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Kategorie: Anwalt Verkehrsrecht , 30.01.2024 (Lesedauer ca. 6 Minuten, 4481 mal gelesen)

Schmerzensgeld – Ihre Ansprüche nach einem Verkehrsunfall

schmerzender gebrochener Arm in weißem Gipsverband schmerzender gebrochener Arm in weißem Gipsverband © freepik - mko

Schmerzen und gesundheitliche Beeinträchtigungen sind eine häufige Folge für Opfer eines Verkehrsunfalls. Doch wer kann nach einem Verkehrsunfall Schmerzensgeld verlangen? Wann erhalten Unfallopfer Schmerzensgeld und für welche gesundheitlichen Beeinträchtigungen nach einem Verkehrsunfall gibt es kein Schmerzensgeld? Wie hoch ist das Schmerzensgeld nach einem Verkehrsunfall? Wann verjähren Schmerzensgeldansprüche? Und worauf müssen Unfallopfer nach einem Verkehrsunfall unbedingt achten?

Wer kann nach einem Verkehrsunfall Schmerzensgeld beanspruchen?

Einen Anspruch auf Schmerzensgeld kann nach einem Verkehrsunfall jeder Unfallbeteiligte geltend machen, der gesundheitliche Schäden oder Schmerzen erlitten hat. Angehörigen von Unfallopfern erhalten nur dann ein Schmerzensgeld, wenn der Schock über den Unfalltot bei ihnen zu starken Beeinträchtigungen führt.

Wann erhält man nach einem Verkehrsunfall Schmerzensgeld?

Hat ein Unfallbeteiligter ohne eignes Verschulden aufgrund eines Verkehrsunfalls erhebliche Verletzungen oder Schmerzen erlitten und ist dem Unfallverursacher vorsätzliches oder fahrlässiges Handeln vorzuwerfen, steht dem Geschädigten in der Regel ein Anspruch auf Schmerzensgeld zu. Trägt der Geschädigte allerdings eine Mitschuld am Verkehrsunfall, wird das Schmerzensgeld entsprechend gekürzt. Um Schmerzensgeld zu bekommen, muss der Unfallgeschädigte nachweisen, dass seine gesundheitlichen Beeinträchtigungen auf den Verkehrsunfall zurückzuführen sind.

Für welche gesundheitlichen Beeinträchtigungen gibt es nach einem Verkehrsunfall kein Schmerzensgeld?

Kein Schmerzensgeld gibt es für Unfallgeschädigte, wenn es sich bei seinen Verletzungen nur um sog. Bagatellschäden, wie Kopfschmerzen, oberflächliche Schürfwunden oder Reizungen der Schleimhäute, handelt. Besteht nur die Möglichkeit, dass ein Unfallbeteiligter eine psychisch bedingte HWS-Distorsion nach Verkehrsunfall erlitten hat, löst dies nach Ansicht des Oberlandesgerichts (OLG) Brandenburg (Az. 12 U 169/16) keinen Schmerzensgeldanspruch aus.

Wie hoch ist das Schmerzensgeld nach einem Verkehrsunfall?

Nach einem Verkehrsunfall wurde das Schmerzensgeld bislang „taggenau“ berechnet und zwar nach der Anzahl der Tage, die das Opfer im Krankenhaus verbracht hat sowie ggfs. der Tage, die es noch mit einer dauerhaften Einschränkung wird leben müssen. Dieser „taggenauen Berechnung“ erweist der Bundesgerichtshof (BGH) (Az. VI ZR 937/20) im Februar 2022 eine Absage. Laut Bundesgerichtshof müssen die Gesamtumstände individuell betrachtet werden und dabei sind Höhe und Ausmaß der Beeinträchtigung des Lebens vom Unfallopfer maßgeblich. Dafür könne es keine Formel geben. Die Höhe des Schmerzensgeldes muss also immer konkret im Einzelfall bestimmt werden. Dabei sind folgende Faktoren für die Höhe des Schmerzensgeldanspruchs entscheidend:
  • Art und Ausmaß der Verletzung
  • Dauer und Umfang der Behandlung
  • Anzahl der Operationen
  • Narben und Schmerzen
  • Dauerhafte gesundheitliche Beeinträchtigungen
  • Pflegebedarf
  • Psychische Folgen
  • Einschränkungen im Alltag
  • Berufliche Einschränkungen
  • Dauer der Arbeitsunfähigkeit
  • Folgeschäden
  • Grad des Verschuldens des Täters
  • Mitverschulden des Unfallopfers
Zur Berechnung des Schmerzensgeldanspruchs werden von Versicherungen und Gerichten sog. Schmerzensgeldtabellen herangezogen, denn bei vergleichbaren Verletzungen wird in der Regel ein ähnliches Schmerzensgeld zu gesprochen. Diese Schmerzensgeldtabellen sind allerdings nicht rechtsverbindlich, sondern dienen lediglich zu Orientierung.

