Für welche Mängel beim Pferdekauf haftet der Verkäufer?
Reiter auf einem weißen Pferd und ein Experte für Reitsport © freepik - mko
Der Kauf eines Pferdes ist nicht nur ein emotionales, sondern auch ein rechtlich komplexes Geschäft. Anders als beim Kauf eines Autos oder einer Maschine ist ein Pferd ein Lebewesen mit eigenen Eigenschaften, Krankheiten oder Verhaltensweisen, die sich erst nach dem Kauf zeigen können. Wann ist das Pferd kaufrechtlich gesehen mangelhaft? Wer muss den Mangel beweisen? Und wann verjähren Ansprüche auf Gewährleistung beim Pferdekauf?
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Wann ist ein Pferd „mangelhaft“?
Der Verkäufer eines Pferdes muss das Tier frei von Mängeln an den Käufer übergeben. Er haftet also, wenn beim Pferd zum Zeitpunkt der Übergabe an den Käufer ein Sachmangel im Sinne des Kaufrechts gegeben ist. Ein Sachmangel liegt vor, wenn die tatsächliche Beschaffenheit des Pferdes von der vertraglich vereinbarten Beschaffenheit abweicht oder es sich nicht für die im Kaufvertrag vereinbarte Verwendung eignet. Kurz: Das Pferd ist nicht so, wie beim Kauf vereinbart.
Dabei kann sich die vereinbarte Beschaffenheit auf die Gesundheit des Pferdes oder auch den Verwendungszweck beziehen. Als Verwendungszweck kann im Kaufvertrag beispielsweise aufgeführt sein, dass das Pferd als Zuchtstute, Dressurpferd oder Anfängerpferd genutzt werden soll. Auch Eigenschaften des Pferdes, wie kinderfreundlich, geländesicher oder turniererfahren, kann als Beschaffenheit vertraglich vereinbart sein. Eine Vereinbarung über die Beschaffenheit des Pferdes sind auch die im Kaufvertrag festgehaltenen Ergebnisse der tierärztlichen Ankaufsuntersuchung. Auch Rasse oder Stockmaß gelten als Beschaffenheit des Pferdes.
Die Haftung hängt immer davon ab, ob der Mangel beim Pferd bereits vor dem Kauf bestand oder ob er erst danach entstanden ist. Typische Mängel sind chronische Krankheiten oder genetische Erkrankungen, wie etwa Herzprobleme, Gelenkerkrankungen oder Stoffwechselstörungen, die bereits bei Kaufbeginn vorhanden waren, aber erst später sichtbar werden. Verhaltensauffälligkeiten, wie aggressives Verhalten, Scheu vor bestimmten Situationen oder mangelnde Ausbildungsreife, wenn diese nicht offen kommuniziert wurden, können ebenfalls einen Mangel beim Pferd darstellen. Ist ein Pferd ungeeignet für die vereinbarte Verwendung, wurde ein Pferd als Turnierpferd verkauft, ist dazu aber gesundheitlich gar nicht in der Lage, ist das auch ein Mangel. Fehlerhafte Papiere oder falsche Zuchtinformationen, wie falsche Angaben zu Abstammung, Alter oder Impfstatus können ebenfalls Mängel darstellen.
Ein sog. Sommerekzem bei einem Pony ist laut LG München (Az. 2 O 8062/22) kein Mangel, der zum Rücktritt vom Kaufvertrag berechtigt. Im zu entscheidenden Fall konnte gutachterlich nicht geklärt werden, ob das Pony das Ekzem bereits vor Auftreten der Symptome bei der Käuferin hatte. Es spreche zwar viel für eine genetische Disposition. Ein Sommerekzem werde aber meist durch ein äußeres Ereignis, wie etwa einen Mückenstich ausgelöst. Maßgeblich sei hier der Ausbruch der Krankheit.
Verschweigt der Verkäufer Operationen im Bereich der Beugesehen des Vorderbeins, kann der Käufer die Rückabwicklung des Pferdekaufs verlangen. Das Pferd ist als Freizeitpferd damit nicht mehr tauglich, entschied das OLG Köln (Az. 16 U 68/17).
Des weiteren können Rechtsmängel beim Pferdekauf auftreten, etwa bei fehlenden Eigentumsrechten oder bestehenden Pfandrechten.
Wichtig: Entdeckt der Käufer nach dem Kauf des Pferdes einen Mangel, muss er diesen unverzüglich dem Verkäufer anzeigen. Bei unterlassener oder verspäteter Anzeige verliert der Käufer seine Gewährleistungsansprüche.
Wer muss den Mangel am Pferd beweisen?
Innerhalb der ersten sechs Monate nach dem Pferdekauf gilt eine sog. Beweislastumkehr zugunsten des Pferdekäufers, d.h. tritt in dieser Zeit ein Mangel am Pferd auf, wird vermutet, dass dieser schon bei der Übergabe des Pferdes vorlag und es greift die Gewährleistung.
