Zoff zwischen Mieter und Vermieter – fristlose Kündigung rechtens?
Eine Dame hat in einem heftigen Streit und hebt drohend den Zeigefinger © freepik - mko
In Konflikten zwischen Mietern und Vermietern kochen die Emotionen schnell hoch - doch wer sich im Ton vergreift, riskiert schwerwiegende Folgen. Bezeichnet ein Mieter seinen Vermieter etwa als „Schwein“, „Scheiß Ausländer“, „Terrorist“ oder „promovierten Arsch“, kann das als schwerwiegende Beleidigung gewertet werden und eine fristlose Kündigung des Mietverhältnisses rechtfertigen. Doch wo verläuft die rechtliche Grenze zwischen einer unbedachten Beschimpfung und einer strafbaren Beleidigung? Wann dürfen Vermieter das Mietverhältnis sofort beenden und wann drohen zusätzlich Strafverfahren oder Schadensersatzforderungen?
- Wann kann der Vermieter bei Streit mit dem Mieter fristlos kündigen?
- In welchen Fällen führen im Streit aufgesprochene Beleidigung und Drohungen durch den Mieter zur fristlose Kündigung?
- Was müssen sich Vermieter im Streit mit dem Mieter gefallen lassen?
- Darf der Vermieter auch bei einer Mitschuld am Streit mit dem Mieter fristlos kündigen?
- Wann drohen beim Zoff zwischen Mieter und Vermieter strafrechtliche Konsequenzen und Schmerzensgeldforderungen?
- Darf der Vermieter fristlos kündigen, wenn der Mieter nach einem Streit eine Strafanzeige wegen Beleidung stellt?
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Wann kann der Vermieter bei Streit mit dem Mieter fristlos kündigen?
Ein Vermieter hat das Recht eine fristlose Kündigung gegenüber seinem Mieter auszusprechen, wenn er dafür einen wichtigen Grund hat. Dies ist u.a. der Fall, wenn das Mietverhältnis aufgrund einer schwerwiegenden Vertragsverletzung zerrüttet ist und es für ihn nach einer umfassenden Interessenabwägung von Mieter und Vermieter nicht weiter zumutbar ist, dieses fortzuführen. Wann diese Voraussetzungen bei einem Streit zwischen Mieter und Vermieter erfüllt sind, kann nicht pauschal beantwortet werden, sondern wird im Einzelfall bewertet.
In welchen Fällen führen im Streit aufgesprochene Beleidigung und Drohungen durch den Mieter zur fristlose Kündigung?
Vermieter müssen sich von ihren Mietern keine Beleidigungen gefallen lassen. Bezeichnet ein Mieter einen Vermieter im Streit als „promovierten Arsch“, kann der Vermieter sich fristlos vom Mietverhältnis lösen, so das Amtsgericht (AG) München (Az. 474 C 18543/14). Eine so grobe Beleidigung des Vermieters ist laut Gericht eine so schwerwiegende Vertragsverletzung, die eine Fortsetzung des Mietverhältnisses für den Vermieter unzumutbar macht. Die Äußerungen des Mieters sind auch nicht mehr als Unhöflichkeit oder hinzunehmende Pöbelei anzusehen. Auch muss der Vermieter nicht vor der Kündigung des Mietverhältnisses den Mieter erst abmahnen. Eine Abmahnung kann die schwerwiegende Zerstörung des Vertrauensverhältnisses nicht wiederherstellen, so die Münchner Richter.
Eine Mieterin, die ihren Vermieter mit "Ihr Kanacken!", "Bald kommt die AfD. Euer Leben wird genauso enden wie bei den Juden!" und "Scheiß Ausländer!" bezeichnet, erhielt zu Recht die fristlose Kündigung des Mietverhältnisses, entschied das AG Hannover (Az. 465 C 781/25).