Höhe des Schmerzensgeldes – So entscheiden die Gerichte im Einzelfall

Ein betrunkener Autofahrer, der einen Unfall verursacht, muss seinem Beifahrer, der deshalb eine Querschnittslähmung erleidet, 400.000 Euro Schmerzensgeld zahlen, entschied das Landgericht (LG) Frankenthal (Az. 4 O 494/15). Erlebt eine Ehefrau das Sterben ihres Mannes bei einem Verkehrsunfall mit, führt dieser Schock zu einer irreversiblen posttraumatischen Belastungsstörung und Depression, die ein Schmerzensgeld von 100.000 Euro rechtfertigt, findet das OLG Frankfurt am Main (Az. 6 U 216/16). Das OLG Naumburg (Az.2 U 62/14) hält ein Schmerzensgeld in Höhe von 60.000 Euro für ein schweres Schädel-Hirn-Traums mit apallischem Syndrom und Wachkoma für angemessen. Kommt es aufgrund eines Verkehrsunfalls zu einem langen stationären Krankenhausaufenthalt und jahrelanger ambulanter Behandlung mit dauerhafter Einschränkung in der Steh- und Gehfähigkeit, begründet dies einen Schmerzensgeldanspruch in Höhe von 45.000 Euro, entschied das LG Amberg (Az. 24 O 17/15). Führt ein Verkehrsunfall zu dauerhaften Erektionsstörungen beim Unfallopfer, kann dies laut OLG Naumburg (Az. 2 U 100/13) ein Schmerzensgeld von 25.000 Euro geltend machen. Ein dauerhafter Tinnitus aufgrund eines Verkehrsunfalls rechtfertigt ein Schmerzensgeld in Höhe von 12.000 Euro, so das OLG Naumburg (Az. 1 U 97/12). Nach einer Entscheidung des Amtsgerichts (AG) München (Az. 332 C 21014/12) ist bei einem verkehrsunfallbedingten HWS-Schleudertrauma mit ISG-Blockade und Beeinträchtigungen an der Lendenwirbelsäule, was zu einer wochenlangen Arbeitsunfähigkeit beim Verletzten führte, ein Schmerzensgeld von 2.000 Euro angemessen. Für ein leichtes bis mittelschweres Schleudertrauma aufgrund eines Autounfalls gibt es für den Unfallgeschädigten ein Schmerzensgeld in Höhe von 500 Euro, entschied das OLG Koblenz (Az. 6 S 274/14). Leichte Prellungen, die ungefähr zwei Wochen andauern, begründen laut OLG München (Az. 10 U 3138/15) einen Anspruch auf 250 Euro Schmerzensgeld. Weitere Informationen zur Höhe des Schmerzensgelds bei typischen Gesundheitsschäden nach einem Verkehrsunfall finden Sie in unserer Checkliste „Verkehrsunfall - Schmerzensgeldtabelle“

Wann verjähren die Ansprüche auf Schmerzensgeld nach einem Verkehrsunfall?

Für Schmerzensgeldansprüche gilt eine Verjährungsfrist von drei Jahren. Diese Frist beginnt sobald der Anspruch entstanden ist und der Betroffene Kenntnis davon erhält– also regelmäßig mit dem Verkehrsunfall. Treten gesundheitliche Beeinträchtigungen als Folge des Verkehrsunfalls erst später auf, beginnt auch die Verjährung später. Die Frist beginnt erst mit der Kenntnisnahme des Betroffenen von den gesundheitlichen Unfallfolgen.

Schmerzensgeld nach einem Verkehrsunfall – So gehen Sie vor

Um Ihren Anspruch auf Schmerzensgeld nach einem Verkehrsunfall erfolgreich gegenüber der gegnerischen Versicherung durchzusetzen, sollten Sie folgendermaßen vorgehen:

Sichern Sie unbedingt alle notwendigen Beweise

Notieren Sie bereits am Unfallort die Kontaktdaten des Unfallgegners sowie seiner Versicherung und möglicher Zeugen. Auch Personenschäden können anhand von Fotos dokumentiert werden. Einen hilfreichen Überblick gibt Ihnen unsere „Unfall-Checkliste fürs Handschuhfach“

Gehen Sie bei Beschwerden sofort zum Arzt

Lassen Sie gesundheitliche Beschwerden nach einem Verkehrsunfall umgehend von einem Arzt dokumentieren und behandeln. Er wird auch einen Unfallbericht ausfüllen.

Führen Sie ein Beschwerde-Tagebuch

Notieren Sie in einem sog. Beschwerde-Tagebuch wann, wie oft und in welcher Intensität Ihre gesundheitlichen Beschwerden auftreten. Dies hilft Ihnen vor Gericht die Schwere Ihrer Beeinträchtigungen nachzuweisen.

