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Kategorie: Anwalt Reiserecht , 26.05.2023 (Lesedauer ca. 10 Minuten, 2675 mal gelesen)

Flug zu spät, fällt aus, wird verlegt – Höhe der Entschädigung?

kleiner Junge sitzt wartend am Flughafen auf einem gelben Koffer kleiner Junge sitzt wartend am Flughafen auf einem gelben Koffer © freepik - mko

Streik des Flugpersonals, Hindernisse auf der Fahrbahn, die Wetterlage oder randalierende Passagiere: Es gibt viele Gründe, warum ein Flug ausfällt, sich verspätet oder verlegt wird. Doch in welchen Fällen muss die Fluggesellschaft bei Annullierungen oder Verspätungen eines Flugs eine Ausgleichszahlung nach der EU-Fluggastrechteverordnung zahlen? Und wie hoch ist dann die Entschädigung?

Für welche Flüge gilt die EU-Fluggastrechteverordnung?


Grundsätzlich gilt die Europäische Fluggastrechteverordnung nur für Flüge innerhalb der Europäischen Union. Nach einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshof (EuGH) im Jahr 2019 (Az. C 502/18) erhalten Fluggäste aber auch bei einem verspäteten Anschlussflug außerhalb der EU-Entschädigung, wenn sie mit einer EU-Airline in der EU gestartet sind und sich dann erst der außereuropäische Anschlussflug um mehr als drei Stunden verspätet hat.

Bei einem Flug der außerhalb der EU startet und landet und nur eine Zwischenlandung an einem EU-Flughafen macht, kann der Fluggast sich nicht auf die EU-Fluggastrechteverordnung berufen, so der EuGH (Az.C-451/20).

Wer kann Ausgleichzahlungen von der Fluggesellschaft verlangen?


Ansprüche auf Ausgleichszahlungen nach der Europäischen Fluggastrechte VO können von den betroffenen Fluggästen geltend gemacht werden. Voraussetzung ist nach einer Entscheidung des Landgerichts Berlin (Az. 19 S 9/21), dass der Fluggast den Flug selbst bei der Airline gebucht und bezahlt hat. Ein nicht selbst buchender Passagier hat keinen Anspruch auf Entschädigung.
Keinen Anspruch auf Ausgleichzahlungen haben kostenlos mitreisende Fluggäste, wie etwa ein mitreisendes Kleinkind, entschied der Bundesgerichtshof (BGH)(Az. X ZR 35/14).

In welchen Fällen muss die Fluggesellschaft zahlen?


Bei verspäteten oder ausgefallenen Flügen steht den Flugreisenden grundsätzlich ein Entschädigungsanspruch zu, wenn sie eine Flugbestätigung vorlegen können, es sich um einen EU-Flug handelt und dieser mehr als drei Stunden Verspätung hatte.
Eine Fluggesellschaft muss aber keine Entschädigung an die Flugreisenden zahlen, wenn es sich bei dem Grund für die Verspätung um einen außergewöhnlichen Umstand handelt, der für sie nicht beherrschbar war und sie alles Zumutbare unternommen hat, um die Flugverspätung oder den Flugausfall zu vermeiden. Dies ist etwa der Fall bei einem Terroranschlag oder einer Naturkatastrophe. Ob ein außergewöhnlicher Umstand für die Verspätung ursächlich war, muss letztlich oft von den Gerichten entschieden werden.

Flugverspätung oder Annullierung wegen Streik des Flugpersonals


Bei einem Generalstreik haben Fluggäste keinen Anspruch auf Ausgleichszahlungen, urteilte der BGH (Az. X ZR 104/13). Dies sei ein außergewöhnlicher Umstand nach der Europäischen Fluggastrechteverordnung, der die Airline von Ausgleichzahlungen freistellt. Ein Generalstreik sei von der Airline nicht zu beherrschen.

