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Kategorie: Anwalt Mietrecht , 05.09.2022 (Lesedauer ca. 6 Minuten, 4204 mal gelesen)

Mietpreisbremse: Wie viel Miete müssen Mieter zahlen?

Münzstapel und ein kleines Haus, Mietpreisbremse Münzstapel und ein kleines Haus, Mietpreisbremse © freepik - mko

Um den explosiven Anstieg der Mieten auf angespannten Wohnungsmärkten zu entschleunigen, wurde in Deutschland die sog. Mietpreisbremse eingeführt. Doch was bedeutet die Mietpreisbremse? Wo und für wen gilt sie? Sind Vermieter jetzt verpflichtet überhöhte Mieten zu senken? Und was können Mieter tun, wenn Vermieter gegen die Mietpreisbremse verstoßen?

Was ist eine Mietpreisbremse?


In Gegenden mit Wohnungsknappheit sollen Mieter mit einer sog. Mietpreisbremsenverordnung vor einem schnellen Anstieg der Mieten sowie vor unangemessenen Mieterhöhungen wegen Modernisierungsmaßnahmen geschützt werden.

Die Landesregierungen wurden ermächtigt Gebiete mit angespannten Wohnungsmärkten durch eine Rechtsverordnung für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu benennen. Diese Frist kann aber von den Ländern um weitere fünf Jahre verlängert werden.

Das Bundessverfassungsgericht (Az. 1 BvL 1/18, 1 BvL 4/18) hat die Mietpreisbremse im Jahr 2019 für verfassungsgemäß erklärt. Es bestehe ein öffentliches Interesse daran, der Verdrängung von leistungsschwachen Bevölkerungsgruppen aus stark nachgefragten Wohnungsmärkten entgegenzuwirken. Aus diesem Grund sei ein Eingriff in das Eigentum verhältnismäßig.

Nach der derzeitigen Mietpreisbremse dürfen Wohnung in einem Gebiet, in dem eine Mietpreisbremse gilt, nur mit einer maximalen Mieterhöhung von 10 Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete wiedervermietet werden.

Wie wirkt die Mietpreisbremse?


Vermieter müssen zukünftigen Mietern Auskunft über die Höhe der vorherigen Miete erteilen. Maßgeblicher Zeitpunkt ist die Höhe der Miete bei Beendigung des vorherigen Mietverhältnisses. Der Mieter hat das Recht einen Nachweis über die Vormiete zu verlangen.

Mieterhöhungen aufgrund von missbräuchlichen Modernisierungen einer Mietwohnung werden als Ordnungswidrigkeit mit einer empfindlichen Geldbuße geahndet. Von bewusstem Herausmodernisieren ist auszugehen, wenn angekündigte Baumaßnahmen nicht innerhalb von einem Jahr begonnen werden oder so lange ruhen. Oder, wenn die Miete aufgrund der Baumaßnahme verdoppeln wird oder die Baumaßnahme zu erheblichen Belastungen des Mieters führt, die objektiv nicht notwendig wären.

Die Umlage von Modernisierungskosten vom Vermieter auf den Mieter wird zunächst für fünf Jahre von elf auf acht Prozent jährlich gesenkt. Daneben gilt eine Kappungsgrenze, wonach der Vermieter nach einer Modernisierung die Miete nicht mehr als drei Euro pro Quadratmeter Wohnfläche erhöhen darf. Beträgt die Miete für eine Wohnung weniger als sieben Euro pro Quadratmeter, ist nur eine Erhöhung von zwei Euro pro Quadratmeter erlaubt.

Eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung zur Wirksamkeit der in 2015 eingeführten Regelungen zur Dämpfung des Mietanstiegs auf angespannten Wohnungsmärkten zeigt, dass sich mit der Einführung der Mietpreisbremse die Dynamik der Mietentwicklung im regulierten Markt verlangsamt hat. Sie belegt auch, dass mit der Einführung der Mietpreisbremse die Rentabilität von Neubauinvestitionen gestiegen ist. Die Befürchtung, dass mit Einführung der Mietpreisbremse weniger Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen getroffen werden, wird widerlegen. Auch lässt sich laut Studie nicht nachweisen, dass mit Einführung der Mietpreisbremse vermehrt Mietwohnungen in Eigentumswohnungen umgewandelt und veräußert werden.

Wo gilt die Mietpreisbremse?


