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Kategorie: Anwalt Versicherungsrecht , 22.12.2023 (Lesedauer ca. 6 Minuten, 1728 mal gelesen)

Wintersport: Wer haftet bei Skiunfällen & Co.?

Wintersport: Wer haftet bei Skiunfällen & Co.? © freepik - mko

Ob Ski, Snowboard, Langlauf oder Rodeln: Leider kommt es beim Wintersport immer wieder zu mehr oder weniger schweren Unfällen. Schnell stellt sich dann die Frage, wer für den Skiunfall haften muss. Welche Regeln müssen Wintersportler beachten? Skifahrer, Snowboarder oder Langläufer- wer haftet bei einem Zusammenstoß auf der Ski-Piste? Was gilt bei Rodel-Unfällen? Und haftet die Skiwerkstatt für einen Skiunfall, weil die Skibindung falsch eingestellt wurden?

FIS-Regeln: So müssen sich Skifahrer auf der Piste verhalten!


Der Internationale Skiverband hat für Wintersportler folgende verbindliche FIS-Regeln aufgestellt: (Hinweis: Mit „Skifahrer“ ist auch jeder andere Wintersportler gemeint.)

„1. Rücksichtsnahme
Jeder Skifahrer muss sich so verhalten, dass er keinen anderen gefährdet oder schädigt oder ihn in der Ausübung seiner Tätigkeit einschränkt.
2. Beherrschung der Geschwindigkeit und der Fahrweise
Jeder Skifahrer muss auf Sicht fahren. Er muss seine Geschwindigkeit und seine Fahrweise seinem Können und den Gelände-, Schnee- und Witterungsverhältnissen sowie der Verkehrsdichte anpassen.
3. Wahl der Fahrspur
Der von hinten kommende Skifahrer muss seine Fahrspur so wählen, dass er vor ihm fahrende Skifahrer nicht gefährdet.
4. Überholen
Überholt werden darf von oben oder unten, von rechts oder links, aber immer nur mit einem Abstand, der dem überholten Skifahrer für alle seine Bewegungen genügend Raum lässt.
5. Einfahren und Anfahren
Jeder Skifahrer, der in eine Skiabfahrt einfahren, nach einem Halt wieder anfahren oder hangaufwärts schwingen oder fahren will, muss sich nach oben und unten vergewissern, dass er dies ohne Gefahr für sich und andere tun kann.
6. Anhalten
Jeder Skifahrer muss es vermeiden, sich ohne Not an engen oder unübersichtlichen Stellen einer Abfahrt aufzuhalten. Ein gestürzter Skifahrer muss eine solche Stelle so schnell wie möglich freimachen.
7. Aufstieg und Abstieg
Jeder Skifahrer, der aufsteigt oder zu Fuß absteigt, muss den Rand der Abfahrt benutzen.
8. Beachten der Zeichen
Jeder Skifahrer muss Markierung und Signale beachten.
9. Hilfeleistung
Bei Unfällen ist jeder zur Hilfeleistung verpflichtet.
10. Ausweispflicht
Jeder Skifahrer und Snowboarder, ob Zeuge oder Beteiligter, ob verantwortlich oder nicht, muss im Falle eines Unfalles seine Personalien angeben.“

Wer haftet bei einem Ski-Unfall?


Bei der Frage, wer für einen Ski-, Snowboard-, oder Langlauf-Unfall haftet, ist für die Gerichte die Beachtung der FIS-Regeln entscheidend.

Bei einem Unfall auf der Skipiste haftet allein der von oben kommende Skifahrer, so dass Landgericht (LG) Ravensburg (Az. 4 O 185/05). Begründung: Der hintere Fahrer muss die Fahrspur und die Geschwindigkeit so wählen, dass der vor ihm fahrende Fahrer nicht gefährdet wird (FIS-Regel Nr. 3).

Ein Skifahrer haftet für einen Kollision, wenn er unmittelbar vor dem Zusammenstoß zum Linksschwung ansetzte und dann beim Ausfahren der Kurve leicht bergauf fuhr. Er verletzt laut LG Frankenthal (Az. 7 O 141/19) die FIS-Regel Nr. 5, wonach er sich beim hangaufwärts fahren nach oben und unten vergewissern muss, dass keine Unfallgefahr besteht.

