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Kategorie: Anwalt Immobilienrecht , 09.02.2023 (Lesedauer ca. 4 Minuten, 47454 mal gelesen)

Gartenzaun, Mülltonnen oder Grill: Was müssen Nachbarn an der Grundstücksgrenze dulden?

Gartenzaun, Mülltonnen oder Grill: Was müssen Nachbarn an der Grundstücksgrenze dulden? © freepik - mko

Ob Gartenzaun, Mülltonne, Carport oder Sichtschutz: Gerade an der Grundstücksgrenze gibt es zwischen Nachbarn oft Anlass zum Streit. Wo dürfen die Mülltonnen stehen? Ist es erlaubt den Gartenzaun auf die Grundstücksgrenze zu stellen? Darf man eine Garage auf die Grundstücksgrenze bauen? Wie sieht es mit einem Sichtschutz aus? Und wann müssen Nachbarn Anbauten dulden?

Mülltonne an Grundstücksgrenze erlaubt?


Stellt ein Hausbesitzer seine Mülltonnen an der Grundstücksgrenze ab, kann das unter anderem zu Geruchsbeeinträchtigungen des Nachbarn führen. Halten die sich in zumutbaren Grenzen, muss der Nachbar die Mülltonnen an der Grundstücksgrenze dulden, so das Verwaltungsgericht Neustadt (Az. 4 K 11/16.NW).

Eine Nachbarin hatte gegen die Nutzung des benachbarten Stellplatzes als Mülltonnen-Abstellplatz geklagt. Sie vertrat die Auffassung, dass nach der entsprechenden kommunalen Satzung damit eine Zweckentfremdung des Parkplatzes erfolgt sei. Außerdem gehe insbesondere an warmen Tagen eine unzumutbare Geruchsbelästigung von den Mülltonnen aus, die unmittelbar an ihre Terrasse angrenzten.

Das Verwaltungsgericht Neustadt wies die Klage ab: Ob die Stellplätze widerrechtlich als Müll-Abstellplatz genutzt würden, oder nicht, sei für die Nachbarin unerheblich, da entsprechende Vorschriften nicht nachbarschützend sind. Auch aus dem nachbarschaftlichen Rücksichtnahmegebot sei kein Entfernen der Mülltonnen herzuleiten. Abgestellte Mülltonnen an der Grundstückgrenze seien als sozialadäquat vom Nachbarn hinzunehmen. Ein Grundstückbesitzer sei nicht dazu verpflichtet, den für den Nachbarn bestmöglichsten Platz für die Mülltonnen zu wählen. Im konkreten Fall waren die Mülltonnen sogar zwei Meter von der Grundstücksgrenze entfernt abgestellt. Geruchsbelästigungen seien bei ordnungsgemäßen Lagerbehältern daher nicht zu erwarten.

Welchen Mindestabstand müssen Grill und Gartenkamin zur Grundstücksgrenze haben?


Wer einen gemauerten Grill oder Gartenkamin auf seinem Grundstück aufstellen will, sollte auch den Abstand zum Nachbarn im Auge behalten. Es gibt beim Standort eines Grills zwar keinen gesetzlich vorgeschriebenen Mindestabstand zur Grundstücksgrenze, allerdings kann es im Sinne des nachbarschaftlichen Rücksichtsnahmegebots aufgrund der Rauchentwicklung sinnvoll sein, den Grill oder Gartenkamin mit Abstand zum Nachbarn aufzubauen.

Das Landgericht München I (Az. 15 S 22735/03) hat entschieden, dass ein Grill mit dem Abstand zum Nachbarn aufgestellt werden muss, der nötig ist, damit der Qualm nicht in die Wohnung des Nachbarn ziehen kann. Laut Bayerischem Obersten Landesgericht (Az. 2 Z BR 6/99) muss der Grill in einer Wohnanlage in der äußersten Ecke des Gartens aufgestellt werden, im konkreten Fall 25 Meter vom Nachbarn entfernt.

Was ist bei einem Gartenzaun auf der Grundstücksgrenze zu beachten?


