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Kategorie: Anwalt Versicherungsrecht ,
24.12.2025 (Lesedauer ca. 8 Minuten, 2638 mal gelesen)
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Wintersport: Wer haftet bei Skiunfällen & Co.?

Wintersport: Wer haftet bei Skiunfällen & Co.? © freepik - mko

Skifahren, Snowboarden oder Rodeln gehören für viele zum Winterurlaub dazu. Doch auf vollen Pisten kommt es schnell zu Unfällen mit teils schweren Verletzungen. Wer haftet in solchen Fällen für den Schaden? Was sind die FIS-Regeln und wer muss sie beachten? Und welche Versicherung hilft bei einem Wintersportunfall?

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FIS-Regeln: So müssen sich Skifahrer auf der Piste verhalten!


Der Internationale Skiverband hat für Wintersportler folgende verbindliche FIS-Regeln aufgestellt: (Hinweis: Mit „Skifahrer“ ist auch jeder andere Wintersportler gemeint.)
„1. Rücksichtsnahme
Jeder Skifahrer muss sich so verhalten, dass er keinen anderen gefährdet oder schädigt oder ihn in der Ausübung seiner Tätigkeit einschränkt.
2. Beherrschung der Geschwindigkeit und der Fahrweise
Jeder Skifahrer muss auf Sicht fahren. Er muss seine Geschwindigkeit und seine Fahrweise seinem Können und den Gelände-, Schnee- und Witterungsverhältnissen sowie der Verkehrsdichte anpassen.
3. Wahl der Fahrspur
Der von hinten kommende Skifahrer muss seine Fahrspur so wählen, dass er vor ihm fahrende Skifahrer nicht gefährdet.
4. Überholen
Überholt werden darf von oben oder unten, von rechts oder links, aber immer nur mit einem Abstand, der dem überholten Skifahrer für alle seine Bewegungen genügend Raum lässt.
5. Einfahren und Anfahren
Jeder Skifahrer, der in eine Skiabfahrt einfahren, nach einem Halt wieder anfahren oder hangaufwärts schwingen oder fahren will, muss sich nach oben und unten vergewissern, dass er dies ohne Gefahr für sich und andere tun kann.
6. Anhalten
Jeder Skifahrer muss es vermeiden, sich ohne Not an engen oder unübersichtlichen Stellen einer Abfahrt aufzuhalten. Ein gestürzter Skifahrer muss eine solche Stelle so schnell wie möglich freimachen.
7. Aufstieg und Abstieg
Jeder Skifahrer, der aufsteigt oder zu Fuß absteigt, muss den Rand der Abfahrt benutzen.
8. Beachten der Zeichen
Jeder Skifahrer muss Markierung und Signale beachten.
9. Hilfeleistung
Bei Unfällen ist jeder zur Hilfeleistung verpflichtet.
10. Ausweispflicht
Jeder Skifahrer und Snowboarder, ob Zeuge oder Beteiligter, ob verantwortlich oder nicht, muss im Falle eines Unfalles seine Personalien angeben.“

Wer haftet bei einem Ski-Unfall?