Auch das Oberlandesgericht (OLG) Hamm (Az. 27 U 209/00) zog zur Beurteilung eines Skiunfalls die FIS-Regeln heran. Eine Familie war von der Seite in den Hang hineingefahren und rammte ein von oben kommenden schussfahrenden Skifahrer und verletzte eine weitere Skifahrerin schwer. Die Familie hätte nach den FIS-Regeln (Nr. 5) am Rande der Piste stehenbleiben und warten müssen, bis alle von oben kommenden Skifahrer vorbeigefahren sind. Für den Skiunfall trug die Familie die volle Haftung.

Ein Snowboardfahrer trägt bei einem Unfall mit einem Skifahrer eine höhere Haftungsquote, so das LG Bonn (Az. 1 O 484/04). Begründung: Ein Snowboardfahrer stellt ein höheres Gefährdungspotential dar. Das Gericht wendete ebenfalls die FIS-Regel 1 (allgemeine Sorgfaltspflicht) und 4 (Sichtfahrgebot mit angepasster Geschwindigkeit) an. Beide Wintersportler haben es laut Gericht an der nötigen Sorgfalt fehlen lassen. Dennoch treffe der Snowboardfahrer aufgrund seiner Aufpralldynamik und schweren Steuerung ein höheres Haftungsrisiko.

Auch für den Langlauf gelten die FIS-Regeln. Eine Langläuferin, die aufgrund eines in die Loipe ragenden Skistocks, zu Fall kam und sich verletzte, erhält keinen Schadensersatz, so das OLG Jena (Az. 7 U 741/95). Die Langläuferin habe das „Sichtfahrgebot“ der FIS-Regeln (Nr. 2) für Langläufer missachtet, das wie bei den Alpinläufern zum rechtzeitigen Halt vor einem Hindernis verpflichtet.
Häufig kommt es am und im Skilift zu Unfällen. So im Fall einer Skifahrerin, die während der Fahrt mit einem Doppelschlepplift stürzte und sich das Handgelenk brach. Sie machte ihren Mitfahrer für den Sturz verantwortlich. Dieser sei schräg vor ihr mit seinen Skiern in die Lift-Spur gefahren und habe auf ihren Ski-Enden gestanden. Ihre Klage vor dem LG Coburg (Az. 22 O 600/11) blieb ohne Erfolg, da die Frau ihre Version vom Unfallhergang mehrmals während des Prozesses änderte. Das Gericht konnte keinen Verstoß des Mitfahrers gegen die allgemeinen FIS-Verhaltensregeln des internationalen Skiverbandes feststellen.
Wichtig zu wissen: Ein Skifahrer darf auf der Skipiste stehen bleiben, um sich ein Bild über den weiteren Pistenverlauf zu machen. Fährt ein anderer Skifahrer in ihn hinein, haftet dieser alleine für die Unfallfolgen. So das Oberlandesgericht Dresden (Aktenzeichen 7 U 1994/03).

Draußen oder in der Halle: Wer haftet für Unfälle beim Rodeln?


Unfälle passieren auch beim Schlitten oder Bob fahren. Ein Gast, der auf einem Taxi-Bob von einem ausgebildeten Bobfahrer gefahren wurde, gab an am Ende der Fahrt einen Schlag auf seine Wirbelsäule erhalten zu haben. Tatsächlich wurde bei dem Mann eine Wirbelsäulenverletzung festgestellt. Dennoch erhielt er keinen Schadensersatz, entschied das LG Arnsberg (Az. 2 O 456/02). Unebenheiten auf dem Eis seien typische Gegebenheiten auf Bobbahnen, damit müssten Bobfahrer rechnen- genauso wie mit Erschütterungen.

Ebenso entschied das OLG Hamm (Az. 13 U 120/98), das die Klage einer Rodelfahrerin abwies, die sich auf einem vereisten Rodelhang verletzte. Die Frau machte den Betreiber des Rodelhangs dafür verantwortlich, er hätte den Hang sperren müssen. Nein, entschied das Gericht. Die Frau sei selbst verantwortlich dafür welche Gefahren sie bei einer Rodelabfahrt eingehen wolle.

