Masern-Impfpflicht und die Folgen für Impfverweigerer

Seit mehr als zwei Jahren gibt es in Deutschland eine Masern-Impflicht. Doch ist diese Impfpflicht verfassungsrechtlich auch zulässig? Wer ist verpflichtet sich gegen die Viruserkrankung impfen zu lassen? Wer kontrolliert den Nachweis über die Masernschutzimpfung? Was droht Impfverweigerern? Und mit welchen Konsequenzen müssen ungeimpfte Kita- und Schulkinder rechnen?
- Bundesverfassungsgericht entscheidet pro Masern-Impflicht
- Wer muss sich gegen Masern impfen lassen?
- Wie erfolgt der Nachweis über die Masernschutzimpfung?
- Wann muss der Impfnachweis erbracht werden?
- Muss die Masernschutzimpfung auch bei Kita-Wechsel nachgewiesen werden?
- Wer kontrolliert, ob die Masern-Impfpflicht eingehalten wird?
- Welche Konsequenzen drohen, wenn man sich nicht gegen Masern impfen lässt?
- Wer muss die Kosten für die Masernschutzimpfung zahlen?
Bundesverfassungsgericht entscheidet pro Masern-Impflicht
Das Bundesverfassungsgericht hat in mehreren Entscheidungen (Az. 1 BvR 469/20, 1 BvR 472/20, 1 BvR 471/20 und 1 BvR 470/20) die Verfassungsbeschwerden von Eltern gegen die Masernschutzimpflicht abgelehnt. Es klagten Eltern von Kleinkindern, die nicht gegen Masern geimpft sind und auch nicht über eine entsprechende Immunität verfügen, aber möglichst zeitnah zur Betreuung in eine KiTa oder zu einer Tagesmutter gehen sollen. Aus medizinischer Sicht spricht bei den Kindern nichts gegen eine Masernschutzimpfung.
Das Bundesverfassungsgericht wog in seiner Entscheidung das Interesse das Kind ohne Masernschutzimpfung in einer Gemeinschaftseinrichtung betreuen zu lassen gegenüber dem Interesse mit einer Masernschutzimpfung die Infektionsrisiken für die Gesundheit und das Leben vieler Menschen abzuwehren ab. Nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts dient die Masern-Impfpflicht zum einen dazu, Menschen, die in Gemeinschaftseinrichtungen arbeiten vor einer Infektion mit allen möglichen schweren Verläufen zu schützen. Zum anderen soll mit der Masern-Impfpflicht auch eine Ausbreitung der Infektionskrankheit in der Bevölkerung vermieden werden. Diese Aspekte sind laut Gericht stärker zu gewichten, als der Wunsch sein Kind ohne Masernschutzimpfung in einer Gemeinschaftseinrichtung betreuen zu lassen. Damit ist laut den Karlsruhren Richtern auch die Pflicht einen entsprechenden Nachweis über die Masernschutzimpfung zu erbringen verfassungsrechtlich geboten.
Wer muss sich gegen Masern impfen lassen?
Von der Masern-Impfpflicht betroffen sind Kinder ab dem vollendeten ersten Lebensjahr beim Eintritt in den Kindergarten oder in die Schule. Gleiches gilt, wenn das Kind durch eine Kindertagespflegeperson betreut wird.
Weiterhin müssen sich Personen, die in Gemeinschafts- oder Medizineinrichtungen tätig sind und nach 1970 geboren wurden einer Masernschutzimpfung unterziehen. Dazu gehören etwa Lehrer, Erzieher, Pflegepersonal oder medizinisches Personal.
Die Masernimpfpflicht gilt auch für Flüchtlinge und Asylanten in Gemeinschaftsunterkünften. Sie müssen ihren Impfschutz vier Wochen nach Aufnahme in die Gemeinschaftsunterkunft nachweisen.
Von der Impfung ausgenommen sind Menschen, bei denen die Masernschutzimpfung zu medizinischen Problemen führen kann. Auch Menschen, die bereits eine Masern-Erkrankung durchlebt haben und immun sind, müssen sich nicht impfen lassen. In beiden Fällen ist dies durch ein ärztliches Attest nachzuweisen.
Empfohlen wird eine Masernschutzimpfung von der Ständigen Impfkommission (STIKO) bei allen nach 1970 geborenen Erwachsenen, die bislang nicht gegen Masern geimpft wurden, wenn der Impfstatus unklar ist oder wenn sie in der Kindheit nur einmal gegen Masern geimpft wurden.
Wie erfolgt der Nachweis über die Masernschutzimpfung?
Der Nachweis der Masernschutzimpfung kann durch einen Eintrag im Impfausweis oder bei Kindern durch einen Eintrag im gelben Vorsorgeuntersuchungsheft erfolgen.
Bei Minderjährigen müssen die Sorgeberechtigten den Nachweis erbringen. Bei betreuten Menschen ist der Betreuer für den Nachweis über die Masernschutzimpfung zuständig.
Wann muss der Impfnachweis erbracht werden?
Der Nachweis der Masernschutzimpfung oder einer Immunität gegen die Viruserkrankung muss zu Beginn des Betreuungs- oder Tätigkeitsverhältnis erbracht werden.
