Aufhebungsvertrag: Vor- und Nachteile gegenüber der Kündigung

Arbeitnehmer und Arbeitgeber können mit einem Aufhebungsvertrag ein Arbeitsverhältnis einvernehmlich beenden. Doch welche Vor- und Nachteile hat ein Aufhebungsvertrag gegenüber einer Kündigung? Wie gehen Arbeitnehmer am besten vor, wenn der Arbeitgeber einen Aufhebungsvertrag anbietet? Worauf müssen sie beim Aufhebungsvertrag besonders achten? Und welche Fehler sollten Arbeitnehmer unbedingt bei den Vertragsverhandlungen vermeiden?
- Welche Vorteile hat ein Aufhebungsvertrag gegenüber einer Kündigung?
- Welche Nachteil hat der Aufhebungsvertrag gegenüber einer Kündigung?
- Wie gehe ich bei einem angebotenen Aufhebungsvertrag am besten vor?
- Was muss ich beim Aufhebungsvertrag beachten?
- Kann ich einen Aufhebungsvertrag widerrufen?
- Top-Fehler beim Aufhebungsvertrag
- Was ist bei der Beratung durch einen Anwalt zu beachten?
- Häufige Fragen und Antworten zum Aufhebungsvertrag
Welche Vorteile hat ein Aufhebungsvertrag gegenüber einer Kündigung?
Ein Aufhebungsvertrag hat zunächst den Vorteil, dass das Arbeitsverhältnis von Arbeitgeber und Arbeitnehmer einvernehmlich beendet wird. Ohne Konflikte können die Höhe der Abfindung, die Regelung offener arbeitsrechtlicher Ansprüche, Restgehalt, Resturlaub, etc. geregelt werden. Ein nervenaufreibender und teurer Arbeitsgerichtsprozess kann so vermieden werden. Ein weiterer entscheidender Vorteil besteht in der Umgehung der Kündigungsfristen. Das ist für Arbeitnehmer günstig, die bereits einen neuen Job haben, und für Arbeitgeber, die sich schnell vom Arbeitnehmer trennen wollen. Im Hinblick auf die steuerlichen Aspekte beim Aufhebungsvertrag hat das Finanzgericht Münster (Az.3 K 1007/18 E) entschieden, dass auf eine Überstundenvergütung, die aufgrund eines Aufhebungsvertrages für mehrere zurückliegende Jahre in einer Summe ausbezahlt wird, der ermäßigte Steuersatz für außerordentliche Einkünfte (sogenannte Fünftel-Regelung) anwendbar ist.Welche Nachteil hat der Aufhebungsvertrag gegenüber einer Kündigung?
Die Vereinbarung eines Aufhebungsvertrags hat für Arbeitgeber und Arbeitnehmer Vorteile, kann aber auch schwerwiegende Nachteile mit sich bringen. Nachteile birgt der Aufhebungsvertrag hauptsächlich für Arbeitnehmer. Dieser verzichtet auf den Kündigungsschutz, das heißt es findet zum Beispiel keine Anhörung des Betriebsrats statt. Auch der besondere Kündigungsschutz, etwa für Schwangere oder Schwerbehinderte, greift nach einem Aufhebungsvertrag nicht mehr. Der Arbeitgeber muss weder normale, noch Sonderkündigungsfristen einhalten. Ein ganz wichtiger Nachteil kann eine Sperrzeit beim Arbeitslosengeld als Folge eines Aufhebungsvertrags sein. Diese kann bis zu zwölf Wochen dauern. Das stellt auch das Sozialgericht Landshut (Az. S 16 AL 238/18) im Fall eines Arbeitnehmers einer Zeitarbeitsfirma, der einem Aufhebungsvertrag mit seinem Arbeitgeber zugestimmt hatte, weil ihm die notwendige Mobilität für seinen Job fehlte. Nach Auffassung des Gerichts hat der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis gelöst ohne konkrete Aussichten auf einen neuen Arbeitsplatz zu haben. Damit habe der Mann seine Arbeitslosigkeit grob fahrlässig herbeigeführt, was eine Sperrzeit beim Arbeitslosengeld zur Folge habe.Wie gehe ich bei einem angebotenen Aufhebungsvertrag am besten vor?
