Individuelle Rechte aus dem Erwerbsvertrag; Vorschuss für Mangelbeseitigungskosten

Wohnungseigentümer können Mängel am Gemeinschaftseigentum selbst geltend machen – inklusive Vorschussanspruch. Entscheidend sind individuelle Vertragsrechte, Schätzkosten und Kenntnis vom Mangel bei Abnahme (§§ 9a WEG, 640 BGB).
Das gilt auch für den Vorschussanspruch, mit der Maßgabe, dass er an die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zu zahlen ist. Bei Mängelansprüchen und insbesondere dem Vorschussanspruch handelt es sich um individuelle Rechte aus dem Vertrag der jeweiligen Erwerber mit dem Veräußerer, die die Erwerber selbstständig verfolgen können. Die auf Beseitigung von Mängeln am Gemeinschaftseigentum gerichteten Rechte der Erwerber von Wohnungseigentum unterfallen nicht der Ausübungsbefugnis gem. § 9a Abs.
2 WEG. Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer kann solche Rechte auch nach der Änderung des WEG weiterhin durch Mehrheitsbeschluss zur alleinigen Durchsetzung an sich ziehen.
Der Vorschussanspruch ist nach den voraussichtlich anfallenden erforderlichen Aufwendungen zu bemessen. Maßgeblich sind die mit überwiegender Wahrscheinlichkeit entstehenden Kosten, die zu schätzen sind. Genauere Feststellungen zur Höhe des Vorschusses sind entbehrlich, weil über den Vorschuss abzurechnen ist, die Angabe von Schätzbeträgen für voraussichtliche Mängelbeseitigungskosten genügt als schlüssiger Prozessvortrag. Ein Privatgutachten ist dabei regelmäßig als besonders substantiierter Parteivortrag einzuordnen. Der nicht vorsteuerabzugsberechtigte Wohnungseigentümer kann die Zahlung eines Bruttovorschusses verlangen. Der Vorschussanspruch umfasst die zukünftig anfallende Umsatzsteuer.
Die Geltendmachung von Mängelrechten kann gem. § 640 Abs. 3 BGB ausgeschlossen sein. Der Verlust von Gewährleistungsansprüchen durch vorbehaltslose Abnahme tritt ein, wenn der Besteller im Zeitpunkt der Abnahme positive Kenntnis von einem Mangel hat. Auf ein "Kennenmüssen"
kommt es nicht an. Dabei reicht es nicht aus, wenn der Besteller das äußere Erscheinungsbild des Mangels wahrnimmt. Entscheidend ist das Wissen um die Fehlerhaftigkeit des Werks.
OLG Brandenburg, Urt. v. 10.04.2025 - 10 U 54/24 -

Michael Ziedrich Rechtsanwalt
Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht · Fachanwalt für Verkehrsrecht · Rechtsanwalt
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