Im Wintersport gilt wie im Straßenverkehr: Wer fahrlässig oder rücksichtslos fährt und dadurch einen Unfall verursacht, muss für den Schaden einstehen. Das betrifft sowohl Personen- als auch Sachschäden, etwa Behandlungskosten, Verdienstausfall oder beschädigte Ausrüstung. Maßstab für das richtige Verhalten sind insbesondere die FIS-Regeln, die als allgemein anerkannte Verhaltensnormen auf Skipisten gelten und von Gerichten regelmäßig herangezogen werden. Häufige Konstellationen, in denen eine Haftung bei einem Wintersportunfallangenommen wird, sind zu hohe Geschwindigkeit bei starkem Andrang, fehlender Sicherheitsabstand, unkontrolliertes Einfahren in die Piste, Überholen ohne ausreichenden Raum, Kollisionen mit stehenden oder langsam fahrenden Wintersportlern. Wer von hinten auffährt, trägt in der Regel die Hauptverantwortung.
Bei einem Unfall auf der Skipiste haftet allein der von oben kommende Skifahrer, so dass Landgericht (LG) Ravensburg (Az. 4 O 185/05). Begründung: Der hintere Fahrer muss die Fahrspur und die Geschwindigkeit so wählen, dass der vor ihm fahrende Fahrer nicht gefährdet wird (FIS-Regel Nr. 3).
Ein Skifahrer haftet für einen Kollision, wenn er unmittelbar vor dem Zusammenstoß zum Linksschwung ansetzte und dann beim Ausfahren der Kurve leicht bergauf fuhr. Er verletzt laut LG Frankenthal (Az. 7 O 141/19) die FIS-Regel Nr. 5, wonach er sich beim hangaufwärts fahren nach oben und unten vergewissern muss, dass keine Unfallgefahr besteht.
Auch das Oberlandesgericht (OLG) Hamm (Az. 27 U 209/00) zog zur Beurteilung eines Skiunfalls die FIS-Regeln heran. Eine Familie war von der Seite in den Hang hineingefahren und rammte ein von oben kommenden schussfahrenden Skifahrer und verletzte eine weitere Skifahrerin schwer. Die Familie hätte nach den FIS-Regeln (Nr. 5) am Rande der Piste stehenbleiben und warten müssen, bis alle von oben kommenden Skifahrer vorbeigefahren sind. Für den Skiunfall trug die Familie die volle Haftung.
Ein Snowboardfahrer trägt bei einem Unfall mit einem Skifahrer eine höhere Haftungsquote, so das LG Bonn (Az. 1 O 484/04). Begründung: Ein Snowboardfahrer stellt ein höheres Gefährdungspotential dar. Das Gericht wendete ebenfalls die FIS-Regel 1 (allgemeine Sorgfaltspflicht) und 4 (Sichtfahrgebot mit angepasster Geschwindigkeit) an. Beide Wintersportler haben es laut Gericht an der nötigen Sorgfalt fehlen lassen. Dennoch treffe der Snowboardfahrer aufgrund seiner Aufpralldynamik und schweren Steuerung ein höheres Haftungsrisiko.
Auch für den Langlauf gelten die FIS-Regeln. Eine Langläuferin, die aufgrund eines in die Loipe ragenden Skistocks, zu Fall kam und sich verletzte, erhält keinen Schadensersatz, so das OLG Jena (Az. 7 U 741/95). Die Langläuferin habe das „Sichtfahrgebot“ der FIS-Regeln (Nr. 2) für Langläufer missachtet, das wie bei den Alpinläufern zum rechtzeitigen Halt vor einem Hindernis verpflichtet.
Häufig kommt es am und im Skilift zu Unfällen. So im Fall einer Skifahrerin, die während der Fahrt mit einem Doppelschlepplift stürzte und sich das Handgelenk brach. Sie machte ihren Mitfahrer für den Sturz verantwortlich. Dieser sei schräg vor ihr mit seinen Skiern in die Lift-Spur gefahren und habe auf ihren Ski-Enden gestanden. Ihre Klage vor dem LG Coburg (Az. 22 O 600/11) blieb ohne Erfolg, da die Frau ihre Version vom Unfallhergang mehrmals während des Prozesses änderte. Das Gericht konnte keinen Verstoß des Mitfahrers gegen die allgemeinen FIS-Verhaltensregeln des internationalen Skiverbandes feststellen.
Ein Skifahrer darf auf der Skipiste stehen bleiben, um sich ein Bild über den weiteren Pistenverlauf zu machen. Fährt ein anderer Skifahrer in ihn hinein, haftet dieser alleine für die Unfallfolgen. So das Oberlandesgericht Dresden (Aktenzeichen 7 U 1994/03).
Wichtig zu wissen: Kinder und unerfahrene Fahrer genießen keinen generellen Haftungsbonus. Auch sie müssen die grundlegenden Regeln beachten. Allerdings berücksichtigen Gerichte bei der Bewertung des Verschuldens Alter, Erfahrung und Einsichtsfähigkeit. Eltern haften nur, wenn sie ihre Aufsichtspflicht verletzt haben.

Wie sieht die Haftung bei Eigenverschuldung oder Mitverschulden bei einem Skiunfall aus?


Nicht jeder Unfall führt automatisch zu einem vollständigen Schadensersatz. Hat der Geschädigte selbst gegen Sorgfaltspflichten verstoßen, kann eine Mithaftung in Betracht kommen, etwa bei abruptem Anhalten an unübersichtlichen Stellen, Missachtung von Pistenmarkierungen, riskantem Fahrverhalten. In solchen Fällen wird der Schaden quotenmäßig verteilt.
Gut zu wissen: Wer abseits gesicherter Pisten unterwegs ist, handelt auf eigene Gefahr. Kommt es dort zu Unfällen, kann der Versicherungsschutz entfallen, eine Haftung des Skigebiets ausgeschlossen sein und bei Rettungseinsätzen eine Kostenbeteiligung drohen.