Liegt das Angebot des Arbeitgebers auf dem Tisch das Arbeitsverhältnis mit einem Aufhebungsvertrag zu beenden, sollten Sie am besten so vorgehen:Informieren Sie sich über Ihre Rechte bei einem Anwalt für Arbeitsrecht
Spätestens wenn Ihnen der Entwurf des Aufhebungsvertrags vorliegt, sollten Sie die kompetente und erfahrene Unterstützung eines Arbeitsrechtsexperten in Anspruch nehmen. Ein Anwalt für Arbeitsrecht berät Sie hinsichtlich Ihrer Rechte und klärt Sie über die Risiken eines Aufhebungsvertrags auf. In vielen Fällen fällt die Abfindung durch das taktische Verhandlungsgeschick eines Anwalts bedeutend höher aus.Verhandeln Sie über wichtige Positionen!
Verhandeln Sie über alle Positionen, die Ihnen wichtig sind: Abfindung, Restgehalt, Resturlaub, Zahlung variabler Vergütung, Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld, Dienstwagennutzung, Arbeitszeugnis, etc. Denken Sie daran: Der Arbeitgeber hat ein wirtschaftliches Interesse, das mit Ihnen geschlossene Arbeitsverhältnis rechtssicher und mit Bestand zu beenden. Das sollte ihm eine angemessene Abfindungszahlung und Regelung Ihrer Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis wert sein. Prüfen Sie mit Hilfe unserer Checkliste, ob alle wichtigen Elemente im Aufhebungsvertrag bedacht wurden.Lassen Sie sich alles schriftlich geben
Um zum gewünschten Vertragsabschluss zu kommen, werden vom Arbeitgeber oft „nebenbei“ ein paar mündliche Zusicherungen getroffen, wie: „Das Arbeitszeugnis wird sehr gut ausfallen“ oder „Sie müssen Ihre Minusstunden dann auch nicht mehr ausgleichen“. Auch mündliche Zusagen Ihres Arbeitgebers sollten Sie schriftlich im Aufhebungsvertrag dokumentieren.Unterschreiben Sie nie unter Druck!
Unterzeichnen Sie einen Aufhebungsvertrag nie unter Druck! Unüberlegtes und zu schnelles Handeln kann dazu führen, dass Sie diesen Schritt später vielleicht bereuen. Von einem Aufhebungsvertrag kann man sich im Nachhinein nur mit einer Anfechtung, einem Rücktritt oder Widerruf lösen, was aber nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen möglich ist.Was muss ich beim Aufhebungsvertrag beachten?
Mit einem Aufhebungsvertrag wird das Arbeitsverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer einvernehmlich, ohne Kündigungsschutz und Kündigungsfristen beendet.Form
Der Aufhebungsvertrag unterliegt, wie auch die Kündigung des Arbeitsverhältnisses, dem Schriftformerfordernis und muss von Arbeitnehmer und Arbeitgeber unterzeichnet sein. Ein mündlicher Aufhebungsvertrag ist nichtig, auch Email und SMS entsprechen nicht dem Formerfordernis.Begründung
Der Aufhebungsvertrag sollte eine Begründung enthalten, um Sperrzeiten beim Arbeitslosengeld zu vermeiden. Eine akzeptable Begründung ist meist eine mit Bestimmtheit bevorstehende betriebs- oder krankheitsbedingte Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber. Aber auch die Pflege eines Angehörigen kann ein wichtiger Grund für einen Aufhebungsvertrag sein, der nicht zu einer Sperrzeit beim Arbeitslosengeld führt, so das Sozialgericht Karlsruhe (Az. 11 AL 1152/19) und das Landessozialgericht Niedersachsen (Az. L 13 AS 162/17). Ebenso sind eine schwierig verlaufende Schwangerschaft und der Umzug zum Vater des Kindes ein wichtiger Grund für eine Aufhebung des Arbeitsverhältnisses, so das Sozialgericht Dortmund (Aktenzeichen S 31 AL 262/08), was nicht zu einer Sperre beim Arbeitslosengeld führen darf.Sperrzeit