Ein von einer Gewerkschaft der Airline-Arbeitnehmer veranstalteter Streik, um Gehaltserhöhungen durchzusetzen, stellt laut EUGH (Az. C-28/20) hingegen keinen außergewöhnlichen Umstand dar, der die Fluggesellschaft von Ausgleichszahlungen Flugannullierungen oder Verspätungen befreit.

Streikt das Kabinenpersonal einer Fluglinie aus Solidarität mit den Beschäftigten der Muttergesellschaft, sieht der EuGH (Az. C-613/20) hierin ebenfalls keinen außergewöhnlichen Umstand, der die Airline von der Ausgleichszahlung an ihre Fluggäste wegen einer Flugannullierung befreit.

Auch ein sog. wilder Streik des Flugpersonals stellt keinen außergewöhnlichen Umstand im Sinne der Europäischen Fluggastrechteverordnung dar und entbindet die Fluggesellschaft nicht von Entschädigungszahlungen, entschied der EuGH (Az. C-195/17), wenn Umstrukturierungen angekündigt wurden und mit Konflikten mit dem Flugpersonal gerechnet werden musste. Auch im Fall eines angekündigten Pilotenstreiks haben Passagiere einen Anspruch auf finanzielle Entschädigung, entschied ein luxemburgisches Gericht.

In einer weiteren Entscheidung stellt der EuGH (Az. C-28/20) klar, dass Reisende bei jedem rechtmäßigen Streik der Airline-Mitarbeiter einen Anspruch auf Ausgleichszahlungen haben, wenn es durch den Streik zu einer Annullierung oder Verspätung des Flugs kommt. Wenn durch den Streik Gehaltserhöhungen oder bessere Arbeitszeiten durchgesetzt werden sollen, stellt das einen Teil der Tätigkeit der Fluggesellschaft dar. Für Kunden bedeutet dies einen Anspruch auf Entschädigung.

Streicht eine Fluggesellschaft einen Flug, weil an der Passagierkontrolle am Startflughafen gestreikt wird, haben Passagiere einen Anspruch auf Ausgleichszahlungen, so der BGH (Az. X ZR 111/17).

Streikt hingegen ein von der Fluggesellschaft beauftragter Subunternehmer, gehen die Fluggäste leer aus. Dies entschied das Landgericht Frankfurt/Main (Az.2-24 S 280/18).

Flugausfall wegen Erkrankung oder Tod von Flugpersonal


Wird ein Flug annulliert, weil ein unverzichtbarer Mitarbeiter, wie der Copilot, gestorben oder erkrankt ist, können Fluggäste eine Entschädigung von der Airline verlangen, so der EuGH (Az. C-156/22). Der Tod des Copiloten sei kein außergewöhnlicher Umstand. Die Fluggesellschaft muss mit Ausfällen von unverzichtbaren Mitarbeitern rechnen.

Flugausfall weil Enteisungsmittel fehlt


Kann ein Flug nicht angetreten werden, weil Enteisungsmittel fehlt, muss die Airline Entschädigungen an die Fluggäste zahlen. Fehlendes Enteisungsmittel für Flugzeuge ist kein außergewöhnlicher Umstand im Sinne der EU-Fluggastrechteverordnung, so das Brandenburgische Oberlandesgericht (Az. 2 U 3/13). Eine Airline müsse dafür sorgen, dass alle Betriebsmittel für den Einsatz der Flugzeuge vorhanden sind – dazu zählt auch Enteisungsmittel.

Flugannullierung wegen Nebels


Kommt es aufgrund von Nebel zu einer Annullierung eines Fluges, hat der Flugreisende keinen Anspruch auf Ausgleichzahlungen, so der BGH (Az. Xa ZR 96/09). Es handelt sich um einen außergewöhnlichen Umstand, der nicht durch die Airline zu beherrschen war.

Flugverspätung wegen Nachtflugverbot


Kann ein Flug nicht pünktlich starten, wegen eines Nachtflugverbots, stellt das keinen außergewöhnlichen Umstand im Sinne der EU-Fluggastrechteverordnung dar, entschied das Amtsgericht Frankfurt am Main (Az. 32 C 5554/19 (69)). Die Fluggesellschaft ist in diesem Fall verpflichtet den Fluggästen eine Entschädigung zu zahlen.

