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Kategorie: Anwalt Arztrecht , 26.10.2023 (Lesedauer ca. 5 Minuten, 17530 mal gelesen)

Masern-Impfpflicht und die Folgen für Impfverweigerer

Ärztin gibt einem kleinen Mädchen eine Schutzimpfung Ärztin gibt einem kleinen Mädchen eine Schutzimpfung © freepik - mko

In Deutschland besteht seit März 2020 für bestimmte Personengruppen eine Masern-Impflicht. Doch ist diese Impfpflicht auch verfassungsrechtlich zulässig? Wer muss sich gegen die Viruserkrankung Masern impfen lassen? Wer ist von der Masern-Impfpflicht ausgenommen? Welche Konsequenzen drohen, wenn man trotz Impflicht die Masern-Impfung verweigert? Wie und wann müssen Impfpflichtige den Nachweis über ihre Masernschutzimpfung erbringen? Und darf das Gesundheitsamt mit einem Zwangsgeld im Fall eines nicht erbrachten Nachweises der Masernschutzimpfung drohen?

Ist die Masern-Impflicht verfassungsgemäß?


Das Bundesverfassungsgericht hat in mehreren Entscheidungen (Az. 1 BvR 469/20, 1 BvR 472/20, 1 BvR 471/20 und 1 BvR 470/20) die Verfassungsbeschwerden von Eltern gegen die Masernschutzimpflicht abgelehnt. Es klagten Eltern von Kleinkindern, die nicht gegen Masern geimpft waren und auch nicht über eine entsprechende Immunität verfügten, aber möglichst zeitnah zur Betreuung in eine KiTa oder zu einer Tagesmutter gehen sollten. Aus medizinischer Sicht sprach bei den Kindern nichts gegen eine Masernschutzimpfung.

Das Bundesverfassungsgericht wog in seiner Entscheidung das Interesse, das Kind ohne Masernschutzimpfung in einer Gemeinschaftseinrichtung betreuen zu lassen gegenüber dem Interesse mit einer Masernschutzimpfung die Infektionsrisiken für die Gesundheit und das Leben vieler Menschen abzuwehren, ab. Nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts dient die Masern-Impfpflicht zum einen dazu, Menschen, die in Gemeinschaftseinrichtungen arbeiten vor einer Infektion mit allen möglichen schweren Verläufen zu schützen. Zum anderen soll mit der Masern-Impfpflicht auch eine Ausbreitung der Infektionskrankheit in der Bevölkerung vermieden werden. Diese Aspekte sind laut Gericht stärker zu gewichten, als der Wunsch sein Kind ohne Masernschutzimpfung in einer Gemeinschaftseinrichtung betreuen zu lassen. Damit ist laut den Karlsruhren Richtern auch die Pflicht einen entsprechenden Nachweis über die Masernschutzimpfung zu erbringen verfassungsrechtlich geboten.

Für wen besteht die Masern-Impfpflicht?


Von der Masern-Impfpflicht betroffen sind seit März 2020 Kinder ab dem vollendeten ersten Lebensjahr beim Eintritt in den Kindergarten oder in die Schule. Gleiches gilt, wenn das Kind durch eine Kindertagespflegeperson betreut wird. Kita-Kinder und Schüler, die sich zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Masern-Impflicht schon in den jeweiligen Einrichtungen befanden, müssen seit August 2022 ihre Masern-Impfung nachweisen.

Weiterhin müssen sich Personen, die in Gemeinschafts- oder Medizineinrichtungen tätig sind und nach 1970 geboren wurden einer Masernschutzimpfung unterziehen. Dazu gehören etwa Lehrer, Erzieher, Pflegepersonal oder medizinisches Personal.

Die Masernimpfpflicht gilt auch für Flüchtlinge und Asylanten in Gemeinschaftsunterkünften. Sie müssen ihren Impfschutz vier Wochen nach Aufnahme in die Gemeinschaftsunterkunft nachweisen.