Ansonsten ist im Hinblick auf die Sperrzeit beim Arbeitslosengeld Vorsicht geboten. Wer ohne konkrete Aussicht auf eine nahtlose Anschlussbeschäftigung einem Aufhebungsvertrag zustimmt, führt seine Arbeitslosigkeit fahrlässig herbei und muss mit einer Sperrzeit beim Arbeitslosengeld rechnen, so das Sozialgericht Landshut (Az. S 16 AL 238/18). Die Regelsperrzeit von 12 Wochen kann bei Vorliegen eines besonderen Härtefalls verkürzt werden, entschied das Sozialgericht Karlsruhe (Aktenzeichen 1 AL 670/18) im Fall eines Arbeitnehmers, der ohne eine in Aussicht stehende Neuanstellung einen Aufhebungsvertrag unterzeichnete, dessen Abteilung aber komplett geschlossen wurde und für ihn keine Beschäftigungsmöglichkeit mehr bestand. Ein Aufhebungsvertrag im Zusammenhang mit einem geplanten Betriebsübergang ist nur dass wirksam, wenn ein endgültiges Ausscheiden des Arbeitnehmers beabsichtigt ist. Wird im Anschluss zum Aufhebungsvertrag ein neues Arbeitsverhältnis mit dem Übernehmer des Betriebs vereinbart, ist der Aufhebungsvertrag unwirksam, so das Bundesarbeitsgericht (Az. 8 AZR 523/04). Eine Sperrzeit beim Arbeitslosengeld nach einem befristeten Arbeitsverhältnis ist nicht zulässig, entschied das Sozialgericht Speyer (Az. S 1 AL 63/15).Gebot des fairen Verhandelns
Der Aufhebungsvertrag darf nicht sittenwidrig sein und darf nicht gegen ein gesetzliches Verbot verstoßen. Außerdem muss für einen wirksamen Aufhebungsvertrag das Gebot des fairen Verhandelns zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer eingehalten werden. Dies hat das Bundesarbeitsgericht (Az. 6 AZR 75/18) entschieden. Ein Verstoß gegen das Gebot des fairen Verhandelns ist laut Bundesarbeitsgericht etwa das Aufbauen einer Drohsituation für den Arbeitnehmer oder das Ausnutzen von geistig, körperlichen oder sprachlichen Schwächen des Arbeitnehmers. In einer weiteren Entscheidung hat das Bundesarbeitsgericht (Az. 6 AZR 333/21) den Verstoß gegen das Gebot des fairen Verhandelns beim Aufhebungsvertrag konkretisiert. Es müssen immer die konkreten Verhandlungsumstände im Einzelfall betrachtet werden. Hat etwa ein Arbeitgeber seiner Arbeitnehmerin, die Manipulationen bei Verkaufsgewinnen begangen hat, eine strafrechtliche Verfolgung in Aussicht gestellt, liegt hierin noch keine widerrechtliche Drohung. Allein der Umstand, dass der Arbeitnehmerin keine Bedenkzeit für die Zustimmung zum Aufhebungsvertrag zu gebilligt wurde, ist laut Gericht noch kein Verstoß des Arbeitgebers gegen das Gebot des fairen Verhandelns. Eine arglistige Täuschung des Arbeitgebers bei den Vertragsverhandlungen zum Aufhebungsvertrag muss der Arbeitnehmer beweisen, entschied das Arbeitsgericht Wesel (Az. 5 Ca 3475/07). Und auch das Bundesarbeitsgericht (Az. 8 AZR 349/06) im Fall eines Arbeitnehmers, der seinen Aufhebungsvertrag wegen einem vorgetäuschten Betriebsübergang anfechten wollte.Kann ich einen Aufhebungsvertrag widerrufen?
