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Kategorie: Anwalt Familienrecht , 04.05.2023 (Lesedauer ca. 3 Minuten, 2676 mal gelesen)

Versorgungsehe: Witwenrente auch bei kurzer Ehedauer?

Miniaturfiguren altes Ehepaar Symbolbild Grundrente Miniaturfiguren altes Ehepaar Symbolbild Grundrente © freepik - mko

Verstirbt ein Ehepartner hat der hinterbliebene Ehepartner einen Anspruch auf Witwenrente, wenn die Ehe lange genug bestanden hat, ansonsten drängt sich der Verdacht einer sog. Versorgungsehe auf. In diesem Fall stehen dem hinterbliebenen Ehepartner keine Rentenansprüche zu. Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, um Witwenrente zu erhalten? Wann wird eine Versorgungsehe vermutet? In welchen Fällen haben Hinterbliebene auch bei nur kurzen Ehen einen Anspruch auf Witwenrente?

Unter welchen Voraussetzungen erhalte ich Witwenrente?


Witwen und Witwer haben einen Anspruch auf Hinterbliebenenrente, wenn der verstorbene Ehepartner die Mindestversicherungszeit von fünf Jahren erfüllt hat oder Rentner war. Zudem muss der hinterbliebene Partner mit dem Verstorbenen verheiratet gewesen sein und darf nicht erneut geheiratet haben. Das Ehepaar darf kein Rentensplitting vereinbart haben.

Wann wird eine Versorgungsehe vermutet?


Um Witwenrente beziehen zu können, muss die Ehe mindestens ein Jahr bestanden haben. Bei kürzeren Ehen besteht die gesetzliche Vermutung einer Versorgungsehe.

So lehnte das Hessische LSG (Az. L 2 R 220/06) den Anspruch auf Witwenrente im Fall einer Witwe, die ihren Mann einen Monat vor seinem Tod heiratet ab. Laut der Hinterbliebenen bestanden bereits seit längerer Zeit Hochzeitspläne und mit dem Entschluss zu heiraten, habe sie sich mehr Rechte bei medizinischen Entscheidungen versprochen. Das überzeugte das Gericht nicht. Nur Umstände, wie ein plötzlicher Unfall oder ein Verbrechen, seien geeignet den Anschein einer Versorgungsehe zu widerlegen.
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War die schwere Krankheit oder eingeschränkte Lebenserwartung beim verstorbenen Ehepartner bei der Eheschließung bekannt, gelingt es den Hinterbliebenen bei einer Ehe von weniger als einem Jahr in der Regel nicht eine Versorgungsehe zu widerlegen. So im Fall einer Witwe, der die schwere Krankheit und kurze Lebenserwartung ihres Mannes bei der Hochzeit bekannt war und deren Ehe nur wenige Monate dauert. Das SG Stuttgart (Az. S 23 R 487/20) lehnte einen Rentenanspruch ab.

So entschied auch das Hessische LSG (Az. L 2 R 140/13) im Fall eines Witwers, der seine Frau heiratete, als man ihr eine Lebenserwartung von weniger als einem Jahr diagnostizierte. Die Ehe dauerte nur sieben Monate.

Oder im Fall eines geschiedenen Paares, das nach der Krebsdiagnose des Mannes erneut heiratete. Laut Hessischem LSG (Az. L 5 R 51/17) kam der Tod des Mannes nicht überraschend. Mit der erneuten Eheschließung habe das Paar die Ehefrau finanziell absichern wollen.

In welchen Fällen gibt es auch bei kurzen Ehen Witwenrente?


Es gibt Ausnahmen, wonach ein Anspruch auf eine Witwenrente auch bei kürzeren Ehen besteht. Bei Ehen, die kürzer als ein Jahr vor dem Tod des Ehepartners geschlossen wurden, muss der Hinterbliebene gegenüber der Rentenversicherung glaubhaft eine Versorgungsehe zur finanziellen Absicherung widerlegen.

Dies gelang einer Witwe, deren Mann, während sie monatelang auf ihre für die Hochzeit erforderlichen Papiere aus der Ukraine warten musste, lebensbedrohlich erkrankte und es schließlich bei der Eheschließung absehbar war, dass er bald sterben wird. Laut Sozialgericht (SG) Berlin (Az. S 11 R 1839/16) steht der Witwe trotzdem eine Witwenrente zu. Die Frau konnte eine Versorgungsehe glaubhaft widerlegen, da sie von der schweren Erkrankung ihres Mannes nichts wusste, als beide sich entschlossen zu heiraten.
Ebenso konnte eine Witwe vor dem Landessozialgericht (LSG) Sachsen-Anhalt (Az.3 RJ 126/05) die Vermutung einer Versorgungsehe widerlegen, obwohl sie und ihr Mann nach jahrelangem Zusammenleben erst heirateten, als dieser an Krebs erkrankte. Die Witwe konnte glaubhaft darlegen, dass sie von der schweren Erkrankung ihres Mannes nichts wusste. Das Gericht sprach ihre die Rentenansprüche zu.

Auch die Witwe eines Polizeibeamten konnte das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz (Az. 2 A 11261/12.OVG) überzeugen, dass die konkreten Heiratspläne schon lange vor dem Bekanntwerden der Erkrankung des Mannes vorlagen.

Nicht jede Krebsdiagnose führt zum Ausschluss einer Witwenrente bei kurzer Ehedauer. Laut LSG Baden-Württemberg (Az. L 2 R 3931/18) spricht ein stabiler Gesundheitszustand bei einer Krebserkrankung gegen den Verdacht einer Versorgungsehe.

Wie viel Witwenrente steht mir zu?


Hinterbliebene erhalten in den ersten drei Monaten nach dem Tod des Ehepartners die volle gesetzliche Rente des Verstorbenen. Danach stehen ihnen 55 Prozent der Rente des verstorbenen Ehepartners zu. Das Einkommen des Hinterbliebenen wird bei der Witwenrente angerechnet, es gibt allerdings Freibeträge.

Wo muss ich Witwenrente beantragen?


Witwenrente erhält der hinterbliebene Ehepartner nicht automatisch. Sie muss bei der Deutschen Rentenversicherung beantragt werden. Witwenrente wird rückwirkend 12 Monate ab Antragstellung gezahlt.

erstmals veröffentlicht am 12.12.2013, letzte Aktualisierung am 04.05.2023

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