Schwimmbad: Wer haftet bei Unfällen?

Ein sonniger Tag im Freibad oder ein entspannter Besuch im Hallenbad: Schwimmen ist eine beliebte Freizeitbeschäftigung für Jung und Alt. Doch wo Wasser ist, lauern auch Gefahren: Rutschige Fliesen, Sprungtürme, spielende Kinder oder tiefe Becken bergen ein nicht zu unterschätzendes Unfallrisiko. Nicht selten kommt es zu einem Unfall und es stellt sich die Frage: Wer haftet? Der Betreiber? Die Aufsichtsperson? Oder der Verunglückte selbst?
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Für welche Unfälle haftet der Betreiber des Schwimmbads?
Die Betreiber eines Schwimmbads, ob kommunal oder gewerblich, haben eine sogenannte Verkehrssicherungspflicht. Sie sind verpflichtet, ihre Anlage so zu gestalten und zu betreiben, dass keine vermeidbaren Gefahren für Besucher entstehen. Dazu gehört unter anderem die regelmäßige Kontrolle von Becken, Leitern, Rutschen und Sprungtürmen, die ordnungsgemäße Wartung der technischen Anlagen, das Anbringung von Warnschildern, die Absicherung von Gefahrenzonen und die ausreichende Beaufsichtigung durch qualifiziertes Personal.
Verletzt der Betreiber seine Pflichten und kommt es dadurch zu einem Unfall, kann er zivilrechtlich haftbar gemacht werden, etwa für Schmerzensgeld oder Verdienstausfall.
So darf der Betreiber des Schwimmbads das gleichzeitige Springen von mehreren Ebenen eines Sprungturms aufgrund der erhöhten Gefahr, dass es zu einem Unfall kommen kann, nicht erlauben, entschied das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart (Az. 2 U 11/17).
Wird ein Spielgerät unkontrolliert von einem Badegast benutzt, haftet der Betreiber des Schwimmbads für einen Unfall, wenn für ihn die unkontrollierte Benutzung und Gefahr erkennbar war, so das Amtsgericht (AG) Bremen (Az. 9 C 5/14).
Gibt es im Schwimmbad Metallplatten auf dem Boden, die sich durch Sonneneinstrahlungen stark erhitzen und damit eine Gefahrenquelle für Badegäste darstellen, weil diese sich an den Fußsohlen verbrennen können, muss der Betreiber des Schwimmbads Vorkehrungen treffen, um seine Gäste vor dieser Gefahr zu schützen. Das entschied das Landgericht (LG) Koblenz (Az.1 O 62/20) im Fall eines Kindes, dass sich auf einer heißen Metallbodenplatte die Fußsohlen verbrannte. Das Gericht verpflichtete den Betreiber des Schwimmbads zur Zahlung von 750 Euro Schmerzensgeld. Die Besucher eines Schwimmbades müssen sich laut Gericht darauf verlassen können, dass sie jeden Bodenbelag im Schwimmbad gefahrlos betreten können.
Nach einer Entscheidung des OLG Oldenburg (Az. 14 U 49/24) haftet ein Schwimmbadbetreiber und der Hersteller einer Wasserrutsche auch dann für einen Unfall, wenn die Wasserrutsche entgegen der Nutzungshinweise vom Badegast genutzt wurde- zumindest dann, wenn durch eine regelwidrige Nutzung schwerste Schäden beim Badegast entstehen können.
Aber: Eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht durch den Betreiber des Schwimmbads scheidet bei einem Unfall laut OLG Hamm (Az. I-7 U 22/12) aus, wenn eine Wasserrutsche allen DIN-Vorschriften entspricht.
Der Betreiber des Schwimmbads haftet auch nicht, wenn sich ein Badegast aufgrund des von der Sonne stark erhitzten Wassers im Freibadbecken verbrennt, entschied das LG Coburg (Az. 23 O 726/06). Dieser Unfall fällt laut Gericht unter das allgemeine Lebensrisiko.
Welche Pflichten und Aufgaben hat das Aufsichtspersonal im Schwimmbad?
Der Bundesgerichtshof (Az. III ZR 60/16) hat zu den Überwachungs- und Rettungspflichten der Schwimmbadaufsicht in einer Entscheidung Stellung genommen. Danach besteht für die Badeaufsicht nicht die Pflicht jeden Schwimmer lückenlos zu beobachten, aber sie muss den Badebetrieb ständig im Blick haben und mögliche Gefahren für die Badegäste erkennen.
Wichtig ist, dass sich die Badeaufsicht an einem Ort aufhält, an dem sie den gesamten Schwimmbereich einsehen kann und gelegentlich auch mal ihren Standort ändert.
Auch das OLG Nürnberg (Az. 4 U 1455/17) stellt klar, dass Schwimmbad-Besucher keine Rundum-Kontrolle erwarten können. Eine lückenlose Aufsicht sei für den Betreiber des Schwimmbads nicht zumutbar. Auch könne ein Badegast nicht erwarten, dass die Schwimmbadaufsicht nach jedem Sprung von einem Sprungturm nachschaut, ob das Auftauchbecken frei ist. Es reicht aus, wenn eine Badeaufsicht den Zugang zum Sprungturm und die Abstände der Sprünge kontrolliert.
Für welche Unfälle sind die Besucher eines Schwimmbads selbst verantwortlich?
