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Kategorie: Anwalt Strafrecht , 14.08.2023 (Lesedauer ca. 4 Minuten, 1894 mal gelesen)

Kriminelle Jugendliche: Welche Strafen drohen?

Kriminelle Jugendliche: Welche Strafen drohen? © freepik - mko

Diebstahl, Körperverletzung und Rauschgiftdelikte sind laut aktuellen Statistiken die häufigsten Straftaten von Jugendlichen. Für wen gilt das Jugendstrafrecht? Ab welchem Alter können sich Jugendliche strafbar machen? Welche Sanktionen drohen kriminellen Jugendlichen? Was tun, wenn ein Jugendlicher eine Strafanzeige oder Vorladung zu einer Vernehmung erhält?

Ab welchem Alter können sich Jugendliche strafbar machen?

In Deutschland sind Kinder, die bei der Tat unter 14 Jahren waren, strafrechtlich nicht verantwortlich. Daher findet keine strafrechtliche Verfolgung oder Verurteilung statt – auch nicht nach dem Jugendstrafrecht. Bei Jugendlichen zwischen 14 und 18 Jahren zum Tatzeitpunkt findet das Jugendstrafrecht Anwendung. Ein Jugendlicher wird für seine Taten allerdings nur dann strafrechtlich zur Verantwortung gezogen, wenn seine geistige und sittliche Entwicklung reif genug ist, um das Unrecht seiner Tat zu verstehen und einzusehen. Bei Heranwachsenden zwischen 18 und 21 Jahren zum Tatzeitpunkt kann das Jugendstrafrecht im Einzelfall ebenfalls Anwendung finden, abhängig von der geistigen Reife des Jugendlichen und ob es sich um eine jugendspezifische Tat handelte. In der Regel müssen sich Heranwachsenden aber nach dem allgemeinen Strafrecht voll verantworten. Das Jugendstrafrecht wird nicht angewendet bei Heranwachsende, die zum Tatzeitpunkt älter als 21 Jahre sind. Sie haften für ihre Handeln in jedem Fall nach dem allgemeinen Strafrecht.

Welche Strafen und Sanktionen drohen kriminellen Jugendlichen?

Abhängig von der Schwere der begangenen Straftat und dem entstandenen Schaden haben Jugendliche die Chance zunächst mit einer bloßen richterlichen Verwarnung oder der Einstellung des Verfahrens gegen Erfüllung einer Auflage davonzukommen. Für die Einstellung des Verfahrens ist allerdings das Einverständnis der Staatsanwaltschaft erforderlich. Verweigert die Staatsanwaltschaft ihr Einverständnis drohen dem Jugendlichen Sanktionen. Dabei ist das Jugendstrafrecht nicht vom Schuld- und Sühnecharakter geprägt, sondern es legt seinen Fokus auf die Erziehung des Jugendlichen. Anstelle von Freiheits- oder Geldstrafen treten Erziehungsmaßregeln, Zuchtmittel oder eine Jugendstrafe.

Erziehungsmaßregeln

Mit Erziehungsmaßregeln sollen erkennbar gewordenen Mängel in der Erziehung des Jugendlichen entgegengewirkt werden, damit er nicht erneut straffällig wird. Hierbei handelt es sich zum Beispiel um Weisungen des Jugendgerichts, etwa einen sozialen Kurs zu besuchen oder einen Ort zu meiden.

Zuchtmittel

Wenn Erziehungsmaßregeln nicht mehr ausreichen, aber eine Jugendstrafe noch nicht geboten ist, kann das Jugendgericht Zuchtmittel verhängen. Hierbei handelt es sich um das Erteilen einer Verwarnung, Auflagen oder Jugendarrest. Die Verwarnung ist das mildeste Zuchtmittel. Sie kann verhangen werden, wenn der Jugendliche versucht hat den Schaden seiner Tat wiedergutzumachen, er sich bei dem Opfer entschuldigt hat, eine Arbeitsleistung erbringen will oder einen Geldbetrag zugunsten einer gemeinnützigen Einrichtung zahlen will. Der Jugendarrest kann in Form von Freizeit-, Kurz- oder Dauerarrest von bis zu vier Wochen verhangen werden.

Jugendstrafe

Eine Jugendstrafe ist die härteste Sanktion im Jugendstrafrecht. Sie kann von einem Jugendgericht verhängt werden, wenn beim Jugendlichen etwa eine Rückfallgefahr für erhebliche Straftaten besteht oder eine besonders schwere Schuld vorliegt. Bei der Jugendstrafe handelt es sich um eine Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten bis zu fünf Jahren. Eine Jugendstrafe wird grundsätzlich in einer Jugendstrafanstalt vollzogen. Hier erfährt der Jugendliche eine Erziehung zu einem strukturierten und verantwortungsbewussten Leben. Der Vollzug in einer Jugendstrafanstalt ist von Arbeit, Unterricht, Sport und Ordnung geprägt. Er kann im Einzelfall auch gelockert werden oder extern durchgeführt werden.

