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Kategorie: Anwalt Versicherungsrecht , 20.07.2023 (Lesedauer ca. 3 Minuten, 2984 mal gelesen)

Wann verletzt der Kindergarten seine Aufsichtspflicht?

Kinder spielen fröhlich in der Kita Kinder spielen fröhlich in der Kita © freepik - mko

Ob beim Spielen, Essen oder bei Ausflügen: Kindergartenkinder müssen im besonderen Maße beaufsichtigt werden. Doch welche Aufsichtspflichten haben Erzieher im Kindergarten oder in der Kita? Wer darf im Kindergarten die Aufsicht führen? Welche Folgen hat eine Verletzung der Aufsichtspflicht durch Erzieher? Und wer haftet, wenn ein Kindergartenkind einen Schaden verursacht?

Was versteht man unter Aufsichtspflicht im Kindergarten/Kita?


Grundsätzlich obliegt die Aufsichtspflicht eines Kindes per Gesetz den Eltern. Diese können ihre Aufsichtspflicht aber für einen bestimmten Zeitraum auf Dritte übertragen, so etwa auf den Träger des Kindergartens bzw. der Kita. Die Übertragung der Aufsichtspflicht von den Eltern auf den Träger des Kindergartens kann per Vertrag, aber auch ohne Vertrag erfolgen, zum Beispiel, wenn ein Kind einen Probetag im Kindergarten absolviert.

Der Träger des Kindergartens/Kita überträgt seine Aufsichtspflicht per Arbeitsvertrag auf die Erzieher. Diese müssen dann dafür sorgen, dass die Kindergartenkinder sich selbst oder anderen keinen Schaden zu fügen.

Wie muss die Aufsicht im Kindergarten/Kita geführt werden?


Wie die Aufsicht im Kindergarten/Kita zu führen ist, kann nicht allgemeingültig festgelegt werden. Die Aufsichtspflicht ist unter anderem abhängig vom Alter des Kindes. So benötigen junge Kindergartenkinder mehr Aufsicht als ältere Kinder. Zudem kommt es auf die Gefährlichkeit an, mit dem sich das Kindergartenkind beschäftigt. Kindergartenkinder die mit Messern Äste schnitzen müssen intensiver beaufsichtigt werden, als Kinder, die Papierflieger bauen. Auch die örtliche Umgebung spielt bei der Aufsichtspflicht eine große Rolle. Bei Ausflügen zu Fuß oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln ist mehr Aufsicht nötig, als beim Spielen im Bällchenbad im Kindergarten. Nicht zuletzt kommt es für die Intensivität der Aufsicht auch darauf an, ob sich ein Kind alleine beschäftigt oder in der Gruppe. Bei (großen) Gruppen kann eine Gruppendynamik zu unerwünschten Handlungen führen, weshalb Erzieher hier besonders auf das Geschehen achten sollten.

So auch das Amtsgericht München (Az. 133 C 20101/15) im Fall von zwei fünfjährigen Jungen, die vom Kindergartengelände aus ein Auto mit Steinen bewarfen und es damit beschädigten. Das Gericht entschied, dass die Erzieher des Kindergartens ihrer Aufsichtspflicht entsprochen haben. Die Aufsichtspflicht richtet sich nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs nach dem Alter und Charakter der Kinder sowie den drohenden Gefahren, der örtlichen Besonderheiten und der Zumutbarkeit für die Erzieher. Bei 5 bis 6jährigen Kindern, die eine altersgerechte Entwicklung vollzogen haben, ist eine permanente Überwachung nicht notwendig. Im vorliegenden Fall habe es sich bei den Steinewerfern nur um eine Gruppe von zwei bisher unauffälligen Kindern gehandelt, wo keine großen gruppendynamischen Prozesse zu erwarten waren. Ein Kontrollabstand von 15 bis 30 Minuten ist laut Gericht völlig ausreichend. Es habe auch keine Anzeichen dafür gegeben, dass die auf dem Kindergartengelände spielenden Jungs das parkende Auto mit Steinen bewerfen wollten. Der Träger des Kindergartens muss damit den Schaden am Auto, der durch den Steinwurf der Jungs entstanden ist, nicht bezahlen, so das Münchner Amtsgericht.

Wer darf im Kindergarten/Kita die Aufsicht führen?


Die Verantwortung im Kindergarten/ Kita trägt die Leitung der Einrichtung. Die Erzieher sind im Rahmen ihrer Aufgaben und Gruppen aufsichtspflichtig. Bei besonderen Aktivitäten, wie Ausflügen oder Schwimmunterricht, werden oft Eltern zur Aufsicht mit dazu gebeten. Diese sind dann auch berechtigt die Aufsicht über die Kindergartenkinder zu führen.

Wann beginnt und wann endet die Aufsichtspflicht für die Erzieher?


Sobald das Kind von den Eltern an einen Erzieher übergeben wird, beginnt die Aufsichtspflicht des Kindergartens. Sie endet, wenn das Kindergartenkind von dem Erzieher an die Eltern oder einem Dritten, der zum Abholen des Kindes bevollmächtigt ist, abgeholt wird. Verspäten die Eltern sich, muss der Erzieher so lange warten, bis er das Kind den Eltern übergeben kann.

Welche Folgen hat eine Verletzung der Aufsichtspflicht im Kindergarten ?


Hat sich aufgrund einer Verletzung der Aufsichtspflicht im Kindergarten zum Beispiel ein Kind verletzt, etwa weil es von einem Trampolin gefallen ist, das nicht beaufsichtigt wurde, kann das für den betroffenen Erzieher rechtliche Folgen nach sich ziehen. Zum einen drohen ihm Schadensersatz- und Schmerzensgeldforderungen der Eltern. Darüber hinaus droht ihm eine Abmahnung durch den Arbeitgeber sowie ggfs. strafrechtliche Konsequenzen.

Wer haftet, wenn ein Kindergartenkind einen Schaden verursacht?


Wenn ein Kindergartenkind einen Schaden verursacht haftet dafür die Aufsichtspflichtige Person, bzw. der Träger der Einrichtung. Das Kind selbst haftet laut Gesetz bis zur Vollendung seines siebten Lebensjahres nicht für Schäden, die es verursacht.

erstmals veröffentlicht am 14.07.2016, letzte Aktualisierung am 20.07.2023

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