Sind verabredete Schlägereien strafbar?

Ob Ehrenkämpfer, Hooligans oder Schulhof-Prügeleien: Viele glauben, dass eine Prügelei strafrechtlich unproblematisch sei, wenn alle freiwillig mitmachen. Doch das ist ein weit verbreiteter Irrtum: Auch verabredete Schlägereien können mehrere Straftatbestände mit teils schweren Konsequenzen erfüllen.
Welche Straftaten können bei einer Schlägerei verwirklicht werden?
Einfache Körperverletzung
Der häufigste Straftatbestand bei einer Schlägerei ist die einfache Körperverletzung. Sie liegt bereits dann vor, wenn jemand einem anderen körperlichen Schaden zufügt – also zum Beispiel einen Faustschlag ins Gesicht verpasst, jemanden schubst, sodass er stürzt, oder mit einem Tritt eine Prellung verursacht. Auch kleinere Verletzungen wie blaue Flecken oder eine blutige Lippe reichen aus, damit der Straftatbestand erfüllt ist.
Gefährliche Körperverletzung
Noch ernster wird es, wenn bei einer Schlägerei eine gefährliche Körperverletzung passiert. Das ist der Fall, wenn bei der Schlägerei etwa ein Gegenstand als Waffe benutzt wird – zum Beispiel eine Glasflasche, ein Gürtel oder sogar ein Schlüsselbund. Auch wenn mehrere Personen gemeinsam auf eine einzelne Person losgehen, kann dieser Paragraf greifen. Die Strafen sind hier deutlich höher, denn das Gesetz sieht Freiheitsstrafen von sechs Monaten bis zu zehn Jahren vor.
Das Landgericht (LG) Stuttgart (Az. 20 KLs 57 Js 58352/11) hat drei Jugendliche wegen gemeinschaftlicher gefährlicher Körperverletzung zu unterschiedlichen Sanktionen nach dem Jugendstrafrecht verurteilt. Die Jugendlichen hatten sich als Mitglieder einer Jugendgruppe mit Mitgliedern einer anderen Jugendgruppe provoziert und sich dann zu einer Schlägerei verabredet. Alle Jugendlichen, die sich an der Schlägerei beteiligten wollten, stimmten zu, mit Fäusten und Fußtritten den Kampf auszutragen, auch wenn dabei erhebliche Verletzungen entstehen könnten. So geschah es dann auch: Mehrere Jugendliche wurden bei der verabredeten Schlägerei so erhebliche verletzt, dass sie zum Teil stationär im Krankenhaus behandelt werden mussten.
Die Stuttgarter Richter verurteilten die Jugendlichen aufgrund der von ihnen selbst oder als Mittäter begangenen gemeinschaftlichen gefährlichen Körperverletzung.
Schwere Körperverletzung
Kommt es bei der Schlägerei zu besonders schweren Verletzungen, etwa zum Verlust eines Auges, bleibenden Lähmungen oder entstellenden Narben, spricht man von schwerer Körperverletzung. Solche Folgen haben ein hohes Strafmaß zur Folge: Hier drohen mindestens ein Jahr Freiheitsstrafe, in besonders gravierenden Fällen deutlich mehr.
Beteiligung an einer Schlägerei
Besonders heikel wird es, wenn es zu einer Gruppenprügelei kommt. In solchen Fällen kann eine strafrechtlich relevante Beteiligung an einer Schlägerei vorliegen. Dies ist dann der Fall, wenn jemand an einer körperlichen Auseinandersetzung mit mehreren Beteiligten teilnimmt, selbst wenn er niemanden direkt verletzt hat. Es reicht, dabei zu sein, wenn jemand ernsthaft verletzt oder sogar getötet wird. Die Idee dahinter: Wer bei einer Eskalation mitmischt oder durch seine Anwesenheit die Gewalt unterstützt, trägt Mitverantwortung.
Körperverletzung mit Todesfolge
Im schlimmsten Fall endet die Schlägerei tödlich, etwa, wenn jemand nach einem Schlag unglücklich auf den Kopf fällt oder gegen den Kehlkopf getreten wird. Dann kommt der Straftatbestand Körperverletzung mit Todesfolge in Betracht. Auch wenn der Tod nicht beabsichtigt war, sondern „aus Versehen“ geschah, drohen hier mehrere Jahre Gefängnis.
Weitere mögliche Straftatbestände: Beleidigung, Hausfriedensbruch, Verstoß gegen das Versammlungsrecht
Daneben können bei Schlägereien noch weitere Straftaten ins Spiel kommen, etwa Beleidigung, wenn sich der Streit verbal hochschaukelt, oder Hausfriedensbruch, wenn die Prügelei in einem Club, auf Privatgelände oder in einem gesperrten Bereich stattfindet. Auch Landfriedensbruch oder Verstöße gegen das Versammlungsrecht können relevant werden, wenn sich mehrere Personen gezielt zu einer gewaltsamen Auseinandersetzung verabreden.
