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Kategorie: Anwalt Verkehrsrecht ,
20.06.2025 (Lesedauer ca. 6 Minuten, 37291 mal gelesen)
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Parkhaus/Tiefgarage: Wer haftet für Schäden am Fahrzeug?

Parkhaus/Tiefgarage: Wer haftet für Schäden am Fahrzeug? © sma - topopt

Ob bei Regen, Hitze oder zum Schutz vor Vandalismus: Viele Autofahrer nutzen Parkhäuser und Tiefgaragen als vermeintlich sichere Abstellmöglichkeiten. Doch was passiert, wenn es dort zu einem Schaden am Fahrzeug kommt? Wer haftet, wenn eine Schranke das Auto trifft oder ein anderer Fahrer eine Delle hinterlässt?

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Parken im Parkhaus auf eigene Gefahr?


Beim Parken in einem Parkhaus oder einer Tiefgarage gilt grundsätzlich: Der Nutzer parkt auf eigene Gefahr. Das bedeutet, dass der Betreiber nicht automatisch haftet, wenn es zu einem Schaden am Fahrzeug kommt. Viele Parkhäuser weisen auch explizit per AGB oder Schildern darauf hin, dass keine Haftung für Schäden an abgestellten Fahrzeugen übernommen wird. Laut Oberlandesgericht (OLG) Bamberg (Az. 1 U 107/03) befreit ein Schild „Auf eigene Gefahr“ den Betreiber eines Parkhauses nicht von seiner Verkehrssicherungspflicht. Diese besagt, Dass der Betreiber einer Tiefgarage dafür Sorge tragen muss, dass die Tiefgarage von Autofahrern problemlos genutzt werden kann. Er haftet für Schäden an einem parkenden Auto, wenn diese aufgrund einer Verletzung seiner Verkehrssicherungspflicht verursacht wurden. So müssen Deckenhöhe und Durchfahrten entsprechend hoch und breit sein. An Gefahrenstellen müssen Hinweisschilder angebracht werden. Alle Angaben im Hinblick auf die Maße müssen korrekt sein.

Schäden aufgrund von baulichen Mängeln


Bei Schäden, die durch ein Versäumnis des Parkhaus-Betreibers verursacht wurden, wie etwa eine herabfallende Deckenverkleidung beschädigt das Auto oder eine defekte Schrankenanlage klemmt beim Ein- oder Ausfahren, kann eine Verkehrssicherungspflichtverletzung vorliegen und der Betreiber des Parkhauses muss Schadenersatz leisten, sofern er den Mangel nicht rechtzeitig erkannt oder beseitigt hat.
Beschädigt herunterfallender Putz das Auto, haftet der Betreiber dafür unabhängig, ob ihn ein Verschulden trifft oder nicht, entschied das AG Hannover (Az. 565 C 11773/15).
Anders sieht das bei einem Schaden am Kofferraumdeckel aus, der durch einen Stahlquerträger verursacht wurde. Hier muss sich der Autofahrer vor dem Öffnen des Kofferraumdeckels vergewissern, dass dies schadlos möglich ist, so das AG München (Az. 262 C 20120/11).
Ein kniehoher Betonsockel ist kein ungewöhnliches Hindernis in einer Tiefgarage, stellt das AG München (Az. 231 C 13838/24) fest. Kommt es beim Ausparken zu einem Zusammenstoß mit dem Betonsockel führt dies nicht zu Schadensersatzansprüchen der Autofahrerin. Laut Gericht hätte die Frau beim Ausparken besser aufpassen müssen.

Schäden durch das Tiefgaragentor


Ein Autofahrer erhält nur Schadensersatz bei einem Unfall durch ein sich öffnendes Tiefgaragentor, wenn er einen Mindestabstand eingehalten hat. Öffnet sich das Tor einer Tiefgarage durch Überfahren einer Induktionsschleife, muss der Autofahrer mit Abstand zum Tor einhalten und abwarten, ob sich das Tor auch öffnet, stellt das AG München (Az. C 23668/09) klar.
Betätigt ein Autofahrer die Fernbedienung für das Tiefgaragentor von seinem Parkplatz aus ohne dieses sehen zu können, haftet er für einen Schaden mit, wenn sich das Tiefgaragentor während seiner Ausfahrt unerwartet schließt und ihm diese Funktion bekannt war. Dies entschied das AG München (Az. 231 C 2920/08) im Fall eines Autofahrers der von einem anderen Auto bei der Ausfahrt blockiert wurde und unter dem Tiefgaragentor stehen bleiben musste. Er hätte damit rechnen müssen, dass ein anderer Autofahrer ebenfalls das Signal des Garagentors betätigt.
Einer Porschefahrerin krachte bei der Ausfahrt aus der Tiefgarage ihres Wohnhauses das Rolltor auf ihr Autodach. Sie verklagte daraufhin die Wohnungseigentümergemeinschaft auf Schadensersatz, da diese ihrer Ansicht nach ihre Verkehrssicherungspflicht verletzt hat. Ohne Erfolg entschied das AG München (Az, 1290 C 17690/22 WEG). Es sei nicht nachgewiesen worden, dass das schädigende Ereignis durch den Ausfall eines Sicherheitssystems oder einer defekten Haltevorrichtung verursacht wurde. Die Frau habe nicht nachweisen können, dass sie tatsächlich beim Ampelzeichen grün auf die Auffahrtsrampe gefahren ist und das Tiefgaragentor ohne Verzögerung passieren wollte.

