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Kategorie: Anwalt Arztrecht , 29.10.2019 (Lesedauer ca. 2 Minuten, 544 mal gelesen)

Aufklärung über die Behandlungsalternative einer Sectio (Kaiserschnitt)

Der Behandler muss über die Risiken eines Eingriffs aufklären (s.g. Risikoaufklärung). Eine Aufklärung über die von ihm gewählte Behandlungsmethode schuldet er in der Regel aber nicht – die Wahl der Behandlungsmethode ist primär Sache des - insoweit ja auch qualifizierten - Arztes.

Etwas anderes gilt aber dann, wenn für eine medizinisch sinnvolle und indizierte Therapie mehrere gleichwertige Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen, die zu jeweils unterschiedlichen Belastungen des Patienten führen oder unterschiedliche Risiken und Erfolgschancen bieten. Der Arzt hat dann nicht allein und ohne Einbeziehung des Patienten über die Behandlungsmethode zu entscheiden. Er muss den Patienten vielmehr mit einbeziehen und vor die Wahl stellen.
In einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 20.08.2018 wurde eine werdende Mutter von dem geburtsleitenden Arzt nicht rechtzeitig über die Behandlungsalternative einer Schnittentbindung aufgeklärt. Es erfolgte lediglich eine Aufklärung über eine „eilige Sectio“, also einen Notkaiserschnitt, und zwar zu einem Zeitpunkt, zu dem sich der Geburtsverlauf bereits erheblich verzögert dargestellt hatte und ernsthafte Schäden für das Neugeborene drohten bzw. bereits absehbar waren.
Der Bundesgerichtshof hat herausgearbeitet, dass der geburtsleitende Arzt in einer normalen Entbindungssituation, in der die Schnittentbindung medizinisch nicht indiziert und deshalb auch keine „echte Alternative“ zur vaginalen Geburt darstellt, ohne besondere Veranlassung die Möglichkeit einer Schnittentbindung nicht ansprechen muss. Wenn aber für den Fall, dass die Geburt vaginal erfolgt, ernstzunehmende Gefahren drohen und daher im Interesse des Kindes und auch der werdenden Mutter gewichtige Gründe für eine Schnittentbindung sprechen, dann stellt die Sectio eine medizinisch verantwortbare Alternative dar. Der Arzt muss in einer solchen Situation die werdende Mutter über die für sie und das Kind bestehenden Risiken sowie über die Vor- und Nachteile der verschiedenen Entbindungsmethoden aufklären und sich ihrer Einwilligung für die Art der Entbindung versichern.
Vom Bundesgerichtshof wurde weiter ausgeführt, dass eine solche Aufklärung auch rechtzeitig zu erfolgen hat, und zwar bereits dann, wenn aufgrund konkreter Umstände die ernsthafte Möglichkeit besteht, dass im weiteren Verlauf eine Konstellation eintreten könnte, die als relative Indikation für eine Schnittentbindung zu werten ist. Gerade weil eine Schwangere im weiteren Verlauf einer Entbindung häufig nicht mehr Herrin ihrer Sinne ist, ist nach Auffassung des Bundesgerichtshofs eine - vorgezogene - Aufklärung über die unterschiedlichen Risiken und Vorteile der verschiedenen Entbindungsmethoden daher bereits dann erforderlich, wenn deutliche Anzeichen dafür bestehen, dass sich der Geburtsvorgang so entwickeln könnte, dass die Schnittentbindung zu einer echten Alternative zur vaginalen Entbindung wird.
In dem vom Bundegerichtshof entschiedenen Fall kam der nicht rechtzeitigen Aufklärung insbesondere deshalb Bedeutung zu, weil eine gebotene vorgezogene Aufklärung zu einer schadenshindernden oder schadensmindernden Zeitersparnis hätte führen können.
erstmals veröffentlicht am 25.10.2019, letzte Aktualisierung am 29.10.2019

Rechtsanwalt Christoph Kleinherne München
Rechtsanwalt Christoph Kleinherne
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