Bis auf Sachsen, Sachsen-Anhalt sowie das Saarland haben alle Bundesländer die Mietpreisbremse für bestimmte Städte und Gemeinden mit angespannten Wohnungsmärkten eingeführt. Schleswig-Holstein hat die Mietpreisbremse im Jahr 2019 nach vier Jahren wieder abgeschafft.

In Baden-Württemberg wurde erstmals im November 2015 für 68 Gemeinden eine Mietpreisbremsenverordnung eingeführt, die aber vom Landgericht (LG) Stuttgart (Az. 13 S 181/18) für unwirksam erklärt wurde. Seit Juni 2020 gibt es eine neue Mietpreisbremsenverordnung für 89 Städte und Gemeinden.

Auch in Bayern wurde die im Dezember 2017 eingeführte Mietpreisbremsenverordnung durch das LG München I (Az. 14 S 10058/17) für unwirksam erklärt. Das Land besserte mit einer neuen Verordnung im August 2019 nach, die im Dezember 2021 überarbeitet wurde und seit dem 1. Januar 2022 für 203 Städte und Gemeinden bis 2025 gilt.

In Berlin wurde die erste Mietpreisbremsenverordnung im Juni 2015 erlassen. Sie gilt für das gesamte Stadtgebiet. Zusätzlich wurde im Februar 2020 der sog. Mietendeckel eingeführt. Dieser wurde aber vom Bundesverfassungsgericht im April 2021 für mit dem Grundgesetz unvereinbar und deshalb für nichtig erklärt. Für die Mieter bedeutet dieses Urteil, dass sie mit hohen Rückforderungen von Seiten der Vermieter rechnen müssen. Kommt ein Mieter mit der Rückzahlung der einbehaltenen Miete in Verzug, kann er aber nicht ohne vorherige Zahlungsaufforderung oder Mahnung vom Vermieter gekündigt werden, entschied das LG Berlin (Az. 67 S 298/21).

Brandenburg führte für 31 Städte und Kommunen zum 1. Januar 2016 eine Mietpreisbremse ein. Diese musste mit einer ausreichenden Begründung nachgebessert werden und gilt nun seit April 2019 bis 2025.

In Bremen gilt die Mietpreisbremse seit 2016 für das gesamte Stadtgebiet bis zum Jahr 2025.

In Hamburg wurde für das gesamte Stadtgebiet im Juli 2015 eine Mietpreisbremse beschlossen, die aber auch vom LG Hamburg (Az. 333 S 28/17) für nicht wirksam beurteilt wurde. Seit Juli 2018 gilt eine neue Mietpreisbremse bis 2025.

Das Land Hessen führte eine Mietpreisbremse für 16 Städte und Gemeinden im November 2015 ein. Die Verordnung wurde vom Landgericht Frankfurt/Main kassiert. Der Bundesgerichtshof (Az. VIII ZR130/18). bestätigte die Entscheidung. Seit Juli 2019 gibt es eine neue Mietpreisbremse, die überarbeitet wurde und seit November 2020 für 31 Städte und Gemeinden gilt.

Am 1. Oktober 2018 führte Mecklenburg-Vorpommern für die Städte Rostock und Greifswald eine Mietpreisbremse bis 30. September 2023 ein.

In Niedersachsen wurde im Dezember 2016 eine Mietpreisbremse für 19 Städte und Gemeinden erlassen, die aber vom Amtsgericht Hannover (Az. 514 C 7045/19) für unwirksam erklärt wurde. Seit 1. Januar 2021 greift eine neue Mietpreisbremse für elf Städte und Gemeinden.

Auch in Nordrhein-Westfalen wurde die im Juli 2015 eingeführte Mietpreisbremse gerichtlich für nicht wirksam erklärt. Hier gilt seit dem 1. Juli 2020 eine neue Mieterschutzverordnung.

In Rheinland-Pfalz wurde für die Städte Mainz, Speyer, Trier, Landau in der Pfalz und Ludwigshafen im August 2020 eine Mietpreisbremse erlassen.

Im Land Thüringen gilt eine Mietpreisbremse seit März 2016 für die Städte Jena und Erfurt.

Wer ist nicht von der Mietpreisbremse betroffen?



Die Mietpreisbremse gilt nicht für Neubauten, die nach dem 1. Oktober 2014 erstmals vermietet wurden. Sie greift auch nicht bei Wohnungen, die grundlegend modernisiert oder saniert wurden. Der Bundesgerichtshof (Az. VIII ZR 9/22) stellt in einer Entscheidung klar, dass bei einer Erstvermietung nach einer grundlegenden Modernisierung auch höhere Mieten vom Vermieter verlangt werden können.