Wichtig für Arbeitnehmer ist zu wissen, dass ein einmal abgeschlossener Aufhebungsvertrag nicht mehr widerrufen werden kann. Auch dann nicht, wenn er in einer Privatwohnung abgeschlossen wurde, so das Bundesarbeitsgericht (Az. 6 AZR 75/18). Nach dem Willen des Gesetzgebers sollen Aufhebungsverträge nicht mit in den Anwendungsbereich der Verbraucherverträge einbezogen werden.Top-Fehler beim Aufhebungsvertrag
Diese Fehler kommen im Rahmen eines Aufhebungsvertrags immer wieder vor:Top-Fehler: Eigeninitiative des Arbeitnehmers
Als Arbeitnehmer empfiehlt es sich nicht dem Arbeitgeber einen Aufhebungsvertrag vorzuschlagen. Dies zeigt dem Arbeitgeber nur, dass der Arbeitnehmer kein Interesse mehr an seinem Arbeitsverhältnis hat und entweder bereits eine neue Anstellung gefunden oder zumindest innerlich gekündigt hat. Warum sollte der Arbeitgeber sich auf die Zahlung einer Abfindung einlassen, wenn der Arbeitnehmer sowieso demnächst das Arbeitsverhältnis beenden wird?Top-Fehler: Abfindung zu niedrig
Mit einem Aufhebungsvertrag wird das Arbeitsverhältnis beendet, ohne dass der Arbeitnehmer Kündigungsschutz in Anspruch nimmt. Das sollte dem Arbeitgeber eine angemessene Abfindung wert sein. Bei der Ermittlung der Abfindung kommt es in erster Linie darauf an, ob eine Kündigung des Arbeitgebers vor einem Arbeitsgericht erfolgreich sein würde. Bei niedrigen Erfolgschancen, steigt in der Regel die Bereitschaft eine hohe Abfindung zu erhalten. Lesen Sie hierzu auch unsere Checkliste „Abfindung – Wer, wieviel, warum?“„Abfindung – Wer, wieviel, warum?“.Top-Fehler: Sperrzeit beim Arbeitslosengeld
Ein Aufhebungsvertrag führt in der Regel zu einer Sperrzeit beim Arbeitslosengeld. Diese kann aber vermieden werden. Dafür muss im Aufhebungsvertrag dokumentiert sein, dass der Arbeitgeber eine betriebs- oder krankheitsbedingte Kündigung mit Bestimmtheit in Aussicht gestellt hat und dass um eine Kündigung zu vermeiden ein Aufhebungsvertrag geschlossen wurde.Top-Fehler: Variable Vergütung nicht geregelt
Viele Arbeitsverträge enthalten Regelungen zu variablen Bestandteilen des Gehalts, wie etwa Provisionen oder Zielvereinbarungen. Je nachdem wann ein Aufhebungsvertrag vereinbart wird, ist es dem Arbeitnehmer faktisch nicht mehr möglich Jahres-Zielvereinbarungen zu erfüllen. Die variable Vergütung muss daher im Aufhebungsvertrag vereinbart werden.Top-Fehler: Freistellung nicht geregelt
In einem Aufhebungsvertrag sollte immer auch eine Vereinbarung über eine angemessene Freistellung für die restliche Arbeitszeit getroffen werden. Diese Freistellung ist als Bewerbungszeit für Arbeitnehmer ohne eine neue Anstellung besonders wichtig.Was ist bei der Beratung durch einen Anwalt zu beachten?

Häufige Fragen und Antworten zum Aufhebungsvertrag
Alle wichtigen Elemente eines Aufhebungsvertrags finden Sie in unserer Checkliste „Aufhebungsvertrag- was muss drin stehen?“.
+ Wie Aufhebungsvertrag begründen?Um Sperrzeiten beim Arbeitslosengeld zu vermeiden, sollte der Aufhebungsvertrag mit einer bevorstehenden betriebs- oder krankheitsbedingten Kündigung nachvollziehbar begründet werden.
+ Aufhebungsvertrag - wer setzt ihn auf?Der Aufhebungsvertrag ist eine Vereinbarung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Beide sollten im eigenen Interesse Einfluss auf den Inhalt nehmen. Wer ihn aufsetzt, ist dabei unerheblich.
+ Aufhebungsvertrag - wer bekommt das Original?Der Aufhebungsvertrag sollte in zweifacher Ausfertigung erstellt und jeweils vom Arbeitgeber und Arbeitnehmer unterzeichnet werden.
+ Aufhebungsvertrag - was passiert mit Überstunden?Der Umgang mit Über-, Minusstunden und Resturlaub sollte mit dem Arbeitgeber vereinbart werden.
+ Aufhebungsvertrag - was steht im Zeugnis?Der Inhalt des Arbeitszeugnisses sollte bereits im Aufhebungsvertrag skizziert werden, damit später keine böse Überraschung folgt.
+ Aufhebungsvertrag - wer muss unterschreiben?Der Aufhebungsvertrag muss vom Arbeitgeber und vom Arbeitnehmer unterzeichnet werden. Vertreter müssen eine entsprechende Vollmacht vorlegen.
+ Aufhebungsvertrag - wie lange Sperre beim Arbeitsamt?Die Sperrzeit beträgt in der Regel zwölf Wochen.
erstmals veröffentlicht am 27.02.2019, letzte Aktualisierung am 02.11.2022
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