Schulverweis/Unterrichtsausschluss: Was können Eltern tun?

Ein Schulverweis oder Unterrichtsausschluss ist eine der schwerwiegenden Disziplinarmaßnahmen, die eine Schule gegen einen Schüler verhängen kann. Eine solche Maßnahmen kann weitreichende Folgen für die weitere Laufbahn des Schülers haben. Doch was können Eltern tun, wenn ihr Kind von der Schule verwiesen oder vom Unterricht ausgeschlossen wird?
- Was ist der Unterschied zwischen einem Schulverweis und einem Unterrichtsausschluss?
- Wann darf ein Schüler vom Unterricht ausgeschlossen werden?
- In welchen Fällen darf ein Schüler von einer Klassenfahrt ausgeschlossen werden?
- Wann ist ein Schulverweis möglich?
- In welchen Fällen darf kein Schulverweis erfolgen?
- Was können Eltern bei einem Unterrichtsausschluss oder einem Schulverweis tun?
- Welche Folgen hat ein Verstoß gegen die Schulpflicht?
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Was ist der Unterschied zwischen einem Schulverweis und einem Unterrichtsausschluss?
Zunächst ist es wichtig, den Unterschied zwischen einem Unterrichtsausschluss und einem Schulverweis zu verstehen. Ein Unterrichtsausschluss bedeutet, dass der Schüler für eine bestimmte Zeit vom Unterricht ausgeschlossen wird. Diese Maßnahme ist in der Regel kurzfristig und wird oft als eine Form der Sanktion für unangemessenes Verhalten genutzt. Der Schüler kann in dieser Zeit nicht am Unterricht teilnehmen, muss aber weiterhin den Stoff eigenständig nacharbeiten.
Ein Schulverweis ist eine drastischere Maßnahme, bei der der Schüler für einen längeren Zeitraum, gegebenenfalls auch dauerhaft, von der Schule ausgeschlossen wird. Ein Verweis kann das Ende der schulischen Ausbildung an dieser Institution bedeuten und wird in der Regel nur in extremen Fällen ausgesprochen, wenn alle anderen erzieherischen Maßnahmen fehlgeschlagen sind.
Schulverweise und Unterrichtsausschlüsse beruhen auf den Schulordnungen, die von den einzelnen Bundesländern festgelegt werden. Diese regeln, wann und unter welchen Umständen ein solcher Ausschluss verhängt werden kann. Eltern sollten sich unbedingt über die schulrechtlichen Bestimmungen im jeweiligen Bundesland informieren, da die genauen Vorschriften und Vorgehensweisen variieren können. Grundsätzlich müssen solche Maßnahmen jedoch in einem fairen und transparenten Verfahren erfolgen.
Wann darf ein Schüler vom Unterricht ausgeschlossen werden?
Schüler, die gegen die Schulordnung verstoßen oder sich Anweisungen von Lehrern widersetzen, droht vor einem Schulverweis zunächst als mildere Erziehungsmaßnahme die Suspendierung vom Unterricht.
Ein Schüler, der im Klassenchat ein Video postet auf dem ein Mitschüler einen Stuhl aus dem Fenster des Klassenraums wirft, darf für sechs Tage vom Unterricht suspendiert werden, so das Verwaltungsgericht (VG) Berlin (Az. 3 L 649/20).
Schüler, die während des Schulunterrichts heimlich Fotos und Videos von seinen Lehrern machen und diese auf sozialen Medien zusammen mit beleidigenden Kommentaren posten, können vom Schulunterricht vorläufig suspendiert werden, so das VG Berlin (Az. 3 L 357.19, 3 L 363.19).
In welchen Fällen darf ein Schüler von einer Klassenfahrt ausgeschlossen werden?
Schüler, die ständig den Unterricht stören und durch ihre Zwischenrufe mit wie etwa „Fick dich, Alter“,„Das ist doch Scheiße hier!“ oder „Das ist mir hier zu blöd!“ einen Schulunterricht unmöglich machen, können als Disziplinarmaßnahme von einer Klassenfahrt ausgeschlossen werden, so das VG Berlin (Az. VG 3 A 219.08).
Ein Schüler, der dabei erwischt wird, wie er die erste Seite einer Klassenarbeit mit seinem Handy abfotografiert, kann von der Klassenfahrt ausgeschlossen werden, entschied das VG Lüneburg (Az. 4 B 87/25).