Flugverspätung wegen randalierenden Passagieren


Kann ein Flug nicht angetreten werden, weil Flugreisende im Flugzeug randalieren, stellt das keinen außergewöhnlichen Umstand im Sinne der EU-Fluggastrechteverordnung dar. Die betroffene Fluggesellschaft ist nicht verpflichtet an die übrigen Fluggäste Entschädigungen zu zahlen. Dies entschied der EuGH (Az. C-74/19). Begründung: Das störende Verhalten der Passagiere sei kein Teil der normalen Ausübung der Tätigkeit der Fluggesellschaft und für sie grundsätzlich nicht beherrschbar.

Flugverspätung wegen Hindernissen auf der Startbahn


Kommt es zu Flugverspätungen, weil sich Treibstoff auf der Startbahn eines Flughafens befindet und dieser deshalb geschlossen werden muss, ist dies ein außergewöhnlicher Umstand im Sinne der EU- Fluggastrechteverordnung, der nicht von der Airline zu vertreten ist und sie daher von der Entschädigungspflicht wegen einer Flugverspätung befreit, entschied der EuGH (Az. C 159/18).

Eine Schraube auf der Landebahn, die ein Flugzeug beschädigt, ist auch ein außergewöhnlicher Umstand im Sinne der EU- Fluggastrechteverordnung, so der EuGH (Az. C-501/17). Kommt es deshalb zu einer Flugverspätung ist die betroffene Fluggesellschaft nicht zu Ausgleichszahlungen verpflichtet, wenn sie alles ihr Mögliche getan hat, um die Flugverspätung zu begrenzen.

Flugverspätung wegen Systemausfall am Terminal


Kommt es zu einer erheblichen Flugverspätung, weil die Computersysteme am Abflugterminal über mehrere Stunden ausfallen, ist dies ein Umstand, den die Fluggesellschaft nicht zu vertreten hat, entschied der BGH (Az. X ZR 15/18, X ZR 85/18). Zuständig sei hier der Flughafenbetreiber, der für einen funktionierenden technischen Betrieb Sorge tragen muss.

Flugverspätung wegen Turbinenschaden durch Vogelschlag


Verspätet sich ein Flug aufgrund eines durch Vogelschlag verursachten Turbinenschadens, liegt hier ein außergewöhnlicher Umstand nach der EU-Fluggastrechteverordnung vor. Die Airline muss in diesem Fall keine Entschädigungszahlungen leisten, so der BGH (Az. X ZR 160/12).

Zubringerflug verspätet sich


Ein Passagier kann von einer Fluggesellschaft keine Ausgleichzahlungen nach der Europäischen Fluggastrechteverordnung verlangen, wenn er aufgrund eines verspäteten Zubringerflugs seinen Anschlussflug verpasst hat, entschied der Bundesgerichtshof (BGH) (Az. Xa ZR 113/08).

Flug wird vorverlegt


Wird ein Flug mehr als nur geringfügig zur ursprünglichen Abflugzeit vorverlegt, kann dies einer Annullierung eines Fluges gleichkommen und so einen Anspruch auf Ausgleichzahlung nach der Europäischen Fluggastrechteverordnung begründen. Dies entschied der BGH (Az. X ZR 59/14) und stellt klar, dass eine Annullierung eines Fluges vorliegt, wenn die Airline ihre eigentliche Flugplanung aufgibt. Das gilt auch für den Fall, dass die Passagiere auf andere Flieger umgebucht werden. So auch der EuGH (Az. C-402/07 u.a.): Wird ein Flug um mehrere Stunden vorgezogen, wurde damit die ursprüngliche Flugplanung aufgegeben.

