Betreuung: Rechte von Betreuten und Betreuer

Das Betreuungsrecht schützt Menschen, die wegen Krankheit, Behinderung oder Alter ihre Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht mehr selbst regeln können. Doch dabei stellt sich oft die Frage: Welche Rechte haben eigentlich die betreute Person und welche der rechtliche Betreuer oder die Betreuerin?
- In welchen Fällen wird ein Betreuer bestellt?
- Welche Rechte hat eine betreute Person?
- Kann auch gegen den Willen des Betroffenen ein Betreuer bestellt werden?
- Kann auch bei unbekanntem Aufenthaltsort des Betroffenen eine Betreuung angeordnet werden?
- Wie lange dauert eine Betreuung an?
- Wie wird der Betreuer vom Gericht ausgewählt?
- Kann der Betreuer auch nochmal gewechselt werden?
- Wie kann man eine gerichtlich angeordnete Betreuung vermeiden?
- Welche Aufgaben hat der Betreuer?
- Welche weiteren Pflichten hat der Betreuer?
- Was ist der Unterschied zwischen Betreuung, Entmündigung, Vormundschaft und eherechtlichen Notvertretungsrecht?
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In welchen Fällen wird ein Betreuer bestellt?
Eine Betreuung wurde früher vom Gericht auf Antrag nur dann angeordnet, wenn entweder eine psychische Krankheit, geistige Behinderung, seelische Behinderung oder körperliche Behinderung gegeben ist und der Betroffene seine Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht selbst besorgen kann und keine Vorsorgevollmacht vorlag. Ob die Notwendigkeit einer Betreuung besteht, wurde bislang letztlich anhand eines psychiatrischen Gutachtens festgestellt.
Seit dem 1. Januar 2023 kommt es weniger auf die medizinische Feststellung einer Betreuungsbedürftigkeit an, sondern mehr auf den konkreten, individuellen Bedarf an Unterstützung. Kann jemand lediglich rein tatsächliche Dinge nicht mehr selbst erledigen, für die man aber keinen gesetzlichen Vertreter benötigt, wie etwa einkaufen oder putzen, so begründet dies keine gerichtlich angeordnete Betreuung.
Welche Rechte hat eine betreute Person?
Auch wenn jemand unter rechtlicher Betreuung steht, heißt das nicht, dass er oder sie entrechtet ist. Ganz im Gegenteil, die betreute Person hat weiterhin viele grundlegende Rechte wie etwa das Recht auf Selbstbestimmung. Entscheidungen trifft die betreute Person selbst, soweit sie dazu in der Lage ist. Der Betreuer darf nicht einfach über den Kopf des Betreuten hinweg handeln. Bei wichtigen Entscheidungen, wie einem Umzug oder medizinische Eingriffe, muss der Wille der betreuten Person immer berücksichtigt werden.
Des Weiteren hat der Betreute ein Recht auf Mitwirkung und Anhörung. Vor wichtigen Maßnahmen muss die betreute Person angehört werden. Sie kann Widerspruch bei Gericht einlegen, wenn sie mit Entscheidungen nicht einverstanden ist.
Der Betreute hat auch ein Recht auf Information und Einsicht. Er hat das Recht, zu wissen, was in ihrem Namen entschieden oder geregelt wird. Betreute können Einsicht in Unterlagen verlangen, etwa bei Finanzen oder ärztlichen Maßnahmen.
Wichtig ist auch das Recht auf Wahl und Wechsel des Betreuers. Wünsche zur Person des Betreuers müssen vom Gericht ernst genommen werden. Bei Konflikten oder Problemen kann ein Betreuerwechsel beantragt werden.
Gut zu wissen ist, dass die Betreuung keine Auswirkungen auf die Geschäftsfähigkeit des Betroffenen hat. Der Betroffenen kann daher heiraten oder ein Testament verfassen ohne das es der Einwilligung des Betreuers bedarf. Hat aber das Gericht einen Einwilligungsvorbehalt angeordnet, so bedeutet dies, dass der Betroffene für bestimmte Rechtsgeschäfte die Einwilligung des Betreuers benötigt. Ein Einwilligungsvorbehalt wird vom Gericht dann für notwendig erachtet, wenn der Betroffene droht sich oder sein Vermögen in Gefahr zu bringen.
Wichtig: Der Betreuer darf den Kontakt zwischen dem Betreuten und dessen Bekannten oder Freunden nicht ohne Grund verbieten, so das AG Brandenburg (Az. 85 XVII 127/20).
Kann auch gegen den Willen des Betroffenen ein Betreuer bestellt werden?
Nein. Betroffene haben ein Mitspracherecht, ob eine Betreuung erfolgen soll. Gegen den Willen eines volljährigen Betroffenen darf keine Betreuung angeordnet werden. Dies gilt so lange, wie der Betroffene noch seinen Willen frei bilden und mitteilen kann.
