Videoüberwachung am Arbeitsplatz – Was ist erlaubt?
Überwachungskamera in einem Verkaufsraum © freepik-mko
Videoüberwachung am Arbeitsplatz ist ein sensibles Thema, das immer wieder zu Unsicherheiten führt, sowohl bei Arbeitgebern als auch bei Arbeitnehmern. Unternehmen setzen auf Videoüberwachung, um Sicherheit und Arbeitsabläufe im Unternehmen zu verbessern. Doch wo liegen die rechtlichen Grenzen bei einer Videoüberwachung? Wann ist eine Videoüberwachung am Arbeitsplatz erlaubt? Welche Rechte haben Arbeitnehmer? Und was droht Arbeitgebern, wenn sie illegal Arbeitsplätze per Videokamera überwachen lassen?
- In welchen Fällen ist eine Videoüberwachung am Arbeitsplatz erlaubt?
- Wer muss über die Videoüberwachung eines Arbeitsplatzes informiert werden?
- Wo darf eine Videoüberwachung im Unternehmen stattfinden?
- Wie lange darf ein Arbeitsplatz per Videoaufnahmen überwacht werden?
- Wie lange darf der Arbeitgeber Überwachungsvideos speichern?
- Welche Konsequenzen drohen dem Arbeitgeber bei illegaler Videoüberwachung eines Arbeitsplatzes?
- Sind Videoaufnahmen von Arbeitnehmern im Kündigungsschutzprozess trotz Bedenken im Hinblick auf den Datenschutz verwertbar?
Spezialisierte Anwälte für Arbeitsrecht in Deiner Umgebung
In welchen Fällen ist eine Videoüberwachung am Arbeitsplatz erlaubt?
Eine Videoüberwachung am Arbeitsplatz ist nur unter engen Voraussetzungen zulässig, nämlich zur Aufgabenerfüllung öffentlicher Stellen, zur Wahrnehmung des Hausrechts oder zur Wahrnehmung berechtigter Interessen für konkret festgelegte Zwecke.
Es bedarf dabei einer umfangreichen Abwägung zwischen den Interessen des Arbeitgebers und des Arbeitnehmers. Fällt diese für den Arbeitgeber positiv aus, muss die Videoüberwachung, um ihren Zweck zu erreichen, zudem erforderlich, angemessen und verhältnismäßig sein. Das heißt, dem Arbeitgeber darf kein milderes Mittel zur Zielerreichung zur Verfügung stehen.
Wer muss über die Videoüberwachung eines Arbeitsplatzes informiert werden?
Sofern ein Betriebsrat vorhanden ist, muss dieser von einer beabsichtigten Videoüberwachung eines Arbeitsplatzes in Kenntnis gesetzt werden und dieser zustimmen. Ihm stehen Mitbestimmungsrechte, etwa bei der Dauer der Datenspeicherung, zu.
Auch die Beschäftigten und Kunden müssen im Sinne des Datenschutzes über eine Videoüberwachung informiert werden. Eine heimliche Videoüberwachung des Arbeitsumfeldes ist nur in Ausnahmefällen erlaubt. So hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) (Az. 8 AZR 1007/13) im Fall eines Arbeitgebers, der an der Arbeitsunfähigkeit einer Mitarbeiterin zweifelte, entschieden, dass heimliche Videoaufnahmen und Observationen durch einen Detektiv rechtswidrig waren.
Wo darf eine Videoüberwachung im Unternehmen stattfinden?
Eine Videoüberwachung darf nicht überall im Unternehmen erfolgen. In Sozialräumen, wie Toilette, Umkleideräumen oder Waschräumen sind Videoaufzeichnungen grundsätzlich verboten.
Wie lange darf ein Arbeitsplatz per Videoaufnahmen überwacht werden?
Eine Videoüberwachung eines Arbeitsplatzes darf nicht dauerhaft erfolgen. Das hat das BAG (Az.1 ABR 21/03) entschieden. Arbeitnehmer dürfen nicht einem ständigen Überwachungsdruck ausgesetzt sein. Dabei ist es unerheblich, ob die Videokamera tatsächlich dauerhaft aufzeichnet oder nicht.
Wie lange darf der Arbeitgeber Überwachungsvideos speichern?
Die Daten einer Videoüberwachung müssen im Sinne der Datenschutzgrundverordnung grundsätzlich unverzüglich gelöscht werden, wenn sie nicht mehr notwendig sind oder die schutzwürdigen Interessen des aufgezeichneten Arbeitnehmers einer weiteren Speicherung entgegenstehen. In der Regel sollten die Videoaufzeichnungen nach spätestens 48 Stunde gelöscht werden, wenn keine Sicherung der Daten erforderlich ist.
Das BAG (Az. 2 AZR 133/18) hat entschieden, dass ein Arbeitgeber im Rahmen einer rechtmäßigen offenen Videoüberwachung die Überwachungsvideos so lange speichern darf, wie eine Ahndung der Pflichtverletzung des Arbeitnehmers arbeitsrechtlich möglich ist. Der Arbeitgeber ist demnach nicht verpflichtet, dass Videomaterial sofort auszuwerten. Er könne dies dann tun, wenn ein berechtigter Anlass dafür besteht, so das Bundesarbeitsgericht.