In einem anderen Fall wurde ein Mieter von seinem Vermieter zur Rede gestellt, weil er sich gegenüber anderen Mitbewohnern rassistisch geäußert haben soll. Am Ende der Unterredung titulierte der Mieter den Vermieter als Schwein. Die daraufhin erfolgte fristlose Kündigung erfolgte zu Recht, entschied das AG München (Az. 411 C 8027/13). Die Beleidigung des Vermieters stellt eine erhebliche Vertragsverletzung dar, zumal eine Entschuldigung des Mieters für seine Äußerungen ausblieb. Ganz im Gegenteil: In der Erwiderung der Räumungsklage habe der Mieter den Vermieter als Lügner bezeichnet. Es sei also nicht davon auszugehen, dass der Mieter sein Verhalten ändere. Das Mietverhältnis ist dem Vermieter nicht weiter zu zumuten und er hat daher das Recht eine fristlose Kündigung auszusprechen.
Ebenso wenig muss sich ein Vermieter eine Zurechtweisung eines Mieters vor Dritten gefallen lassen, die mit dem Satz „Halt die Fresse“ endet. Dies entschied auch das AG München (Az.473 C 9473/21) und bestätigte die fristlose Kündigung des Mietverhältnisses durch den Vermieter. Eine vorherige Abmahnung war laut Gericht nicht notwendig, da zerstörtes Vertrauen durch eine Abmahnung nicht wieder hergestellt werden könne.
Das Landgericht (LG) München I (Az. 14 S 16950/15) stellt klar, dass ein Mieter seinen Vermieter im Streit unter anderem nicht als „Terroristen“ bezeichnen darf. Diese erhebliche Beleidigung führe zu einer schwerwiegenden Vertragsverletzung, die eine Kündigung des Mietverhältnisses rechtfertige.
Eine fristlose Kündigung des Mietverhältnisses riskiert auch ein Mieter, der den Vermieter mit dem Tod bedroht und nach einem Messer ruft, entschied das AG Hanau (Az. 34 C 80/22). Nach Ansicht des Gerichts stellt diese Bedrohung eine schwerwiegende Verletzung mietvertraglicher Pflichten durch den Mieter dar.
Auch Mitarbeiter des Vermieters dürfen weder bedroht noch beleidigt werden. Dies entschied das AG Berlin-Charlottenburg (Az. 203 C 45/21) im Fall eines Mieters, der Mitarbeitern des Vermieters, die Briefe zu stellen wollten, den Hauseingang versperrt und damit drohte, dass er seinen Pitbull hole, der sie dann zerfleische. Der Vermieter kündigte das Mietverhältnis fristlos. Da der Mieter nicht ausziehen wollte, erhob der Vermieter Räumungsklage vor dem Amtsgericht. Mit Erfolg!
Was müssen sich Vermieter im Streit mit dem Mieter gefallen lassen?
Ein Mieter der im Streit mit dem Vermieter in einem Schreiben die Äußerung der ehemaligen Ministerin Nahles "dann hauen wir euch in die Fresse" als Zitat wiedergibt, droht dem Vermieter noch nicht und kann deshalb auch nicht fristlos gekündigt werden, entschied das AG Lübeck (Az. 24 C 2626/19).
Einem Mieter, der gegenüber dem Hausverwalter in einer etwas angespannten Situation die Worte „Fuck you“ äußert, kann deshalb nicht fristlos gekündigt werden, entschied das AG Berlin-Köpenick (Az. 3 C 201/19). Bei dieser Äußerung handele es sich um eine jugendsprachliche Umgangssprache, mit der der Unmut über eine Situation geäußert werde. Sie sei nicht ehrverletzend und nicht so erheblich, dass das Fortsetzen des Mietverhältnisses unzumutbar wäre.
Das AG Berlin-Charlottenburg (Az. 216 C 461/14) empfand die Bezeichnung einer Mitarbeiterin des Vermieters als „faul“ und „talentlose Abrissbirne“ als eine eher weniger gravierende Beleidigung. In diesem Fall wäre vor der fristlosen Kündigung zunächst eine Abmahnung des Mieters geboten gewesen, so das Gericht.
Darf der Vermieter auch bei einer Mitschuld am Streit mit dem Mieter fristlos kündigen?
Trifft den Vermieter an einem Streit mit seinem Mieter eine Mitschuld, darf er das Mietverhältnis nicht kündigen, entschied der Bundesgerichtshof (BGH) (Az. VIII ZR 289/13) im Fall eines Vermieters, der der mehrfachen Aufforderung des Mieters dessen Wohnung zu verlassen nicht nachkam. Daraufhin packte der Mieter den Vermieter und trug ihn nach draußen. Der Vermieter kündigte so dann das Mietverhältnis. Zu Unrecht, entschied der Bundesgerichtshof. Der Vermieter habe das Hausrecht des Mieters verletzt und trage daher eine Mitschuld am Geschehen. Im Angesicht der gesamten Umstände des Falls stelle das Verhalten des Mieters auch keine gravierende Pflichtverletzung dar, die eine Kündigung des Mietverhältnisses rechtfertigen würde.