Schäden in einer Duplexgarage


Hat aber ein Autofahrer sein Fahrzeug nicht richtig in der Duplexgarage geparkt und wird das Auto durch das Absenken der Aufzugsrampe beschädigt, haftet der geschädigte Autofahrer mit 60 Prozent für den Unfallschaden. Dies entschied das AG Singen (Az. 3 C 17/21). Nach Auffassung des Sachverständigen und des Gerichts hätte der Autofahrer den Unfall im konkreten Fall vermeiden können, wenn er der Anweisung „Achtung Pkw ganz vorfahren“ gefolgt wäre.
Nach Ansicht des AG München (Az. 213 C 7493/15) haftet der geschädigte Autofahrer, der sein Fahrzeug falsch in einer Duplexgarage abstellt, selbst voll für die verursachten Unfallkosten, da der Autofahrer, der den Absenkmechanismus in Bewegung setzt nicht prüfen muss, ob das parkende Fahrzeug ordnungsgemäß abgestellt wurde.
Ist die Rampe in einer Duplexgarage zu niedrig und wird deshalb das unten parkende Auto an der Heckklappe und der Dachantenne beschädigt, haftet der Betreiber der Tiefgarage aufgrund des baulichen Mangels für den Schaden, so das LG Trier (Az. 1 S 49/01)
Der Betreiber haftet bei einer Duplexgarage auch, wenn er den Autofahrer vor dem Einparken nicht richtig in die Nutzung eines Duplexgaragenplatzes eingewiesen hat und es deshalb zu einem Schaden an seinem Fahrzeug kommt, so das AG München (Az. 425 C 12888/17).

Schäden durch Selbstverschulden des Autofahrers


Wer mit einem großen Auto in eine Tiefgarage fährt, muss bei der Einfahrt abklären, ob das Fahrzeug in das Parkhaus passt. Kommt es zu einem Schaden, weil das Auto für die Durchfahrt zu breit ist, bleibt der Autobesitzer auf dem Schaden sitzen, entschied das Landgericht (LG) Nürnberg-Fürth (Az. 8 O 5368/16). Den Betreiber des Parkhauses trifft nicht die Pflicht gegen jeden möglichen Schaden in seiner Tiefgarage Vorkehrungen zu schaffen. Hier konnte von der Autofahrerin erwartet werden, dass sie sich vor der Einfahrt informiert, ob die Durchfahrt für ihr Auto groß genug ist.
Ebenso urteilen das Amtsgericht (AG) Wunsiedel (Az.1 C 789/02) und das Landgericht Hof (Az. 22 S 74/03) im Fall eines Autofahrers, der mit den auf seinem Autodach befestigten Fahrrädern gegen die Decke des Parkhauses fuhr. Er hätte wissen müssen, dass die angegebene Durchfahrtshöhe von 2,10 nicht ausreicht.
Ein Autofahrer, der rückwärts in eine Parklücke in einem Parkhaus einfährt und dort ein Hindernis erkennt, hat die Pflicht auszusteigen und zu kontrollieren, ob und wie er rückwärts einfahren kann ohne einen Schaden am Auto zu verursachen, entschied das AG München (Az. 122 C 5010/16).
Das AG München (Az. 412 C 24937/17) hat weiterhin klar gestellt, dass einem Mietwagenkunde keine Fahrlässigkeit vorgeworfen werden kann, wenn er zur Rückgabe seines Mietwagens in eine Tiefagarage einfährt, bei der ihm die Einfahrtshöhe hoch genug erscheint, sie es aber tatsächlich nicht ist und ein Schaden am Fahrzeug entsteht.