Auch Wohnungen, die vor Inkrafttreten der Mietpreisbremse überhöht vermietet wurden, sind nicht von der Mietpreisbremse betroffen.

Müssen Vermieter bei überhöhter Miete jetzt die Miete senken?


Mietverträge, die vor dem Erlass einer Mietpreisbremse abgeschlossen wurden, bleiben von den Regelungen unberührt. Wurde im Mietvertrag eine überhöhte Miete vereinbart, gilt diese trotz Mietpreisbremse. Vermieter müssen also bei bestehenden Mietverhältnissen die Miete nicht anpassen.

Was können Mieter bei einem Verstoß gegen die Mietpreisbremse tun?


Verstößt ein Vermieter gegen die Mietpreisbremsenverordnung, weil er die ortsübliche Vergleichsmiete um mehr als 10 Prozent überschreitet, kann der Mieter den Verstoß rügen. Die Rüge muss schriftlich erfolgen – E-Mail reicht aus. Er muss seine Rüge aber nicht begründen oder belegen warum die Miete zu hoch ist. Die zu viel gezahlte Miete kann der Mieter vom Vermieter zurückverlangen, wenn der Verstoß innerhalb von 30 Monaten gerügt wird.

Das Amtsgericht Berlin-Lichtenberg (Az. 2 C 202/16) hat als erstes deutsches Gericht ein Urteil zur Mietpreisbremse gefällt und einen Vermieter zu Rückzahlung von überhöhter Miete verurteilt. Eine Mieterin hatte mit ihrem Vermieter einen Mietvertrag über eine rund 74 m2 große Mietwohnung in Berlin-Lichtenberg zu einem Mietzins von 562,02 Euro abgeschlossen. Der Netto-Mietzins kalt pro Quadratmeter belief sich damit auf 7,60 Euro. Die Mieterin beanstandete kurze Zeit nach Vertragsschluss, dass dieser Mietzins nicht mit der Berliner Mietenbegrenzungsverordnung vereinbar sei. Sie verlangte vom Vermieter eine Minderung ihrer monatlichen Mietzahlung und eine Rückzahlung der bereits zu viel gezahlten Miete. Zu Recht, so das Gericht. Es liege ein Verstoß gegen die Berliner Mietenbegrenzungsverordnung vor. Der vereinbarte Mietzins übersteige die ortsübliche Vergleichsmiete um mehr als 10 Prozent. Die Vergleichsmiete ermittelte das Gericht anhand des Berliner Mietspiegels 2015, der als Schätzungsgrundlage angewendet werden kann. Danach kann der Vermieter höchstens eine Miete von 7,16 Euro pro Quadratmeter für die Wohnung verlangen – damit 529,55 Euro monatlich netto kalt. Das Amtsgericht Lichtenberg verurteilte den Vermieter die zu viel gezahlte Miete in Höhe von 32,47 Euro pro Monat an die Mieterin zurück zu zahlen. Die überhöhte Miete wurde insgesamt sieben Monate von der Mieterin bezahlt.

Auch das Amtsgericht München (Az. 453 C 22593/20) hat eine Vermieterin aufgrund der für Starnberg geltenden Mietpreisbremse verurteile rund 3.300 Euro überzahlte Miete an ihre Mieter zurück zu zahlen. Darüber hinaus stellte das Gericht klar, dass die zukünftige Miete nur 896,20 Euro anstatt der im Mietvertrag festgelegte Mietzins von 1.171 Euro betragen darf.

Können Ansprüche aufgrund der Mietpreisbremse an eine Inkassogesellschaft abgetreten werden?


Diese Frage wird innerhalb des LG Berlin unterschiedlich beantwortet. Während eine Zivilkammer (Az. 66 S 18/18) die Auffassung vertritt, dass Mietparteien ihre Ansprüche aufgrund erhöhter Miete nach der Mietpreisbremse an eine Inkassogesellschaft abtreten können, lehnt eine andere Zivilkammer des LG Berlin (Az. 67 S 157/18) dies ab.

Der Bundesgerichthof (Az. VIII ZR 285/18) hat im Hinblick auf ein Online-Portal entschieden, dass Mieter ihre Rechte aufgrund der Mietpreisbremse gegenüber dem Vermieter durch eine Inkassogesellschaft durchsetzen lassen könne.

erstmals veröffentlicht am 20.08.2020, letzte Aktualisierung am 05.09.2022

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