In weiteren Entscheidungen konkretisiert der EuGH (Az.C-146/20, C-188/20, C-196/20, C-270/20, C-263/20, C-395/20) die Zeitspanne: Wird ein Flug von einer Airline um mehr als eine Stunde vorverlegt, kommt dies einer Annullierung gleich und löst bei den Flugreisenden einen Anspruch auf Ausgleichszahlung aus.

Nach einer Entscheidung des Landgericht Düsseldorf (Az. 22 S 352/19) gilt ein Flug, der mehr als eine Stunde Verspätung hat als annulliert. Der Flugreisende kann somit eine Entschädigung von der Fluggesellschaft verlangen. Das gilt laut Gericht selbst dann, wenn der Flugreisende den Flug doch noch in Anspruch nimmt.

Flug wird auf nahe gelegenen Flughafen umgeleitet


Wird ein Flug auf einen nahe gelegenen Flughafen umgeleitet, haben die Flugreisende keinen Anspruch auf eine Entschädigungsleistung nach der EU-Fluggastrechteverordnung. Dies stellt der EuGH (Az. C-826/19) für den Fall klar, dass der Ersatzflughafen denselben Ort, dieselbe Stadt oder dieselbe Region wie der ursprüngliche Zielflughafen bedient. Aber die Fluggesellschaft ist verpflichtet dem Fluggast die Transportkosten zum ursprünglich gebuchten Zielflughafen zu erstatten.

Flug verpasst wegen fehlender Nutzbarkeit des EasyPASS


Ein Fluggast erhält keinen Schadensersatz vom Flughafenbetreiber, wenn er seinen Flug verpasst, weil er nicht die Voraussetzungen für die Nutzung der automatisierten Grenzkontrolle (EasyPASS) erfüllt, so der BGH (Az. III ZR 204/21). Die Passkontrollen fällt nicht in den Verantwortungsbereich des Flughafenbetreibers.

Wie viel Entschädigung erhalten Flugreisende?


Zwei Stunden Verspätung: Anspruch auf Verpflegung


Bei einer zweistündigen Verspätung eines Fluges haben Fluggäste einen Anspruch auf Verpflegung und zwei kostenlose Telefonate. Nach einer Entscheidung des Amtsgericht Düsseldorf (Az. 27 C 257/18) müssen auch die Kosten für Champagner und Dessertwein von der Fluggesellschaft im Rahmen einer Ausgleichzahlung übernommen werden.

Anders entschied das Amtsgericht Hannover (Az. 513 C 8538/22) wonach alkoholische Getränke, hier Aperol Spritz, keine Erfrischung im Sinne der EU-Fluggastrechteverordnung darstellen.

Drei und mehr Stunden Verspätung: Finanzielle Entschädigung und mehr


Verspätet sich ein Flug mehr als drei Stunden, muss die Airline ihren Gästen eine Entschädigung zahlen. Bei Flügen innerhalb der EU erhalten Flugreisende bei einer Flugdistanz von bis 1.500 Kilometern 250 Euro, bei mehr als 1.500 Kilometern 400 Euro Entschädigung. Wer von einem europäischen Flughafen in ein nicht europäisches Land fliegt, erhält bei bis 1.500 Kilometern 250 Euro Entschädigung, bei bis zu 3.000 Kilometern 400 Euro Entschädigung und bei mehr als 3.500 Kilometern 600 Euro Entschädigung. Dabei ist es unerheblich, welchen Betrag der Fluggast für den Flug gezahlt hat.

Die Entschädigung halbiert sich, wenn die Airline dem Passagier einen Ersatzflug anbietet, mit dem er sein Reiseziel innerhalb einer bestimmten Frist erreicht. Doppelt abkassieren geht nicht, entschied der BGH (Az. X ZR 128/18, X ZR 165/18): Hat der Flugreisende von der Airline eine Entschädigung nach Maßgabe der Fluggastrechteverordnung erhalten, muss er sich diese gegenüber dem Reiseveranstalter anrechnen lassen.

