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Kategorie: Anwalt Verkehrsrecht ,
18.09.2024 (Lesedauer ca. 5 Minuten, 4572 mal gelesen)
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Vorwurf Fahrerflucht: Wie verhalte ich mich richtig?

Vorwurf Fahrerflucht: Wie verhalte ich mich richtig? © freepik - mko

Ein Parkrempler, das Touchieren einer Absperrung oder der Zusammenstoß mit einem Verkehrsschild: Wer jetzt einfach mit seinem Fahrzeug wegfährt, riskiert eine Strafanzeige wegen Fahrerflucht. Doch begeht man auch Fahrerflucht, wenn man vom Unfall nichts bemerkt? Welche Strafen drohen bei Fahrerflucht? Kann eine Selbstanzeige bei Fahrerflucht vor Strafe schützen? Wie sollten sich Geschädigte bei einer Unfallflucht verhalten? Und verliert der Unfallflüchtige seinen Versicherungsschutz?

Welche Pflichten haben Autofahrer am Unfallort?


Wenn ein Autofahrer in einen Unfall verwickelt ist, muss er auch bei einem kleinen Blechschaden oder Sachschaden anhalten. Er muss prüfen, ob Menschen verletzt wurden oder Schäden an fremdem Eigentum entstanden sind.

Wer mit seinem Fahrzeug einen Schaden verursacht hat und den Geschädigten nicht an der Unfallstelle antrifft, sollte mindestens 30 Minuten am Unfallort bleiben und auf den Geschädigten warten. Ist der Geschädigte auch nach Ablauf dieser Zeit nicht erschienen oder wenn der Unfallverursacher auf anderen wichtigen Gründen die Unfallstelle verlassen muss, muss er den Unfall bei der Polizei melden. Dafür reicht ein Anruf bei der Polizei aus.

Danach muss der Unfallverursacher einen Zettel mit seinen Kontaktdaten an der Windschutzscheibe des geschädigten Autos hinterlassen.

Wann begehe ich Fahrerflucht?


Nach dem Strafgesetzbuch liegt eine Fahrerflucht bei vor, wenn sich ein Unfallbeteiligter vom Unfallort entfernt ohne seine Personalien gegenüber dem anderen Unfallbeteiligten oder der Polizei angegeben zu haben und ohne eine angemessene Zeit auf die Polizei oder den anderen Unfallbeteiligten gewartet zu haben. Wer einen Unfall hat und ohne zu stoppen weiterfährt, begeht Fahrerflucht.
Fahrerflucht kann sowohl bei Unfällen mit anderen Fahrzeugen als auch bei Schäden an parkenden Autos oder Gegenständen auftreten. Ein Autofahrer, der eine Leitplanke beschädigt und einfach weiterfährt, begeht auch Unfallflucht. Dies entschied das Oberlandesgericht (OLG) Brandenburg (Az.12 U 205/06).

Keine Unfallflucht liegt nach Auffassung des Landgerichts (LG) Düsseldorf (Az. 29 Ns 3/11) vor, wenn ein Einkaufswagen auf einem Parkplatz von alleine auf ein anderes Auto zu rollt und dieses beschädigt. Hier fehle es laut Gericht an dem straßenverkehrsspezifischen Gefahrzusammenhang.

Kann ich einen Unfall auch nachträglich melden?


Wenn sich der Fahrer aus irgendeinem Grund vom Unfallort entfernt hat, muss der Unfall schnellstmöglich nachträglich gemeldet werden – entweder bei der Polizei oder beim Geschädigten.

In einigen Fällen kann ein Fahrer unverschuldet den Unfallort verlassen haben, etwa wenn eine Notlage besteht. Auch hier ist es jedoch wichtig, den Unfall nachträglich umgehend zu melden, um sich nicht strafbar zu machen.

Begehe ich auch Fahrerflucht, wenn ich vom Unfall nichts bemerke?


Der Straftatbestand Fahrerflucht kann nur vorsätzlich begangen werden. Das heißt, wenn der Autofahrer nichts vom Unfall bemerkt hat, kann man ihn auch nicht wegen Fahrerflucht bestrafen. Die Ermittlungsbehörde muss die Fahrerflucht beweisen. Letztlich wird allerdings ein Gericht anhand von Sachverständigengutachten beurteilen, wie belastbar ein unbemerkter Unfallhergang ist oder ob es sich nur um eine Schutzbehauptung des Fahrers handelt.

Liegt eine Fahrerflucht auch bei Bagatellschäden vor?


Egal, ob ein Autofahrer nur einen kleinen Kratzer an einer Tanksäule, einen größeren Blechschaden an einem anderen Fahrzeug oder sogar einen Personenschaden verursacht hat, das Ausmaß des Schadens ist im Hinblick auf die Verwirklichung einer Fahrerflucht unerheblich. Auch bei einem Bagatellschaden liegt eine Fahrerflucht vor, wenn der Verursacher sich unerlaubt vom Unfallort entfernt.

Anzeige wegen Fahrerflucht erhalten – und jetzt?


Wer einen Brief von der Polizei im Briefkasten findet, in dem ihm Fahrerflucht vorgeworfen wird, sollte sich umgehend an einen erfahrenen Anwalt für Verkehrsrecht wenden und bis dahin von Ihrem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch machen.

Der Vorwurf der Fahrerflucht kann empfindliche strafrechtliche Konsequenzen für den Verdächtigen haben und möglicherweise auch hohe zivilrechtliche Schadensersatzforderungen mit sich bringen.

