Altersdiskriminierung am Arbeitsplatz: Wie wehren Sie sich erfolgreich?
Arbeitnehmer blickt wegen Diskriminierung verzweifelt zu Boden © freepik - mko
Benachteiligungen bei Beförderungen, Gehaltsverhandlungen oder Weiterbildungsmöglichkeiten: Altersdiskriminierung am Arbeitsplatz ist ein unterschätztes, aber weit verbreitetes Problem. Doch wann liegt eine Altersdiskriminierung am Arbeitsplatz vor? Wie können sich Arbeitnehmer zur Wehr setzen? Und haben sie einen Anspruch auf Entschädigung bei einer Altersdiskriminierung?
- Was ist Altersdiskriminierung am Arbeitsplatz ?
- Woran erkennt man Altersdiskriminierung am Arbeitsplatz ?
- Kann eine Ungleichbehandlung von Arbeitnehmern aufgrund ihres Alters zulässig sein?
- Wann verstoßen Stellenausschreibungen gegen das Altersdiskriminierungsverbot?
- Wann liegt eine Altersdiskriminierung bei Urlaubsregelungen vor?
- Wann besteht bei Abfindungen eine Altersdiskriminierung?
- Wann findet bei Kündigungen eine Altersdiskriminierung statt?
- Was können sich Arbeitnehmer bei einer Altersdiskriminierung wehren?
- Welche Ansprüche haben Arbeitnehmer bei einer Altersdiskriminierung?
- An wen können sich Betroffene von Altersdiskriminierung wenden?
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Was ist Altersdiskriminierung am Arbeitsplatz ?
Altersdiskriminierung bedeutet, dass ein Mensch allein aufgrund seines Alters Nachteile erfährt, für die es keinen sachlichen Grund gibt. Altersdiskriminierung ist in Deutschland verboten. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) schützt unter anderem auch Arbeitnehmer vor Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität. Altersdiskriminierung liegt vor, wenn Arbeitnehmer aufgrund ihres Alters ungleich behandelt, benachteiligt oder ausgeschlossen werden.
Häufige Beispiele für Altersdiskriminierung am Arbeitsplatz sind, wenn ältere Bewerber trotz Qualifikation nicht eingestellt werden oder Beförderungen oder Gehaltsanpassungen systematisch nur für jüngere Mitarbeiter erfolgen. Altersdiskriminierung liegt auch vor, wenn Schulungen, Weiterbildungen oder Projekte älteren Kollegen verwehrt und Kündigungen oder Reduzierungen von Arbeitszeiten gezielt altersbedingt umgesetzt werden.
Altersdiskriminierung kann auch durch beleidigende Kommentare oder altersbegrenzende Vorschriften erfolgen. In der Arbeitswelt sind dies etwa eine Regelung, die vorsieht, dass eine Beförderung nur bis zu einer bestimmten Altersgrenze erfolgt oder ältere Mitarbeiter Anspruch auf mehr Urlaub haben.
Wichtig: Altersdiskriminierung kann sowohl ältere, wie auch jüngere Arbeitnehmer treffen!
Woran erkennt man Altersdiskriminierung am Arbeitsplatz ?
Altersdiskriminierung ist nicht immer offensichtlich. Anzeichen können etwa eine systematische Benachteiligung bei Bewerbungen, Beförderungen oder Projekten sein, ungerechtfertigte Abmahnungen oder Kritik, die bei jüngeren Kollegen nicht vorkommen, sarkastische oder abwertende Kommentare zum Alter oder die Verweigerung von Weiterbildung oder Aufgaben, die Karrierechancen einschränken.
Kann eine Ungleichbehandlung von Arbeitnehmern aufgrund ihres Alters zulässig sein?
In bestimmten Situationen kann aber eine Ungleichbehandlung von Arbeitnehmern aufgrund des Alters gerechtfertigt sein. Laut AGG ist eine unterschiedliche Behandlung immer dann zulässig, wenn ein bestimmtes Alter wegen der Art der Tätigkeit oder Ausübung eine entscheidende berufliche Anforderung darstellt. Die Ungleichbehandlung muss laut AGG durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt, objektiv und angemessen sein. Gleiches gilt für die Mittel, mit denen dieses Ziel erreicht werden soll. Das Gesetz führt Beispiele an, wann eine Ungleichbehandlung von Arbeitnehmern aufgrund des Alters erlaubt ist, so etwa beim Zugang zu Betriebsrenten oder bei Abfindungen.
Der Bundesgerichtshof (BGH) (Az. NotZ(Brfg) 4/22) hat entschieden, dass die Altersgrenze für Notare in Deutschland ist keine unzulässige Diskriminierung wegen des Alters darstellt. Mit dem 70. Lebensjahr erlischt in Deutschland das Amt des Notares.
Wann verstoßen Stellenausschreibungen gegen das Altersdiskriminierungsverbot?
Eine Stellenausschreibung verstößt immer dann gegen das Diskriminierungsverbot, wenn ausdrücklich nur „junge“ Arbeitnehmer gesucht werden, stellt das Bundesarbeitsgericht (BAG) (Az. 8 AZR 530/09) klar. Auch wenn in einer Stellenanzeige „Berufsanfänger“ gesucht werden, ist darin eine Altersdiskriminierung zu sehen, entschied das Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf (Az. 13 Sa 1198/13).
Eine Stellenausschreibung, die sich ausschließlich an Hochschulabsolventen/Young Professionels wendet, erweckt den Anschein einer altersbedingten Ungleichbehandlung und verstößt damit gegen das Diskriminierungsverbot, entschied auch das BAG (Az. 8 AZR 429/11). Das Gericht verwies allerdings darauf, dass eine Bewerberauswahl aufgrund von Examensnoten keine Diskriminierung von Bewerbern darstellt.
