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Kategorie: Anwalt Versicherungsrecht ,
20.01.2025 (Lesedauer ca. 4 Minuten, 4524 mal gelesen)
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Schnee und Eis: Wer haftet im Winter bei Dachlawinen?

Schnee und Eis: Wer haftet im Winter bei Dachlawinen? © sma - topopt

Bei starkem Schneefall im Winter können Dachlawinen von Häusern abgehen oder Eiszapfen von Regenrinnen abbrechen, was sowohl Passanten als auch geparkte Fahrzeuge gefährden kann. Doch wer ist in solchen Fällen haftbar? Welche Maßnahmen müssen Hauseigentümer ergreifen, um Schäden durch Dachlawinen zu verhindern? Und wann ist das Aufstellen von Warnschildern vor Dachlawinen erforderlich?

Müssen Hauseigentümer Schutzvorkehrungen vor Dachlawinen treffen?


Es gibt in Deutschland keine einheitlichen gesetzlichen Regeln, ob und welche Vorkehrungen Hauseigentümer zum Schutz vor Dachlawinen treffen müssen.

Ob Warnschilder oder Schneefanggitter aufzustellen sind, wird kommunal unterschiedlich geregelt und betrifft in der Regel nur Gebiete mit viel Schneefall. Teilweise machen kommunale Regelungen den Schutz vor Dachlawinen davon abhängig, ob das Gebäude an einer Straße mit viel Verkehr liegt oder ob der Neigungswinkel des Daches mehr als 38 Grad beträgt. In solchen Fällen kann es im Einzelfall notwendig sein, zum Schutz vor Dachlawinen Schneefanggitter zu installieren oder Warnhinweise aufzustellen, um der Verkehrssicherungspflicht nachzukommen.

In schneearmen Gebieten muss ein Hauseigentümer keine Schneefanggitter am Haus befestigen, entschied das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf (Az. I-10 U 18/13) sowie das Amtsgericht (AG) Mannheim (Az. 10 C 120/11).

Ein Hauseigentümer ist dazu verpflichtet ein Schneefanggitter anzubringen, wenn das Haus ein besonders steiles Dach besitzt – wie etwa mit einer Dachneigung von 60 Grad - in einem schneereichen Gebiet und sich unter dem Dach ein öffentlicher Parkplatz befindet. Das entschied das Landgericht (LG) Ulm (Az. 1 S 16/06). Das OLG Karlsruhe (Az. 1 U 305/82) sieht die Notwendigkeit von Schneegittern schon bei einer Dachneigung von 45 Grad. Laut OLG Dresden (Az. 8 U 696/96) sind Schneefanggitter bei einem Neigungswinkel des Hausdachs von über 50 Grad notwendig.

Nach Ansicht des AG Hannover (Az.438 C 12642/13) haftet ein Hauseigentümer nicht für den Schaden, den eine Dachlawine an einem parkenden Fahrzeug verursacht hat, wenn es kommunal keine generelle Verpflichtung zur Anbringung von Schneefanggittern am Haus gibt.

Wer haftet für Schäden durch Dachlawinen?


Kommt ein Passant oder ein parkendes Auto durch eine Dachlawine zu Schaden, haftet dafür grundsätzlich der Hauseigentümer von dessen Dach die Lawine abgegangen ist, so u.a. das LG Magdeburg (Az. 5 O 833/10). Jedenfalls dann, wenn er seine Verkehrssicherungspflicht verletzt hat, das heißt, wenn er nicht alles zumutbar Erforderliche getan hat, um Schäden durch Dachlawinen zu verhindern. Dabei kann ihm durchaus ggfs. zu zumuten sein, auf das Dach zu steigen und es von den Schneemaßen zu befreien. Dies von einer Fachfirma durchführen zu lassen, ist dem Hauseigentümer laut OLG Oldenburg (Az. 4 U 35/12) nur in Ausnahmefällen zu zumuten.

Ist der Hauseigentümer abwesend, muss er eine Vertretung organisieren, die seine Verkehrssicherungspflichten erfüllt.
Kommt es zu außergewöhnlich großen Schneemengen in einem ansonsten schneearmen Gebiet, haftet der Hauseigentümer nicht bei einer Beschädigung eines Autos durch eine Dachlawine. In diesem Fall müssen laut AG Düren (Az. 8 C 279/85) Verkehrsteilnehmer besonders umsichtig darauf achten, wo sie beispielsweise ihr Auto parken.