Hat der Arbeitgeber sich aufgrund eines Betriebskonzeptes verpflichtet die Daten der Videoaufnahmen nur 96 Stunden lang aufzubewahren, kann er in einem Kündigungsschutzprozess nicht auf Videomaterial zurückgreifen, dass mehr als ein Jahr zurückliegt, so das Landesarbeitsgericht (LAG) Niedersachsen (Az. 8 Sa 1148/20).
Welche Konsequenzen drohen dem Arbeitgeber bei illegaler Videoüberwachung eines Arbeitsplatzes?
Bei illegaler Videoüberwachung eines Arbeitsplatzes drohen dem Arbeitgeber zum einen empfindliche Bußgelder nach Datenschutzrecht. Die Datenschutzbehörden reagieren besonders streng, wenn Beschäftigte heimlich überwacht werden, Kameras in sensiblen Bereichen, wie Umkleiden oder Sanitärbereichen, installiert sind, keine angemessene Information der Arbeitnehmer erfolgt, die Aufnahmen länger gespeichert werden als nötig oder kein berechtigtes Interesse für die Videoüberwachung des Arbeitsplatzes besteht. Je nach Schwere des Verstoßes können mehrere Tausend bis mehrere Millionen Euro fällig werden, gerade bei größeren Unternehmen.
Der Elektronik Online-Händler notebooksbilliger.de wurde mit einem Bußgeld in Höhe von 10,4 Millionen Euro durch die Landesbeauftragte für den Datenschutz (LfD) Niedersachsen belegt siehe hier. Zur Begründung hieß es, dass das Unternehmen über wenigstens 2 Jahre Mitarbeiter und Kunden per Video überwacht hat. Dabei fehlte es nach Feststellung der LfD Niedersachsen Barbara Thiel an einer Rechtsgrundlage. Eine derartig intensive Videoüberwachung stelle einen massiven Verstoß gegen die Rechte der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dar. Das Unternehmen widersprach den Vorwürfen und legte Einspruch gegen den Bußgeldbescheid, der in seiner Höhe einmalig in Niedersachsen ist, ein.
Des Weitern drohen dem Arbeitgeber bei illegaler Videoüberwachung eines Arbeitsplatzes Schadensersatzansprüche des betroffenen Arbeitnehmers. Arbeitnehmer können bei rechtswidriger Videoüberwachung immateriellen Schadensersatz verlangen. Grundlage dafür ist der Schutz der Persönlichkeitsrechte und des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung. Schadensersatzansprüche können entstehen, wenn eine heimliche Videoüberwachung erfolgt ist, die Überwachung das Vertrauensverhältnis erheblich stört, die Aufzeichnungen missbräuchlich verwendet oder veröffentlicht wurden oder die Beschäftigten bloßgestellt oder diskriminiert werden. Die Höhe des Schadensersatzes bei illegaler Videoüberwachung ist abhängig von Dauer, Intensität und Wirkung der Überwachung.
Einem Arbeitnehmer, der in einem Stahlwerk, trotz seines ausdrücklichen Widerspruchs, über 22 Monate an seinem Arbeitsplatz dauerhaft videoüberwacht wurde, sprach das LAG Hamm (Az. 18 SLa 959/24) eine Entschädigung in Höhe von 15.000 Euro zu.
In einigen Fällen kann eine illegale Videoüberwachung eines Arbeitsplatzes auch strafbar sein. Das ist etwa der Fall, sie heimlich erfolgt oder Personen in geschützten Räumen überwacht werden. Mögliche Straftatbestände sind hier die Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen, Verstöße gegen Datenschutzbestimmungen, sofern vorsätzlich gehandelt wurde, oder strafrechtlich relevante Persönlichkeitsrechtsverletzungen.
Auch arbeitsrechtlich kann eine illegale Videoüberwachung eines Arbeitsplatzes Folgen haben. Verantwortliche Manager oder Sicherheitsbeauftragte können abgemahnt oder gekündigt werden. Der Betriebsrat kann Unterlassungs- und Mitbestimmungsverfahren einleiten.
Sind Videoaufnahmen von Arbeitnehmern im Kündigungsschutzprozess trotz Bedenken im Hinblick auf den Datenschutz verwertbar?
Videoaufnahmen einer offenen Videoüberwachung, die ein vertragswidriges Fehlverhalten eines Arbeitnehmers dokumentieren sollen, unterliegen im Kündigungsschutzprozess keinem Verwertungsverbot, stellt das BAG (Az. 2 AZR 296/22) klar. Das gilt laut Gericht auch dann, wenn die Videoüberwachung durch den Arbeitgeber nicht ganz nach den Vorgaben des Datenschutzrechts stattgefunden hat. Material aus Videoüberwachung trotz Datenschutzbedenken in Kündigungsschutzprozess verwertbar.
erstmals veröffentlicht am 20.08.2012, letzte Aktualisierung am 26.11.2025
Lesen Sie hier weitere Fachartikel im Themenbereich Arbeitsrecht
Hier finden Sie bundesweit Rechtsanwälte für Arbeitsrecht

