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Kategorie: Anwalt Verkehrsrecht , 01.11.2023 (Lesedauer ca. 4 Minuten, 1431 mal gelesen)

Wildunfall: Wann haftet die Kfz-Versicherung?

Wildunfall: Wann haftet die Kfz-Versicherung? © freepik - mko

Wildwechsel im Herbst stellt für Autofahrer eine erhöhte Unfallgefahr dar. Die Tiere tauchen, insbesondere auf Landstraßen, meist aus dem Nichts auf und ein Zusammenprall ist oft für den Autofahrer nicht zu verhindern. Doch wie kann man Wildunfälle vermeiden? Was tun, wenn es zu einem Wildunfall gekommen ist? Welche Kfz-Versicherung reguliert Wildunfälle? Und zahlt die Versicherung auch für einen Unfallschaden aufgrund eines Ausweichmanövers?

Wie kann man einen Wildunfall vermeiden?


Autofahrer können das Risiko einer Kollision mit einem wilden Tier minimieren, in dem sie bei Dämmerung oder in der Nacht zu den üblichen Wildwechselzeiten mit einer angepassten Geschwindigkeit auf der Landstraße fahren. Den Straßenrand sollte man immer im Auge haben, insbesondere wenn man durch Waldgebiete fährt.

Steht ein Tier am Straßenrand, ist sofort die Geschwindigkeit zu reduzieren, das Abblendlicht einzuschalten und zu hupen. Aufgepasst: Ein Tier kommt selten alleine. Bei der Weiterfahrt sollte man immer damit rechnen, dass weitere Tiere auftauchen.

Wie verhält man sich nach einem Wildunfall richtig?


Kommt es zu einem Unfall mit einem Wildtier, sind zunächst verletzte Fahrzeuginsassen zu versorgen und gegebenenfalls ein Rettungsdienst zu verständigen.

Danach muss die Unfallstelle gesichert werden, denn ein totes oder verletztes Tier auf der Fahrbahn stellt auch eine Gefahr für andere Verkehrsteilnehmer dar. So im Fall einer Autofahrerin, die mit einem Reh zusammengestoßen war und einfach weiterfuhr, weil sie davon ausging, dass das Reh tot am Straßenrand lag. Das auf der Straße liegende Tier verursachte daraufhin eine Kollision mit zwei weiteren Fahrzeugen. Der Autofahrerin wurde vom Landgericht (LG) Saarbrücken (Az. 13 S 219/09) eine Mitschuld an dem zweiten Unfall zugesprochen, da sie ihre Unfallstelle nicht gesichert hatte.

Wurde das Tier nur verletzt, sollte es unter keinen Umständen angefasst werden, da es den Autofahrer aus Panik angreifen könnte. Ein totes Wildtier darf auch nicht einfach in den Kofferraum gepackt und mitgenommen werden – das ist eine strafrechtlich geahndete Wilderei.

Ist die Unfallstelle gesichert, sollte die Polizei verständigt werden. Diese fertigt ein Unfallprotokoll an, sichert Beweise – wie Blutspuren und Haarproben - und benachrichtigt den zuständigen Jagdpächter über den Wildunfall.

Danach empfiehlt es sich zeitnah die eigene Kfz-Versicherung über den Wildunfall zu informieren.

Welche Versicherung kommt für Schäden nach einem Wildunfall auf?


Unfallschäden am eigenen Fahrzeug aufgrund einer Kollision mit Wild übernimmt die Kaskoversicherung. In manchen Fällen machen die Versicherer ihre Kostenübernahme davon abhängig, ob es sich um Haarwild, wie Reh oder Wildschwein, handelt. Für welche Tiere der Versicherungsschutz von Vollkasko oder Teilkasko gilt, ist im Versicherungsvertrag geregelt. Das LG Coburg (Az. 23 O 256/09) engte in einer Entscheidung den Versicherungsschutz auf Jagdwild ein und lehnt die Kostenübernahme der Teilkasko für einen Zusammenstoß mit einem Eichhörnchen ab.

