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Kategorie: Anwalt Mietrecht , 31.07.2023 (Lesedauer ca. 4 Minuten, 52078 mal gelesen)

Zoff zwischen Mieter und Vermieter – fristlose Kündigung rechtens?

Eine Dame hat in einem heftigen Streit und hebt drohend den Zeigefinger Eine Dame hat in einem heftigen Streit und hebt drohend den Zeigefinger © freepik - mko

Wer seinen Vermieter im Streit mit „Schwein“, „Terrorist“ oder „promovierter Arsch“ tituliert, riskiert eine fristlose Kündigung seines Mietvertrags. „Talentlose Abrissbirne“, „Fuck you“ oder „faul“ sind für einige Gerichte Äußerungen, die noch keine gravierende Beleidigung des Vermieters darstellen. Wann die Wortwahl des Mieters beim Zoff mit dem Vermieter die Grenze zu einer Beleidigung und damit schwerwiegenden Vertragsverletzung überschreitet, die zur fristlosen Kündigung des Mietvertrags führen kann, entscheidet der Einzelfall.

Wann kann der Vermieter bei Streit dem Mieter fristlos kündigen?


Ein Vermieter hat das Recht eine fristlose Kündigung gegenüber seinem Mieter auszusprechen, wenn er dafür einen wichtigen Grund hat. Dies ist u.a. der Fall, wenn das Mietverhältnis aufgrund einer schwerwiegenden Vertragsverletzung zerrüttet ist und es für ihn nach einer umfassenden Interessenabwägung von Mieter und Vermieter nicht weiter zumutbar ist, dieses fortzuführen. Wann diese Voraussetzungen bei einem Streit zwischen Mieter und Vermieter erfüllt sind, kann nicht pauschal beantwortet werden, sondern muss im Einzelfall entschieden werden.

Reichen Beleidigung und Drohungen für eine fristlose Kündigung des Mietvertrags?


Vermieter müssen sich von ihren Mietern keine Beleidigungen gefallen lassen. Bezeichnet ein Mieter einen Vermieter im Streit als „promovierten Arsch“, kann der Vermieter sich fristlos vom Mietverhältnis lösen, so das Amtsgericht (AG) München (Az. 474 C 18543/14). Eine so grobe Beleidigung des Vermieters ist laut Gericht eine so schwerwiegende Vertragsverletzung, die eine Fortsetzung des Mietverhältnisses für den Vermieter unzumutbar macht. Die Äußerungen des Mieters sind auch nicht mehr als Unhöflichkeit oder hinzunehmende Pöbelei anzusehen. Auch muss der Vermieter nicht vor der Kündigung des Mietverhältnisses den Mieter erst abmahnen. Eine Abmahnung kann die schwerwiegende Zerstörung des Vertrauensverhältnisses nicht wiederherstellen, so die Münchner Richter.

In einem anderen Fall wurde ein Mieter von seinem Vermieter zur Rede gestellt, weil er sich gegenüber anderen Mitbewohnern rassistisch geäußert haben soll. Am Ende der Unterredung titulierte der Mieter den Vermieter als Schwein. Die daraufhin erfolgte fristlose Kündigung erfolgte zu Recht, entschied das AG München (Az. 411 C 8027/13). Die Beleidigung des Vermieters stellt eine erhebliche Vertragsverletzung dar, zumal eine Entschuldigung des Mieters für seine Äußerungen ausblieb. Ganz im Gegenteil: In der Erwiderung der Räumungsklage habe der Mieter den Vermieter als Lügner bezeichnet. Es sei also nicht davon auszugehen, dass der Mieter sein Verhalten ändere. Das Mietverhältnis ist dem Vermieter nicht weiter zu zumuten und er hat daher das Recht eine fristlose Kündigung auszusprechen.

Ebenso wenig muss sich ein Vermieter eine Zurechtweisung eines Mieters vor Dritten gefallen lassen, die mit dem Satz „Halt die Fresse“ endet. Dies entschied auch das AG München (Az.473 C 9473/21) und bestätigte die fristlose Kündigung des Mietverhältnisses durch den Vermieter. Eine vorherige Abmahnung war laut Gericht nicht notwendig, da zerstörtes Vertrauen durch eine Abmahnung nicht wieder hergestellt werden könne.

