) sprach einem Grundstückseigentümer eine Laubrente zu und begründete seine Entscheidung wie folgt: Geht die Beeinträchtigung durch Nachbars Laub und Kiefernnadeln über das örtliche zumutbare Maß hinaus, kann er eine Entschädigung vom Nachbarn verlangen.

Hält der Nachbar allerdings mit seinen Bäumen die landesrechtlichen Abstandsregeln ein und kommt es trotzdem zu einem erheblichen Laubfall auf dem Grundstück des Nachbars, kann dieser keine Laubrente beanspruchen, da der Grundstückseigentümer kein Störer ist, so der Bundesgerichtshof (Az. V ZR 218/18).

Auch das OLG Karlsruhe (Az. 6 U 184/07) lehnte eine Laubrente eines Nachbars ab, der lediglich vom Laubfall zweier Eichen beeinträchtigt wurde. Nach Auffassung der Karlsruher Richter war der durch die Beseitigung des Laubs von den zwei Eichen verursachte Mehraufwand für den Nachbarn durch aus zumutbar. Erst wenn der Mehraufwand für eine Gartenpflege mehr als ein Achtel des Gesamtaufwands beträgt, sei die Unzumutbarkeitsgrenze erreicht.

Noch grundsätzlicher sprach sich das OLG Hamburg (Az.14 U 170/87) gegen eine Laubrente aus: Die Beseitigung von Nachbars Laub, Tannenzapfen und Fallobst im eigenen Garten ist für den Nachbarn nach Auffassung der Hamburger Richter durchaus zumutbar. Ausnahme sei nur die alljährlich Dachrinnenreinigung: Hier kann ein Anspruch auf Ausgleichzahlungen für den Nachbarn entstehen, wenn es sich bei Nachbars Laub um wirklich mehr als den üblichen Laubfall handelt.


erstmals veröffentlicht am 18.09.2012, letzte Aktualisierung am 16.10.2023

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