Wer ist von der Masern-Impfpflicht ausgenommen?


Von der Impfung ausgenommen sind Menschen, bei denen die Masernschutzimpfung zu medizinischen Problemen führen kann. Auch Menschen, die bereits eine Masern-Erkrankung durchlebt haben und immun sind, müssen sich nicht impfen lassen. In beiden Fällen muss dies durch ein ärztliches Attest nachgewiesen werden.

Empfohlen wird eine Masernschutzimpfung von der Ständigen Impfkommission (STIKO) bei allen nach 1970 geborenen Erwachsenen, die bislang nicht gegen Masern geimpft wurden, wenn der Impfstatus unklar ist oder wenn sie in der Kindheit nur einmal gegen Masern geimpft wurden.

Welche Konsequenzen drohen, wenn man trotz Impflicht die Masern-Impfung verweigert?


Eltern, die ihre Kindergartenkinder nicht gegen Masern impfen lassen, müssen mit einem Ausschluss des Kindes vom Kindergartenbesuch rechnen. So hat das Oberverwaltungsgericht (OVG) für das Land Nordrhein-Westfalen (Az. 12 B 1277/21) entschieden, dass eine KiTa einem dreijährigen Kind den Zugang verweigern darf, wenn die Eltern den erforderlichen Nachweis einer Masernschutzimpfung, einer Immunität oder einer ärztlich bescheinigten Kontraindikation nicht erbracht haben. In diesem Sinne entschied auch das OVG Lüneburg (Az. 10 ME 207/20) und lehnte den Eilantrag von Eltern, die ihr Kind trotz fehlender Masernschutzimpfung zur KiTa schicken wollten, ab. Eltern, die ihr Kind ungeimpft zum Kindergarten schicken, droht zudem ein Bußgeld von bis zu 2.500 Euro.
Ob ungeimpfte Schulkinder vom Schulunterricht ausgeschlossen werden dürfen, wird von den Gerichten unterschiedlich beurteilt. Nach Ansicht des Verwaltungsgerichts (VG) Berlin (Az. VG 14 L 35.15 und VG L 36.15) darf das Gesundheitsamt zeitweilige Schulbetretungsverbote für ungeimpfte Schüler erlassen. Die Grundlage für diese Berechtigung findet sich nach Ansicht der Berliner Richter im Infektionsschutzgesetz. Anderer Ansicht ist etwa das VG Hannover (Az. 7 A 3697/07), wonach ein Schulbetretungsverbot nicht von den Regelungen des Infektionsschutzgesetzes gedeckt ist. Impfverweigerern dürfe nicht das Verbot erteilt werden, am Schulunterricht teilzunehmen.

In jedem Fall erfolgt bei ungeimpften Schulkindern eine Meldung von der Schule an das zuständige Gesundheitsamt. Das Gesundheitsamt kann dann ein Bußgeld gegenüber den Eltern verhängen.

Bei Personen, die in Gemeinschafts- oder Medizineinrichtungen tätig sind und sich nicht gegen Masern impfen lassen, kann das Gesundheitsamt ein individuelles Tätigkeitsverbot aussprechen. Daraus können arbeitsrechtliche Folgen für den Betroffenen entstehen. Zudem besteht auch hier die Möglichkeit Bußgelder zu verhängen.

Wer als Leitung einer Einrichtung eine Person beschäftigt, die den erforderlichen Nachweis über die Masernschutzimpfung nicht erbracht hat, muss mit einem Bußgeld bis zu 2.500 Euro rechnen.

Wie und wann müssen Impfpflichtige den Nachweis über ihre Masernschutzimpfung erbringen?


Der Nachweis der Masernschutzimpfung kann Dies geschieht durch einen entsprechenden Eintrag im Impfausweis, im gelben Kindervorsorgeheft, durch ein ärztliches Attest oder einer Bescheinigung einer staatlichen Stelle, dass ein entsprechender Nachweis bereits vorgelegen hat, erfolgen.

