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Kategorie: Anwalt Arbeitsrecht , 18.02.2022 (Lesedauer ca. 4 Minuten, 550 mal gelesen)

Was Arbeitnehmer jetzt zur Kurzarbeit wissen müssen

Was Arbeitnehmer jetzt zur Kurzarbeit wissen müssen © Marco2811 - Fotolia

Wenn die Auftragslage in einem Betrieb aufgrund eines unvermeidbaren Ereignisses, wie zum Beispiel der Corona-Pandemie, schlecht ist, kann Kurzarbeitergeld beantragt werden, um Kündigungen zu vermeiden. Doch welche Voraussetzungen müssen für den Bezug von Kurzarbeitergeld erfüllt sein? Wer kann Kurzarbeitergeld beanspruchen und wie viel wird gezahlt? Können Arbeitnehmer Kurzarbeit auch ablehnen? Und wie wirkt sich die Kurzarbeit auf die Rente aus?

Was versteht man unter Kurzarbeit?


Kurzarbeit heißt, dass die Arbeitszeit der Arbeitnehmer aufgrund eines erheblichen unvermeidbaren Arbeitsausfalls reduziert wird. Dies kann die gesamte Belegschaft oder auch nur einen Teil des Unternehmens betreffen. Der betroffene Arbeitnehmer erhält bei Kurzarbeit entsprechend weniger Lohn. Der entgangene Verdienst wird von der Agentur für Arbeit mit der Zahlung eines Kurzarbeitergeldes ausgeglichen. Damit sollen betriebsbedingte Kündigungen in wirtschaftlich schwierigen Lagen vermieden werden.

Welche Voraussetzungen müssen für den Bezug von Kurzarbeitergeld erfüllt sein?


Voraussetzung für Kurzarbeitergeld ist, dass der Arbeitgeber aus unvermeidbaren wirtschaftlichen Gründen oder anderer erheblichen Ereignisse seine Belegschaft vorübergehend nicht mehr im normalen Umfang beschäftigen kann. Meist ist das der Fall aufgrund von Lieferengpässen oder von Stornierungen von großen Aufträgen oder wie jetzt bei einer Pandemie.

Im Rahmen der Corona-Krise sind die Voraussetzungen für die Beantragung von Kurzarbeitergeld zunächst bis zum 30.6.2022 erleichtert worden: Es müssen nur mindestens 10 Prozent der Belegschaft von einem Arbeitsausfall betroffen sein. Vorher waren dies noch ein Drittel der Beschäftigten. Während der Corona-Pandemie wird aber zunächst bis zum 30. Juni 2022 auf den Aufbau negativer Arbeitszeitsalden weiter vollständig verzichtet.

Wer hat einen Anspruch auf Kurzarbeitergeld?


Einen Anspruch auf Kurzarbeitergeld haben alle versicherungspflichtigen Arbeitnehmer, deren Unternehmen Kurzarbeit angezeigt hat. Darunter fallen auch Zeitarbeiter und Leiharbeiter. Keinen Anspruch haben bereits gekündigte Arbeitnehmer oder Arbeitnehmer, die Krankengeld beziehen, sowie Selbstständige; Freiberufler und Minijobber.

Wer kann Kurzarbeitergeld beantragen?


Kurzarbeitergeld kann nur vom Arbeitgeber bei der Agentur für Arbeit beantragt werden. Arbeitnehmer können kein Kurzarbeitergeld beantragen.

Wichtig: Arbeitgeber müssen den Arbeitsausfall rechtzeitig bei der Agentur für Arbeit anzeigen. Kurzarbeitergeld wird ab dem Monat bezahlt, in dem der Arbeitsausfall angezeigt wurde. Wird die Anzeige versäumt, wird kein Kurzarbeitergeld gewährt, so das Sozialgericht Landshut (Aktenzeichen S 16 AL 66/21).

Wie viel Kurzarbeitergeld bekommen Beschäftigte?


Bisher erhielten Arbeitnehmer vom Staat ein Kurzarbeitergeld in Höhe von 60 Prozent ihres entgangenen Netto-Gehalts. Das Kurzarbeitergeld erhöhte sich auf 67 Prozent, wenn ein Kind im Haushalt des Arbeitnehmers lebt.

Aufgrund der Corona-Krise wurde das Kurzarbeitergeld ab dem 1. Mai 2020 stufenweise erhöht. In den ersten drei Monaten Kurzarbeit bleibt es bei der bisherigen Regelung. Ab dem vierten Monat erhöht sich das Kurzarbeitergeld um 10 Prozent aus 70, bzw. 77, Prozent. Ab dem siebten Monat gibt es dann 80, bzw. 87, Prozent Kurzarbeitergeld. Diese Erhöhung des Kurzarbeitergeldes gilt zunächst bis zum 30. Juni 2022.

Was gilt bei den Sozialversicherungsbeiträgen während der Kurzarbeit?


Während des Bezugs von Kurzarbeitergeld tragen Arbeitnehmer und Arbeitgeber die anfallenden Sozialversicherungsbeiträge für die Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung je zur Hälft. Einen Beitrag von 0,9 Prozent zur Krankenversicherung muss der Arbeitnehmer alleine tragen.

