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Kategorie: Anwalt Strafrecht , 30.01.2024 (Lesedauer ca. 4 Minuten, 6790 mal gelesen)

Gefälschter Impfausweis oder Gesundheitszeugnis – Welche Strafen drohen?

Impfung bei einem kleinen Mädchen mit einer Spritze Impfung bei einem kleinen Mädchen mit einer Spritze © freepik - mko

Wer einen gefälschten Impfausweis oder ein unrichtiges Gesundheitszeugnis benutzt, riskiert sich strafbar zu machen. Doch welche Straftaten begeht man, wenn man einen gefälschten Impfausweis benutzt? Mit welchen Strafen muss man beim Gebrauch eines unrichtigen Gesundheitszeugnisses rechnen? Und können Arbeitnehmer gekündigt werden, wenn sie dem Arbeitgeber gefälschte Gesundheitsdokumente vorlegen?

Wie macht man sich mit einem gefälschten Impfausweis strafbar?


Vor dem 24.11.2021 machte man sich wegen des Gebrauchs unrichtiger Gesundheitszeugnisse strafbar, wenn man gegenüber einer Behörde oder einer Versicherung über seinen Gesundheitszustand mit einem gefälschten Impfausweis täuschte. Bestraft wurde dies mit einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr.

Zusätzlich kam bei der Benutzung des gefälschten Impfausweises eine Strafbarkeit wegen Urkundenfälschung in Betracht, weil der Impfausweis als Urkunde gilt. Der Spezial-Straftatbestand „Gebrauch eines unrichtigen Gesundheitszeugnisses“ wurde aber gegenüber der Urkundenfälschung vorrangig abgeurteilt.

Seit dem 24.11.2021 hat der Gesetzgeber den § 277 Strafgesetzbuch neu gefasst, so dass nun der Gebrauch eines unrichtigen Gesundheitszeugnisses, wie der gefälschte Impfausweis- im Rechtsverkehr wie eine Urkundenfälschung geahndet wird. Strafbar ist jetzt nicht mehr nur die Täuschung mit einem gefälschten Gesundheitszeugnis gegenüber Behörden oder Versicherungen, sondern immer dann, wenn ein gefälschtes Gesundheitszeugnis im Rechtsverkehr seine Wirkung entfaltet. Das kann bei der Vorlage zum Betreten eines Krankenhauses, wie auch beim Einlass in eine Konzertveranstaltung sein.

Welche Strafen drohen beim Gebrauch von gefälschten Gesundheitszeugnissen?


Für den Gebrauch eines unrichtigen Gesundheitszeugnisses im Rechtsverkehr gilt seit dem 24.11.2021 der gleiche Strafrahmen wie bei einer Urkundenfälschung. Es droht eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren.

Eine Apotheken-Angestellte wurde vom Landgericht (LG) München I im November 2022 zu drei Jahren Haft verurteilt, weil sie mehr als 1.000 Corona-Impfzertifikate fälschte und einem Bekannten zur Verfügung stellte, der sie im Darknet verkaufte. Der ebenfalls angeklagte Bekannte erhielt eine Haftstrafe von vier Jahren wegen des Verkaufs der gefälschten Impfzertifikate. Der in diesem Fall letztinstanzlich angerufene Bundesgerichtshof (Az. 1 StR 146/23) stellt klar, dass der Straftatbestand des Gebrauchs eines unrichtigen Gesundheitszeugnisses kein Sonderdelikt für Ärzte und Apotheker ist, sondern ein Allgemeindelikt, dass Jedermann begehen kann.

Eine dreiköpfige Bande, die insgesamt 15 gefälschte Impfausweise verkauften und auch gefälschte Impfausweise für sich selbst ausstellten, wurden vom Amtsgericht München (Az. 857 Ls 380 Js 144832/21) wegen gewerbs- und bandenmäßiger Urkundenfälschung zu einer empfindlichen Bewährungsstrafe verurteilt. Der Chef der Bande erhielt eine zweijährige Bewährungsstrafe und eine Geldstrafe von 180 Tagessätzen. Die beiden anderen Bandenmitglieder wurden zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und 10 Monaten verurteilt.