Draußen oder in der Halle: Wer haftet für Unfälle beim Rodeln?


Unfälle passieren auch beim Schlitten oder Bob fahren. Ein Gast, der auf einem Taxi-Bob von einem ausgebildeten Bobfahrer gefahren wurde, gab an am Ende der Fahrt einen Schlag auf seine Wirbelsäule erhalten zu haben. Tatsächlich wurde bei dem Mann eine Wirbelsäulenverletzung festgestellt. Dennoch erhielt er keinen Schadensersatz, entschied das LG Arnsberg (Az. 2 O 456/02). Unebenheiten auf dem Eis seien typische Gegebenheiten auf Bobbahnen, damit müssten Bobfahrer rechnen- genauso wie mit Erschütterungen.
Ebenso entschied das OLG Hamm (Az. 13 U 120/98), das die Klage einer Rodelfahrerin abwies, die sich auf einem vereisten Rodelhang verletzte. Die Frau machte den Betreiber des Rodelhangs dafür verantwortlich, er hätte den Hang sperren müssen. Nein, entschied das Gericht. Die Frau sei selbst verantwortlich dafür welche Gefahren sie bei einer Rodelabfahrt eingehen wolle.
Ist der Rodelhang allerdings so angelegt, dass man über ein Hindernis schießt und sich dabei verletzt, haftet der Betreiber des Hanges. So das OLG Nürnberg (Az. 6 U 1812/00). Das Gericht stellte klar, dass auch für Rodler die FIS-Regeln gelten.
Nach einem Urteil des OLG Hamm (Az. 9 U 129/06) stellt ein willkürlich angelegter Sprunghügel in einer Hallenrodelbahn eine atypische Gefahr dar, vor der der Betreiber der Anlage warnen muss. Unterlässt er die Warnung, verletzt er seine Verkehrssicherungspflicht und muss für die Unfallfolgen haften. Da aber der Rodler kein wintertaugliches Schuhwerk mit entsprechenden Profilsohlen trug, die er zum Bremsen benötigt hätte und er eigenen Angaben bei den schlechten Sichtverhältnissen in der Halle zu schnell fuhr, trifft ihn eine Mitschuld.
Zwei weitere Urteile des OLG Hamm zeigen aber, dass Rodeln an sich auf eigene Gefahr der Wintersportler erfolgt. Im ersten Fall entschieden die Hammer Richter (Az. I-9 U 81/10), dass ein Rodler bevor er die Piste mit dem Schlitten hinab saust, prüfen muss, ob die Rodelpiste zum Rodeln geeignet ist. Darüber hinaus muss er immer mit Unebenheiten im Boden rechnen. In einem anderen Fall urteilte das OLG Hamm (Az.13 U 120/98), dass ein Pistenbetreiber nur bei außergewöhnlicher Gefährlichkeit haftet.

Welche Versicherung zahlt was nach einem Wintersport-Unfall?


Nach einem Wintersport-Unfall springt die private Haftpflichtversicherung ein, wenn man selbst einen Unfall verursacht hat. Die Krankenversicherung übernimmt die Behandlungskosten, wenn der Unfall in Deutschland passiert ist. Für Wintersport im Ausland ist eine Auslandsreisekrankenversicherung dringend zu empfehlen, da hier schnell hohe Kosten durch Bergung und Behandlung entstehen können, die oft direkt vor Ort bezahlt werden müssen. Eine Unfallversicherung kann zusätzliche Leistungen erbringen.
Wichtig: Versicherungen leisten regelmäßig nur bei regelkonformem Verhalten.
Verletzt sich eine Reisende im Skiurlaub so schwer, dass die Reise faktisch nicht mehr sinnvoll fortgesetzt werden kann, gilt der Urlaub bereits mit dem Unfall als abgebrochen. Das entschied das AG München (Az. 132 C 23372/24). Maßgeblich sei nicht der tatsächliche Abreisetag, sondern der Zeitpunkt, ab dem aufgrund des versicherten Ereignisses Reiseunfähigkeit eintritt. Im konkreten Fall musste die Reiseabbruchversicherung daher einen Großteil der Hotelkosten erstatten, auch für den Ehemann, da ihm eine Fortsetzung des Urlaubs mit dem Kind nicht zuzumuten war. Nicht ersetzt wurden hingegen Skipässe und die Kosten für die Tochter.

Wer zahlt die Bergungskosten nach einem Wintersport-Unfall?


