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Kategorie: Anwalt Arbeitsrecht ,
03.01.2025 (Lesedauer ca. 5 Minuten, 917 mal gelesen)
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Mindestlohn 2025: Wieviel bekommen Arbeitnehmer?

Geschäftsmann übergibt Geld Symbolbild Mindestlohn Geschäftsmann übergibt Geld Symbolbild Mindestlohn © freepik - mko

Mit der Einführung des gesetzlichen Mindestlohns soll Arbeitnehmern ein Leben ohne staatliche Hilfe möglich sein. Doch wer hat einen Anspruch auf Mindestlohn? Wie hoch ist der aktuelle Mindestlohn? Wie können Arbeitnehmer ihren Anspruch auf Mindestlohn durchsetzen? Und was droht Arbeitgebern, wenn sie gegen die Mindestlohnvergütung verstoßen?

Wann habe ich einen Anspruch auf Mindestlohn?


Jeder Arbeitnehmer ab 18 Jahren hat in Deutschland einen Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn. Ob er Vollzeit, Teilzeit oder als Minijobber arbeitet, ist dabei unerheblich. Der Mindestlohn gilt für alle Arbeitsverhältnisse, einschließlich grenzüberschreitender Tätigkeiten und Saisonarbeit, unabhängig von der Staatsangehörigkeit oder dem Wohnsitz des Arbeitnehmers.

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) (Az. 5 AZR 505/20) hat in einem Urteil klargestellt, dass der gesetzliche Mindestlohn auch für ausländische Betreuungskräfte gilt, die in einem privaten Haushalt arbeiten. Sind sie verpflichtet im Bedarfsfall zu jeder Tages- oder Nachtzeit arbeiten zu müssen, gilt der Anspruch für Mindestlohn auch für den Bereitschaftsdienst.

Für Auszubildende gibt es seit dem 1.1.2020 aufgrund des reformierten Berufsbildungsgesetzes auch eine Mindestvergütung.

Auch Praktikanten, die länger als drei Monate ein Praktikum durchführen, haben einen Anspruch auf Mindestlohn, wenn es sich nicht um ein Pflichtpraktikum handelt (BAG, Az. 5 AZR 556/17). Ist das Praktikum aber nach den Hochschulbestimmungen eine Zulassungsvoraussetzung für ein Studium, haben Praktikanten keinen Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn, so das BAG (Az. 5 AZR 217/21).

Mindestlohn steht auch Saisonarbeiter in der Landwirtschaft zu und Strafgefangenen, die als Arbeitnehmer tätig werden, so das Oberlandesgericht (OLG) Hamburg (Az. 3 Ws 59/15 Vollz).

Wer erhält keinen Mindestlohn?


Nicht alle Arbeitsverhältnisse sind in Deutschland vom gesetzlichen Mindestlohn geschützt. Zu den Ausnahmen gehören etwa Praktika, also Pflichtpraktika, die Teil einer Schul- oder Hochschulausbildung sind. Ebenso erhalten Personen, die ehrenamtlich arbeiten, keinen Mindestlohn, da diese Tätigkeiten in der Regel unentgeltlich oder gegen eine geringe Aufwandsentschädigung ausgeführt werden.

Selbstständige sind auch nicht durch den Mindestlohn geschützt, da sie rechtlich gesehen keine Arbeitnehmer sind.

Personen, die länger als ein Jahr arbeitslos waren, können während der ersten sechs Monate einer neuen Beschäftigung vom Mindestlohn ausgenommen sein, um ihre Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt zu fördern.

Wie hoch ist der gesetzliche Mindestlohn?


Seit Januar 2025 ist der gesetzliche Mindestlohn auf 12,82 Euro pro Stunde gestiegen.

Auszubildende erhalten seit Januar 2025 eine Mindestvergütung von 682 € im ersten Lehrjahr, 805 € im zweiten Lehrjahr und 921 € im dritten Lehrjahr.

In verschiedenen Branchen wird vom gesetzlichen Mindestlohn abgewichen, er darf aber in keinem Fall unterschritten werden.
Über eine Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns entscheidet in der Regel alle zwei Jahre die sog. Mindestlohnkommission, die aus Vertretern der Gewerkschaft, Arbeitgebern und einem unabhängigen Vertreter besteht.