Schäden durch andere Fahrzeuge


Bei einem Unfall mit einem anderen Fahrzeug in der Tiefgarage haftet der Unfallverursacher für den Unfallschaden. In der Regel wird seine Kfz-Versicherung den Schaden regulieren.
Aber aufgepasst: Wer rückwärts in eine Parklücke in einer Tiefgarage einparken möchte, muss sich bei schlechter Sicht zunächst vergewissern, dass es zu keinem Schaden an anderen Fahrzeugen kommt. Im Zweifel ist er verpflichtet auszusteigen und sich die Parksituation anzuschauen, so das AG München (Az.122 C 5010/16).
Ein Autofahrer muss in einem Parkhaus immer mit ein- und ausparkenden Autos rechnen. Auch ein aus rechter Fahrtrichtung kommendes Auto muss besonders vorsichtig fahren, so das AG München (Az. 333 C 16463/13).
Stoßen zwei rückwärtsfahrende Autos in einem Parkhaus zusammen, spricht dies dafür, dass beide Autofahrer gegen ihre Sorgfaltspflichten verstoßen haben, so das LG Heidelberg (Az. 2 S 8/14).
Das LG Saarbrücken (Az. 13 S 122/20) stellt klar, dass ein vom Parkhausbetreiber aufgestelltes Vorfahrtsschild die Sorgfaltspflichten der Autofahrer erhöht. Wird dieses Schild missachtet, trägt der Autofahrer das alleinige Verschulden für einen Unfall.
Wichtig: Wird ein Auto in einer Parkgarage von einem anderen Verkehrsteilnehmer beschädigt gilt es zunächst den Unfallverursacher festzustellen, d.h. Fahrer und Kennzeichen des Fahrzeugs. Dann sollte umgehend das Parkhauspersonal informiert werden und ggfs. die Polizei verständigt werden. Zur Beweissicherung empfiehlt es sich Fotos zu machen und Zeugenaussagen zu sichern. Schließlich muss der Unfallschaden zeitnah der Versicherung gemeldet werden.

Schäden durch Vandalismus oder Diebstahl


Wird das Auto aufgebrochen, zerkratzt oder mutwillig beschädigt, haftet der Betreiber des Parkhauses nicht, es sei denn, er hat gegen Sicherheitsvorgaben verstoßen.
Wird der Lack eines Autos von Dritten zerkratzt, muss dafür nicht der Parkhausbetreiber haften, entschied das OLG Nürnberg (Az.4 U 3823/94). Ihn trifft eine Haftung für Vandalismus nur dann, wenn es eine besondere Vereinbarung für eine Bewachungspflicht gibt.
Tritt ein Autofahrer gegen ein Auto, dass vor einer Tiefgaragenausfahrt steht und ihn angeblich an der Einfahrt hindert, haftet er gegenüber dem geschädigten Autobesitzer auf Schadensersatz, so das AG München (Az. 132 C 22645/18).
Wird ein Fahrzeug beschädigt, weil Dritte Sex auf der Motorhaube hatten, kann dafür nicht der Betreiber des Parkhauses zur Verantwortung gezogen werden. Er hat laut LG Köln (Az. 21 O 302/22) nicht die Pflicht das Parkhaus rund um die Uhr durch Videokameras zu bewachen.
Werden aus einem in einer Tiefgarage parkenden Auto Gegenstände gestohlen, haftet dafür nicht der Betreiber der Tiefgarage. Auch dann nicht, wenn diese mit Kameras videoüberwacht wird. Dies hat das AG Hannover (Az. 427 C 11840/07) im Fall einer Autofahrerin entschieden, aus deren Fahrzeug das Navigationsgerät gestohlen wurde und die daraufhin Schadensersatz vom Parkhausbetreiber haben wollte. Das Gericht stellte klar, dass den Parkhausbetreiber keine Überwachungspflicht für die abgestellten Autos trifft.
Grundsätzlich sollten keine Wertgegenstände im Auto gelassen werden. Auch eine Versicherung wird in diesem Fall das Verhalten des Autobesitzers als grobfahrlässig einstufen und den Versicherungsschutz ablehnen.
Wird das Auto in einer Tiefgarage gestohlen, ersetzt die Kaskoversicherung den Schaden. Der Parkhausbetreiber muss nach einem Urteil des OLG Düsseldorf (Az. 14 U 255/00) jedenfalls nicht für einen Auto-Diebstahl haften. Er ist nicht verpflichtet die untergestellten Fahrzeuge gegen Diebstahl zu versichern.
Wichtig: Den Schaden am Fahrzeug sofort dokumentieren und bei der Polizei anzeigen, sonst riskiert man den Versicherungsschutz.

erstmals veröffentlicht am 14.10.2021, letzte Aktualisierung am 20.06.2025

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