Schwimmbadbesucher müssen sich an die Regeln und Anweisungen des Schwimmbads halten. Dazu gehören die Badeordnung, die Nutzungshinweise für Rutschen oder Sprungtürme und allgemeine Verhaltensregeln. Begeht ein Besucher eine grob fahrlässige Handlung, etwa durch mutwilliges Überspringen von Absperrungen oder das Ignorieren von Warnhinweisen, trägt er in der Regel die Verantwortung für die daraus entstehenden Unfälle. Bei der Haftungsfrage wird auch berücksichtigt, ob der Verunglückte selbst zur Entstehung des Schadens beigetragen hat. Das sogenannte Mitverschulden kann die Haftung des Betreibers mindern oder sogar ausschließen. Fälle von Mitverschulden sind zum Beispiel, wenn ein Erwachsener kopfüber ins seichte Wasser trotz Warnschild springt oder ein Besucher ignoriert die Anweisung, sich beim Sprungturm anzustellen, und wird verletzt.
Klettert ein Badegast am Ende einer Wasserrutsche in die Röhre und kollidiert mit einem anderen Badegast, haftet der Schwimmbadbetreiber für diesen Unfall nicht. Das entschied das OLG Koblenz (Az. 1 W 200/10). Der Schwimmbadbetreiber muss seine Badegäste nicht vor Gefahren warnen, die sie selbst erkennen können.
Verletzt sich ein Badegast am Kopf, weil er beim Auftauchen den Auslauf der Kinderrutsche nicht gesehen hat, haftet für diesen Unfall nicht der Betreiber des Schwimmbads, entschied das AG Coburg (Az. 11 C 1432/17). Die Rutsche entsprach den maßgeblichen DIN-Vorschriften und der Betreiber des Schwimmbades sei nicht verpflichtet seine Badegäste davor zu warnen im Bereich der Kinderrutsche nicht ohne ausreichende Sicht zu tauchen oder zu schwimmen. Ein umsichtiger Badegast könne diese Gefahr selbst erkennen und sei auch selbst dafür verantwortlich sein Tauchgebiet zu beobachten.
Der Nassbereich eines Schwimmbeckens muss weder mit Gummimatten ausgelegt werden, noch müssen die Schwimmbadbesucher besonders auf die Rutschgefahr aufmerksam gemacht werden, entschied das OLG Nürnberg (Az. 4 U 1176/17). Ein Handlauf am Schwimmbecken reiche zur Gefahrenabwehr aus. Zusätzlich Gummimatten musste der Betreiber des Schwimmbads zur Vermeidung von Unfällen nicht auslegen. Besucher muss die Rutschgefahr bewusst sein.
Eine sog. Wellenrutsche stellt gegenüber einer üblichen Wasserrutsche kein erhöhtes Gefährdungspotential dar. Aus diesem Grund muss der Schwimmbadbetreiber die Badegäste auch nicht gesondert auf diesen Rutschentyp hinweisen, entschied das OLG Hamm (Az. 9 U 13/14).
Ist in einer Umkleidekabine eine Bank nicht fest mit der Wand oder dem Boden verschraubt, stellt das noch keine Pflichtverletzung des Schwimmbadbetreibers dar, entschied das AG München (Az. 191 C 21259/13). Bei sachgerechter Nutzung der Bank durch den Badegast stelle diese keine Gefahrenquelle dar.
Bricht ein Plastikstuhl auseinander, weil sich ein übergewichtiger Badegast auf ihn setzt, und kommt dieser zu Fall, führt das nicht zu einer Haftung des Betreibers des Schwimmbads, entschied das OLG Saarbrücken (Az. 4 U 149/16). Der Betreiber des Schwimmbades ist nicht verpflichtet ein Maximalgewicht auf den Stühlen anzugeben.
Welche Aufsichtspflicht haben Eltern im Schwimmbad?
Kinder gelten rechtlich als besonders schutzbedürftig. Trotzdem liegt die Aufsichtspflicht primär bei den Eltern oder Begleitpersonen und nicht beim Schwimmbadbetreiber. Eltern oder Aufsichtspersonen haben die Pflicht, ihre Kinder im Schwimmbad zu beaufsichtigen. Vernachlässigen sie diese Aufsichtspflicht und es kommt zu einem Unfall, können sie haftbar gemacht werden. Besonders in Bereichen wie dem Kinderbecken oder bei der Nutzung von Rutschen und Sprungtürmen müssen Kinder stets im Blick behalten werden, um Unfälle zu vermeiden.
Das Vorhandensein einer Schwimmbadaufsicht entbindet Eltern nicht von ihrer Aufsichtspflicht gegenüber ihren Kindern. Eltern sind dafür verantwortlich, dass ihr Kind sich nur in Bereichen aufhält, die seiner Schwimmfähigkeit entsprechen. Kleine Kinder dürfen nicht ohne Aufsicht im Wasser spielen und sollten keines Falls aus dem Auge gelassen werden.
Ein Betreiber eines Schwimmbads haftet nicht, wenn ein vierjähriges Kind auf einer Bank im Umkleidebereich umkippt und damit seine Mutter verletzt, entschied das AG München (Az. 191 C 21259/13). Der Mutter obliegt die Aufsichtspflicht und nach Ansicht des Gerichts musste die Bank nicht mit dem Schwimmbadboden fest verankert sein.
Was tun nach einem Unfall im Schwimmbad?
Kommt es im Schwimmbad zu einem Unfall muss als Sofortmaßnahme Erste Hilfe geleistet und ggfs. ein Arzt gerufen werden. Es gilt auch den Bademeister umgehend vom Unfall zu informieren. Danach sollten die Personalien von Zeugen des Unfalls aufgenommen und Fotos vom Unfallort, bzw. der Unfallursache, gemacht werden. Unfallopfer sollten ärztliche Befunde anfordern und durch einen Anwalt Schadensersatz- oder Schmerzensgeldansprüche prüfen lassen.
erstmals veröffentlicht am 05.06.2015, letzte Aktualisierung am 06.06.2025
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