Unfällen auf der Weihnachtsfeier: Wann haftet die Unfallversicherung?

Ob es der Besuch eines Escape-Rooms, gemeinsames Eisstockschießen oder ein Kochkurs mit einem Gourmet-Koch ist, es gibt unzählige Möglichkeiten für eine betriebliche Weihnachtsfeier. Doch wie sieht es mit dem Versicherungsschutz des Arbeitnehmers aus, wenn es bei den Weihnachtsfeier-Aktivitäten zu einem Unfall kommt? Wann kommt die gesetzliche Unfallversicherung für die Folgen eines Unfalls auf einer Weihnachtsfeier auf?
1. Weihnachtsfeier muss vom Unternehmen organisiert sein
Eine Weihnachtsfeier ist nur dann als Betriebsfeier anzuerkennen, wenn sie von der Betriebsleitung organisiert wurde oder zumindest im Einvernehmen mit dem Chef durchgeführt wird. Veranstalten Beschäftigte aus eigenem Antrieb eine Feier, steht diese nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Das gilt auch dann, wenn die Unternehmensleitung Kenntnis von der Veranstaltung hat, stellt das BSG (Az. B 2 U 7/13 R) klar.
Das Sozialgericht Berlin (Az. S 163 U 562/09) erkannt den Beinbruch einer Beschäftigten, der beim Besuch einer Bowlingbahn im Rahmen einer betrieblichen Weihnachtsfeier geschah, als einen Fall für die gesetzliche Unfallversicherung an, da es sich bei der Weihnachtsfeier um eine betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung handelte.
Anders entschied das Sozialgericht Detmold (Az. S 1 U 263/15) im Fall einer Teamleiterin, die sich beim Eislaufen verletzte, da es sich bei dieser teambildenden Maßnahme um eine private Veranstaltung handelte.
2. Chef oder Vertreter muss nicht zwingend an der Feier teilnehmen
In früheren Urteilen bestand das BSG darauf, dass für das Vorliegen einer Betriebsfeier der Chef oder sein Vertreter an der Feier teilnehmen. Diese Rechtsprechung hat das Bundessozialgericht aufgegeben. So ist die gesetzliche Unfallversicherung laut des BSG (Az. B 2 U 19/14 R) auch dann gegeben, wenn die Weihnachtsfeier im kleinen Kreis ausdrücklich mit der Leitung abgestimmt, die Feier im "dienstlichen" Interesse stand fand und die Firmenleitung daran unter Umständen nicht teilnimmt.
Nach Ansicht des Sozialgerichts Frankfurt am Main (Az. S 10 U 2623/03) ist endet die betriebliche Weihnachtsfeier und damit auch der Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung, wenn der Chef die Weihnachtsfeier verlässt.
Das Hessische Landessozialgericht (Az. L 3 U 71/06) ist der Auffassung, dass die Weihnachtsfeier auch vorbei sein kann, wenn der Chef und ein weiterer Mitarbeiter zur späteren Stunde noch anwesend sind, das Zusammensitzen dann aber eher privaten Charakter hat.
3. Einladung zur Weihnachtsfeier gilt für alle Betriebsangehörigen
Nach Auffassung des BSG (Az. B 2 U 7/13 R) sind die an betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung, wie zum Beispiel Betriebsausflügen und Weihnachtsfeiern, Teilnehmende als Beschäftigte grundsätzlich vom Versicherungsschutz der gesetzlichen Unfallversicherung umfasst, wenn die Teilnahme allen Mitarbeitern offensteht und die Veranstaltung von der Autorität der Betriebsleitung getragen wird. Wird eine Weihnachtsfeier aber nur von einem Team, neben 22 weiteren Teams, außerhalb der Arbeitszeit veranstaltet und tragen die Teammitglieder die Kosten der Weihnachtsfeier selbst, kann nicht von einer Betriebsfeier ausgegangen werden, so das BSG. Es lehnte daher den Versicherungsschutz der gesetzlichen Unfallversicherung für den Unfall eines Teammitglieds auf einer Bowlingbahn ab.
Auch das Hessische Landessozialgericht (Az. L 3 U 125/13) wies die Klage einer Beschäftigen auf Anerkennung eines Arbeitsunfalls ab, die sich bei einer Weihnachtswanderung mit einer kleinen Gruppe ihrer Abteilung den Arm brach. Zwar können bei großen Betrieben auch einzelne Abteilungen eine betriebliche Weihnachtsfeier durchführen, hier sei die Veranstaltung aber von vorneherein nur auf einen kleinen Teil der Beschäftigen innerhalb einer Abteilung begrenzt gewesen.
Das Sozialgericht Darmstadt (Az. S 3 U 27/07) lehnte den Versicherungsschutz der gesetzlichen Unfallversicherung für eine Fahrt mit einem Snowmobil in Lappland ab. Hier handele es sich nicht um eine Weihnachtsfeier, sondern um eine sogenannte Incentive-Reise, an der nur bestimmte verdiente Mitarbeiter teilnehmen durften. Dies stelle keine betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung dar, so das Darmstädter Gericht.
4. Weihnachtsfeier bezweckt die Betriebsverbundenheit zu fördern
Ein Unfall auf einer Weihnachtsfeier ist laut dem Verwaltungsgericht Göttingen (Az. 3 A 190/03) dann vom Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung gedeckt, wenn die Weihnachtsfeier zur Verbesserung des Betriebsklimas dient.
erstmals veröffentlicht am 04.12.2014, letzte Aktualisierung am 09.12.2022
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