Dürfen Sachbezüge auf den Mindestlohn angerechnet werden?


Der Arbeitgeber darf Sachbezüge, wie etwa freie Verpflegung, nicht beim Mindestlohn anrechnen. Der gesetzliche Mindestlohn muss immer in Geld ausgezahlt werden, so das Bayerische Landessozialgericht (Az. L 7 BA 1/22 B ER).

Kann der Arbeitgeber die Zahlung von Mindestlohn per Vertrag ausschließen?


Wichtig: Der Mindestlohn kann nicht vertraglich zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ausgeschlossen werden. Auch Klauseln in einem Arbeitsvertrag, die regeln, dass alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und damit auch auf Mindestlohn nach einer bestimmten Frist verfallen sind unwirksam, entschied das BAG (Az. 9 AZR 162/18).

Erhalte ich Mindestlohn auch im Krankheitsfall, Urlaub oder bei Bereitschaftszeiten?


Ja, auch bei Krankheit, Urlaub oder Bereitschaftszeiten haben Arbeitnehmer einen Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn.
Wer krank ist und eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorlegt, erhält weiterhin Gehalt auf Grundlage des gesetzlichen Mindestlohns. Das Entgeltfortzahlungsgesetz schreibt vor, dass Arbeitnehmer bis zu sechs Wochen lang ihr reguläres Gehalt vom Arbeitgeber erhalten. Arbeitnehmer können auch im Krankheitsfall von ihrem Arbeitgeber die Zahlung des gesetzlichen Mindestlohns verlangen, stellt das BAG (Az.10 AZR 191/14 und Az. 5 AZR 377/17) klar. Das Gericht stellt zu dem klar, dass Mindestlöhne auch als Urlaubsabgeltung vom Arbeitgeber zu zahlen sind.

Während des Urlaubs gilt ebenfalls der Anspruch auf den Mindestlohn. Laut Bundesurlaubsgesetz muss der Arbeitgeber den Urlaub so vergüten, als hätte der Arbeitnehmer regulär gearbeitet. Dies schließt den Mindestlohn als Berechnungsgrundlage ein.
Auch an Feiertagen oder bei Bereitschaftszeiten (BAG, Az. 5 AZR 1101/12) muss der Mindestlohn gezahlt werden. Arbeitsvertragliche Regelungen, wonach Arbeitnehmer in der Pflegebranche für Bereitschaftszeiten weniger als den Mindestlohn verdienen, sind unwirksam (BAG, Az. 5 AZR 1101/12). Auch bei einer 24-Stunden-Pflege muss Mindestlohn gezahlt werden, so das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg (Az. 21 Sa 1900/19).

Neben dem Anspruch auf Mindestlohn steht einem Arbeitnehmer nicht ein weiterer Anspruch auf Sonn- und Feiertagszuschläge zu, so das BAG (Az. 5 AZR 69/17). Sieht allerdings ein Tarifvertrag einen Nachtarbeitszuschlag vor, der auf den tatsächlichen Stundenverdienst zu zahlen ist, muss dieser mindestens in Höhe des gesetzlichen Mindestlohns vergütet werden. Der Arbeitgeber kann nicht auf eine vertraglich vereinbarte niedrigere Vergütung zurückgreifen, entschied das BAG (Az. 10 AZR 171/16).

Bei Sonderzahlungen, wie Urlaubs- oder Weihnachtsgeld, hat der Arbeitgeber die Möglichkeit diese beim Mindestlohn anzurechnen, so das BAG (Az. 5 AZR 135/16). Auch ein Leistungsbonus kann beim Mindestlohn angerechnet werden, so das Arbeitsgericht Düsseldorf (Az. 5 Ca 1675/15).

Wer kontrolliert, ob der Arbeitgebern Mindestlohn zahlt?


Ob ein Arbeitgeber sich an das Mindestlohngesetz hält, wird von den Behörden der Zollverwaltung kontrolliert. Diese dürfen Einblick in Arbeitsverträge nehmen und die Geschäftsräume des Arbeitgebers durchsuchen. Bei den Kontrollen stehen besonders Branchen, wie Pflegebereich, Hotel- und Gaststätten oder die Bauindustrie im Fokus der Behörden.
Gibt es einen Betriebsrat im Unternehmen, gehört es auch zu seinen Aufgaben die Einhaltung der Mindestlohnregelungen zu kontrollieren.