Ein Anwalt für Verkehrsrecht wird Sie kompetent im Hinblick auf die individuelle weitere Vorgehens- und Verhaltensweise beraten. Oft kann er nach Akteneinsicht Einfluss auf das Strafmaß nehmen oder sogar eine Einstellung des Verfahrens bewirken.

Welche Strafen drohen einem Autofahrer bei Fahrerflucht?


Bei der Fahrerflucht handelt es sich um eine Straftat, die nach dem Strafgesetzbuch mit einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder einer Geldstrafe geahndet wird. Für Fahrerflucht gibt es auch Punkte im Verkehrszentralregister in Flensburg und es kann ein Fahrverbot drohen. Wie hoch die Strafe für den flüchtigen Autofahrer ausfällt, hängt von Faktoren wie dem Umfang des Schadens, ob es Verletzte gab, und deinem bisherigen Verhalten im Straßenverkehr ab.

Neben strafrechtlichen Konsequenzen können auch zivilrechtliche Ansprüche auf Schadensersatz gegen den Unfallflüchtigen geltend gemacht werden.

Kann mich eine Selbstanzeige bei Unfallflucht vor Strafe schützen?


Wenn sich ein Unfallflüchtiger nach einer Fahrerflucht selbst bei der Polizei anzeigt, schützt ihn das zwar nicht vor einer strafrechtlichen Verfolgung, das Strafmaß kann aber dann reduziert werden. Voraussetzung für eine Strafmilderung ist, dass die Selbstanzeige innerhalb von 24 Stunden nach dem Unfall erfolgt.

Bevor Sie eine Selbstanzeige wegen Fahrerflucht erstatten, sollten Sie unbedingt den Rat eines erfahrenen Anwalts für Verkehrsrecht einholen. Es gibt keine Garantie, dass eine Selbstanzeige zu einem geringeren Strafmaß führt. Die genauen Konsequenzen hängen von den Umständen des Einzelfalls ab.

Wie gehe ich als Geschädigter bei Unfallflucht richtig vor?


Wenn Ihr Fahrzeug beschädigt wurde und der Verursacher nicht mehr auffindbar ist, sollten Sie sich schnellstmöglich an die Polizei wenden und die Fahrerflucht melden.

Am Unfallort sollte umgehend nach möglichen Zeugen gesucht werden. Hat jemand die Fahrerflucht gesehen, gilt es seine Kontaktdaten den Ermittlungsbehörden zu übermitteln. Außerdem empfiehlt es sich Fotos vom Unfallschaden zu Beweiszwecken anzufertigen.

Im zweiten Schritt sollen Sie umgehend Ihre Kasko-Versicherung vom Unfallschaden informieren und das weitere Vorgehen absprechen.

Hat sich nach 24 Stunden kein Unfallflüchtiger gemeldet, können Sie Anzeige bei der Polizei erstatten.

War die Polizei bei der Ermittlung des Unfallflüchtigen erfolgreich, droht diesem nicht nur eine strafrechtliche Verfolgung. Sie können zusätzlich auf dem Zivilrechtsweg Schadensersatz von ihm einfordern.

Welche Versicherung zahlt für Unfallflucht-Schäden?


Die Kfz-Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers übernimmt die Schäden am Fahrzeug des Geschädigten. Kann der Geschädigte den Unfallverursacher allerdings nicht ermitteln, geht er leer aus, denn die eigene Kfz-Versicherung kommt nicht für die Schäden durch Unfallflucht auf. Anders kann es bei einer Vollkaskoversicherung aussehen. Hier sind meist auch die Schäden gegen Vandalismus versichert.

Verliert der Unfallverursacher bei Fahrerflucht den Versicherungsschutz?


Autofahrer, die eine Fahrerflucht begehen, machen sich aber nicht nur strafbar, sie verlieren ihren Versicherungsschutz. Dies stellt das OLG Koblenz (Az.12 U 235/20) klar: Wer als an einem Unfall beteiligter Autofahrer eine Unfallstelle verlässt ohne die Polizei oder seine Versicherung zu informieren, verstößt gegen die in den Allgemeinen Bedingungen für die Kfz-Versicherung festgelegte Wartepflicht. Dies hat zur Folge, dass die Kfz-Versicherung den Schaden nicht übernehmen muss.

Der Verlust des Versicherungsschutzes droht auch, wenn sich ein Autofahrer trotz spürbaren Anstoßens eines fremden Fahrzeugs nicht vergewissert, ob es zu einem Schaden gekommen ist. Dies Verhalten sei grob fahrlässig und führe zum Verlust des Versicherungsschutzes, entschied das Amtsgericht (AG) Mühlheim (Az. 27 C 1727/10).

Auch ein Autofahrer, der in einem Einkaufszentrum eine Blechbrüstung beschädigte und einfach wegfuhr, verlor nach einer Entscheidung des AG München (Az. 343 C 9528/14) seinen Versicherungsschutz. In diesem Fall stand zudem im Raum, dass der Autofahrer im alkoholisierten Zustand diesen Unfall verursacht hatte und deshalb Fahrerflucht begangen hat. Dies konnte ihm aber nicht mehr nachgewiesen werden, da er erst einen Tag nach seiner Unfallflucht bei der Polizei vorstellig wurde. Ein Alkoholtest machte dann keinen Sinn mehr. Hätte man ihm die Alkoholisierung nachweisen können, dann hätte die Versicherung einen Regressanspruch hinsichtlich des Schadens gegen den Autofahrer gehabt.

Verlässt ein Autofahrer den Unfallort bevor die Polizei eingetroffen ist, verliert er ebenfalls seinen Versicherungsschutz.

erstmals veröffentlicht am 24.06.2015, letzte Aktualisierung am 18.09.2024

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