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Kategorie: Anwalt Mietrecht , 07.11.2023 (Lesedauer ca. 4 Minuten, 3390 mal gelesen)

Hausfrieden gestört: Droht dem Mieter die Kündigung?

wütende Frau zeigt den Mittelfinger wütende Frau zeigt den Mittelfinger © freepik - mko

In einem Mehrfamilienhaus kann es zwischen den Mitbewohnern zu Konflikten und Streitigkeiten kommen, die auch schon mal eskalieren. Doch wann liegt eine Störung des Hausfriedens vor? Welches Verhalten müssen sich Mitbewohner nicht gefallen lassen? Und wann kann ein Mieter wegen Störung des Hausfriedens gekündigt werden?

Wann stört Lärm den Hausfrieden?


Immer wiederkehrende nächtliche Ruhestörungen und Verschmutzen der Terrasse des Nachbarn stören den Hausfrieden und rechtfertigen laut Landgericht (LG) Köln (Az. 10 S 139/15) eine fristlose Kündigung des Mietvertrags wegen Störung des Hausfriedens.

Massive Lärmbelästigungen in der Nacht stören den Hausfrieden, entschied das AG Lichtenberg (Az. 6 C 425/13). Auch wer seinen Nachbarn mit sog. „Rachelärm“ ständig attackiert, stört den Hausfrieden, so das AG München (Az. 417 C 12146/18).

Eine Mieterin ließ grundsätzlich beim Betreten des Hauses die Eingangstür auf und löschte das Licht im Keller nicht. Zudem tyrannisierte sie ihre Nachbarn mit Lärm, klaute ihre Teppichvorleger im Flur, kippte Eimer mit Wasser auf deren Terrasse und beschimpfte und beleidigte sie. Das reichte für das Amtsgericht (AG) München (Az. 418 C 6420/17) aus, um die fristlose Kündigung des Mietverhältnisses für wirksam zu erachten. Die Beweisaufnahme habe die Vorwürfe der Nachbarn bestätigt. Die Mieterin habe durch die von ihr begangenen Straftaten (Beleidigung und Diebstahl) und ihre ständigen Verstöße gegen die Hausordnung, ihre vertraglichen Pflichten aus dem Mietverhältnis verletzt. Der Vermieter habe ihr auch keine Frist setzen oder sie abmahnen müssen, da ein anderes Verhalten nicht zu erwarten war, so das Gericht.

Welche Gerüche können den Hausfrieden stören?


Pinkelt ein Mieter immer wieder in seinen Garten und kommt es deshalb zu Fäkalgeruch, stellt auch das eine Störung des Hausfriedens dar, was zur fristlosen Kündigung reicht, so das AG Köln (Az. 210 C 398/09).

Auch Katzenurin im Hausflur stört den Hausfrieden massiv, entschied das LG Berlin (Az. 67 S 46/96). Gleiches gilt für Hundeurin, wenn dies nicht einmalig passiert, entschied das AG Köln (Az.208 C 164/00).

Ab wann ist Streit unter Mietern eine Störung des Hausfriedens?


Nicht jeder Streit unter Mietern stellt gleich eine Störung des Hausfriedens dar. Wenn aber ein Mieter etwa andere Mieter rassistisch und sexistisch beleidigt und alkoholisiert im Treppenhaus rumpöbelt, stört das den Hausfrieden massiv, entschied das AG München (Az. 417 C 4799/19).

Wer einen Mitmieterin als „Fotze“ bezeichnet, stört ebenfalls den Hausfrieden, so das AG Neuruppin (Az. 43 C 61/18).
Auch die Bezeichnung eines anderen Mieters als „Lügner“, „Märchenerzähler“, „Provokateur“ und „skrupellos“ stört den Hausfrieden laut AG Münster (Az. 61 C 2676/21).

Die Einschüchterung und Bedrohung eines Mitbewohners durch das Überreichen einer blutigen Klageschrift, ist eine Störung des Hausfriedens, so das LG München I (Az.14 S 9204/12).