Nach einer Entscheidung des LAG Nürnberg (Az. 2 Sa 1/20) stellt eine Stellenanzeige, in der ein „junges, hoch motiviertes Team“ gesucht wird eine Altersdiskriminierung dar, aufgrund der ein älterer Bewerber eine Entschädigung von zwei Monatsgehältern von der Firma verlangen kann.
Auch das LAG Baden-Württemberg (Az. 177 Sa 2/24) hält eine Stellenanzeige in der ein "Digital Native" gesucht wird, für Altersdiskriminierung.
Wann liegt eine Altersdiskriminierung bei Urlaubsregelungen vor?
Gibt es in einem Unternehmen eine Regelung, wonach ältere Arbeitnehmer Anspruch auf mehr bezahlte Urlaubstage als junge Arbeitnehmer haben, ist dies ein Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot. Dies entschied das BAG (Az. 9 AZR 534/15) im Fall eines Schuhherstellers, der seinen Arbeitnehmern nach Vollendung des 58. Lebensjahres jährlich 36 Arbeitstage Erholungsurlaub und damit zwei Urlaubstage mehr als den jüngeren Arbeitnehmern gewährt. Dies ist eine unzulässige Altersdiskriminierung, zulässig wäre laut Gericht etwa eine Urlaubsstaffelung nach Arbeitsbelastung.
Wann besteht bei Abfindungen eine Altersdiskriminierung?
Wird im Rahmen von einem Stellenabbau nur jüngeren Arbeitnehmern eine Abfindung angeboten, stellt das keine Altersdiskriminierung dar, zumindest dann nicht, wenn den älteren Arbeitnehmern ihr Arbeitsplatz erhalten bleibt, entschied das BAG (Az. 6 AZR 911/08).
Wann findet bei Kündigungen eine Altersdiskriminierung statt?
Viele Kündigungen von Arbeitnehmern beinhalten Altersdiskriminierungen. So etwa die Kündigung einer 65jährigen Arzthelferin, der im Kündigungsschreiben von ihrem Arbeitgeber mitgeteilt wurde, dass eine Umstrukturierung der Arztpraxis ihre Kündigung notwendig mache und sie schließlich schon pensionsberechtigt sei. Das BAG (Az. 6 AZR 457/14) verurteilte den Arbeitgeber zu einer Entschädigungszahlung. Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses war damit unwirksam.
Was können sich Arbeitnehmer bei einer Altersdiskriminierung wehren?
Vermuten Arbeitnehmer eine Altersdiskriminierung sollten sie als Sofortmaßnahme die Vorfälle genau mit Datum und Zeugen dokumentieren. Oft können Missverständnisse oder unbewusste Vorurteile im direkten Gespräch geklärt werden. Ist das nicht zielführend sollte die Personalabteilung oder der Betriebsrat einbezogen werden. Betriebsräte haben Mitspracherechte und können vermitteln.
Wichtig: E-Mails oder Briefe an Vorgesetzte dokumentieren Ihre Anliegen und dienen eventuell vor Gericht.
Wenn interne Lösungen nicht wirken, können rechtliche Maßnahmen ergriffen werden. Es sollte dann eine formelle Beschwerde an den Arbeitgeber unter Bezug auf das AGG erfolgen. Es empfiehlt sich Gleichstellungsbeauftragte oder Antidiskriminierungsstelle zu informieren. Diese Stellen prüfen und vermitteln Diskriminierungsfälle.
Als letzter Weg bleibt innerhalb von zwei Monaten nach Kenntnis der Altersdiskriminierung die Klage vor dem Arbeitsgericht. An dieser Stelle sollte ein Anwalt für Arbeitsrecht kontaktiert werden, der Ansprüche und ihre Durchsetzbarkeit rechtssicher einschätzen kann.
Welche Ansprüche haben Arbeitnehmer bei einer Altersdiskriminierung?
Wird ein Arbeitnehmer an seinem Arbeitsplatz aufgrund seines Alters diskriminiert, hat er nach dem AGG einen Anspruch auf Entschädigung und Schadensersatz. Der Anspruch muss innerhalb von zwei Monaten nach der erfolgten Diskriminierung schriftlich gegenüber dem Arbeitgeber gestellt werden. Wer diese kurze Frist verstreichen lässt, riskiert eine Verjährung seiner Ansprüche, so das LAG Hessen (Az. 12 Sa 1454/11).
Ein Bewerber, der sich nur auf eine Stellenausschreibung bewirbt, weil diese gegen das Diskriminierungsverbot verstößt, geht leer aus, wenn er mit seiner Bewerbung nur die Zahlung einer Entschädigung erreichen will. Dies entschied das Arbeitsgericht (ArbG) Siegburg (Az. 5 Ca 1201/19) im Fall eines Rentners, der sich auf die Stellenanzeige „Fachanleiter aus dem Bereichen Küche/Hauswirtschaft/Nähen gesucht“ bewarb und keinerlei Motivation für seine Bewerbung zeigte.
An wen können sich Betroffene von Altersdiskriminierung wenden?
Opfer einer Altersdiskriminierung können sich im Unternehmen an den Betriebsrat oder, wenn vorhanden, an eine betriebliche Beschwerdestelle wenden. Als Ansprechpartner steht auch die Antidiskriminierungsstelle des Bundes zur Verfügung.
In jedem Fall sind Sie bei einem erfahrenen Anwalt für Arbeitsrecht von der ersten Beratung bis zur Durchsetzung Ihrer Rechte in besten Händen.
erstmals veröffentlicht am 19.10.2020, letzte Aktualisierung am 20.10.2025
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