Ist ein Haus mit Schneefanggittern ausgestattet, hat der Hauseigentümer seine Verkehrssicherungspflicht erfüllt. Kommt es dann zu Schäden durch herabfallende Eiszapfen, haftet er nicht, so das AG München (Az. 263 C 10893/07). In einer weiteren Entscheidung stellt das AG München (Az. 274 C 32118/13), dass in diesem Fall der Autofahrer selbst für die Sicherheit seines Fahrzeugs sorgen muss.

Kann der Vermieter die Verkehrssicherungspflicht für Dachlawinen auf Mieter übertragen?


In Deutschland besteht die Verkehrssicherungspflicht für den Winterdienst grundsätzlich für den Vermieter. Allerdings kann er diese Pflicht unter bestimmten Bedingungen auf den Mieter übertragen. Dafür muss Übertragung der Verkehrssicherungspflicht explizit im Mietvertrag festgehalten sein. Die Verkehrssicherungspflichten zum Schutz vor Dachlawinen kann der Vermieter formularmäßig im Mietvertrag auf den Mieter übertragen, entschied das AG München (Az. 433 C 19170/11). Fehlt eine solche Klausel, bleibt der Vermieter für die Dachlawinen-Vorsorge verantwortlich.

Aufgepasst: Auch wenn der Vermieter seine Verkehrssicherungspflicht vertraglich wirksam auf den Mieter übertragen hat, ist er weiterhin verpflichtet die ordnungsgemäße Ausführung der übertragenen Aufgaben zu überwachen. Kommt der Mieter seinen Winterdienst-Pflichten nicht nach, kann der Vermieter im Falle eines Unfalls aufgrund einer Dachlawine weiterhin haftbar gemacht werden.

Welche Versicherung reguliert Schäden durch Dachlawinen?


Schäden durch Dachlawinen werden von unterschiedlichen Versicherungen reguliert, abhängig davon, wer betroffen ist und welche Art von Schaden entsteht.

Wird ein geparktes Auto von einer Dachlawine beschädigt, übernimmt in der Regel die Vollkaskoversicherung die Reparaturkosten. Bei Schäden wie etwa einer zerbrochenen Windschutzscheibe kann die Teilkaskoversicherung greifen.

Verletzt eine Dachlawine eine Person, haftet der Hauseigentümer, falls er seine Verkehrssicherungspflicht vernachlässigt hat. Die private Haftpflichtversicherung des Eigentümers kommt bei selbstgenutztem Wohneigentum für solche Schäden auf.

Bei Vermieter oder Eigentümer von Mehrfamilienhäusern greift eine spezielle Haus- und Grundbesitzerhaftpflichtversicherung für Schäden, die aufgrund einer Dachlawine an Personen oder Sachen entstehen.

Schäden am eigenen Haus, die durch Schneedruck oder abgehende Dachlawinen entstehen, werden nur dann abgedeckt, wenn eine zusätzliche Elementarschadenversicherung besteht. Diese wird häufig als Erweiterung der Wohngebäudeversicherung angeboten.

Es lohnt sich, die Versicherungsverträge genau zu prüfen und gegebenenfalls anzupassen, um bei unvorhergesehenen Ereignissen wie Dachlawinen abgesichert zu sein.

Müssen Nachbarn Dachlawinen-Abgänge dulden?


Dachlawinen-Abgänge müssen Nachbarn nicht dulden. Sie haben gegenüber dem Grundstückseigentümer einen gerichtlich durchsetzbaren Unterlassungsanspruch. Fallen bei Schneefall immer wieder Dachlawinen auf das Grundstück des Nachbarn und richten dort auch Sachschäden an, ist der Hauseigentümer verpflichtet die Gefahr von Dachlawinen zu beseitigen. Der Nachbar muss diese Beeinträchtigung nicht dulden, entschied das LG Schweinfurt (Az. 3 S 83/85). Der Nachbar müsste die Dachlawinen nur dann dulden, wenn es für den Grundstückseigentümer nicht zumutbar wäre die Dachlawinen zu verhindern.


erstmals veröffentlicht am 26.01.2015, letzte Aktualisierung am 20.01.2025

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