Ob ein Zaun, eine Mauer oder ein Sichtschutz auf einer Grundstücksgrenze errichtet werden darf, hängt von den Vorgaben des bundeseinheitlichen Bauplanungsrechts, des Bauordnungsrechts und vom Nachbarrecht des eigenen Bundeslandes ab.
Bei einem Gartenzaun oder einer Mauer auf der Grundstückgrenze handelt es sich um eine Grenzbebauung, für deren Errichtung eine Genehmigung des Nachbarn notwendig ist. Beide Nachbarn sind bei einem Gartenzaun, der auf beiden Grundstücken steht, Eigentümer. Das bedeutet, sie müssen sich die Unterhaltungskosten teilen und dürfen die Grenzbebauung nicht einseitig verändern oder beseitigen. Selbst die Verdeckung einer gemeinsamen Grenzeinrichtung bedarf der Zustimmung des Nachbarn, entschied der Bundesgerichtshof (Az. V ZR 42/17).

Wird ein Gartenzaun oder ein Sichtschutz ohne das erforderliche Einverständnis des Nachbarn auf die Grenze gesetzt, muss er auf Verlangen des Nachbarn wieder entfernt werden. Laut Verwaltungsgericht Berlin (Az. VG 13 K 122.16) verstößt ein blickdichter Zaun nicht zwingend gegen das Verunstaltungsverbot.

Eine vereinbarte Zaunanlage auf einer Grundstücksgrenze darf laut Bundesverfassungsgericht (Az. 1 BvR 1018/13) nicht einfach durch einen Nachbarn verändert werden. Haben sich die Nachbarn auf einen Jägerzaun geeinigt, darf nicht neben diesen Zaun ein 2 Meter hoher Holzzaun errichtet werden.

Wichtig ist, dass durch den Zaun niemand verletzt wird. Besteht die Gefahr, dass sich Kinder an einem Stacheldrahtzaun auf der Grundstücksgrenze verletzten, kann die Bauaufsichtsbehörde verlangen, dass der Zaun beseitigt wird, so das Verwaltungsgericht Koblenz (Az. 7 K 2595/05.KO).

Übrigens: Werden zwei Grundstücke durch einen Sichtschutz und einen Maschendrahtzaun getrennt, darf der Nachbarn in den Zwischenraum nicht einfach sein Laub beseitigen. Dies stellt laut Amtsgericht Nürnberg (Az. 23 C 3805/21) eine unerlaubte Eigentumsbeeinträchtigung dar.

Ist eine Garage an der Grundstücksgrenze zulässig?


Grundsätzlich müssen Nachbarn es nicht dulden, wenn Gebäude auf die Grundstücksgrenze gebaut werden. Gebäude müssen in der Regel je nach landesrechtlichen Abstandregeln einen Mindestabstand zum Nachbargrundstück von 2,5 bis 3 Meter einhalten. Von dieser Regelung sind Garagen aber ausgenommen. Sie können unter bestimmten Voraussetzungen, die in der jeweiligen Landes-Bauordnung geregelt sind, auch auf die Grundstücksgrenze gebaut werden.

Die Grenzgarage muss allerdings auch in ihrer Funktion einer Garage entsprechen. Ein Gebäude mit Terrasse, Lichtkuppeln und Glasfalttür stellt keine zulässige Grenzgarage dar, entschied das Oberlandesgericht Frankfurt/Main (Az. 6 U 117/20). Sie dient dem Aufenthalt von Menschen und nicht von Fahrzeugen. Der Bauherr musst die unterhalb des Grenzabstands gebaute Garage beseitigen.

Aufgepasst: Kein Abwehranspruch bei eigenem Verstoß gegen Grenzabstandsvorschriften!


Verstoßen beide Nachbarn gegen Grenzabstandsvorschriften, steht keinem Nachbarn ein Abwehranspruch zu. Dies entschied das Oberverwaltungsgericht Lüneburg (Az. 1 ME 97/22) im Fall eines Grundstückseigentümers, der für den Umbau seiner Scheune zu einem Wohngebäude eine Baugenehmigung erhielt. Die Scheune stand mit einer Länge von rund 12,5 Metern auf der Grundstücksgrenze. Der Nachbar sah hierin eine Grenzabstandsverletzung und klagte. Ohne Erfolg! Die Lüneburger Richter stellten fest, dass ein Gebäude des Nachbarn ebenfalls mit rund 9 Metern auf der Grundstücksgrenze stand. Da dem Nachbarn somit ein vergleichbarer Verstoß vorgeworfen werden konnte, kann er keinen Abwehranspruch gegen die Grenzverletzung geltend machen.

erstmals veröffentlicht am 19.08.2016, letzte Aktualisierung am 09.02.2023

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