Versucht ein Mitbewohner in die Wohnung eines Nachbarn einzudringen und versucht diesen mit vorgetäuschtem Blut einzuschüchtern, ist das eine Störung des Hausfriedens, so das AG Hannover (Az.406 C 8685/13).

Ein psychisch kranker Mieter, der mit einem Holzhammer auf die Tür seines Mitmieters einschlug, stört den Hausfrieden, entschied das LG Kassel (Az. 1 S 17/18). Auch wenn man bei psychisch erkrankten oder geistig behinderten Mieter ein höheres Maß an Toleranz zeigen müsse, sei die Toleranzgrenze aber bei der Gefährdung anderer Menschen überschritten.

Der Streit zwischen einem Mieter und seiner Lebensgefährtin eskalierte bis hin zu körperlichen Auseinandersetzungen. Die Frau flüchtete daraufhin aus der Wohnung zum Nachbarn, um dort Schutz zu suchen. Der Mann folgte ihr und ging auf den Nachbarn los, beschimpfte ihn und seine Familie und droht ihm sogar mit dem Tod. Der Nachbar rief die Polizei, die dann ein Kampfmesser, eine Axt und weitere gefährliche Gegenstände beim gewalttätigen Mieter sicherstellte. Das AG München (Az. 474 C 18956/16) verurteilte den Mieter, die Mietwohnung umgehend zu räumen. Die Bedrohung der Nachbarn stört den Hausfrieden massiv, so das Gericht.

Was kann den Hausfrieden sonst noch stören?


Ständiges Hundegejaule stört den Hausfrieden, so das AG Potsdam (Az. 26 C 38/96).
Ein Mitbewohner der ein zweijähriges Kind eines Nachbarn mit einem Stein bewirft, stört den Hausfrieden, entschied das AG Bernau (Az.10 C 594/09).

Wer eine Waffe samt Munition nicht ordnungsgemäß in seiner Wohnung aufbewahrt, stört lauf LG Berlin (Az. 65 S 54/18) den Hausfrieden.

Kann man Mieter wegen Störung des Hausfriedens kündigen?


Ein Mieter, der den Hausfrieden durch sein Verhalten nachhaltig und so erheblich stört, dass es dem Vermieter unter Berücksichtigung aller Umstände und Abwägung der beiderseitigen Interessen nicht zumutbar ist das Mietverhältnis fortzusetzen, muss mit der fristlosen Kündigung seines Mietvertrages rechnen. Eine Abmahnung durch den Vermieter ist vor der fristlosen Kündigung nicht notwendig, wenn eine Besserung des Verhaltens nicht zu erwarten ist.

In allen o.g. Fällen, in denen der Hausfrieden durch Streitigkeiten unter Mietern gestört wurde, hielten die Gerichte eine fristlose Kündigung für gerechtfertigt.

Schon die einmalige Drohung eines Mieters gegenüber einem anderen Mieter, dass er sich eine Knarre besorgt und diesem eine Kugel durch den Kopf schießt, reicht nach Ansicht des Augsburger Amtsgerichts für eine fristlose Kündigung des Mietverhältnisses aus.
Der Vermieter kann dem Mieter bei einer Störung des Hausfriedens aber auch ordentlich kündigen, so das AG Hamburg-Blankenese (Az. 531 C 323/14).

Droht etwa ein Kind des Mieters anderen Mitbewohnern mit dem Tod, rechtfertigt dies nach Ansicht des LG Saarbrücken (Az.10 S 3/23) eine ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses.

Muss der Vermieter Auskunft geben wer Mieter beschuldigt den Hausfrieden zu stören?


Der Vermieter muss dem störenden Mieter nicht mitteilen, wer ihn beschuldigt den Hausfrieden zu stören, entschied das AG München (Az. 425 C 16113/14).


erstmals veröffentlicht am 09.01.2018, letzte Aktualisierung am 07.11.2023

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