Bei Minderjährigen müssen die Sorgeberechtigten den Nachweis erbringen. Bei betreuten Menschen ist der Betreuer für den Nachweis über die Masernschutzimpfung zuständig.

Der Nachweis der Masernschutzimpfung oder einer Immunität gegen die Viruserkrankung muss zu Beginn des Betreuungs- oder Tätigkeitsverhältnis erbracht werden.

Das Infektionsschutzgesetz regelt zudem, dass Personen, die am 01.03.2020 bereits in Gemeinschaftseinrichtungen betreut wurden oder dort tätig waren, einen Nachweis bis zum Ablauf des 31.07.2021 vorzulegen hatten.

Was geschieht, wenn der Nachweis über die Masernschutzimpfung nicht erbracht wird?


Wird der Nachweis über die Masernschutzimpfung gegenüber der Leitung der Einrichtung nicht erbracht, muss die Leitung der Einrichtung dies dem Gesundheitsamt anzeigen. Dafür teilt sie dem Gesundheitsamt den Namen und Vornamen, Geschlecht, Geburtsdatum, Anschrift, Telefonnummer und E-Mail-Adresse des Betroffenen mit.

Es kann auch je nach Bundesland bestimmt werden, dass der Nachweis über die Masernschutzimpfung dem Gesundheitsamt oder einer anderen staatlichen Stelle direkt vorgelegt werden muss.

Darf das Gesundheitsamt mit einem Zwangsgeld zum Nachweis der Masernschutzimpfung drohen?


Das Gesundheitsamt wendet sich bei einem fehlenden Nachweis einer Masernschutzimpfung an den Impfpflichtigen und fordert diesen auf innerhalb einer bestimmten Frist den Masernimpfnachweis zu erbringen. In einigen Fällen haben Gesundheitsämter dies mit der Androhung eines Zwangsgeldes verknüpft, wenn der Nachweis der Masernimpfung nicht erbracht wird.

Während der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (Az. 20 CS 23.1432) das Androhen eines Zwangsgeldes bei Nicht-Erbringen eines Impfnachweises im Fall eines Schulkindes für rechtswidrig hält, entschied das VG Berlin (Az. 14 L 210/23 u.a) in mehreren Eilverfahren, dass das Gesundheitsamt den Nachweis der Masernimpfung mit einem Zwangsgeld von 200 Euro verknüpfen darf. Das Gericht begründet seine Entscheidung mit der Wichtigkeit des Aufbaus eines Gemeinschaftsschutzes gegenüber der hochansteckenden und gefährlichen Viruserkrankung. Der Eingriff in das grundrechtlich verankerte Elternrecht sei verhältnismäßig, weil er dem legitimen Zweck verfolge den Impfschutz der Bevölkerung zu erhöhen und die Ansteckungsgefahr zu verringern.

Muss die Masernschutzimpfung auch bei einem Kita-Wechsel nachgewiesen werden?


Auch bei einem Wechsel zwischen Kindertagesstätten muss ein Nachweis über einen ausreichenden Masernimpfschutz erfolgen. Dies entschied das OVG Bautzen (Az. 3 B 233/20) und stellt klar, dass Eltern, deren Kind vor dem Stichtag des 1.3.2020 bereits in einer Kindertageseinrichtung betreut wurde und dann in eine andere Kindertageseinrichtung wechseln will, nicht vom Nachweis über einen Masernschutzimpfung oder dem Nachweis einer Immunität gegen Masern befreit sind.

Wer muss die Kosten für die Masernschutzimpfung zahlen?


Bei gesetzlich Versicherten zahlt die gesetzliche Krankenversicherung die Kosten für die Masernschutzimpfung. Bei privat Versicherten kommt es darauf an, wie die Kostenübernahme bei Schutzimpfungen im Versicherungsvertrag geregelt ist.




erstmals veröffentlicht am 31.03.2020, letzte Aktualisierung am 26.10.2023

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