Nehmen Sie Kontakt zu einem Anwalt für Verkehrsrecht auf

Ein Anwalt für Verkehrsrecht berät kompetent und erfahren, wie Sie Ihren Anspruch auf Schmerzensgeld nach einem Verkehrsunfall effektiv und schnell durchsetzen können. Er ermittelt rechtssicher den Umfang und die Höhe Ihres Schmerzensgeldanspruchs. Zögern Sie nicht und nehmen Sie die Hilfe eines Schmerzensgeld-Experten in Anspruch!

Klagen Sie Ihren Anspruch auf Schmerzensgeld ein

Kann Ihr Anwalt für Verkehrsrecht keine außergerichtliche Einigung auf Zahlung von Schmerzensgeld mit dem Unfallverursacher erzielen, haben Sie die Möglichkeit Ihren Anspruch auf Schmerzensgeld vor einem Zivilgericht einzuklagen. Ihr Anwalt wird eine entsprechende Klageschrift einreichen. Im Rahmen des Prozesses werden dann alle Beweise gesichtet und Zeugen vernommen. Das Gericht entscheidet am Ende über den Grund und die Höhe des Schmerzensgeldanspruchs.

TOP-Fehler beim Schmerzensgeld nach Verkehrsunfall

TOP-Fehler: Zu spät zum Arzt

Bei Beschwerden nach einem Verkehrsunfall sollten Sie umgehend einen Arzt aufsuchen. Der wird alle Schmerzen und Verletzungen dokumentieren, diagnostizieren und eine entsprechende Behandlung beginnen. Viele Verletzungen lassen sich schon nach ein paar Tagen nicht mehr mit Sicherheit auf den Verkehrsunfall zurückführen. Auch wenn grundsätzlich ein Schmerzensgeldanspruch besteht, lässt der sich dann nur schwer durchsetzen.

TOP-Fehler: Keine Beweissicherung am Unfallort

Wer Schmerzensgeld aufgrund eines Verkehrsunfalls geltend machen will, trägt die volle Beweispflicht. Das bedeutet, er muss nachweisen, dass der Verkehrsunfall ursächlich für seine Schmerzen und Verletzungen war. Neben dem Arztbesuch ist es daher wichtig bereits am Umfallort alle Beweise zu sichern.

TOP-Fehler: Vorschnelle Einigung mit der Versicherung

Wer sich mit der gegnerischen Versicherung vorschnell außergerichtlich auf eine Zahlung von Schmerzensgeld einigt, riskiert, dass spätere Folgeschäden nicht mehr eingefordert werden können. Diese sind dann mit dem bereits gezahlten Schmerzensgeld abgegolten.

TOP-Fehler: Keine Beratung vom Anwalt für Verkehrsrecht

Unfallopfer stehen den komplexen Voraussetzungen zur Geltendmachung eines Schmerzensgeldanspruchs oft hilflos gegenüber. Hier sollte unbedingt auf die kompetente Erfahrung eines Anwalts für Verkehrsrecht vertraut werden. Nur er kann aufgrund seiner Akteneinsicht die Erfolgsaussichten auf Schmerzensgeld einschätzen, erfolgreich durchsetzen und so dafür sorgen, dass Sie nicht leer ausgehen.

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Schmerzensgeld nach Verkehrsunfall - Fragen und Antworten

+ Schmerzensgeld - wer zahlt?

Wurde der Geschädigte bei einem Verkehrsunfall unverschuldet verletzt, übernimmt die Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers die Schmerzensgeldzahlung. Bei Mitverschulden wird beim Schmerzensgeldanspruch ein Mithaftungsanteil abgezogen.

+ Schmerzensgeld - wer zahlt Anwalt?

Trägt der Unfallgegner allein die Schuld am Verkehrsunfall, zahlt dessen Versicherung die Anwaltskosten des Unfallopfers.

+ Schmerzensgeld - wie einfordern?

Schmerzensgeld kann nach einem Verkehrsunfall durch außergerichtliche Verhandlungen mit dem Unfallgegner, bzw. seiner Versicherung, eingefordert werden. Oder im Rahmen eines Zivilprozesses durch Klageeinreichung.

+ Schmerzensgeld - was steht mir zu?

Die Höhe des Schmerzensgeldes nach einem Verkehrsunfall hängt von verschieden Faktoren ab und wird immer individuell im Einzelfall berechnet. Eine hilfreiche Orientierung bietet Ihnen unsere Checkliste „Verkehrsunfall - Schmerzensgeldtabelle“ ((link))


erstmals veröffentlicht am 08.04.2019, letzte Aktualisierung am 30.01.2024

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