Flugreisende haben zur finanziellen Entschädigung zusätzlich einen Anspruch auf eine alternative Beförderung zum Reiseziel und möglicherweise auf einen kostenlosen Rücktransport. Muss der Fluggast über Nacht am Flughafen bleiben, kann er ein Hotelzimmer und einen kostenlosen Transfer dorthin beanspruchen.

Teilstrecke eines Fluges wird annulliert – Entschädigung der gesamten Ticketkosten


Annulliert eine Fluggesellschaft die erste Teilstrecke eines Fluges muss sie dem Fluggast die Kosten für den gesamten Hin- und Rückflug erstatten entschied der BGH (Az. X ZR 91/22).

Zu spät am Gate – Wer haftet?


Ein Flugreisender kann von der Bundesrepublik Deutschland Entschädigung für entstehende Kosten verlangen, wenn er aufgrund einer überlangen Wartezeit an der Sicherheitskontrolle seinen Flug verpasst, entschied das Oberlandesgericht Frankfurt/Main (Az. 1 U 220/20). Das gelte jedenfalls dann, wenn der Fluggast sich rechtzeitig am Check-Inn befunden hat und dort ohne erheblich zu trödeln die Sicherheitskontrolle aufsuchte.

Anders das Landgericht Köln (Az. 5 O 250/22) wonach ein Fluggast keinen Anspruch auf Schadensersatz nach der EU-FluggastrechteVO hat, wenn er trotz anderer Empfehlung der Airline nicht rechtzeitig am Checkin und damit zu den Sicherheitskontrollen erscheint.

Passagieren wurde die Beförderung mit dem Flugzeug verweigert, weil sie angeblich zu spät zum Boarding erschienen. Ob die Flugzeugtüren bei ihrem Eintreffen verschlossen waren oder nicht, konnte vom Boardpersonal nicht bewiesen werden. Das Landgericht Frankfurt/Main (Az. 2-24 O 25/18) sprach den Passagieren aufgrund der nicht erfüllten Beweislast der Airline einen Ausgleichsanspruch wegen Nichtbeförderung nach der EU-Fluggastrechteverordnung zu.

Ein Flugreisender, der erst 90 Minuten vor dem Abflug am Check-In-Schalter erscheint und aufgrund von langen Sicherheitskontrollen seinen Flug verpasst, kann nicht auf Schadensersatz vom Reiseunternehmen hoffen. Dies entschied das Landgericht Koblenz (Az. 13 S 38/19) und wies daraufhin, dass ein Fluggast für sein rechtzeitiges Erscheinen am Check-In-Schalter selbst verantwortlich ist.

Das Amtsgericht München (Az.275 C 17530/19) stellt in einem Urteil klar, dass eine Fluggesellschaft ihren Passagieren keine Mindest-Boarding-Zeit schuldet. Wer zu spät am Gate ist, kann nicht verlangen, dass für ihn die Flugzeugtüren nochmal geöffnet werden, auch dann nicht, wenn das Flugzeug den Flughafen erst viel später verlässt.

Aber: Der BGH (Az. 49 C 57/22) hat klargestellt, dass eine Airline nicht pauschal mit Nichtwissen bestreiten kann, ob der Fluggast rechtzeitig zur Abfertigung des Fluges erschienen ist. Sie muss das nicht rechtzeitige Erscheinen des Passagiers spezifisch nachweisen, nicht der Fluggast sein rechtzeitiges Erscheinen.

Entschädigung muss für Fluggäste in Landeswährung erfolgen


Steht einem Fluggast eine Entschädigung aufgrund der Europäischen Fluggastrechtverordnung zu, etwa weil sein Flug annulliert wurde oder sich erheblich verspätete, kann er von der Airline verlangen, dass diese die Entschädigungszahlung in seiner Landeswährung leistet, so der EuGH (Az. C-356/19).

Können Fluggäste ihre Entschädigungsansprüche abgetreten?


Flugreisende dürfen ihre Ansprüche auf Ausgleichszahlungen wegen verspäteter Flüge an sog. Claim-Handling-Companies abtreten, auch wenn die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Airlines dies untersagen, entschied das Landgericht Nürnberg-Fürth (Az. 5 S 8340/17). Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Fluggesellschaften, die dies nicht erlaubten, seien insoweit unwirksam, weil sie eine unangemessene Benachteiligung des Fluggastes darstellen.