Ist es zu einem schweren Wintersportunfall gekommen, der den Einsatz eines Hubschraubers notwendig macht, wird es teuer. War der Hubschraubereinsatz aus medizinischen Gründen notwendig, wird er von der gesetzlichen oder privaten Krankenversicherung gezahlt. Bei leichteren Skiunfällen ist die Kostenübernahme der Krankenversicherungen für einen Hubschraubereinsatz nicht sichergestellt. Weder in Deutschland noch im Ausland springt die gesetzliche und meist auch nicht die private Krankenversicherung in diesem Fall ein. In Deutschland kommt in der Regel die private Unfallversicherung – soweit vorhanden- für die Bergungskosten auf. Für den Skiurlaub im Ausland macht eine private Auslandskrankenversicherung Sinn. Wichtig ist, dass Rettungs- und Bergungskosten auch im Versicherungsumfang enthalten sind.

Was muss man nach einem Ski- oder Rodelunfall unbedingt beachten


Nach einem Ski- oder Rodelunfall sind schnelles Handeln, Hilfeleistung und die Sicherung der Unfallstelle entscheidend. Bei einem Ski- oder Rodelunfall haben Wintersportler die Pflicht sofort anzuhalten. Die internationalen FIS-Pistenregeln verpflichten alle Wintersportler zur gegenseitigen Rücksichtnahme und Hilfeleistung bei Unfällen. Wer nach einem Unfall einfach weiterfährt, macht sich der Unfallflucht schuldig.
Ist es zu einem Ski- oder Rodelunfall gekommen, muss zuerst die Unfallstelle gesichert werden. Dabei sollten Ski oder Snowboard als Warnsignal aufgestellt werden und zwar oberhalb der Unfallstelle.
Danach gilt es Erste Hilfe zu leisten. Kontrollieren Sie den Zustand der verletzten Person: Bewusstsein? Atmung? sichtbare Verletzungen? Informieren Sie den Rettungsdienst oder die Pistenrettung über den europaweiten Notruf 112 oder über lokale Notrufnummern. Geben Sie möglichst genaue Angaben zur Unfallstelle, wie Pistenbezeichnung, Markierungen, Nähe zu Liften. Beschreiben Sie die Art der Verletzungen und den Zustand der Betroffenen. Leisten Sie erste Hilfe, soweit möglich. Das kann das Beruhigen der Person, das Schützen vor Kälte oder das Stillen von Blutungen sein.
Ist die Erste Hilfe geleistet gilt es die persönlichen Daten von Unfallbeteiligten und Zeugen zu erfassen. Notieren Sie Namen, Adressen und Telefonnummern aller Beteiligten und eventueller Zeugen. Fotografieren Sie die Unfallstelle, beteiligte Personen, die Position der Ausrüstung und eventuelle Verletzungen. Halten Sie den Ablauf des Unfalls schriftlich fest, solange er noch frisch im Gedächtnis ist. Dies ist für die rechtliche Verfolgung von Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüchen notwendig. Kommt es zu einem Konflikt zwischen den Unfallbeteiligten, rufen Sie sofort die Bergwacht dazu. Die Telefonnummer der Bergwacht finden Sie in den Liftstationen. Sie sollte am besten schon vor der ersten Abfahrt im Handy gespeichert werden.
Zum Schluss sollte Ihre Unfallversicherung informiert werden, wenn Sie selbst betroffen sind. Bei Schäden an Dritten muss die Haftpflichtversicherung informiert werden.
Wichtig: Auch wenn Verletzungen zunächst harmlos erscheinen, sollten alle Unfallbeteiligten eine ärztliche Untersuchung vornehmen lassen, um innere Verletzungen oder Spätfolgen auszuschließen.

Haftet der Händler beim Skiunfall aufgrund falsch eingestellter Skibindung?


Eine falsch eingestellt Skibindung kann oft die Ursache für einen Skiunfall sein: Ein Kunde kaufte sich im Fachhandel neue Skier und ließ sich die Bindung dort einstellen. Auf der Skipiste stürzte er und zog sich eine Verletzung seiner Bänder zu. Schadensersatz vom Skigeschäft gab es keinen, da laut Sachverständigengutachten die Skier nur minimal falsch eingestellt waren und der Sturz wohl eher am nicht richtig geschlossenen Schuh des Mannes lag, stellte das OLG Hamm (Az. 6 U 6/01) fest.

erstmals veröffentlicht am 08.02.2013, letzte Aktualisierung am 24.12.2025

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