Was tun als Jugendlicher bei einer Anzeige oder Vorladung?

Wer als Jugendlicher eine Vorladung zu einer polizeilichen Beschuldigtenvernehmung wegen einer Tat des Jugendstrafrechts erhalten hat, sollte sich schnellst möglich mit einem Anwalt für Strafrecht in Verbindung setzen. Es drohen erhebliche Strafen und Auswirkungen für Ihre persönliche Zukunft!
Schweigen Sie! Bei einer Vorladung zur Vernehmung als Beschuldigter sollten Sie ohne anwaltlichen Rat gegenüber den Ermittlungsbehörden keine Angaben machen. Sie müssen der Vorladung nicht Folge leisten. Sie haben als Beschuldigter das Recht Ihre Aussage zu verweigern, um sich selbst zu schützen und müssen sich durch eine Aussage nicht selbst belasten. Ein Anwalt für Strafrecht beantragt bei einer Anzeige umgehend Akteneinsicht und kann so rechtssicher einschätzen, was Ihnen vorgeworfen wird und welche Verteidigungsstrategie zu verfolgen ist.
Einen ersten Überblick, wie Sie sich als Beschuldigter einer Jugendstraftat am besten verhalten, haben wir Ihnen in einer übersichtlichen Checkliste dargestellt.

Haben Jugendliche einen Anspruch auf Prozesskostenhilfe?

Jugendliche haben ein Recht auf Prozesskostenhilfe, falls ihnen die notwendigen finanziellen Mittel für die Verfahrenskosten fehlen. Der Antrag auf Prozesskostenhilfe muss zeitnah erfolgen. Im Falle einer Ablehnung muss der Jugendliche schriftlich davon informiert werden.

Vor welchem Gericht werden Jugendstraftaten verhandelt?

Über Straftaten von Jugendlichen entscheiden Jugendgerichte. Werden als Folge der Straftat Erziehungsmittel oder Zuchtmittel erwartet, entscheidet beim Amtsgericht der Jugendrichter. Bei einer zu erwartenden Jugendstrafe entscheidet je nach Schwere der Tat das Jugendschöffengericht beim Amtsgericht oder die Jugendkammer beim Landgericht. Die Rechtsmittel bei Jugendstrafen sind eingeschränkt, damit die Folgen der Straftat schnell wirken. Untersuchungshaft ist auch im Jugendstrafrecht möglich. Zunächst wird als milderes Mittel aber eine einstweilige Unterbringung in einem Jugendheim oder in einer Jugendarrestanstalt geprüft.

Weitere Artikel zum Jugendstrafrecht

Häufige Fragen und Antworten zum Jugendstrafrecht

+ Was bedeutet Jugendstrafrecht?

Das Jugendstrafrecht ist ein Sonderstrafrecht und Sonderstrafprozessrecht, das speziell auf die Besonderheiten im Umgang mit jungen Beschuldigten zugeschnitten ist. Es hat zum allg. Strafrecht für Erwachsene einen eigenen Verfahrensgang und bei den Straftaten andere Rechtsfolgen.

+ Wer wird nach Jugendstrafrecht verurteilt?

Das Jugendstrafrecht findet bei Beschuldigte zwischen 14 und 18 Jahren Anwendung. Im Einzelfall kann das Jugendstrafrecht auch bei Heranwachsenden im Alter zwischen 18 und 21 Jahren angewendet werden. Dies hängt von der Reife des Beschuldigten ab und ob es sich bei der vorgeworfenen Straftat um eine jugendtypische Verfehlung handelt.

+ Jugendstrafrecht - was steht im Führungszeugnis?

Jugendstrafen, auch zur Bewährung, werden in das Führungszeugnis aufgenommen. Ebenso Nebenstrafen und Maßregelungen der Erziehung und Besserung. Nicht eingetragen werden Erziehungsmaßnahmen oder Zuchtmittel.

+ Wo ist das Jugendstrafrecht geregelt?

Das Jugendstrafrecht ist im Jugendgerichtsgesetz geregelt.

+ Warum werden im Jugendstrafrecht vor allem erzieherische Maßnahmen ergriffen?

Das Jugendstrafrecht ist in seiner gesetzgeberischen Zielsetzung auf die Erziehung des Jugendlichen ausgerichtet. Aus diesem Grund werden von den Jugendgerichten vor allem erzieherische Maßnahmen angeordnet.


erstmals veröffentlicht am 24.05.2019, letzte Aktualisierung am 14.08.2023

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