Während der Corona-Krise werden vom Staat die Beiträge zur Sozialversicherung an die Arbeitgeber bis zum 31. Dezember 2021 in voller Höhe und in der Zeit vom 1. Januar 2022 bis zum 31. März 2022 zu 50 Prozent erstattet. Sie werden nach dem 31.03.2022 weiter zur Hälfte erstattet, wenn die Kurzarbeit mit Qualifizierung verbunden wird.

Wie lange kann Kurzarbeitergeld bezogen werden?


Grundsätzlich wird Kurzarbeitergeld bis zu zwölf Monate gezahlt. Bis Ende März 2022 gilt aufgrund der Corona-Krise unter bestimmten Voraussetzungen eine Bezugsdauer von längstens 24 Monaten.

Sind Nebeneinkünfte während der Kurzarbeit erlaubt?


Arbeitnehmer müssen die Einkünfte, die sie mit einem Nebenjob während des Bezugs von Kurzarbeitergeld erzielen, bei der Agentur für Arbeit anzeigen. Sie werden bei der Beantragung von Kurzarbeitergeld angerechnet. Unberücksichtigt bleiben jedoch Einkünfte eines Nebenjobs, der schon vor der Kurzarbeit ausgeübt wurde.

Ausnahme: Arbeitnehmer, die aufgrund der Corona-Krise von Kurzarbeit betroffenen sind, dürfen in einem Nebenjob Einkünfte bis zur vollen Höhe ihres bisherigen monatlichen Nettoeinkommens dazuverdienen, ohne das eine Anrechnung stattfindet. Diese Ausnahme bezog sich zunächst auf Einkünfte von Nebenjobs in systemrelevanten Bereichen, wie Landwirtschaft oder Krankenhäusern, jetzt gilt sie für alle Berufsgruppen. Die Regelungen galten zunächst vom 1. Mai 2020 bis zum 31. Dezember 2020 und wurden mehrmals jetzt bis zum 30. Juni 2022 verlängert.

Kurzarbeit- Was gilt für Überstundenabbau und Urlaub?


Bevor Kurzarbeitergeld angemeldet werden kann, muss der Betrieb alles ihm Mögliche getan haben, um den Arbeitsausfall zu vermindern. Aus diesem Grund kann der Arbeitgeber, ggfs. in Absprache mit dem Betriebsrat, von den Arbeitnehmern zunächst verlangen Überstunden abzubauen und Urlaub zu nehmen.

Kurzarbeit Null kann den Urlaubsanspruch eines Arbeitnehmers verkürzen. Dies entschied das Landesarbeitsgericht Düsseldorf (Aktenzeichen 6 Sa 824/20) im Fall einer Arbeitnehmerin, die in den Monaten Juni, Juli und Oktober 2020 in Kurzarbeit Null war. Laut Gericht hat sie in diesen Monaten keine Urlaubsansprüche nach dem Bundesurlaubsgesetz erworben.

In diesem Sinne entschied auch das Bundesarbeitsgericht (Aktenzeichen 9 AZR 225/21, 9 AZR 234/21): Fallen einzelne Arbeitstage aufgrund von Kurzarbeit Null vollständig aus, muss das bei der Berechnung des Jahresurlaubs berücksichtigt werden. So kann für alle Arbeitnehmer, nach der grundlegenden Berechnung 24 Werktage x Anzahl der Tage mit Arbeitspflicht geteilt durch 312 Werktage je nach geleisteten Arbeitstagen eine gleichwertige Urlaubsdauer gewährleistet werden.

Liegt allerdings keine Kurzarbeit Null vor, ist der Arbeitgeber nach einer Entscheidung des Arbeitsgerichts Osnabrück im Juni 2021 nicht berechtigt, den Urlaub eines von Kurzarbeit betroffenen Arbeitnehmers anteilig im Verhältnis zu den Arbeitstagen im Jahr zu kürzen.

Können Arbeitnehmer Kurzarbeit ablehnen?


Arbeitnehmer, die ein Kurzarbeitsangebot ablehnen, riskieren die Kündigung ihres Arbeitsverhältnisses. Dies stellt das Landesarbeitsgericht Nürnberg (Aktenzeichen 4 Sa 413/20) klar. Ziel der Kurzarbeit sei den Verlust von Arbeitsplätzen zu umgehen. Daher sei das Angebot zur Kurzarbeit keine unerlaubte Maßregelung des Unternehmens. Eine Kündigung wegen der Ablehnung von Kurzarbeit verstoße somit nicht gegen das Maßregelungsverbot.

Wie wirkt sich Kurzarbeit auf die Rente aus?


Auch während der Kurzarbeit sind Arbeitnehmer rentenversichert. Die Beiträge werden aber nach dem tatsächlich erzielten Lohn berechnet. Da dieser in der Kurzarbeit geringer ist als normalerweise, werden auch weniger Rentenansprüche gesammelt.

erstmals veröffentlicht am 25.03.2020, letzte Aktualisierung am 18.02.2022

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