BGH entscheidet über Mieterhöhung wegen energetischer Modernisierung
Der Rechtsstreit betrifft die Frage, ob der Einbau einer neuen Gaszentralheizung als energetische Modernisierungsmaßnahme eine Mieterhöhung rechtfertigt. Nachdem Amts- und Landgericht den Mietern Recht gaben, hob der Bundesgerichtshof diese Entscheidungen auf und entschied zugunsten der Vermieterin. Er stellte klar, dass bereits die Erwartung einer messbaren und dauerhaften Endenergieeinsparung nach der Modernisierung genügt und die Beweislast für eine unberechtigte Mieterhöhung beim Mieter liegt.
Worum geht es in dem Rechtsstreit?
Die Kläger waren von Juli 2011 bis Ende August 2019 Mieter einer in einem Mehrfamilienhaus gelegenen Wohnung der Beklagten.
Mit Schreiben vom 15.03.2017 kündigte die Beklagte den Klägern die Modernisierung der in dem Haus befindlichen Heizungsanlage durch den erstmaligen Einbau einer Gaszentralheizung einschließlich zentraler Warmwasseraufbereitung an Stelle der bis dahin in den Wohnungen vorhandenen Einzelöfen (Kombithermen) an und informierte diese unter anderem über die Einzelheiten der geplanten Arbeiten.
Nach der Durchführung der Arbeiten erklärte die Beklagte mit Schreiben vom 26.10.2017 den Klägern gegenüber eine Erhöhung der monatlichen Grundmiete ab dem 01.01.2018 von 487,33 € um 59 € auf 546,33 €. Die Kläger zahlten diesen Erhöhungsbetrag bis zum Ende des Mietverhältnisses.
Mit der vorliegenden Klage haben die Kläger die Erstattung ihrer Ansicht nach wegen der Modernisierungsmieterhöhung zu viel gezahlter Miete in Höhe von 1.180 € nebst Zinsen begehrt.
Wie war der bisherige Verfahrensablauf?
Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten hat das Landgericht zurückgewiesen. Mit der Revision zum Bundesgerichtshof verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren bezüglich des vorbezeichneten Rückerstattungsanspruchs weiter.
Wie schätzt der Bundesgerichtshof die Rechtslage ein?
Die Revision der Beklagten hat Erfolg. Der Bundesgerichtshof vertritt mit Urteil vom 26.03.2025 – VIII ZR 283/23 – die Auffassung, dass mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung ein Anspruch der Kläger auf Rückzahlung der geleisteten Mieterhöhungsbeträge gemäß § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB nebst Zinsen nicht bejaht werden könne.
Wie begründet der Bundesgerichtshof seine Entscheidung?
Maßgebliche Rechtsfrage ist, ob der von der Beklagten veranlasste Einbau einer neuen Heizungsanlage als Modernisierungsmaßnahme im Sinne von § 555b Nr. 1 BGB in der bis zum 30. November 2021 geltenden Fassung (inhaltlich identisch mit heutiger Fassung, daher im Folgenden: [aF]) eine Mieterhöhung gemäß § 559 Abs. 1 BGB in der hier gemäß Art. 229 § 49 Abs. 1 EGBGB anzuwendenden, bis zum 31. Dezember 2018 geltenden Fassung (im Folgenden: aF) rechtfertigt.
Gemäß § 559 Abs. 1 BGB aF kann der Vermieter die jährliche Miete um 11 Prozent der für die Wohnung aufgewendeten Kosten erhöhen, wenn er Modernisierungsmaßnahmen im Sinne des § 555b Nr. 1, 3, 4, 5 oder 6 BGB durchgeführt hat. Modernisierungsmaßnahmen im Sinne der Vorschrift des § 555b Nr. 1 BGB [aF] sind bauliche Veränderungen, durch die in Bezug auf die Mietsache Endenergie nachhaltig eingespart wird (energetische Modernisierung). Der erstmalige Einbau einer Gaszentralheizung einschließlich Warmwasseraufbereitung stelle eine bauliche Veränderung im Sinne von § 555b Nr. 1 BGB [aF] dar. Der Begriff der baulichen Veränderungen sei weit auszulegen und erfasse nicht nur Eingriffe in die bauliche Substanz, sondern auch - wie hier - Veränderungen der Anlagentechnik des Gebäudes.
Für die Einordnung einer Baumaßnahme als energetische Modernisierung im Sinne von § 555b Nr. 1 BGB und damit für eine nachhaltige Einsparung von Endenergie komme es lediglich darauf an, dass überhaupt eine messbare Einsparung erzielt werde und diese dauerhaft sei, nicht jedoch auf deren Größenordnung. Der Vermieter könne eine Mieterhöhung gemäß § 559 Abs. 1 BGB aF in Verbindung mit § 555b Nr. 1 BGB [aF] bereits dann verlangen, wenn nach dem Abschluss der zu Modernisierungszwecken vorgenommenen Arbeiten zum (ex ante-)Zeitpunkt der Abgabe der Mieterhöhungserklärung eine (allein) durch die erfolgte bauliche Veränderung hervorgerufene messbare und dauerhafte Einsparung von Endenergie zu erwarten sei. Eine ausschließliche Anknüpfung an den tatsächlichen Energieverbrauch vor und nach der erfolgten Modernisierung gehe dagegen zu weit und könne nicht gefordert werden.
