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Kategorie: Anwalt Arbeitsrecht ,
16.09.2024 (Lesedauer ca. 5 Minuten, 882 mal gelesen)
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Elternzeit und Antrag: Das ist jetzt wichtig!

Elternzeit und Antrag: Das ist jetzt wichtig! © freepik - mko

Elternzeit ist ein wichtiges Recht für Eltern, um sich um die Betreuung und Erziehung ihrer Kinder zu kümmern und den Beruf vorübergehend ruhen zu lassen. Wie und wann kann man Elternzeit beantragen? Wieviel Elternzeit steht Müttern und Vätern zu? Kann Elternzeit verkürzt oder verlängert werden? Und müssen Eltern während der Elternzeit eine Kündigung ihres Arbeitsverhältnisses fürchten?

Unter welchen Voraussetzungen kann ich Elternzeit beantragen?


Um einen Antrag auf Elternzeit stellen zu können, müssen neben einem Wohnsitz in Deutschland noch weitere Voraussetzungen erfüllt sein: Der antragstellende Elternteil ist abhängig beschäftigter Arbeitnehmer und nicht selbstständig. Auszubildende und Heimarbeiter haben auch einen Anspruch auf Elternzeit. Der Arbeitnehmer darf während der Elternzeit nicht, oder nicht mehr als 30 Stunden pro Woche, arbeiten. Der Umfang der Arbeitstätigkeit spielt für die Elternzeit keine Rolle: Auch Teilzeitbeschäftigte oder geringfügig Beschäftigte haben einen Anspruch auf Elternzeit.

Wichtig ist, dass das Elternteil mit dem Kind in einem Haushalt lebt und es betreut. Bei Minderjährigen können auch die Großeltern einen Antrag auf Elternzeit stellen.

Alle Regelungen zu Elternzeit finden ihre Grundlage im Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG).

Wieviel Elternzeit steht mir zu?


Nach der Geburt eines Kindes haben beide Elternteile einen Anspruch auf bis zu drei Jahren Elternzeit. Davon müssen 12 Monate während der ersten drei Lebensjahre des Kindes in Anspruch genommen werden. Weitere 24 Monate stehen den Eltern an Elternzeit zwischen dem dritten und achten Lebensjahr des Kindes zur Verfügung. Eltern sollten aber bedenken, dass nach dem dritten Lebensjahr des Kindes die Versicherungspflicht in der Arbeitslosenversicherung entfällt. Daraus folgt, dass bei einer Elternzeit von mehr als 12 Monaten nach dem dritten Lebensjahr des Kindes der Anspruch auf Arbeitslosengeld verloren gehen kann, so das Sozialgericht (SG) Mainz (Az. L 1 AL 61/14).

Die Elternzeit muss nicht an einem Stück genommen werden, sondern kann in drei Abschnitte aufgeteilt werden.

Wo und wie muss ich Elternzeit beantragen?


Mütter und Väter, die Elternzeit in Anspruch nehmen wollen, richten sich mit einem entsprechenden Antrag direkt an ihren Arbeitgeber.

Der Antrag auf Elternzeit muss gegenüber dem Arbeitgeber schriftlich erfolgen (Bundesarbeitsgericht (BAG), Az. 9 AZR 145/15) und eigenhändig unterschrieben sein. E-Mail oder Fax entsprechen nicht den notwendigen Formerfordernissen. Der Zugang des Antrags muss vom Arbeitgeber bestätigt werden.
Mündliche Zusagen des Arbeitgebers haben keine rechtliche Verbindlichkeit.

Wichtig: Im Antrag muss dem Arbeitgeber neben dem konkreten Beginn, auch die Dauer der Elternzeit verbindlich mitgeteilt werden.

Wann muss ich den Antrag auf Elternzeit stellen?


Wer erstmals nach der Geburt eines Kindes Elternzeit beantragen möchte, muss dies sieben Wochen vor Beginn der geplanten Elternzeit beim Arbeitgeber anzeigen. Eltern von Kindern, die nach dem 1. Juli 2015 geboren wurden, haben die Möglichkeit Elternzeit zwischen dem dritten und achten Lebensjahr des Kindes in Anspruch zu nehmen. Dafür haben sie eine Frist zur Antragstellung auf Elternzeit von 13 Wochen.

Wird die Frist versäumt, geht der Anspruch auf Elternzeit nicht verloren. Er verschiebt sich nur auf den Zeitpunkt der Antragstellung.

Muss mein Arbeitgeber dem Antrag auf Elternzeit zustimmen?


Einer Zustimmung des Arbeitgebers bedarf es bei der erstmaligen Beantragung der Elternzeit nicht.

Unter welchen Voraussetzungen kann ich meine Elternzeit verlängern?


Möchte der Arbeitnehmer die Elternzeit über die ursprünglich beantragte Zeit hinaus verlängern, muss er einen schriftlichen Antrag auf Verlängerung stellen. Dieser sollte rechtzeitig vor Ablauf der bisherigen Elternzeit beim Arbeitgeber eingereicht werden. Der Antrag sollte den gewünschten Zeitraum der Verlängerung genau benennen und auch begründen, warum die Verlängerung gewünscht wird (z.B. persönliche Gründe, Betreuung des Kindes).