Ist der Rodelhang allerdings so angelegt, dass man über ein Hindernis schießt und sich dabei verletzt, haftet der Betreiber des Hanges. So das OLG Nürnberg (Az. 6 U 1812/00). Das Gericht stellte klar, dass auch für Rodler die FIS-Regeln gelten.

Nach einem Urteil des OLG Hamm (Az. 9 U 129/06) stellt ein willkürlich angelegter Sprunghügel in einer Hallenrodelbahn eine atypische Gefahr dar, vor der der Betreiber der Anlage warnen muss. Unterlässt er die Warnung, verletzt er seine Verkehrssicherungspflicht und muss für die Unfallfolgen haften. Da aber der Rodler kein wintertaugliches Schuhwerk mit entsprechenden Profilsohlen trug, die er zum Bremsen benötigt hätte und er eigenen Angaben bei den schlechten Sichtverhältnissen in der Halle zu schnell fuhr, trifft ihn eine Mitschuld.

Zwei weitere Urteile des OLG Hamm zeigen aber, dass Rodeln an sich auf eigene Gefahr der Wintersportler erfolgt. Im ersten Fall entschieden die Hammer Richter (Az. I-9 U 81/10), dass ein Rodler bevor er die Piste mit dem Schlitten hinab saust, prüfen muss, ob die Rodelpiste zum Rodeln geeignet ist. Darüber hinaus muss er immer mit Unebenheiten im Boden rechnen. In einem anderen Fall urteilte das OLG Hamm (Az.13 U 120/98), dass ein Pistenbetreiber nur bei außergewöhnlicher Gefährlichkeit haftet.

Wer zahlt die Bergungskosten nach einem Wintersport-Unfall?


Ist es zu einem schweren Wintersportunfall gekommen, der den Einsatz eines Hubschraubers notwendig macht, wird es teuer. War der Hubschraubereinsatz aus medizinischen Gründen notwendig, wird er von der gesetzlichen oder privaten Krankenversicherung gezahlt. Bei leichteren Skiunfällen ist die Kostenübernahme der Krankenversicherungen für einen Hubschraubereinsatz nicht sichergestellt. Weder in Deutschland noch im Ausland springt die gesetzliche und meist auch nicht die private Krankenversicherung in diesem Fall ein. In Deutschland kommt in der Regel die private Unfallversicherung – soweit vorhanden- für die Bergungskosten auf. Für den Skiurlaub im Ausland macht eine private Auslandskrankenversicherung Sinn. Wichtig ist, dass Rettungs- und Bergungskosten auch im Versicherungsumfang enthalten sind.

Was muss man nach einem Ski- oder Rodelunfall unbedingt tun?


Ist es zu einem Ski- oder Rodelunfall gekommen, sollten unbedingt die Personalien der Unfallbeteiligten und bestenfalls auch von Unfallzeugen aufgenommen werden. Dies ist für die rechtliche Verfolgung von Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüchen notwendig.

Kommt es zu einem Konflikt zwischen den Unfallbeteiligten, rufen Sie sofort die Bergwacht dazu. Die Telefonnummer der Bergwacht finden Sie in den Liftstationen. Sie sollte am besten schon vor der ersten Abfahrt im Handy gespeichert werden.

Haftet der Händler beim Skiunfall aufgrund falsch eingestellter Skibindung?


Eine falsch eingestellt Skibindung kann oft die Ursache für einen Skiunfall sein: Ein Kunde kaufte sich im Fachhandel neue Skier und ließ sich die Bindung dort einstellen. Auf der Skipiste stürzte er und zog sich eine Verletzung seiner Bänder zu. Schadensersatz vom Skigeschäft gab es keinen, da laut Sachverständigengutachten die Skier nur minimal falsch eingestellt waren und der Sturz wohl eher am nicht richtig geschlossenen Schuh des Mannes lag, stellte das OLG Hamm (Az. 6 U 6/01) fest.


erstmals veröffentlicht am 08.02.2013, letzte Aktualisierung am 22.12.2023

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