anwaltssuche
Suche
Kategorie: Anwalt Mietrecht ,
23.06.2025 (Lesedauer ca. 4 Minuten, 2997 mal gelesen)
Stern Stern Stern Stern grau Stern grau 4.0 / 5 (332 Bewertungen)

Vorkaufsrecht missachtet – erhalten Mieter Schadensersatz?

Symbolbild Maklerkosten für eine Immobilie Symbolbild Maklerkosten für eine Immobilie © freepik - mko

Die Missachtung des Vorkaufsrechts durch den Vermieter ist keine Kleinigkeit. Mieter können in diesem Fall Schadensersatz vom Vermieter verlangen. Doch wann steht dem Mieter ein Vorkaufsrecht zu und wann nicht? Wie lange gilt das Vorkaufsrecht? Kann das Vorkaufsrecht im Mietvertrag ausgeschlossen werden? Und können Mietern einen Rabatt beim Kaufpreis verlangen?

Spezialisierte Anwälte für Mietrecht in Deiner Umgebung
Deinen Ort auswählen

Wann haben Mieter ein Vorkaufsrecht?


Wird eine vermietete Wohnung an einen Dritten verkauft und anschließend in Wohnungseigentum umgewandelt, steht dem Mieter laut Gesetz ein Vorkaufsrecht zu. Ziel ist, den Mieter vor ungewolltem Eigentümerwechsel und daraus folgenden Nachteilen zu schützen.
Das Vorkaufsrecht steht Mietern laut Bundesgerichtshof (Az. VIII ZR 201/23) unabhängig davon zu, ob die Wohnung im Kaufvertrag als Sonder- oder Teileigentum bezeichnet wird.

Was bedeutet das Vorkaufsrecht des Mieters?


Das Vorkaufsrecht bedeutet, dass die vermietete Immobilie zunächst dem Mieter vorrangig zum Kauf angeboten werden müssen. Es gibt dem Mieter die Möglichkeit, in den Kaufvertrag mit dem Dritten zu den gleichen Bedingungen einzutreten. Der Verkäufer muss den Mieter über den Inhalt des Kaufvertrages informieren und ihm die Ausübung des Vorkaufsrechts ermöglichen. Der Mieter kann sich dann überlegen, ob er die Immobilie kaufen möchte.
Aufgepasst: Der Vermieter muss nach einer Entscheidung des Landgerichts (LG) Berlin (Az. 65 S 102/21) den Mieter auch über einen verbindlichen Vorvertrag mit einem Käufer informieren.

Was sind die typischen Fälle von Missachtung des Vorkaufsrechts?


Das Vorkaufsrecht des Mieters wird missachtet, wenn der Vermieter den Mieter nicht ordnungsgemäß über den Verkauf informiert, der Kaufvertrag mit dem Dritten ohne Benachrichtigung des Mieters geschlossen wird oder der Mieter bewusst von der Ausübung seines Rechts ausgeschlossen wird.

In welchen Fällen steht Mietern kein Vorkaufsrecht zu?


Das Vorkaufsrecht gilt nicht, wenn Familienangehörige des Vermieters die Immobilie kaufen oder geschenkt bekommen oder wenn der Vermieter die Immobilie schon vor dem Einzug des Mieters zum Verkauf angeboten hat. Auch für Gewerbeimmobilien gilt das Vorkaufsrecht für Mieter nicht.

Steht das Vorkaufsrecht allen Mietern zu


Das Vorkaufsrecht für Mieter ist im Mietrecht gesetzlich verankert. Aus diesem Grund steht es allen Mietern zu, wenn keine der o.g. Ausnahmen vorliegen.

Wann muss der Vermieter den Mieter über ein Kaufangebot informieren?


Ein Vermieter muss den vorkaufsberechtigten Mieter laut Landgericht Berlin (Az. 65 S 102/21) bereits über ein Kaufangebot für die Mietwohnung informieren, wenn er mit einem Kaufinteressenten einen verbindlichen Vorvertrag abschließt. Informiert er ihn trotz Vorvertrag erst über den Abschluss des notariellen Kaufvertrags, ist das zu spät.

Wie lange gilt das Vorkaufsrecht für Mieter?


Liegt dem vorkaufsberechtigten Mieter ein Kaufangebot der Immobilie vor, kann er sich innerhalb von zwei Monaten nach Eingang überlegen, ob er die Immobilie erwerben will.

Erhalten Mieter einen Rabatt beim Kaufpreis?