Hält sich ein Schüler etwa nicht an die Anweisungen seines Lehrers, kann er ebenfalls von der Klassenfahrt ausgeschlossen werden, entschied das VG Aachen (Az. 9 L 752/19).
Nicht an einer Klassenfahrt teilnehmen darf ein Schüler, der bei einem Schulausflug sich ohne Erlaubnis von der Klasse entfernte, entschied das VG Hamburg (Az. 5 E 3639/22).
Wann ist ein Schulverweis möglich?
Ein Schulverweis ist härteste Ordnungsmaßnahme die das Schulrecht vorsieht. Er erfolgt nur bei wiederholten besonders schwerwiegenden Verstößen gegen die Schulordnung oder Schulpflichten. Ein Schüler, der einen Schulverweis erhält, muss die Schule wechseln. Wenn er nicht mehr der Schulpflicht unterliegt, muss er die Schule nur verlassen
Schulrecht ist Ländersache, daher können die Voraussetzungen für einen Schulverweis je nach Bundesland unterschiedlich sein. Grundsätzlich gilt, dass die Schule vor einem Schulverweis erst einmal zu milderen Mitteln greifen muss, etwa eine Abmahnung des Schülers, der Ausschluss vom Unterricht, ein Gespräch mit den Eltern oder ggfs. ein Wechsel der Schulklasse. Erst wenn alle mildern Mittel ausgeschöpft sind, ist ein Schulverweis möglich.
Belästigt etwa ein 12jähriger Schüler eine 11jähre Mitschülerin sexuell, ist ein Schulverweis zulässig, entschied das VG Stuttgart (Az. 12 K 2336/16). Eine sexuelle Belästigung verletzt das Ehrgefühl und Recht auf sexuelle Selbstbestimmung. Blieb der Schüler an der Schule würde das Opfer immer wieder an die Tat erinnert werden.
Ein Schüler, der sich an einer gewalttätigen Auseinandersetzung gegen eine Mitschülerin beteiligt, kann zu Recht einen Schulverweis bekommen, so das VG Berlin (Az. VG 3 L 328.14). Konkret hatte der Schüler zusammen mit anderen Mitschülern eine 15jährige Mitschülerin zusammengeschlagen und über den Boden im Klassenzimmer geschliffen.
Einen zulässigen Schulverweis erhielt auch ein Schüler, der zusammen mit anderen Schülern einen auf dem Boden liegenden obdachlosen Mann mit Tritten versah, so das VG Düsseldorf (Az.18 L 1171/25).
Ein 16jähriger Schüler, der auf dem Pausenhof Waffen, in Form von Schlagringen und Springmesser, an andere Schüler verkauft, muss laut VG Koblenz (Az. 4 L 535/25.KO) einen zeitweiligen Schulausschluss bis zu den Sommerferien hinnehmen.
Ein Schüler, der einen Lehrer während des Schulunterrichts ohne dessen Einverständnis fotografierte, erhält ebenfalls einen zulässigen Schulverweise, so das VG Berlin (Az. 3 K 211/22).
Formal muss der Schulverweis von einem Gremium, wie etwa der Klassenkonferenz, beschlossen werden. Üblich ist, dass Schüler und Eltern vor der Klassenkonferenz zum Sachverhalt angehört werden, dies ist aber keine gesetzlich vorgeschriebene Voraussetzung.
In welchen Fällen darf kein Schulverweis erfolgen?
Wehrt sich ein Schüler gegenüber einem angreifenden Mitschüler mit Schlägen gegen dessen Kopf, darf er aufgrund seiner Notwehrtat nicht von der Schule verwiesen werden, so das Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster (Az. 19 E 477/20).
Ein Vater, der sich gegenüber Eltern oder Mitschülern seines Kindes verhaltensauffällig zeigt, ist aber kein Grund der einen Schulverweis des Kindes rechtfertigt, entschied das VG Berlin (Az. 3 L 612/20).
Was können Eltern bei einem Unterrichtsausschluss oder einem Schulverweis tun?
