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Kategorie: Anwalt Verkehrsrecht , 28.03.2022 (Lesedauer ca. 3 Minuten, 7965 mal gelesen)

Autokauf: Wann ist ein Auto ein Neufahrzeug?

Junger Mann beim Autokauf Junger Mann beim Autokauf © freepik - mko

In Deutschland werden pro Jahr rund drei Millionen Neuwagen zugelassen. Leider entpuppt sich manch neues Auto nach dem Kauf als nicht mehr ganz so neu. Wann darf ein Auto als Neuwagen bezeichnet werden? Was bedeutet „fabrikneu“? Was gilt bei Jahreswagen? Und welche Rechte haben Autokäufer nach dem Kauf eines doch nicht neuen Fahrzeugs?

Wann gilt ein Auto als Neufahrzeug?


Wer einen Neuwagen erwirbt, hat einen Anspruch auf ein fabrikneues Fahrzeug ohne Vorbesitzer. Fabrikneu ist ein Auto, wenn zwischen Herstellung und Abschluss des Kaufvertrages nicht mehr als 12 Monate vergangen sind (so Bundesgerichtshof, Aktenzeichen VIII ZR 227/02), zwischenzeitlich kein Modellwechsel erfolgt ist und keine Mängel aufgrund der Standzeit beim Händler entstanden sind.

Entscheidend für die 12-Monats-Frist ist nach einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm (Aktenzeichen 28 U 140/15) das Datum des Kaufvertrages. So kann ein Mercedes CL 500, der im Jahr 2011 produziert wurde, auch im Jahr 2012 noch als Neufahrzeug vom Autohändler verkauft werden, wenn das Auto im September 2011 produziert wurde und der Autokaufvertrag Ende September 2012 zustande kam.

Wird das Auto im Kaufvertrag als „fabrikneu“ bezeichnet, ist dies ein Beschaffenheitsmerkmal mit Auswirkungen auf mögliche Gewährleistungsansprüche.

Wurde ein Auto als fabrikneu verkauft und es stellt sich im Nachhinein heraus, dass der Tank des Fahrzeugs um 50 Prozent kleiner ist, als andere Autos dieser Modellreihe zum Verkaufszeitpunkt aufweisen, handelte es sich nicht mehr um einen Neuwagen, so das Oberlandesgericht Köln (Aktenzeichen 22 U 180/04).

Weist ein Auto, das als Ausstellungsstück beim Händler gestanden hat, aber nicht von Kunden gefahren wurde, Kratzer, kleinere Dellen und Abschürfungen auf, kann dieses Fahrzeug nicht mehr als Neuwagen bezeichnet werden, entschied das Amtsgericht München (Aktenzeichen 271 C 8389/21). Ein Neuwagen dürfe nicht nur „nicht zugelassen und gefahren“ sein, sondern dürfe auch ansonsten keine Gebrauchsspuren durch eine anderweitige Benutzung (hier als Ausstellungsstück) haben.

Und wann ist ein Auto ein Gebrauchtwagen?


Sobald ein Auto bei der Kfz-Stelle zugelassen wird und damit einen Vorbesitzer hat, ist es streng genommen ein Gebrauchtwagen. Aber auch Fahrzeuge ohne Erstzulassung werden als Gebrauchtwagen bezeichnet, wenn sie mehr als zwei Jahre alt sind.
Das Oberlandesgericht Hamm (Aktenzeichen 9 U 5/18) hat entschieden, dass ein Auto mit einer Laufleistung von rund 3.300 km, dass ungefähr sechs Wochen zum Straßenverkehr zugelassen wurde, nicht mehr als Neuwagen verkauft werden darf. Unter Berücksichtigung der technischen Entwicklung und wirtschaftlichen Betrachtung sei ein solches Fahrzeug nicht mehr mit dem Schmelz der Neuwertigkeit behaftet.

Was gilt für Jahreswagen?


Bei einem Jahreswagen handelt es sich streng genommen auch um einen Gebrauchtwagen. Als Jahreswagen darf ein Auto nur bezeichnet werden, wenn zwischen Herstellung und Erstzulassung kein längerer Zeitraum als 12 Monate liegt, so der Bundesgerichtshof (Aktenzeichen VIII ZR 180/05). Hierbei handelt es sich meist um Fahrzeuge, die von Werksangehörigen großer Autohersteller gefahren werden und deren Erstzulassung meist weniger als 12 Monate zurückliegt. Jahreswagen sind neuwertige Fahrzeuge, die möglicherweise Gebrauchspuren aufweisen, aber oft zu guten Konditionen verkauft werden.

Mit der Bezeichnung „Jahreswagen“ werden bestimmte Vorstellungen im Hinblick auf die Qualität beim Kaufinteressenten hervorgerufen. Aus diesem Grund muss ein Händler bei der Werbung mit einem Jahreswagen darauf hinweisen, dass dieser als Mietwagen eingesetzt wurde, so das Oberlandesgericht Oldenburg (Aktenzeichen 1 U 75/10).

Außerdem muss der Käufer bei einem Verkauf eines Jahreswagens über die Anzahl der Vorbesitzer und die Art des Vorbesitzes aufgeklärt werden, so das Oberlandesgericht Hamm (Aktenzeichen I-4 U 101/10).

Und wie sieht es mit Vorführwagen aus?


Vorführwagen dürfen nicht als Neuwagen verkauft werden. Sie wurden bereits auf den Händler zugelassen und in der Regel für Probefahrten von Kunden genutzt. Auch wenn Vorführwagen meist schnell wieder veräußerst werden, kann ein Kunde nicht davon ausgehen, dass er einen Neuwagen erwirbt, stellt der Bundesgerichtshof (Aktenzeichen VIII ZR 61/09) klar.

Wichtig: Auch beim Verkauf eines Vorführwagens muss der Händler Angaben zum Kraftstoffverbrauch machen, so der Bundesgerichtshof (Aktenzeichen I ZR 190/10).

Tageszulassung – was bedeutet das beim Neuwagenkauf?


Bei einer Tageszulassung hat der Händler das Auto für einen oder mehrere Tage zugelassen. Das Auto weist einen Kilometerstand kurz über null an und ist aus dem Bestand des Händlers sofort verfügbar.

Unter einer Tageszulassung versteht man ein Auto, das von einem Händler für einen oder auch mehrere Tage zugelassen wird. Es handelt sich um ein sofort verfügbares Lagerfahrzeug, dessen Kilometerstand weniger als 10 anzeigt. Eine Tageszulassung gilt als Neuwagen, wenn es keine Mängel aufzeigt und zwischen Zulassung und Verkauf höchstens 12 Monate liegen, entschied das Bundesgerichtshof (Aktenzeichen VIII ZR 109/04).

Doch nicht neu oder mit Mängeln behaftet? Diese Rechte haben Neuwagenkäufer!


Ist ein Neuwagen tatsächlich nicht fabrikneu, handelt es sich hier um einen Sachmangel, der dem Autokäufer gesetzliche Gewährleistungsrechte, wie Minderung, Rücktritt vom Kaufvertrag oder Schadensersatz, einräumt.
So kann ein Autokäufer, dessen Neufahrzeug vielmehr Kraftfahrstoff verbrauchte als vom Autohändler angegeben, vom Kauf zurücktreten. Das entschied das Oberlandesgericht Hamm (Aktenzeichen 28 U 94/12).

erstmals veröffentlicht am 27.06.2018, letzte Aktualisierung am 28.03.2022

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