Das Infektionsschutzgesetz regelt zudem, dass Personen, die am 01.03.2020 bereits in Gemeinschaftseinrichtungen betreut wurden oder dort tätig waren, einen Nachweis bis zum Ablauf des 31.07.2021 vorzulegen hatten.
Muss die Masernschutzimpfung auch bei Kita-Wechsel nachgewiesen werden?
Auch bei einem Wechsel zwischen Kindertagesstätten muss ein Nachweis über einen ausreichenden Masernimpfschutz erfolgen. Dies entschied das Oberverwaltungsgericht Bautzen (Az. 3 B 233/20) und stellt klar, dass Eltern, deren Kind vor dem Stichtag des 1.3.2020 bereits in einer Kindertageseinrichtung betreut wurde und dann in eine andere Kindertageseinrichtung wechseln will, nicht vom Nachweis über einen Masernschutzimpfung oder einer Immunität gegen Masern befreit sind.
Wer kontrolliert, ob die Masern-Impfpflicht eingehalten wird?
Die Leitung der jeweiligen Einrichtung (Kindergarten, Schule, Arztpraxis, etc) muss kontrollieren, ob die Masern-Impfpflicht eingehalten wurde. Dies geschieht durch die Vorlage des entsprechenden Nachweises, wie dem Impfausweis, dem gelben Kindervorsorgeheft, einem ärztlichen Attest oder einer Bescheinigung einer staatlichen Stelle, dass ein entsprechender Nachweis bereits vorgelegen hat. Der Nachweis über die Masernschutzimpfung musste bis zum 31. Juli 2020 von jedem Impfpflichtigen erbracht werden.
Wird der Nachweis über die Masernschutzimpfung nicht erbracht, muss die Leitung der Einrichtung dies dem Gesundheitsamt anzeigen. Dafür teilt sie dem Gesundheitsamt den Namen und Vornamen, Geschlecht, Geburtsdatum, Anschrift, Telefonnummer und E-Mail-Adresse des Betroffenen mit.
Es kann auch je nach Bundesland bestimmt werden, dass der Nachweis über die Masernschutzimpfung dem Gesundheitsamt oder einer anderen staatlichen Stelle direkt vorgelegt werden muss.
Welche Konsequenzen drohen, wenn man sich nicht gegen Masern impfen lässt?
Eltern, die ihre Kindergartenkinder nicht gegen Masern impfen lassen, müssen mit einem Ausschluss des Kindes vom Kindergartenbesuch rechnen. So hat das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Az. 12 B 1277/21) entschieden, dass eine KiTa einem dreijährigen Kind den Zugang verweigern darf, wenn die Eltern den erforderlichen Nachweis einer Masernschutzimpfung, einer Immunität oder einer ärztlich bescheinigten Kontraindikation nicht erbracht haben. In diesem Sinne entschied auch das Oberverwaltungsgericht Lüneburg (Az. 10 ME 207/20) und lehnte den Eilantrag von Eltern, die ihr Kind trotz fehlender Masernschutzimpfung zur KiTa schicken wollten, ab. Eltern, die ihr Kind ungeimpft zum Kindergarten schicken, droht zudem ein Bußgeld von bis zu 2.500 Euro.
Ob ungeimpfte Schulkinder vom Schulunterricht ausgeschlossen werden dürfen, wird von den Gerichten unterschiedlich beurteilt. Nach Ansicht des Verwaltungsgerichts Berlin (Az. VG 14 L 35.15 und VG L 36.15) darf das Gesundheitsamt zeitweilige Schulbetretungsverbote für ungeimpfte Schüler erlassen. Die Grundlage für diese Berechtigung findet sich nach Ansicht der Berliner Richter im Infektionsschutzgesetz. Anderer Ansicht ist etwa das Verwaltungsgericht Hannover (Az. 7 A 3697/07), wonach ein Schulbetretungsverbot nicht von den Regelungen des Infektionsschutzgesetzes gedeckt ist. Impfverweigerern dürfe nicht das Verbot erteilt werden, am Schulunterricht teilzunehmen.
In jedem Fall erfolgt bei ungeimpften Schulkindern eine Meldung von der Schule an das zuständige Gesundheitsamt. Das Gesundheitsamt kann dann ein Bußgeld verhängen.
Bei Personen, die in Gemeinschafts- oder Medizineinrichtungen tätig sind und sich nicht gegen Masern impfen lassen, kann das Gesundheitsamt ein individuelles Tätigkeitsverbot aussprechen. Daraus können arbeitsrechtliche Folgen für den Betroffenen entstehen. Zudem besteht auch hier die Möglichkeit Bußgelder zu verhängen.
Wer als Leitung einer Einrichtung eine Person beschäftigt, die den erforderlichen Nachweis über die Masernschutzimpfung nicht erbracht hat, muss mit einem Bußgeld bis zu 2.500 Euro rechnen.
Wer muss die Kosten für die Masernschutzimpfung zahlen?
Bei gesetzlich Versicherten zahlt die gesetzliche Krankenversicherung die Kosten für die Masernschutzimpfung. Bei privat Versicherten kommt es darauf an, wie die Kostenübernahme bei Schutzimpfungen im Versicherungsvertrag geregelt ist.
erstmals veröffentlicht am 31.03.2020, letzte Aktualisierung am 31.08.2022
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