Was droht dem Arbeitgeber bei einem Verstoß gegen die Mindestlohnvergütung?


Ein Verstoß gegen die Pflicht zur Zahlung des gesetzlichen Mindestlohns kann für Arbeitgeber erhebliche Konsequenzen haben. Diese reichen von Bußgeldern bis hin zu strafrechtlichen Sanktionen.
Arbeitgebern droht ein Bußgeld von bis zu 500.000 Euro, wenn sie den Mindestlohn nicht zahlen. Dies kann verhängt werden, wenn die Nichtzahlung vorsätzlich oder fahrlässig erfolgt und die Arbeitnehmer dadurch benachteiligt werden.

Bei schwerwiegenden Verstößen, wie der systematischen Unterschlagung des Mindestlohns, können strafrechtliche Ermittlungen eingeleitet werden. In solchen Fällen drohen Haftstrafen, insbesondere wenn der Arbeitgeber zusätzlich Sozialversicherungsbetrug begeht.
Außerdem müssen Arbeitgeber den fehlenden Lohnbetrag nachzahlen. Dies kann auch rückwirkend für bis zu drei Jahre gelten, wenn Arbeitnehmer ihre Ansprüche rechtzeitig geltend machen.

Wird der Mindestlohn nicht gezahlt, führt dies häufig zu einer falschen Berechnung der Sozialversicherungsbeiträge. Der Arbeitgeber haftet dann für die nicht gezahlten Beiträge einschließlich Säumniszuschlägen.

Unternehmen, die gegen die Mindestlohnregelungen verstoßen, können von der Vergabe öffentlicher Aufträge ausgeschlossen werden. Dies soll sicherstellen, dass nur gesetzestreue Arbeitgeber an öffentlichen Projekten beteiligt sind.

Was kann ich tun, wenn der Arbeitgeber sich weigert den Mindestlohn zu zahlen?


Erhalten Arbeitnehmer weniger als den gesetzlichen Mindestlohn sollten sie zunächst überprüfen, ob sie anspruchsberechtigt sind. Ist dies der Fall müssen sie die Zahlung des gesetzlichen Mindestlohns von ihrem Arbeitgeber einfordern. Weigert sich dieser den Mindestlohn zu zahlen, sollte zunächst der Betriebsrat – wenn vorhanden – eingeschaltet werden.

Kommt der Arbeitgeber der Forderung nach der Zahlung des Mindestlohns weiterhin nicht nach, kann der Arbeitnehmer die Zahlung des Mindestlohns vor dem zuständigen Arbeitsgericht einklagen. Zudem kann er den Arbeitgeber bei der Zollverwaltung anzeigen.
Wer Lohnansprüche gegenüber seinem Arbeitgeber durchsetzen möchte, sollte sich unbedingt den Rat und die Unterstützung eines Anwalts für Arbeitsrecht einholen. Er kennt alle Voraussetzungen und Fristen, um Ihre Ansprüche erfolgreich zu verwirklichen.
Wichtig: Reagiert der Arbeitgeber auf die Forderung von Mindestlohn mit einer Kündigung, so ist diese unwirksam, entschied das Arbeitsgericht (ArbG) Berlin (Az. 28 Ca 2405/15).

Wie lange kann ich Mindestlohn rückwirkend einfordern?


Arbeitnehmer können ihre Ansprüche auf Mindestlohn rückwirkend für drei Jahre geltend machen. Eingefordert werden kann der damals geltende Mindestlohn.

Kann Mindestlohn bei Insolvenz des Arbeitgebers zurückverlangt werden?


Kommt es zu einer Insolvenz beim Arbeitgeber hat der Insolvenzverwalter das Recht Arbeitslohn, der zu einem bestimmten Zeitpunkt an die Arbeitnehmer ausgezahlt wurde, zurück zu verlangen. Dies gilt auch beim Mindestlohn. Er ist vom Gesetzgeber nicht gegen Insolvenzanfechtungen gesichert worden, stellt das BAG (Az. 6 AZR 497/21) klar.

erstmals veröffentlicht am 16.01.2020, letzte Aktualisierung am 03.01.2025

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