Was tun bei Überwuchs und Verschattung durch Nachbars Pflanzen?

Immer wieder kommt es zum Streit unter Nachbarn, weil Pflanzen auf das Nachbargrundstück rüberwachsen oder es aufgrund ihrer Größe verschatten. Wann kann ich vom Nachbarn verlangen, dass er seine Bäume und Sträucher zurückschneidet? Wann muss ich Überwuchs vom Nachbarn dulden? Erhalte ich Schadensersatz vom Nachbarn, wenn er meine Hecke ohne Zustimmung einfach beschneidet? Und wann darf ich bei überwachsenden Pflanzen selbst zur Heckenschere greifen?
- Wann muss der Nachbar seine Pflanzen zurückschneiden?
- Wie viel Überwuchs vom Nachbarn muss ich dulden?
- Wann darf ich bei Überwuchs vom Nachbarn selbst zur Heckenschwere greifen?
- Kann ich bei Verschattung meines Gartens die Beseitigung der Bäume vom Nachbarn verlangen?
- Erhalte ich Schadensersatz vom Nachbarn, wenn er meine Hecke einfach beschneidet oder beschädigt?
Wann muss der Nachbar seine Pflanzen zurückschneiden?
Überwuchs und meterhohe Pflanzen, die das Grundstück verschatten, können eine Beeinträchtigung des Eigentums des Nachbarn darstellen, was ihm einen Anspruch auf Beseitigung verschafft.
Vier Meter über die Grundstücksgrenze hängende Äste von Fichten und Birken muss der Nachbar nicht dulden, entschied das Landgericht Coburg (Az. 33 S 26/08). Angesichts des Überhangs von bis zu vier Metern, verbunden mit der dadurch verstärkten Schattenbildung und den herabfallenden Nadeln, Zapfen und abgestorbenen Zweigen, liege eine Beeinträchtigung des Eigentums beim Nachbarn unzweifelhaft vor.
So muss auch überwucherndes Efeu nach einer Entscheidung des Amtsgerichts München (Az. 241 C 10407/05) vom Nachbarn beseitigt werden, wenn es Schädigungen am Mauerwerk des Nachbarhauses verursacht.
Baumwurzeln, die sich von Nachbars Grundstück auf dem eigenen Grundstück breit machen, und dabei Schäden verursachen, müssen ebenfalls entfernt werden. Der Nachbar muss die Kosten der Beseitigung und der Schadensbehebung tragen, urteilte der BGH (Az. V ZR 99/03).
Wie viel Überwuchs vom Nachbarn muss ich dulden?
Den Überwuchs von einer geschützten Rotbuche muss der Nachbar dulden, wenn die Beseitigung der Zweige zur Schädigung des unter Naturschutz stehenden Baumes führen könnte und die Beseitigung nicht aus zwingenden Gründen geboten ist. Entschied das Landgericht Koblenz (Az. 6 S 162/06).
Eine Beseitigung der Bäume, bzw. Äste, kann auch nicht verlangt werden, wenn dem Nachbarn der Rückschnitt der Äste behördlich untersagt wurde und das Grundstück des Nachbarn auch nicht beeinträchtigt wird, so das Landgericht Coburg (Az. 12 O 118/15).
Im Fall eines im öffentlichen Raum stehenden Baumes, der mit seinen überwachsenden Ästen einen Rettungsweg auf einem privaten Grundstück beeinträchtigte, kann der Grundstückseigentümer nicht von der Kommune verlangen den Baum zurückzuschneiden, entschied das Verwaltungsgericht Berlin (Az. 1 K 190/20). Die Pflicht den Rettungsweg in Funktion zu halten, treffe nicht die Kommune, sondern den Grundstückseigentümer.
Vom Nachbarn kann ebenfalls kein Rückschnitt verlangt werden, wenn man sich selbst nicht an die zulässige Heckenhöhe hält, so das Landgericht Koblenz (Az. 13 S 6/20).
Wann darf ich bei Überwuchs vom Nachbarn selbst zur Heckenschwere greifen?
Zunächst sollte der Nachbar von den herüberwachsenden Ästen und Zweigen informiert und um Beseitigung des Überwuchses innerhalb einer angemessenen Frist gebeten werden.
Bleibt der Nachbar untätig, darf der Betroffene selbst zur Motorsäge oder Heckenschere greifen oder einen Gartenprofi mit der Beseitigung des Überwuchses beauftragen. Die Kosten muss dann der Nachbar tragen.
So entschied das Landgericht München I (Az.15 S 7927/00), dass der Nachbar selbst zur Heckenschere greifen darf, wenn die Verschattung seines Grundstücks durch den Überwuchs dazu führt, dass auf seinem Grundstück keine Sonne im Sommer zu sehen ist.
Das Selbsthilferecht des Nachbarn geht sogar so weit, dass er überhängende Äste auch dann abschneiden darf, wenn damit die Standfestigkeit des Baumes gefährdet wird oder sogar das Absterben des Baumes droht, so der BGH (Az. V ZR 234/19).
Kann ich bei Verschattung meines Gartens die Beseitigung der Bäume vom Nachbarn verlangen?
Ein nachbarrechtlichen Beseitigungsanspruch bei Bäumen die das Grundstück verschatten, kommt laut BGH (Az. V ZR 229/14) nur in Ausnahmefällen in Betracht. Der betroffene Grundstückseigentümer muss dann aufgrund der Höhe der Bäume einen schweren nicht hinzunehmenden Nachteil erlitten haben. Aber hieran fehlt es laut Bundesgerichtshof im Fall der 25 Meter hohen Eschen. Die Bepflanzung sei den Rheinhaus-Nachbarn zu zumuten, zumal auch keine ganzjährige Verschattung des Gartens durch die Laubbäume gegeben sei.
Bei Bäumen und Sträuchern, die hinter einer Sichtschutzwand in die Höhe schießen, entschied das Amtsgericht München (Az. 173 C 19258/09) hingegen, dass diese beseitigt werden müssen, sobald sie den Nachbarn beeinträchtigen.
Erhalte ich Schadensersatz vom Nachbarn, wenn er meine Hecke einfach beschneidet oder beschädigt?
Wird eine Hecke an der Grundstücksgrenze einfach vom Nachbarn zurückgeschnitten, muss man sich das nicht gefallen lassen. Der Rückschnitt des Nachbarn kann einen Schadensersatzanspruch begründen. Voraussetzung ist aber, dass nachgewiesen werden kann, welcher Nachbar konkret die Pflanzen beschnitten hat. Ist dies nicht nachweisbar, fällt der Anspruch auf Schadensersatz weg. Es besteht aber ein Anspruch auf Unterlassung, so das Landgericht Hamburg (Az. 311 O 296/21).
Ein Nachbar muss auch keinen Schadensersatz für eine abgestorbene Thuja-Hecke zahlen, die laut Landgericht Frankenthal (Az. 7 O 501/18) nicht abgestorben ist, weil der Nachbar sie jahrelang immer wieder beschädigt hat, sondern weil sie dem Klimawandel zum Opfer gefallen ist.
erstmals veröffentlicht am 06.08.2015, letzte Aktualisierung am 10.03.2023
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