Ansonsten kann im Streitfall ein unabhängiger Sachverständiger hinzugezogen werden, um den Zustand des Pferdes zu beurteilen und festzustellen, ob ein Mangel vorliegt und ob dieser bereits zum Zeitpunkt des Kaufs bestand.
Kann die Gewährleistung beim Pferdekauf von Privat ausgeschlossen werden?
Wer ein Pferd von einem privaten Verkäufer erwirbt, sollte im Pferdekaufvertrag nachschauen, ob und in wie weit eine Gewährleistung für Mängel ausgeschlossen wurde. Bei einem Pferdekauf von Privat kann die Gewährleistung vollständig ausgeschlossen werden. Ausnahme: Der Verkäufer haftet uneingeschränkt für Mängel, die er arglistig verschwiegen hat. Das bedeutet, er hat wissentlich falsche Angaben gemacht oder wichtige Informationen verschwiegen.
Eine Käuferin eines Pferdes, das mit der Eigenschaft „etwas dominat“ verkauft wird, und sich später als aggressiv und nicht reitbar herausstellt, wurde vom Verkäufer arglistig getäuscht und kann den Pferdekauf rückabwickeln, so das OLG Braunschweig (Az. 8 U 215/22).
Wichtig: Die Haftungsbegrenzung „Gekauft wie gesehen“ kann nur die Haftung für offensichtliche Mängel ausschließen, nicht aber für verschwiegenen Mängel. Hat ein Pferdeinteressent ausdrücklich nach einem Sportpferd gesucht und dies dem Verkäufer auch so mitgeteilt und stellt sich nach dem Kauf heraus, dass das Pferd eher gebrechlich ist, kann der Käufer vom Pferdekauf zurücktreten und seinen gezahlten Kaufpreis zurückverlangen, entscheid das LG Frankenthal (Az. 7 O 257/22).
Aufgepasst: Wird ein Pferd vor dem Kauf tierärztlich untersucht und der Käufer nimmt bekannte Probleme in Kauf, kann die Haftung für diese Punkte entfallen.
Welche Rechte hat der Käufer eines mangelhaften Pferdes?
Zeigt ein Pferd nach dem Kauf Mängel, sollte der Verkäufer hierüber zeitnah informiert werden. Dies geschieht aus Beweiszwecken am besten schriftlich. Mit der Anzeige des Mangels sollte der Verkäufer des Pferdes auch aufgefordert werden den Mangel zu beseitigen. Dies kann er möglicherweise zum Beispiel durch eine Tierarztbehandlung. Bleibt der Verkäufer nach dieser Aufforderung untätig, kann der Käufer des Pferdes seine Gewährleistungsansprüche – notfalls gerichtlich – geltend machen.
Der Käufer kann vom Pferdekauf zurücktreten und das Pferd an den Verkäufer zurückgeben, einen Teil des Kaufpreises zurückfordern oder eine Erstattung der Tierarztkosten geltend machen.
Wann verjähren die Ansprüche auf Gewährleistung beim Pferdekauf?
Eine Verjährung der Ansprüche auf Gewährleistung bei einem Pferdekauf von einem Pferdehändler tritt nach zwei Jahren nach dem Kauf ein. Handelt es sich um ein „gebrauchtes“ Pferd, kann der Pferdehändler die Verjährungsfrist vertraglich auf ein Jahr reduzieren.
Ein Pferd gilt als „gebraucht“ ab einem Alter von drei Jahren. Laut Bundesgerichtshof (Az. VIII ZR 240/18) ist aber auch ein Pferd, dass bei seiner Versteigerung auf einer Auktion zweieinhalb Jahre alt war, als „gebraucht“ zu betrachten.
Praxistipp für den Pferdekauf
1. Tierärztliche Untersuchung
Vor dem Kauf eines Pferdes ist eine professionelle Kontrolle Pflicht. Sie hilft, spätere Streitigkeiten zu vermeiden.
2. Schriftlicher Kaufvertrag
Jeder Pferdekauf sollte schriftlich in Vertragsform festgehalten werden. Wichtig sind Angaben zu Gesundheitszustand, Ausbildung, Impfstatus und zum Einsatzbereich des Pferdes.
3. Dokumentation von Mängeln
Alle bekannten Mängel beim Pferd sollten im Vertrag aufgeführt werden, um spätere Haftungsfragen klar zu regeln.
4. Kommunikation
Offene und transparente Gespräche über den Zustand und die Einsatzmöglichkeiten des Pferdes zwischen Käufer und Verkäufer reduzieren spätere Rechtsstreitigkeiten erheblich.
erstmals veröffentlicht am 04.10.2023, letzte Aktualisierung am 26.09.2025
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