Wenn ein Schulverweis oder ein Unterrichtsausschluss für ihr Kind droht, sollten die Eltern zunächst das Gespräch mit der Schulleitung oder den zuständigen Lehrkräften suchen, um den Vorfall und die Gründe für die Sanktion zu verstehen. In vielen Fällen lässt sich durch ein offenes Gespräch ein Missverständnis ausräumen oder eine Lösung finden. Eltern können nachfragen, welche genaueren Vorwürfe gegen ihr Kind erhoben werden und ob es eine Möglichkeit gibt, die Maßnahme zu mildern.
Wichtig: Eltern sollten sich die Schulordnung genau durchlesen, um zu prüfen, ob die Maßnahme korrekt und rechtmäßig ist. Ein Schulverweis oder Unterrichtsausschluss muss immer verhältnismäßig und nachvollziehbar sein. Wenn Eltern Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme haben, können sie rechtliche Beratung einholen.
Falls der Schulverweis oder der Unterrichtsausschluss als unangemessen oder ungerechtfertigt angesehen wird, haben Eltern das Recht, dagegen vorzugehen. Wer sich gegen einen Schulverweis wehren will, muss innerhalb von vier Wochen nach Erhalt des Schulverweises Widerspruch bei der Behörde einlegen, die den Schulverweis erlassen hat. Wird der Widerspruch abschlägig entschieden, bleibt den Eltern nur noch die Klage vor dem Verwaltungsgericht, die ebenfalls vier Wochen nach Erhalt des Widerspruchsbescheids eingelegt werden muss. Da es lange dauern kann, bis die Entscheidung des Gerichts über die Zulässigkeit des Schulverweises erfolgt, empfiehlt sich im einstweiligen Rechtsschutz gegen den Schulverweis vorzugehen.
Unser Tipp: Falls die Schule trotz Gespräch den Schulverweis oder Ausschluss weiterhin aufrechterhalten will, können Eltern einen Anwalt für Schulrecht hinzuziehen. Ein Anwalt kann die rechtlichen Schritte prüfen, den Widerspruch formulieren und die Eltern im gesamten Verfahren unterstützen.
Welche Folgen hat ein Verstoß gegen die Schulpflicht?
Die Lust auf Schule hält sich bei vielen Schülern in Grenzen. Doch Vorsicht: Schule schwänzen hat gravierende Folgen!
Das Oberlandesgericht (OLG) Hamm (Az. 8 UF 75/12) hat den Eltern eines Grundschülers ihr Recht zur Regelung schulischer Angelegenheiten ihres Kindes entzogen. Das Kind wollte nicht zur Schule gehen und seine Eltern wirkten dieser Schulunlust nicht entgegen. Das Kind hatte in seinem ersten Schuljahr bereits 40 Fehltage. Es wechselte die Grundschule mehrmals. Meist blieb es nur wenige Tage an einer Grundschule. Das Kind wurde dann zu Hause unterrichtet. Die Eltern lehnten es ab, ihren Sohn gegen seinen Willen auf eine staatliche Schule zu schicken. Das Gericht hat daraufhin entschieden, dass die Eltern zur Unterstützung eines Schulbesuchs ihres Kindes verpflichtet werden können. Das Gericht hat den Eltern das Recht zur Regelung der schulischen Angelegenheiten entzogen und dieses dem zuständigen Jugendamt übertragen. Es hat das Kind aber nicht aus dem elterlichen Haushalt herausgenommen, wohl aber die Eltern verpflichtet, dafür zu sorgen, dass der Jung Teilweise Sorgerechtsentzug bei Schulverweigerung durch Eltern
Das OLG Karlsruhe (Az. 5 UFH 3/22) hat den Eltern eines siebenjährigen Kindes, das sie nicht zur Schule schickten, teilweise ihr Sorgerecht entzogen.
Das OLG Frankfurt am Main (Az. 2 Ss 413/10) hat die Mutter eines schulpflichtigen Kindes zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten ohne Bewährung verurteilt, weil sie ihren Sohn hartnäckig der Schulpflicht entzog.
Das Schleswig-Holsteinische Verwaltungsgericht (Az. 9 E 3/23 und 9 E 4/23) hat gegenüber zwei Müttern, die gegen die Schulpflicht ihrer Kinder verstoßen haben eine dreitägige Ersatzzwangshaft verhängt, da jedes andere Zwangsmittel nicht zum Erfolg führte.
erstmals veröffentlicht am 19.05.2023, letzte Aktualisierung am 01.08.2025
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