Aber: Wenn der Fluggast seine Ansprüche gegenüber der Airline an ein Fluggastrechteportal abtritt und dies gegenüber der Airline anzeigt, muss die Rückzahlung des Ticketpreises an das Portal erfolgen, so das Amtsgericht Bremen (Az. 9 C 321/20).

Gehören auch Anwaltskosten zur Entschädigungsleistung?


Nach einer Entscheidung des BGH (Az. X ZR 97/19) gehören auch die Kosten für die außergerichtliche Geltendmachung von Ausgleichsansprüchen nach der Europäischen FluggastrechteVO zu den Kosten, die eine Airline erstatten muss. Im zu entscheidenden Fall hatte die Airline ihren Fluggästen keine schriftlichen Informationen über ihre Rechte als Flugreisender ausgehändigt, wozu sie gesetzlich verpflichtet war. Laut Gericht muss der Fluggast diese Informationen nicht von der Airline anfordern, sondern sie müssen ihm unaufgefordert zugänglich gemacht werden. Nur so könne er seine Rechte selbst und ohne die Hilfe eines Anwalts durchsetzen. Fehlt es dem Flugreisenden an diesen Informationen darf er die Hilfe eines Anwalts auf Kosten der Airline in Anspruch nehmen. Etwas anderes gilt laut Bundesgerichtshof nur dann, wenn der Fluggast seine Rechte auch ohne entsprechende Informationen kennt.

Das Landgericht Köln (Az.11 S 265/17) entschied im Fall einer kurzfristigen Flugannullierung ebenfalls, dass die Airline die außergerichtlichen Anwaltskosten erstatten muss. Laut Gericht war die Beauftragung des Anwalts notwendig, da die Airline keine schriftlichen Informationen über die Fluggastrechte ausgehändigt hatte. Ein Aushang am Flughafen reiche dafür nicht.

Welches Gericht ist bei Klagen auf Ausgleichszahlungen nach der Europäischen FluggastrechteVO zuständig?


Der EuGH (Az. C-215/18) stellt in einer Entscheidung klar, dass für Klagen auf Ausgleichszahlungen nach der Europäischen Fluggastrechteverordnung das Gericht des Abflugortes zuständig ist, wenn der Flug über ein Reisebüro gebucht wurde.
Wurde eine einheitlich gebuchte Flugreise, in mehreren Teilflügen durchgeführt, ist nicht der Ankunftsort des ersten Teilflugs der „Erfüllungsort“ des Beförderungsvertrags und somit auch nicht das dort ansässige Gericht zuständig, entschied ebenfalls der EuGH (Az. C-20/21).

Klage auf Rückerstattung von Tickets auch bei insolventer Airline möglich


Flugreisende können bei einer Annullierung ihres Fluges die Rückerstattung ihres Flugtickets auch gegenüber einer Fluggesellschaft einklagen, die sich in einem Insolvenzverfahren befindet. Dies entschied das Amtsgericht Frankfurt/Main (Az. 31 C 2352/20 (15)) und stellt klar, dass die Fluggäste nicht primär auf das Insolvenzverfahren hinzuweisen sind.

Reiseveranstalter muss nicht für Durchsetzung von Ansprüchen nach EU-Fluggastrechteverordnung sorgen


Nach einer Entscheidung des Amtsgerichts München (Az. 158 C 23585/20) muss ein Reiseveranstalter nicht für die Insolvenz einer Fluggesellschaft gegenüber dem Kunden haften. Er ist auch nicht verpflichtet dafür zu sorgen, dass der Kunde seine möglichen Ansprüche nach der EU-Fluggastrechteverordnung gegenüber der Airline durchsetzt.


erstmals veröffentlicht am 15.06.2015, letzte Aktualisierung am 26.05.2023

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