Eine Einsparung der Endenergie werde nach der Vorstellung des Gesetzgebers zum einen typischerweise dann erzielt, wenn zur Erbringung derselben Energiedienstleistung am Ort des Verbrauchs weniger Nutzenergie als vor der Modernisierung erforderlich ist (beispielsweise durch Wärmedämmung der Gebäudehülle oder einen Fenstertausch). Zum anderen sei eine solche Einsparung zu verzeichnen, wenn die Nutzenergie mit größerer Effizienz (beispielsweise durch Erneuerung des Heizkessels oder die Verringerung der Wärmverluste zwischen Heizkessel und Heizkörpern) zur Verfügung gestellt werde, also für die gleiche Menge Nutzenergie weniger "zu bezahlende" Endenergie aufgewandt werden müsse.
Der Gesetzgeber habe in den Vorschriften der § 555c Abs. 3 und § 559b Abs. 1 S. 3 BGB eine Erleichterung hinsichtlich der Darlegung der Energieeinsparung vorgenommen. Er habe - um die Darlegung der mit der Modernisierungsmaßnahme verbundenen Energieeinsparung für den Vermieter zu vereinfachen - bestimmt, dass der Vermieter sowohl bei deren Ankündigung gemäß § 555c Abs. 3 BGB in der hier anwendbaren, bis zum 31. Dezember 2018 geltenden Fassung (inhaltlich identisch mit heutiger Fassung, daher im Folgenden: [aF]) als auch im Rahmen der Mieterhöhungserklärung (§ 559b Abs. 1 S. 3 BGB i.V.m § 555c Abs. 3 BGB [aF]) auf anerkannte Pauschalwerte Bezug nehmen könne. Diese Bemühungen um eine Vereinfachung würden ins Leere laufen, wenn für die Bestimmung der Energieeinsparung letztlich doch der tatsächliche Verbrauch herangezogen werden müsste. Diesen anerkannten Pauschalwerten könne deshalb nicht mit Erfolg ein individuelles Nutzerverhalten entgegengesetzt werden.
Nach dem erklärten Willen des Gesetzgebers sollen einerseits die Mieter vor überzogenen Mieterhöhungen geschützt werden. Andererseits müssen für die Vermieter angemessene Bedingungen für die wirtschaftliche Verwertung ihres Eigentums bestehen. An einem solchen angemessenen Interessenausgleich fehle es jedoch, wenn lediglich auf den tatsächlichen Verbrauch zur Bemessung der Einsparung von Endenergie abgestellt würde. Denn für den Vermieter bestehe grundsätzlich keine Möglichkeit, das Nutzerverhalten der Mieter vor und nach der baulichen Maßnahme zu beeinflussen.
Der Vermieter könne in Anbetracht dessen vor Beginn der von ihm geplanten Modernisierungsmaßnahme bei einem Abstellen auf den tatsächlichen Verbrauch nur schwer absehen, ob er deren Kosten im Wege einer Mieterhöhung zumindest teilweise auf die Mieter umlegen könne. Das gelte im besonderen Maße dann, wenn -wie im vorliegenden Fall - mit der Modernisierung erstmals eine zentrale Versorgung installiert wird und dem Vermieter daher tatsächliche Verbrauchsdaten für den Zeitraum vor der Modernisierung insoweit nicht vorliegen.
Was lässt sich dem Urteil des Bundesgerichtshofes entnehmen?
Der Vermieter kann eine Mieterhöhung bereits dann verlangen, wenn nach dem Abschluss der zu Modernisierungszwecken vorgenommenen Arbeiten zum (ex ante-)Zeitpunkt der Abgabe der Mieterhöhungserklärung eine (allein) durch die erfolgte bauliche Veränderung hervorgerufene messbare und dauerhafte Einsparung von Endenergie zu erwarten ist. Dies hat der Tatrichter unter Berücksichtigung der baulichen Gegebenheiten - gegebenenfalls mit sachverständiger Hilfe - zu beurteilen, wobei auch auf anerkannte Pauschalwerte - wie etwa diejenigen in der zum jeweiligen Zeitpunkt geltenden Bekanntmachung der Regeln zur Datenaufnahme und Datenverwendung im Wohngebäudebestand zurückgegriffen werden kann. Die Feststellung einer solchen Einsparung nur mit Hilfe eines Vergleichs der tatsächlichen Jahresverbrauchswerte vor und nach der Maßnahme kommt dagegen grundsätzlich nicht in Betracht.
Erklärt der Vermieter eine Erhöhung der Miete, trifft ihn zwar nach allgemeinen Regeln grundsätzlich die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Voraussetzungen für die Erhöhung der Miete vorliegen. Dies gilt jedoch nicht, wenn der Mieter – wie im vorliegenden Fall - die Rückzahlung der von ihm geleisteten Erhöhungsbeträge verlangt. Denn die Darlegungs- und Beweislast für die tatsächlichen Voraussetzungen eines Anspruchs auf Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung - und somit auch für das Nichtbestehen eines Rechtsgrunds der erbrachten Leistung - trägt grundsätzlich der Anspruchsteller, also der Mieter.
Eine fehlende Aufklärbarkeit des Sachverhalts dahingehend, ob nach der vorgenommenen Heizungsmodernisierung Endenergie eingespart wird, geht folgerichtig nicht zu Lasten des Vermieters. Denn bei der von dem Vermieter erklärten Modernisierungsmieterhöhung handelt es sich um den möglichen Rechtsgrund für die von dem Mieter geleisteten Zahlungen der Mieterhöhungsbeträge, so dass das Fehlen der Voraussetzungen einer solchen Mieterhöhung von dem Mieter darzulegen und zu beweisen ist.
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Michael Ziedrich Rechtsanwalt
Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht · Fachanwalt für Verkehrsrecht · Rechtsanwalt
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