Kann auch bei unbekanntem Aufenthaltsort des Betroffenen eine Betreuung angeordnet werden?
Ja, auch bei unbekanntem Aufenthaltsort der betroffenen Person kann eine rechtliche Betreuung angeordnet werden. Dies hat der Bundesgerichtshof (Az. XII ZB 235/24) klargestellt. In dem entschiedenen Fall war eine an Demenz erkrankte Person seit längerer Zeit in seiner Wohneinrichtung abgängig. Nach Auffassung des Gerichts steht einer Betreuerbestellung nicht entgegen, dass sich die betreuungsbedürftige Person nicht auffinden lässt, vorausgesetzt, es bestehen konkrete Anhaltspunkte für einen fortbestehenden Betreuungsbedarf. Maßgeblich ist, dass der Betreuer trotz des unbekannten Aufenthalts in der Lage ist, im rechtlichen Interesse der Person tätig zu werden, oder dass im Fall der Wiederauffindung ein sofortiger Handlungsbedarf bestehen könnte. Voraussetzung bleibt, dass das Betreuungsgericht von der Notwendigkeit einer Betreuung überzeugt ist.
Wie lange dauert eine Betreuung an?
In der Regel wird eine Betreuung erst mal für ein halbes Jahr vom Gericht angeordnet. Danach prüft das Gericht, in welcher Form eine weiter Betreuung notwendig ist. Die Betreuung endet dann, wenn die Gründe für die Betreuung wegfallen oder wenn der Betreute das Ende der Betreuung selbst beantragt.
Wie wird der Betreuer vom Gericht ausgewählt?
In der Regel bestellt das zuständige Amtsgericht, also das Gericht in dessen Bezirk der Betroffene lebt, den Betreuer. Dies kann auf Antrag des Betroffenen oder auch von Amts wegen geschehen. Das Gericht nimmt Kontakt zum Betroffenen auf und macht sich einen Eindruck von seiner Lebenssituation. Ob eine Betreuung notwendig ist, kann auch per Sachverständigengutachten geklärt werden. Vor Gericht können Betreute seit 2023 selbst Erklärungen abgeben oder gegen Gerichtsentscheidungen vorgehen. Sie erhalten zusätzlich zum Betreuer sämtliche Korrespondenz vom Gericht auch selbst.
Kommt das Gericht zu der Ansicht, dass ein Betreuter bestellt werden muss, sucht es einen Betreuer auch und verpflichtet diesen zur Betreuung. Dafür erhält der Betreuer eine Urkunde, die ihn für die Durchführung der Rechtsgeschäfte für den Betreuten legitimiert.
Bei der Auswahl des Betreuers hat der Betreute ein klares Mitspracherecht. Seine Wünsche sind hier maßgeblich. Der Betreute kann Familienangehörige, Freunde, Berufsbetreuer oder auch einen Betreuungsverein für die Betreuung vorschlagen. Das Gericht wird in der Regel seinem Wunsch entsprechen.
Wichtig: Der Bundesgerichtshof (Az. XII ZB 217/23) hat entschieden, dass bei der Auswahl des Betreuers der Wunsch des Betreuten wichtiger ist, als objektive Kriterien. Wünscht sich also ein Betreuter eine bestimmte Person als Betreuer, muss dem entsprochen werden.
Kann der Betreuer auch nochmal gewechselt werden?
Der Betreuer kann gewechselt werden, wenn er etwa seine Betreuungsaufgabe nicht mehr ordnungsgemäß ausführt. Man kann den Betreuer auch wechseln, wenn es sich um einen Berufsbetreuer handelt und nun ein ehrenamtlicher Betreuer zur Verfügung steht. Ein Wechsel des Betreuers ist auch immer dann möglich, wenn der Betreute selbst einen Betreuer vorschlägt.
Wie kann man eine gerichtlich angeordnete Betreuung vermeiden?
Eine rechtlich angeordnete Betreuung kann vermieden werden, in dem man eine Vorsorgevollmacht erstellt. In ihr wird u.a. festgelegt, wer für den Betroffenen Entscheidungen treffen soll, wenn er dazu selbst nicht mehr in der Lage ist.
Lesen Sie dazu unseren aktuellen umfangreichen Rechtstipp „Vorsorgevollmacht / Patientenverfügung: Diese 6 Fehler sollten Sie vermeiden!“.
Welche Aufgaben hat der Betreuer?