Aufgepasst: Weigert sich die Kaskoversicherung bei einem Rechtsstreit über einen vermeintlichen Wildunfall sichergestelltes Wildhaar herauszugeben, ist da als Beweisvereitlung zu werten, entschied das OLG München (Az. 10 U 3566/14).

Zahlt die Versicherung auch für Schäden bei einem Ausweichmanöver?


Steht außerorts ein Reh am Straßenrand oder springt ein Hase auf die Fahrbahn, weicht ein Autofahrer dem Tier in der Regel reflexmäßig aus. Nicht selten kommt es trotzdem zu einem Unfallschaden am Fahrzeug. Kfz-Versicherungen weigern sich oft für Unfallschäden aufgrund eines Ausweichmanövers aufzukommen.

Die Teilkaskoversicherung haftet nur, wenn der Unfallhergang mit einem Wildtier glaubhaft gemacht wurde. Bleiben Zweifel, ob der Unfall aufgrund eines Ausweichmanövers mit einem Wildtier oder einem Baumstumpf geschah, muss die Teilkaskoversicherung nicht zahlen, so das LG Koblenz (Az.10 O 227/22). Doch während bei der Teilkaskoversicherung der Autofahrer den Wildunfall beweisen muss, muss die Vollkaskoversicherung die Kosten für einen Wildunfallschaden selbst dann übernehmen, wenn der Autofahrer den Wildunfall aufgrund eines Ausweichmanövers nicht eindeutig nachweisen kann, so das Oberlandesgericht (OLG) Hamm (Az. 20 U 134/07).

Ob die Teilkaskoversicherung bei Ausweichmanövern zahlen muss, wird von den Gerichten anhand der Größe des Tiers beurteilt.
Weicht ein Autofahrer einem am Waldrand stehenden Reh aus, um einen etwaigen Zusammenstoß zu vermeiden, gerät dadurch ins Schleudern und verunfallt, muss die Teilkaskoversicherung den Schaden als sogenannten Rettungskostenersatz erstatten, so das Amtsgericht (AG) München (Az.345 C 3874/08).

In diesem Sinne entschied auch das OLG Saarbrücken (Az. 5 U 356/10 - 57) und macht darauf aufmerksam, dass die Versicherung nur dann zahlen muss, wenn der Fahrer nicht reflexmäßig ausgewichen ist und die Größe des Tieres ein Ausweichmanöver rechtfertigt.

Nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) (Az. IV ZR 321/95) riskiert ein Autofahrer seinen Teilkaskoversicherungsschutz, wenn er außerhalb einer Ortschaft etwa einem Hasen ausweicht und dabei einen Schaden verursacht. Beim Zusammenstoß mit kleinen Tieren seien weder für das Auto, noch für den Autofahrer schlimme Schäden zu erwarten. Bei einem Fuchs beurteilt der BGH die Lage schon anders (Az. XII ZR 197/05) und zwingt die Versicherung zur Übernahme der Unfallkosten.

Liegt ein totes Tier auf der Straße und kommt es aufgrund eines Ausweichmanövers zu einem Unfall, muss die Versicherung laut dem LG Stuttgart (Az. 5 S 244/06) den Unfallschaden regulieren, weil es egal sei, ob das Tier tot auf der Straße liegt oder über sie läuft. Das sieht das OLG München (Az. 10 U 4630/85) anders: Überfährt ein Autofahrer ein totes Tier, realisiert sich keine spezifische Tiergefahr mehr, die ein Eintreten der Versicherung rechtfertigen würde.

Muss der Autofahrer nach einem Wildunfall für die Straßenreinigung zahlen?


Der Autofahrer muss die Straßenreinigung nach einem Wildunfall nicht zahlen, entschied das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht (OVG) (Az. 7 LC 34/17, 7 LC 35/17 und 7 LC 37/17). Der Autofahrer sei nicht für die toten Tiere auf der Straße verantwortlich. Aus diesem Grund muss laut Gericht die Kommune oder das Land die Kosten für die Beseitigung und Entsorgung der verendeten Wildtiere tragen.



erstmals veröffentlicht am 29.09.2014, letzte Aktualisierung am 01.11.2023

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