Für die Verlängerung der Elternzeit ist die Zustimmung des Arbeitgebers erforderlich. Der Arbeitgeber darf die Verlängerung nur aus wichtigem Grund ablehnen, zum Beispiel wenn betriebliche Gründe dies erfordern. Sprechen dringende betriebliche Gründe gegen eine Verlängerung der Elternzeit, kann der Arbeitgeber seine Zustimmung verweigern. Nimmt der Arbeitnehmer trotz abgelehnten Antrags auf Verlängerung der Elternzeit seine Arbeit nicht wieder auf, hat der Arbeitgeber die Möglichkeit ihn wegen unentschuldigten Fehlens abzumahnen, so das BAG (Az. 9 AZR 315/10).

Haben Eltern erstmalig zwei Jahre Elternzeit beantragt und möchten diese auf drei Jahre verlängern, brauchen sie die Zustimmung des Arbeitgebers nicht, so Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg (Az. 21 Sa 390/18).

Welche Frist gilt für einen Antrag auf Verlängerung der Elternzeit?


Der Antrag auf Verlängerung der Elternzeit muss sieben Wochen vor Ablauf der erstmaligen Elternzeit beim Arbeitgeber eingehen.

Kann ich meine Elternzeit verkürzen?


Grundsätzlich ist für die Kürzung der Elternzeit die Zustimmung des Arbeitgebers erforderlich. Der Arbeitnehmer muss also mit dem Arbeitgeber über die geplante Kürzung sprechen und dessen Einverständnis einholen.

Der Arbeitgeber hat aber die Möglichkeit den Antrag auf vorzeitige Beendigung innerhalb von vier Wochen abzulehnen, wenn betriebliche Gründe gegen eine Verkürzung der Elternzeit bestehen, so das BAG (Az. 9 AZR 391/08).

Erteilt der Arbeitgeber seine Zustimmung zur vorzeitigen Beendigung der Elternzeit, kann die noch verbleibende Elternzeit auf die Zeit nach der Vollendung des dritten und bis zur Vollendung des achten Lebensjahres des Kindes übertragen werden.

Habe ich einen Anspruch auf den gleichen Job nach Rückkehr aus Elternzeit?


Mütter und Väter, die aus der Elternzeit zurück an ihren Arbeitsplatz kommen, haben grundsätzlich einen Anspruch auf den alten Job. Oft ist es dem Arbeitgeber aber nicht möglich die Stelle freizuhalten. Dann muss er dem Arbeitnehmer einen gleichwertigen Job nach der Elternzeit anbieten.

Kann ich in der Elternzeit gekündigt werden?


Eltern, die sich in der Elternzeit befinden, müssen sich in der Regel keine Sorgen um eine Kündigung machen. Während der Elternzeit besteht ein besonderer Kündigungsschutz für Arbeitnehmer. Das heißt, der Arbeitgeber darf das Arbeitsverhältnis nicht allein aufgrund der Elternzeit kündigen.

Eine Kündigung kann jedoch aus anderen Gründen erfolgen, die nichts mit der Elternzeit an sich zu tun haben. Zum Beispiel kann eine betriebsbedingte Kündigung rechtlich möglich sein, wenn der Arbeitgeber nachweisen kann, dass sie auf betriebliche Erfordernisse zurückzuführen ist und nicht mit der Elternzeit in Verbindung steht.

Kommt es etwa dazu, dass der Arbeitsplatz während der Elternzeit wegfällt, hat der Arbeitgeber die Möglichkeit eine Änderungskündigung auszusprechen und dem Arbeitnehmer so einen anderen Arbeitsplatz im Unternehmen zu zuweisen. Lehnt der Arbeitnehmer diese ab, wird die Kündigung seines Arbeitsverhältnisses wirksam, so das LAG Berlin-Brandenburg (Az. 16 Sa 1750/21).

Die Kündigung einer lesbischen Erzieherin in einem katholischen Kindergarten, die sich in Elternzeit befand, lehnte das VG Augsburg (Az. Au 3 K 12.266) ab. Es ist ratsam, wenn man während der Elternzeit von einer Kündigung betroffen ist, einen Anwalt für Arbeitsrecht zu konsultieren, um die individuellen Rechte und Pflichten genau zu klären und im Bedarfsfall rechtliche Schritte zu prüfen.

Nach Beendigung der Elternzeit gelten wieder die regulären Kündigungsschutzvorschriften.

Habe ich während der Elternzeit einen Anspruch auf Inflationsausgleichprämie?


Eltern in Elternzeit haben nach einer Entscheidung des LAG Düsseldorf (Az. 14 SLa 303/24) keinen Anspruch auf eine Inflationsausgleichprämie. Diese steht laut Gericht nur Arbeitnehmern zu, die auch tatsächlich arbeiten.

erstmals veröffentlicht am 29.01.2020, letzte Aktualisierung am 16.09.2024

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