Das Landgericht (LG) München I (Az. 14 S 16950/15) stellt klar, dass ein Mieter seinen Vermieter im Streit unter anderem nicht als „Terroristen“ bezeichnen darf. Diese erhebliche Beleidigung führe zu einer schwerwiegenden Vertragsverletzung, die eine Kündigung des Mietverhältnisses rechtfertige.

Eine fristlose Kündigung des Mietverhältnisses riskiert auch ein Mieter, der den Vermieter mit dem Tod bedroht und nach einem Messer ruft, entschied das AG Hanau (Az. 34 C 80/22). Nach Ansicht des Gerichts stellt diese Bedrohung eine schwerwiegende Verletzung mietvertraglicher Pflichten durch den Mieter dar.

Auch Mitarbeiter des Vermieters dürfen weder bedroht noch beleidigt werden. Dies entschied das AG Berlin-Charlottenburg (Az. 203 C 45/21) im Fall eines Mieters, der Mitarbeitern des Vermieters, die Briefe zu stellen wollten, den Hauseingang versperrt und damit drohte, dass er seinen Pitbull hole, der sie dann zerfleische. Der Vermieter kündigte das Mietverhältnis fristlos. Da der Mieter nicht ausziehen wollte, erhob der Vermieter Räumungsklage vor dem Amtsgericht. Mit Erfolg!

Und was müssen Vermieter sich im Streit mit dem Mieter gefallen lassen?


Ein Mieter der im Streit mit dem Vermieter in einem Schreiben die Äußerung der ehemaligen Ministerin Nahles "dann hauen wir euch in die Fresse" als Zitat wiedergibt, droht dem Vermieter noch nicht und kann deshalb auch nicht fristlos gekündigt werden, entschied das AG Lübeck (Az. 24 C 2626/19).

Einem Mieter, der gegenüber dem Hausverwalter in einer etwas angespannten Situation die Worte „Fuck you“ äußert, kann deshalb nicht fristlos gekündigt werden, entschied das AG Berlin-Köpenick (Az. 3 C 201/19). Bei dieser Äußerung handele es sich um eine jugendsprachliche Umgangssprache, mit der der Unmut über eine Situation geäußert werde. Sie sei nicht ehrverletzend und nicht so erheblich, dass das Fortsetzen des Mietverhältnisses unzumutbar wäre.

Nach einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt/Main (Az. 2 U 55/18) berechtigt den Vermieter eine vom Mieter gestellte Strafanzeige wegen Beleidigung noch nicht das Mietverhältnis fristlos zu beenden. Hier handele es sich um ein Recht des Mieters gegen unter Umständen beleidigende Äußerungen des Vermieters vorzugehen.

Das AG Berlin-Charlottenburg (Az. 216 C 461/14) empfand die Bezeichnung einer Mitarbeiterin des Vermieters als „faul“ und „talentlose Abrissbirne“ als eine eher weniger gravierende Beleidigung. In diesem Fall wäre vor der fristlosen Kündigung zunächst eine Abmahnung des Mieters geboten gewesen, so das Gericht.

Trifft den Vermieter an einem Streit mit seinem Mieter eine Mitschuld, darf er das Mietverhältnis nicht kündigen, entschied der Bundesgerichtshof (Az. VIII ZR 289/13) im Fall eines Vermieters, der der mehrfachen Aufforderung des Mieters dessen Wohnung zu verlassen nicht nachkam. Daraufhin packte der Mieter den Vermieter und trug ihn nach draußen. Der Vermieter kündigte so dann das Mietverhältnis. Zu Unrecht, entschied der Bundesgerichtshof. Der Vermieter habe das Hausrecht des Mieters verletzt und trage daher eine Mitschuld am Geschehen. Im Angesicht der gesamten Umstände des Falls stelle das Verhalten des Mieters auch keine gravierende Pflichtverletzung dar, die eine Kündigung des Mietverhältnisses rechtfertigen würde.

Wann drohen dem Mieter beim Zoff mit dem Vermieter Strafanzeige und Schmerzensgeld?


Erfüllt ein Mieter mit seinen Äußerungen gegenüber einem Vermieter im Streit den Straftatbestand einer groben Beleidigung mit Wirkung in der Öffentlichkeit, kann der Vermieter Schmerzensgeld von ihm fordern.

erstmals veröffentlicht am 03.07.2014, letzte Aktualisierung am 31.07.2023

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