Ein 63-Jähriger Mann wurde vom Amtsgericht Bünde zu einer Geldstrafe von 2.400 Euro verurteilt, weil er sich mit Hilfe eines gefälschten Impfausweises ein Corona-Impfzertifikat bei einer Apotheke besorgen wollte.

Ist schon der Besitz eines gefälschten Impfausweises strafbar?


Der Gesetzgeber hat seit dem 24.11.2021 auch die Vorbereitung der Herstellung unrichtiger Impfausweise in § 275 a Abs. 1 a StGB neu geregelt. Nun macht man sich strafbar, wenn man die Herstellung eines unrichtigen Impfausweises vorbereitet. Unter Vorbereitung versteht man etwa, wenn ein Blankett-Impfausweis mit einem Aufkleber und einer Chargennummer versehen wird, um so eine nicht durchgeführte Impfung vorzutäuschen. Da nicht nur das Überlassen des gefälschten Impfausweises an einen anderen strafbar ist, sondern auch das Verwahren, ist somit auch schon der Besitz eines gefälschten Impfausweises strafbar.

Ist die Vorlage eines gefälschten Impfausweises strafbar?


Wer mit einem gefälschten Impfausweis versucht etwa in der Apotheke ein digitales Impfzertifikat zu erlangen, macht sich nach altem Recht laut Landgericht Osnabrück (Az. 3 Qs 38/21) nicht strafbar. Die Apotheke sei keine Behörde – insoweit bestehe im privaten Bereich derzeit eine Strafbarkeitslücke. In diesem Sinne entschied auch das Landgericht Landau (Az. 5 Qs 93/21): Nur wer gegenüber Behörden oder Versicherungen einen gefälschten Impfpass vorlegt, macht sich nach altem Recht nicht strafbar. Abgeurteilt wurden Fälle, den eine Straftat vor dem 24.11.2021 vorgeworfen wurde. Seit dem der Gesetzgeber den § 277 Strafgesetzbuch neu gefasst hat, sind diese Fälle nun auch strafbar.

Aufgepasst: Das Amtsgericht Landstuhl (Az. 2 Cs 4106 Js 15848/21) hat entschieden, dass bei einem strafbaren Gebrauch von gefälschten Impfpässen eine Straferhöhung zur generalpräventiven Abschreckung zulässig ist.

Können Arbeitnehmer wegen Vorlage eines gefälschten Gesundheitszeugnisses gekündigt werden?


Zwei im Pflegebereich beschäftigte Arbeitnehmerinnen hatten ihrem Arbeitgeber eine aus dem Internet ausgedruckte ärztliche Bescheinigung vorgelegt, wonach bei ihnen eine vorläufige Impfunfähigkeit vorlag. Das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein (Az. 4 Sa 139/22) hatte beide Fälle abzuurteilen. Einig waren sich die vierte und fünfte Kammer, dass die Arbeitnehmerinnen mit ihrem Verhalten eine arbeitsvertragliche Nebenpflicht verletzt haben. Ansonsten entschied die vierte Kammer des Gerichts, dass das Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer durch die Vorlage eines gefälschten Impfdokuments derart zerstört ist, dass eine fristlose Kündigung ohne vorherige Abmahnung zulässig ist. Die fünfte Kammer hingegen sah im Verhalten der Arbeitnehmerin keine schwerwiegende Verletzung einer arbeitsvertraglichen Nebenpflicht und hielt eine Abmahnung in diesem Fall für ausreichend.

Das Bundesarbeitsgericht (Az. 2 AZR 55/23) hat im Fall einer Krankenschwester, die ihrem Arbeitgeber erklärte, sie sei von einem Arzt als impfunfähig eingestuft worden und somit über ihre Impffähigkeit täuschte, die fristlose Kündigung für rechtmäßig erklärt. Die Arbeitnehmerin habe im erheblichen Maß gegen ihre nebenvertraglichen Pflichten aus ihrem Arbeitsvertrag verstoßen.

erstmals veröffentlicht am 23.09.2022, letzte Aktualisierung am 30.01.2024

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