Wann drohen beim Zoff zwischen Mieter und Vermieter strafrechtliche Konsequenzen und Schmerzensgeldforderungen?
Nicht jede unfreundliche Bemerkung zwischen Mieter und Vermieter ist direkt strafbar. Doch das Strafgesetzbuch kennt klare Grenzen, wann Worte zur Straftat werden, insbesondere im Bereich der Beleidigung, üblen Nachrede und Verleumdung.
Eine Beleidigung liegt vor, wenn jemand die Ehre einer anderen Person durch eine ehrverletzende Äußerung oder Handlung angreift. Das ist etwa der Fall, wenn der Mieter den Vermieter als „Arschloch“, „Schwein“ oder „Terrorist“ beschimpft oder wenn der Vermieter den Mieter als „Sozialschmarotzer“ oder „psychisch krank“ bezeichnet. Bereits solche verbalen Entgleisungen können eine Strafanzeige wegen Beleidigung begründen. Dabei ist entscheidend, wo die Beleidigung stattgefunden hat. Wer seinen Vermieter per SMS als „Abschaum“ und „Bastard“ beschimpft, hat keine öffentliche Beleidigung gemacht. Dies führt laut BGH (Az. VI ZR 496/15) nicht zu einer berechtigten Schmerzensgeldforderung durch den Vermieter. Im Fall eines Vermieters, der seinen Mieter im Streit in der Öffentlichkeit als „Arschloch“, Wichser“ und „Hausbesetzer“ bezeichnete, entschied das LG Bonn (Az. 6 T 17/10) im Hinblick auf den Begriff „Hausbesetzer“ dass dieser den Mieter mit einem strafrechtlich relevanten Sachverhalt in Verbindung bringt, der zu einer Schmerzensgeldforderung von rund 800 Euro führte.
Die Strafe bei Beleidigung: Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr.
Wer über seinen Vermieter oder Mieter ehrenrührige Tatsachen verbreitet, die nicht erweislich wahr sind, begeht üble Nachrede. Beispielsweise, wenn der Mieter ohne Beweis behauptet: „Mein Vermieter fälscht Nebenkostenabrechnungen“. Hier drohen Freiheitsstrafen bis zu zwei Jahren oder Geldstrafen.
Wenn jemand wissentlich falsche Tatsachen behauptet, um den anderen gezielt herabzusetzen, liegt Verleumdung vor. Dies ist etwa der Fall, wenn der Vermieter trotzdem er weiß das es nicht stimmt, behauptet: „Mein Mieter ist drogenabhängig“. Hier sieht das Gesetz Freiheitsstrafen bis zu fünf Jahren vor.
Wenn der Streit zwischen Mieter und Vermieter eskaliert, und es zu körperlichen Auseinandersetzungen oder Drohungen kommt, kann auch der Tatbestand der Körperverletzung oder Bedrohung erfüllt sein. Beispiel: Ein Vermieter schubst den Mieter während einer hitzigen Diskussion oder ein Mieter droht dem Vermieter mit „Ich mach dich fertig“. Beides sind strafbare Handlungen. Körperverletzung kann sogar zu Schmerzensgeldforderungen führen, da der Betroffene körperliche oder seelische Schäden erleidet.
Darf der Vermieter fristlos kündigen, wenn der Mieter nach einem Streit eine Strafanzeige wegen Beleidung stellt?
Aufgepasst: Stellt der Mieter eine Strafanzeige wegen Beleidigung berechtigt das den Vermieter nicht das Mietverhältnis zu beenden, so das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt/Main (Az. 2 U 55/18) berechtigt den Vermieter eine vom Mieter gestellte. Hier handele es sich um ein Recht des Mieters gegen unter Umständen beleidigende Äußerungen des Vermieters vorzugehen.
erstmals veröffentlicht am 03.07.2014, letzte Aktualisierung am 10.11.2025
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