Der Vermieter muss – auch langjährigen – Mietern keinen Rabatt beim Kaufpreis gewähren. Mieter, die ihr Vorkaufsrecht ausüben, müssen den Kaufpreis zahlen, den ein Dritter an den Vermieter gezahlt hätte. Ob der Vermieter ihnen beim Kaufpreis aufgrund des Mietverhältnisses entgegenkommt, ist Verhandlungssache.

Dürfen Vermieter vom Mieter einen höheren Kaufpreis verlangen?


Der Vermieter darf einen vorkaufsberechtigten Mieter beim Immobilienverkauf nicht schlechter stellen als einen dritten Kaufinteressenten. Eine Regelung im Mietvertrag, wonach der Mieter aufgrund seines Vorkaufsrechts mehr für die Immobilie zahlen muss, ist unwirksam. Dies entschied der BGH (Az. VIII ZR 305/20) im Fall einer Mieterin, die für ihre Mietwohnung rund 16.000 Euro mehr als ein Kaufinteressent zahlen sollte. Bei einer solchen Regelung handelt es sich laut Gericht um eine unzulässige Vereinbarung zu Lasten Dritter.

Können Mieter Schadensersatz bei Missachtung des Vorkaufsrechts vom Vermieter fordern?


Versäumt oder verwehrt ein Vermieter dem Mieter das Vorkaufsrecht zu gewähren, kann das zu erheblichen Schadensersatzzahlungen an den Mieter führen.
Der BGH (Az. VIII ZR 51/14) hat sich mit der Frage beschäftigt, ob ein Mieter wegen der Vereitelung seines gesetzlichen Vorkaufsrechts auch Schadensersatz in Höhe des ihm entgangenen Gewinns verlangen kann.
Eine vorkaufsberechtigte Mieterin wurde über den Verkauf ihrer seit langem bewohnten Wohnung in einem Mehrfamilienhaus nicht informiert. Der neue Eigentümer bot der Frau wenig später ihre Wohnung zum Kauf von rund 266.000 Euro an. Daraufhin machte die Mieterin gegenüber den alten Eigentümern geltend, dass diese durch die unterlassene rechtzeitige Unterrichtung von dem Verkauf ihr gesetzliches Vorkaufsrecht vereitelt hätten und sie seien daher zum Ersatz des hierdurch entstandenen Schadens verpflichtet. Bei Ausübung des Vorkaufsrechts hätte die Mieterin die Wohnung, die einen Verkehrswert von 266.250 Euro aufweise, zu einem Kaufpreis von nur 186.571 Euro - auf ihre Wohnung entfallender Anteil an dem gezahlten Gesamtkaufpreis - erwerben und dadurch einen Gewinn von 79.428,75 Euro erzielen können.
Die Bundesrichter haben entschieden, dass dem vorkaufsberechtigten Mieter nicht nur in den Fällen der Vereitelung eines bereits ausgeübten Vorkaufsrechts, sondern auch dann ein Anspruch auf Schadensersatz in Höhe des entgangenen Gewinns zustehen kann, wenn der Mieter nach der Verletzung der Mitteilungspflicht durch den Vermieter erst vom neuen Eigentümer Kenntnis über den Immobilienverkauf erwirbt und von der Ausübung seines Vorkaufsrechts absieht. Sie sprachen der Mieterin die rund 80.000 Euro entgangener Gewinn zu.

Wann verjähren Schadensersatzansprüche aufgrund der Missachtung des Vorkaufsrechts?


Mieter sollten bei der Missachtung ihres Vorkaufsrechts schnell handeln. Schadensersatzansprüche unterliegen der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren. Diese Frist beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Mieter von der Verletzung des Vorkaufsrechts Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen.

erstmals veröffentlicht am 02.02.2015, letzte Aktualisierung am 23.06.2025

Hilfe zur Anwaltssuche
Lesen Sie hier weitere Fachartikel im Themenbereich Mieten & Vermieten
Hier finden Sie bundesweit Rechtsanwälte für Mietrecht

Datenschutzeinstellungen
anwaltssuche.de verwendet Cookies, um die Funktionsfähigkeit unserer Website zu gewährleisten. Außerdem setzen wir zur Weiterentwicklung unserer Website im Sinne der Nutzer zusätzliche Cookies ein. Mit dem Klick auf den Button „Cookies zulassen“ stimmen Sie der Verwendung der von uns für die genannten Zwecke eingesetzten Cookies zu. Über den Button „Einstellungen verwalten“ können Sie sich über die eingesetzten Cookies informieren und den Umfang Ihrer Einwilligung konfigurieren.