Sind die Folgen einer Schlägerei auch strafbar, wenn sie verabredet war?
Es kommt immer wieder vor, dass sich Personen gezielt zu einer körperlichen Auseinandersetzung verabreden, sie es in Form eines sogenannten Ehrenkampfs, eines Schulhofduells oder einer geplanten Gruppenschlägerei. Nicht selten herrscht dabei die Auffassung, dass eine strafrechtliche Relevanz entfalle, solange alle an der Schlägerei freiwillig teilnehmen. Diese Annahme ist falsch. Zwar sieht das Strafrecht grundsätzlich die Möglichkeit vor, dass eine Einwilligung des Verletzten die Rechtswidrigkeit einer Körperverletzung entfallen lässt, allerdings gilt dies nur, wenn die Tat nicht gegen die guten Sitten verstößt. Bei einer verabredeten Schlägerei ist diese Voraussetzung in der Regel nicht erfüllt. Die Rechtsprechung geht davon aus, dass eine Einwilligung in eine Körperverletzung sittenwidrig und somit unwirksam ist, wenn eine erhebliche Gesundheitsgefährdung besteht, was bei gezielten Schlägen, Tritten oder dem Einsatz von Gegenständen regelmäßig der Fall ist. Das bedeutet: Selbst eine ausdrückliche Einwilligung schützt den Täter nicht vor strafrechtlicher Verfolgung, wenn die Schlägerei objektiv gefährlich ist – und das ist bei den meisten körperlichen Auseinandersetzungen der Fall.
So wertet das auch der Bundesgerichtshof (BGH) (Az. 1 StR 585/12), der der Einwilligung von späteren Opfern in Körperverletzungen keine rechtfertigende Wirkung beimisst, wenn die Taten mit einer konkreten Gefahr des Todes für die Opfer verbunden sind. Verabredete wechselseitigen Tätlichkeiten zwischen Gruppen schließt laut den Bundesrichtern die Wirksamkeit der erteilten Zustimmung zu eigenen Verletzungen stets aus, weil die typischerweise eintretenden gruppendynamischen Prozesse bei einer Schlägerei generell mit einem so erheblichen Grad an Gefährdung des Lebens und der körperlichen Unversehrtheit der Beteiligten verbunden sind, dass die Grenze der "Sittenwidrigkeit" der Taten überschritten ist.
Nach dieser Entscheidung des Bundesgerichtshofs verstößt damit auch die sog. „dritte“ Halbzeit zwischen Fußball-Hooligans gegen die guten Sitten. Selbst wenn solche körperlichen Auseinandersetzungen aufgrund von getroffenen Abreden über die Art des Kampfes beruhen, werden sich die Taten wegen der typischen Eskalationsgefahren trotz der Einwilligungen sämtlicher Beteiligungen als Verstoß gegen die "guten Sitten" erweisen, so die Bundesrichter.
Bei Sportwettkämpfen, wie Boxen, sieht das laut Bundesgerichtshof anders aus, da es Regelwerke für den Sportwettkampf gibt, die durch neutrale Instanzen kontrolliert werden und bei denen bei regelwidrigen Verhalten eingeschritten wird.
Auch für das LG Stuttgart (Az. 20 KLs 57 Js 58352/11) rechtfertigt das Einverständnis der an der Schlägerei beteiligten Jugendlichen, sich mit Fäusten und Fußtritten auseinanderzusetzen, nicht die begangene Straftat. Die von ihnen verabredete Schlägerei verstößt laut Gericht gegen die guten Sitten, womit die Tat trotz Einwilligung strafbar rechtswidrig bleibt.
Welche Strafen drohen bei einer verabredeten Schlägerei?
Ob Geld- oder Freiheitsstrafe und auch die Höhe der Strafe richtet sich bei einer verabredeten Schlägerei danach, welche Delikte verwirklicht wurden.
Neben den strafrechtlichen Sanktionen können zivilrechtliche Schadensersatzansprüche folgen, insbesondere Schmerzensgeldforderungen. Behandlungskosten, Verdienstausfall. Zudem kann es zu Disziplinarmaßnahmen kommen, etwa im Schul- oder Beamtenverhältnis, und auch der Eintrag ins Führungszeugnis ist bei einer Verurteilung besonders bei Freiheitsstrafen über 90 Tagen wahrscheinlich.
erstmals veröffentlicht am 05.05.2014, letzte Aktualisierung am 28.04.2025
Lesen Sie hier weitere Fachartikel im Themenbereich Strafrecht & Ordnungswidrigkeiten
Hier finden Sie bundesweit Rechtsanwälte für Strafrecht