Ein rechtlicher Betreuer wird vom Betreuungsgericht bestellt und ist kein Vormund, sondern ein Unterstützer auf Zeit. Der Umfang der Betreuung ist sehr individuell und richtet sich danach, welche Aufgaben der Betreute nicht mehr selbst regeln kann. Die Betreuung umfasst Aufgabenbereiche, wie Gesundheitsfürsorge, Vermögenssorge, Wohnungsangelegenheiten oder/und Behördenangelegenheiten. Nur für diese Aufgaben wird ihm ein Betreuer bestellt. Alle übrigen Aufgaben werden nach wie vor vom Betreuten selbst ausgeführt. Das Gericht legt konkret fest, für welche Bereiche die Betreuung gelten soll.
Hatte der Betreuer bislang die Aufgabe, alle Angelegenheiten des Betroffenen so zu regeln, wie es seinem Wohl entspricht, sind mit der Betreuungsrechtsreform im Jahr 2023 jetzt die Wünsche und der mutmaßliche Wille des Betreuten maßgeblich. Stellvertretende Entscheidung durch den Betreuer sollen die Ausnahme sein. Für schuldhafte Pflichtverletzungen haften die Betreuer.
Ein Betreuer handelt im Auftrag des Gerichts und hat ein Recht auf dessen Rückhalt bei schwierigen Entscheidungen. In bestimmten Fällen ist eine gerichtliche Genehmigung nötig, etwa bei geschlossenen Unterbringungen oder größeren Vermögensverfügungen.
Betreuer haben ein Recht auf Vergütung. Ehrenamtliche Betreuer können eine Aufwandsentschädigung beanspruchen. Berufsbetreuer haben Anspruch auf eine Vergütung in Form einer monatlichen Fallpauschale, deren Höhe sich nach ihrer beruflichen Ausbildung und den Besonderheiten der jeweiligen Betreuung richtet.
Zu den Aufgaben des Betreuers gehört nicht nur die rechtliche Vertretung des Betroffenen, sondern auch eine persönliche Betreuung. Betreuer und Betroffener sollen laut Betreuungsrecht miteinander Kontakt halten.
Wichtig: Persönliche Pflegeleistungen fallen nicht in den Aufgabenbereich des Betreuers. Sie sind nicht verpflichtet, persönliche Pflege oder Rund-um-die-Uhr-Betreuung zu leisten.
Welche weiteren Pflichten hat der Betreuer?
Die Entscheidungen eines Betreuers müssen transparent und nachvollziehbar dokumentiert werden. Betreuer müssen regelmäßig Berichte beim Gericht abgeben. Betreuer müssen über ihre Aufgabe einmal im Jahr bei Gericht Bericht erstatten. In diesem Bericht steht beispielsweise wie der Gesundheitszustand des Betroffenen ist, und ob die Betreuung weiterhin im gleichen Umfang stattfinden muss. Daneben muss eine Abrechnung erfolgen. Dafür erhält der Betreuer vom Gericht einen Abrechnungsvordruck. Hierin wird das Vermögen des Betroffenen verzeichnet, mit Einnahmen und Ausgaben. Das Vermögen des Betroffenen muss vom Betreuer wirtschaftlich verwaltet werden. Geldgeschäfte und Grundstücksgeschäfte bedürfen der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts. Ebenso Kreditaufnahmen, Erbangelegenheiten, Mietverträge und Lebensversicherungen.
Beantragt ein Betreuer keine Sozialhilfe zur Deckung der Mietkosten, obwohl er dies hätte tun müssen, kann der Betreute Schadensersatz von ihm verlangen, entschied das Amtsgericht Brandenburg (Az. 31 C 150/21).
Was ist der Unterschied zwischen Betreuung, Entmündigung, Vormundschaft und eherechtlichen Notvertretungsrecht?
Eine Vormundschaft wird für minderjährige Kinder oder Jugendliche bestellt, wenn deren Eltern sich nicht richtig um sie kümmern. Ist ein volljähriger Mensch nicht mehr in der Lage seine Rechtsgeschäfte selbst zu erledigen, bekommt er einen Betreuer. Die sog. Entmündigung gibt es rechtlich nicht mehr.
Beim eherechtlichen Notvertretungsrecht hat ein Ehegatte ein auf drei Monate begrenztes Vertretungsrecht, wenn der andere Ehegatte aufgrund einer Krankheit oder dem Verlust des Bewusstseins nicht mehr in der Lage ist seine Angelegenheiten zu regeln. Das Vertretungsrecht begrenzt sich u.a. auf die Einwilligung in Untersuchungen oder ärztlichen Eingriffen und den Abschluss von Behandlungsverträgen. Es gilt nicht bei getrenntlebenden Ehegatten oder wenn ein Ehegatte verfügt hat, das dieses Vertretungsrecht nicht gelten soll.
Weitere Informationen zum eherechtlichen Notvertretungsrecht finden Sie in unserem Beitrag „Notvertretungsrecht: Was dürfen Ehepartner jetzt in medizinischen Notfällen?“.
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erstmals veröffentlicht am 29.11.2022, letzte Aktualisierung am 07.07.2025
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